Film über außergewöhnlichen Rechtsgelehrten aus Siebenbürgen

(13.11.2015-30.11.2015)

Deutschland

Großer Kämpfer für Frieden und Menschlichkeit

70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, jenes schrecklichen Angriffskriegs, der Millionen Menschen das Leben gekostet hat, 70 Jahre nachdem der Völkermord der Nazis öffentlich gemacht wurde, scheint die Welt um keinen Deut besser geworden zu sein, fliehen wieder hunderttausende Menschen als Opfer blindwütiger Diktatoren vor Tod und Not. Da kommt ein Film gerade richtig, der ab 13. November im Vertrieb von W-Film in deutschen Kinos zu sehen sein wird: „A Man Can Make a Difference“ von Ullabritt Horn, das sensible Porträt des Benjamin Ferencz, geboren 1920 als Kind eines jüdischen Schusters in Siebenbürgen.

Der Film erzählt die außergewöhnliche Geschichte eines ganz außergewöhnlichen Menschen. „Das war kaltblütiger Massenmord, und ich kann das beweisen.“ Mit diesen Worten wurde Ferencz im Alter von 27 Jahren zum Chefankläger im Nürnberger Einsatzgruppen-Prozess gegen die Mordbanden der SS. Seine Geschichte begann im fernen Siebenbürgen. Die Mutter, die früh die Gefahr durch den rumänischen Antisemitismus ahnte, betrieb die Emigration, als der Sohn noch kein Jahr alt war. Dieser wuchs in bitterarmen Verhältnissen in New York auf, schaffte es aber dank seiner Begabung und gütiger Förderung bis nach Harvard, wo er Jura studierte. Als junger US-Soldat und Jurist kam er nach Deutschland, um unmittelbar nach Befreiung der Konzentrationslager die Beweise der dort begangenen Verbrechen zu sichern – Erlebnisse, über die er bis heute kaum sprechen kann. Nach dem Prozess gegen die Einsatzgruppen wollte er etwas für die Opfer des Holocaust tun und war über viele Jahre maßgeblich an der Entwicklung des Bundesentschädigungsgesetzes beteiligt.
Bis heute reist der 95-Jährige, geistig munter, körperlich fit und voller Güte in Herz und Blick, mit einer großen Mission um die Welt, die von den Erlebnisse im Deutschland der Nachkriegsjahre bestimmt ist: der unermüdliche Kampf gegen Kriegsverbrechen. „Wir müssen zu Recht und Gesetz zurückkehren anstelle von Kriegen – andernfalls werden wir die ganze Welt zerstören“, lautet seine Vision für ein friedlicheres ­Zusammenleben. Sein Mittel: die Durchsetzung eines internationalen Strafgerichtshofs (International Criminal Court – (ICC), wie es ihn seit 2002 in Den Haag gibt. Auf dem Weg dorthin hätten ihn viele für verrückt erklärt, aber wenn der Haupteingang verschlossen sei, komme er eben durchs Fenster. So spricht ein Mensch, der inzwischen mehr als eine lebende Legende geworden ist und dem man nach diesem Film beinahe alles zutraut.
Ullabritt Horn erzählt mit leisen Tönen, die ihrem Protagonisten angemessen sind, der selber nie laut werden musste, um Gehör zu finden. „Es schien mir eine so ernste Angelegenheit auf Leben und Tod zu sein, nicht nur des Todes, den diese Angeklagten entgegensahen“, bemerkt Ferencz rückblickend auf den Einsatzgruppenprozess, „sondern auch die Geschichte des Mordes an so vielen unschuldigen Menschen, dass sich jede Theatralik verbot. … Ich habe nie meine Stimme gehoben, niemand von uns wurde jemals laut.“ Wer dem vitalen Greis zuhört, glaubt ihm aufs Wort – er überzeugt mit dem, was er weiß und woran er glaubt, und er überzeugt mit dem Leuchten in seinen Augen, mit seiner Empathie für die Opfer. 100 Millionen Menschen, schätzt man, sind nach 1945 Opfer von Angriffskriegen geworden. Die stärksten Bilder des Films sind die Pressefotos, die für die lange Reihe von Tragödien der letzten 70 Jahre stehen: Vom Atompilz über Hiroshima über Vietnam 1968, Ruanda 1994, Bosnien 1995 bis heute – Syrien 2015.
Als Chefankläger in Nürnberg musste Ferencz hören, wie sich die Angeklagten auf den „putativen Notstand“ beriefen, den Angriff, um einem angeblich drohenden Angriff auf das eigene Land zuvorzukommen. „Aber was mich schmerzt, ist, dass die Regierung der USA heute dieselben Argumente benutzt. Konsequenterweise kämpft er heute für die Aufnahme des Angriffskrieges als Anklagetatbestand am ICC. Jeden diplomatischen Rahmen sprengend, sprach er die Teilnehmer der Konferenz der Beitrittsstaaten des ICC in Kampala (2010) direkt an: „ ‚Ihr, die ihr hier sitzt, habt die Macht etwas gegen Angriffskriege und für einen Internationalen Gerichtshof zu tun. Reden ist nicht genug. Do it!‘ … Aber sie taten es nicht.“ kommentiert Ferencz, „Sie verschoben das Thema auf unbestimmte Zeit.“ Enttäuschung? Man merkt ihm keine an, im Gegenteil: „Deswegen setze ich meine Arbeit fort. Ich bin ja erst 93 (als der Film gedreht wurde, Anmerkung HD) und hoffe, dass wir noch mehr Fortschritte sehen werden.“ Benjamin Ferencz darf zumindest in einem Punkt berechtigten Optimismus haben: Sein Sohn wird sein Werk fortsetzen. Und so wünschen wir dem Film möglichst viel Aufmerksamkeit und viele, die sich von der großen Vision des Benjamin Ferencz, des kleinen Schustersohns aus Siebenbürgen anstecken lassen und für mehr Menschlichkeit und das Ende aller Kriege kämpfen.

Hansotto Drotloff

Veranstalter: Vertrieb von W-Film in deutschen Kinos

Schlagwörter: Film, Rechtsgelehrte, Siebenbürgen, 2. Weltkrieg

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