20. November 2007
Segd bedunkt: Mundartautorentreffen in Nürnberg
„Die Schreibung des Siebenbürgisch-Sächsischen orientierte sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts grundsätzlich an der Rechtschreibung des Hochdeutschen, doch sind einerseits die Abweichungen von der Schriftsprache erheblich, andererseits die Besonderheiten des Dialekts so komplex, dass eine für alle Situationen der 248 Ortsmundarten sowie der ‚gehobenen Sprache‘ bzw. der landschaftlichen ‚Verkehrsmundarten‘ gültige Regelung ein ausgesprochen schwieriges Unterfangen bleibt, und eigener Ermessensspielraum bzw. drucktechnische Gegebenheiten das Schriftbild schon immer mitbestimmt haben“, bekamen die Mundartautoren schon 2005 von Hanni Markel zu hören. Diesmal wurde, wieder unter ihrer Leitung, im Seminar am Vormittag des 14. Oktober u. a. die S-Schreibung unter die Lupe genommen. Am Nachmittag fand eine öffentliche Lesung mit ganz besonderen Auftritten statt.
Erwartungsvoll, gerührt ob der neuerlichen Begegnung und froh, dass es die Mundartautorentreffen wenigstens alle zwei Jahre noch gibt, trafen sich einige der sächsisch Schreibenden im Haus der Heimat, um zunächst das nicht so einfache Schreiben unserer „sächsischen Muttersprache“ zu vertiefen. Herzlich war die Begrüßung, und freudig wurde Grete Menning aus Heilbronn erstmals im Kreis der sich treffenden aktiven Mundartautoren aufgenommen.
Dann ging es zur Sache. Die Autoren mussten einen bestimmten Text aus dem Deutschen ins Sächsische (Ortsdialekt) übertragen. So konnte am Beispiel die Regel erklärt oder auch Unterschiede der Wortwahl und der Aussprache/Schreibung überprüft werden, was sehr einprägsam war. Rechtschreibung hat nämlich in erster Linie das Verstehen des geschriebenen Textes zu gewährleisten. „Daher erwächst der Schreibung besonders in der gegenwärtigen Mundartsituation auch die Aufgabe, den geschriebenen/gedruckten Text in möglichst eindeutiger Lesbarkeit auch für Unkundige(re) mündlich nachvollziehbar zu notieren“, betont Hanni Markel. Bereits vor Jahren war von dem um sich greifenden und drucktechnisch bedingten Verzicht auf eine Kennzeichnung der langen Vokale durch einen Dehnungsstrich ausgegangen worden. Verzichtet man aber – gleich anderen deutschen Dialekten – auf dieses spezielle grafische Zeichen, müssen für die Schreibung des Sächsischen die Anwendbarkeit der gegebenen Regeln des Schriftdeutschen erneut durchdacht und Lösungen für die spezifischen Abweichungen gefunden werden. Der von Horst Schuller-Anger herausgegebene Band „Vill Sprochen än der Wält“ (Klausenburg 1988) hatte dieses Problem noch nicht ganz gelöst. Einen neuen Ansatz enthält das Referat von H. Markel: „Zur Rechtschreibung siebenbürgisch-sächsischer Mundarttexte im Computerzeitalter. Ein Vorschlag.“ In: Hans-Werner Schuster und Oswald Kessler (Herausgeber): „Barbes“. Begleitbroschüre zum achten Siebenbürger Mundartdichtertreffen. München, 10.-12. Mai 1996 .[Kulturreferat der Siebenbürger Sachsen, München] 1996 (S. 67-77).
Obwohl Sonderzeichen das Lesen vielleicht vereinfachen würden, gilt als Prinzip, diese auf das Notwendigste zu reduzieren. Solche sind die Vokale Å/å (Åålder – Alter, Kåålw – Kalb, beziehungsweise als kurzer Vokal in båcken, låchen, Kåtz,). Für den im Sächsischen seltenen Laut, der dem rumänischen î/â entspricht, ist besser y zu schreiben, wie bei der Umschrift des ähnlichen russischen Lautes in Tschernobyl; also: Rym (örtlich) – Rahm. In der Praxis packen einige dem Buchstaben J/j auch die mundarteigenen Konsonanten/Mitlaute in Wörtern wie Shäpp (Tasche an Kleidungsstücken) oder aber Wuegen (Wagen) auf. Dass j für diese Fälle keine Lösung ist, wurde schließlich eingesehen. Man einigte sich auf Sh/sh für den ersteren und -g- bzw. -g- mit einem Sonderzeichen (etwa: ģ) für den zweiten (stimmhaften Ach-) Laut: Wueģen. Übertragbar aus der schriftdeutschen Regelung sind hingegen die Dehnungen durch Vokalverdopplung (Hoor – Haar), durch nachfolgendes h (Kah – Kuh , noh – nahe), durch ß (Roß /Rueß – Ross, Rosse) oder die Dehnung des i durch nachfolgendes e (Schnie – Schnee; briet – breit; ich wieß – ich weiß).
Etwas komplizierter wird es bei den Diphthongen und Triphthongen (Doppel-, Dreilaute): Ei/ei steht wie in der Schriftsprache für den Diphthong: reißen, Scheier (Schäßburg); bleibt jedoch der Eigenwert der Bestandteile als e-i erhalten, wird ëi beziehungsweise eïї geschrieben: rëißen, Scheïer (Hermannstadt). Ebenso wird mit der Umkehrung der beiden Laute verfahren: ie steht grundsätzlich für langes i, während die Doppellautung i-e durch ië kenntlich gemacht wird (Wiëch – Weg, giën – geben).
Nachdem bisher bloß auf die Vorzüge der neuen Rechtschreibung in der Behandlung der verschiedenen S-Schreibungen hingewiesen worden war, wurde nun näher darauf eingegangen, wann s, ss oder aber ß geschrieben wird. Nach mundartlich lang gesprochenem Vokal und nach Diphthong wird wie in deutschen Regelfällen ß statt ss geschrieben, zusätzlich auch dann, wenn die deutsche Entsprechung kurz ist und ss fordert (eßen, iëßen, giëßen essen, gegessen). Nach kurz ausgesprochenen Vokalen wird ss geschrieben (te ässt – du isst, Fuss – Fuchs). Es entfällt die alte Schreibung ß im Auslaut sowie vor Konsonant (auch) nach kurzen Vokalen (sess – süß, wieß, aber: wässt, wässen – wie: weiß, wisst, wissen), um nur einige Beispiele zu nennen. Die verschiedenen Arten der Kürzung/Schärfung und der Dehnung sind von Hanni Markel systematisch erfasst und durch Beispiele veranschaulicht worden. Auch Sonderfälle fehlen nicht. Dieses Regelwerk ist für Schreibende sehr wichtig und wurde von den Seminarteilnehmern dankbar entgegengenommen. Wie immer, kann man gewiss sein, dass der angeregte Austausch mehr Sicherheit im Umgang mit dem Schreiben gegeben und das Gefühl für falsche oder missverständliche Formulierungen geschärft hat. Die Mundartautoren schöpften wieder Selbstbewusstsein.
Dann wurde es lebendig im Haus der Heimat: Kinder in Tracht ließen einen schönen Nachmittag erahnen, Freunde und Verwandte der Autoren kamen früher, um noch plaudern zu können, und der Saal wurde mit sächsischen Tischdecken, Blumen in sächsischen Krügen und einer blauroten Fahne geschmückt. Was sich am Nachmittag bei der öffentlichen Lesung dort zutrug, berichtet die Mundartautorin Hilde Juchum im Folgenden.
Hierfür brachten auch die Mundartautoren ihren Beitrag durch eine öffentliche Lesung: Margarete Menning, geb. Gierer, 1937 in Denndorf bei Schäßburg geboren, gelebt in Oberwischau, Birthälm und Mediasch, Lehrerin, wohnhaft in Heilbronn, las „Mengem Denndref“, „De nå Schaģen“ und „Det Hemmels“. Wehmut über den Zerfall ihres Heimatdörfchens und schöne Erinnerungen schwingen in ihren Versen mit. Hilde Juchum, geb. Giersch, 1958 in Maldorf geboren, gelebt in Frauendorf, wohnhaft in Rohrenfels bei Neuburg a. d. Donau, brachte ihre letzten Eindrücke aus der alten Heimat mit dem Gedicht „Der leezt Ändreack“ zu Papier. „De Mienungsfruehiet äs äm Kunn, esi mocht ich glech Gebreoch derfun“ (Zitat aus ihrem Gedicht). „Härwestsiehnen“ sang die Autorin H. Juchum mit Lisbeth Schell aus Kleinschelken, ebenfalls wohnhaft in Neuburg a. d. Donau, Chorleiterin, die Juchums Text die passende Melodie gegeben hat. Richard Martin Sonnleitner aus Arbegen, wohnhaft in München, las „Än der Wengliës“, „Der Härwest kit“ und „Schlofegohn“. Dem Autor ist es gelungen, Gedanken und Gefühle mit wenigen Worten zum Ausdruck zu bringen. Veröffentlichungen von Sonnleitner sind: „Mårjenzehrchen“ und „Wonn’t stall uch Owend wid“. Bernddieter Schobel, Pfarrer in Felmern und Neudorf/Hermanstadt, wohnhaft in Crailsheim, brachte den humorvollen Text „Det Autofuehren“ zu Gehör: Die Trenjemahn aus Pelsendref wollte dem Enkel beim Autofahren behilflich sein … Hans Otto Tittes, geb. 1937 in Heldsdorf, wohnhaft in Drabenderhöhe/Wiehl – siehe auch Anzeige auf dieser Seite – las seine humorvollen Gedichte: „Der Kuchelfätzen“, „Wie hat dåt gedoocht?“ und „… nor Wåsser“. Man wird dem Autor zustimmen, wenn er meint: eine Küche ohne Kuchelfätzen sei wie de Kåtzen ohne Kådder. Hilda Femmig, geb. 1926 in Neudorf bei Hermannstadt, Lehrerin, wohnhaft in Heilbronn, vermittelte mit ihren Gedichten „Mir än Europa“ und „Härmestadt hekt“ einen Einblick in die neue und Eindrücke von der alten Heimat. Oswald Kessler, geb. 1948 in Kerz am Alt, wohnhaft in München, las sehr stimmungsvoll „Det Härwestlied“ und „Wängdich“. Veröffentlicht hat er: „Af deser Iërd als Gast derhiem“ (mit Elisabeth Kessler und Wilhelm Meitert).
Doris Hutter, Organisatorin und Moderatorin dieses siebenbürgisch-sächsischen Mundartautorentreffens, geb.1957 in Agnetheln, Lehrerin, Geschäftsleiterin des Hauses der Heimat Nürnberg, wohnhaft in Herzogenaurach, mit den Veröffentlichungen „Kängdervärschker“ und „Spännen as Ålden?“ griff in ihren Gedichten „Mallorca“, „Hedich Zieker“ und „2007 än Härmestadt“ aktuelle Themen auf. Wenn ich an dieser Stelle einen ganz großen Dank an die liebe Doris und ihre enge Mitarbeiterin Annette Folkendt ausspreche, meine ich, allen Anwesenden aus dem Herzen gesprochen zu haben. Die zum Schluss von der Lehrerin Rosel Potoradi, geb. 1933 in Marktschelken, wohnhaft in Zirndorf, vorgetragenen Gedichte waren unübertroffen: Man könnte meinen, Schuster Dutz („Af dem Bulea“), Otto Piringer („Wie huet et biëßer“) oder Viktor Kästner („Det Beechelchen“) hätten ihre Gedichte extra für Rosel Potoradi geschrieben. Ihr Vortrag war spitze! Im Namen aller sagen wir: „Segd bedunkt“!
Dann ging es zur Sache. Die Autoren mussten einen bestimmten Text aus dem Deutschen ins Sächsische (Ortsdialekt) übertragen. So konnte am Beispiel die Regel erklärt oder auch Unterschiede der Wortwahl und der Aussprache/Schreibung überprüft werden, was sehr einprägsam war. Rechtschreibung hat nämlich in erster Linie das Verstehen des geschriebenen Textes zu gewährleisten. „Daher erwächst der Schreibung besonders in der gegenwärtigen Mundartsituation auch die Aufgabe, den geschriebenen/gedruckten Text in möglichst eindeutiger Lesbarkeit auch für Unkundige(re) mündlich nachvollziehbar zu notieren“, betont Hanni Markel. Bereits vor Jahren war von dem um sich greifenden und drucktechnisch bedingten Verzicht auf eine Kennzeichnung der langen Vokale durch einen Dehnungsstrich ausgegangen worden. Verzichtet man aber – gleich anderen deutschen Dialekten – auf dieses spezielle grafische Zeichen, müssen für die Schreibung des Sächsischen die Anwendbarkeit der gegebenen Regeln des Schriftdeutschen erneut durchdacht und Lösungen für die spezifischen Abweichungen gefunden werden. Der von Horst Schuller-Anger herausgegebene Band „Vill Sprochen än der Wält“ (Klausenburg 1988) hatte dieses Problem noch nicht ganz gelöst. Einen neuen Ansatz enthält das Referat von H. Markel: „Zur Rechtschreibung siebenbürgisch-sächsischer Mundarttexte im Computerzeitalter. Ein Vorschlag.“ In: Hans-Werner Schuster und Oswald Kessler (Herausgeber): „Barbes“. Begleitbroschüre zum achten Siebenbürger Mundartdichtertreffen. München, 10.-12. Mai 1996 .[Kulturreferat der Siebenbürger Sachsen, München] 1996 (S. 67-77).
Obwohl Sonderzeichen das Lesen vielleicht vereinfachen würden, gilt als Prinzip, diese auf das Notwendigste zu reduzieren. Solche sind die Vokale Å/å (Åålder – Alter, Kåålw – Kalb, beziehungsweise als kurzer Vokal in båcken, låchen, Kåtz,). Für den im Sächsischen seltenen Laut, der dem rumänischen î/â entspricht, ist besser y zu schreiben, wie bei der Umschrift des ähnlichen russischen Lautes in Tschernobyl; also: Rym (örtlich) – Rahm. In der Praxis packen einige dem Buchstaben J/j auch die mundarteigenen Konsonanten/Mitlaute in Wörtern wie Shäpp (Tasche an Kleidungsstücken) oder aber Wuegen (Wagen) auf. Dass j für diese Fälle keine Lösung ist, wurde schließlich eingesehen. Man einigte sich auf Sh/sh für den ersteren und -g- bzw. -g- mit einem Sonderzeichen (etwa: ģ) für den zweiten (stimmhaften Ach-) Laut: Wueģen. Übertragbar aus der schriftdeutschen Regelung sind hingegen die Dehnungen durch Vokalverdopplung (Hoor – Haar), durch nachfolgendes h (Kah – Kuh , noh – nahe), durch ß (Roß /Rueß – Ross, Rosse) oder die Dehnung des i durch nachfolgendes e (Schnie – Schnee; briet – breit; ich wieß – ich weiß).
Etwas komplizierter wird es bei den Diphthongen und Triphthongen (Doppel-, Dreilaute): Ei/ei steht wie in der Schriftsprache für den Diphthong: reißen, Scheier (Schäßburg); bleibt jedoch der Eigenwert der Bestandteile als e-i erhalten, wird ëi beziehungsweise eïї geschrieben: rëißen, Scheïer (Hermannstadt). Ebenso wird mit der Umkehrung der beiden Laute verfahren: ie steht grundsätzlich für langes i, während die Doppellautung i-e durch ië kenntlich gemacht wird (Wiëch – Weg, giën – geben).
Nachdem bisher bloß auf die Vorzüge der neuen Rechtschreibung in der Behandlung der verschiedenen S-Schreibungen hingewiesen worden war, wurde nun näher darauf eingegangen, wann s, ss oder aber ß geschrieben wird. Nach mundartlich lang gesprochenem Vokal und nach Diphthong wird wie in deutschen Regelfällen ß statt ss geschrieben, zusätzlich auch dann, wenn die deutsche Entsprechung kurz ist und ss fordert (eßen, iëßen, giëßen essen, gegessen). Nach kurz ausgesprochenen Vokalen wird ss geschrieben (te ässt – du isst, Fuss – Fuchs). Es entfällt die alte Schreibung ß im Auslaut sowie vor Konsonant (auch) nach kurzen Vokalen (sess – süß, wieß, aber: wässt, wässen – wie: weiß, wisst, wissen), um nur einige Beispiele zu nennen. Die verschiedenen Arten der Kürzung/Schärfung und der Dehnung sind von Hanni Markel systematisch erfasst und durch Beispiele veranschaulicht worden. Auch Sonderfälle fehlen nicht. Dieses Regelwerk ist für Schreibende sehr wichtig und wurde von den Seminarteilnehmern dankbar entgegengenommen. Wie immer, kann man gewiss sein, dass der angeregte Austausch mehr Sicherheit im Umgang mit dem Schreiben gegeben und das Gefühl für falsche oder missverständliche Formulierungen geschärft hat. Die Mundartautoren schöpften wieder Selbstbewusstsein.
Entwicklungen in der Mundart kritisch hinterfragt
Bis zum Vortrag von Michael Markel. Da machte sich nämlich betretenes Schweigen breit, als der Referent den verwendeten Wortschatz vieler Landsleute und auch mancher Autoren aufs Korn nahm! Da stehen nämlich oft – und unbedacht – dialektfremde Wörter und Ausdrücke in sächsischer Lautung, wie Sessegeten, Uuģewied, erwordungsvool, Wetwer (statt Wetmun), wat emmer (statt meer wat), schmäcken (für schmücken) usw. Auch die Grammatik wird oft aus dem Deutschen übernommen (owends statt desowest, deser Weng statt der Weng) und der Satzbau verdreht (etwa durch die regional eingebürgerte, dem Sächsischen aber fremde Verdrängung des „denn“ durch „weil“) oder aber das komparative als (statt wä wonn), bzw. das einräumende sälwst wonn (statt meer uch) gesetzt. Zuletzt gab Michael Markel einige Tipps zum Stil der Texte, wobei er besonders die vielen Umstellungen der Wortfolge dem Reim zuliebe kritisierte. Es erweist sich als notwendig, über diese Entwicklung in unserem Mundartsprechen nachzudenken, Umsetzungsfallen zu erkennen und lieber echte Mundart zu sprechen und zu schreiben. Die Mundartautoren haben erkannt, dass sie in diesem Bereich Vorbild sein müssen, und zeigten großes Interesse an fachlicher Begleitung. Es wurden weitere Seminare angepeilt, bevor man in die wohlverdiente Mittagspause ging. Das Thema Wortgeschichte/Etymologie war sowieso als auflockernde Wissensbereicherung am Rande gedacht gewesen. Einige der – schriftlich zusammengestellten – Beispiele (Båckes, Rothes – Backhaus, Rathaus) wurden während des Essens erörtert; Appetit auf mehr mag vielleicht beim Lesen daheim kommen.Dann wurde es lebendig im Haus der Heimat: Kinder in Tracht ließen einen schönen Nachmittag erahnen, Freunde und Verwandte der Autoren kamen früher, um noch plaudern zu können, und der Saal wurde mit sächsischen Tischdecken, Blumen in sächsischen Krügen und einer blauroten Fahne geschmückt. Was sich am Nachmittag bei der öffentlichen Lesung dort zutrug, berichtet die Mundartautorin Hilde Juchum im Folgenden.
Öffentliche Lesung mit besonderen Auftritten
Der Sing- und Spielgruppe Nürnberg (Leitung Rosel Potoradi) ist es gelungen, das Publikum gedanklich an einen Sonntag in Siebenbürgen zu versetzen: In siebenbürgisch-sächsischer Sonntagstracht saß die „Grisi“, gespielt von Rosel Potoradi, inmitten der Kinderschar auf einer Bank. „Af der Gass, do stiht en Bånk“ von Grete Lienerth Zultner, sang die Gruppe, begleitet am Akkordeon von Hans Morth, mit hellen Stimmen. Corinna Botscher, Stephanie und Kathrin Kepp, Andreas Morth, Sonja Schmalz, Lisa Schuster, Katharina und Frank Theil gaben ihre Künste in sächsischer Mundart zum Besten. Die Grisi klärte die Kinder über den Zweck der Bank vor dem Haus in Siebenbürgen auf; die Kinder stellten Fragen über deren Kindheit, und so entstand ein interessanter Dialog, der die alten Erinnerungen, auch die Dankbarkeit gegenüber unserer „neuen Heimat“ verdeutlichte. Stefanie Kepp hat im Rahmen einer Schularbeit über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen geschrieben und vermittelte uns durch ihren Vortrag einen Einblick darein. Das gut entwickelte Schulwesen hat sie besonders beeindruckt. Auch wussten einige Kinder von ihren eigenen Eindrücken durch die Besuche mit den Eltern in der alten Heimat zu berichten. Der eine war beim Stepespått in Eibesdorf, der andere in Reußmarkt, Reps oder Großkopisch gewesen. Brännchen um gräne Rien, Der Fiëldschätz von Georg Meyndt und Wåt wällt tea wärden von Grete Lienert Zultner gab die Gruppe zum Besten. Ein ganz großes Lob und ein Segd bedunkt gehen an die Gruppe in der Hoffnung, dass unsere sächsische Mundart weiterlebt.Hierfür brachten auch die Mundartautoren ihren Beitrag durch eine öffentliche Lesung: Margarete Menning, geb. Gierer, 1937 in Denndorf bei Schäßburg geboren, gelebt in Oberwischau, Birthälm und Mediasch, Lehrerin, wohnhaft in Heilbronn, las „Mengem Denndref“, „De nå Schaģen“ und „Det Hemmels“. Wehmut über den Zerfall ihres Heimatdörfchens und schöne Erinnerungen schwingen in ihren Versen mit. Hilde Juchum, geb. Giersch, 1958 in Maldorf geboren, gelebt in Frauendorf, wohnhaft in Rohrenfels bei Neuburg a. d. Donau, brachte ihre letzten Eindrücke aus der alten Heimat mit dem Gedicht „Der leezt Ändreack“ zu Papier. „De Mienungsfruehiet äs äm Kunn, esi mocht ich glech Gebreoch derfun“ (Zitat aus ihrem Gedicht). „Härwestsiehnen“ sang die Autorin H. Juchum mit Lisbeth Schell aus Kleinschelken, ebenfalls wohnhaft in Neuburg a. d. Donau, Chorleiterin, die Juchums Text die passende Melodie gegeben hat. Richard Martin Sonnleitner aus Arbegen, wohnhaft in München, las „Än der Wengliës“, „Der Härwest kit“ und „Schlofegohn“. Dem Autor ist es gelungen, Gedanken und Gefühle mit wenigen Worten zum Ausdruck zu bringen. Veröffentlichungen von Sonnleitner sind: „Mårjenzehrchen“ und „Wonn’t stall uch Owend wid“. Bernddieter Schobel, Pfarrer in Felmern und Neudorf/Hermanstadt, wohnhaft in Crailsheim, brachte den humorvollen Text „Det Autofuehren“ zu Gehör: Die Trenjemahn aus Pelsendref wollte dem Enkel beim Autofahren behilflich sein … Hans Otto Tittes, geb. 1937 in Heldsdorf, wohnhaft in Drabenderhöhe/Wiehl – siehe auch Anzeige auf dieser Seite – las seine humorvollen Gedichte: „Der Kuchelfätzen“, „Wie hat dåt gedoocht?“ und „… nor Wåsser“. Man wird dem Autor zustimmen, wenn er meint: eine Küche ohne Kuchelfätzen sei wie de Kåtzen ohne Kådder. Hilda Femmig, geb. 1926 in Neudorf bei Hermannstadt, Lehrerin, wohnhaft in Heilbronn, vermittelte mit ihren Gedichten „Mir än Europa“ und „Härmestadt hekt“ einen Einblick in die neue und Eindrücke von der alten Heimat. Oswald Kessler, geb. 1948 in Kerz am Alt, wohnhaft in München, las sehr stimmungsvoll „Det Härwestlied“ und „Wängdich“. Veröffentlicht hat er: „Af deser Iërd als Gast derhiem“ (mit Elisabeth Kessler und Wilhelm Meitert).
Doris Hutter, Organisatorin und Moderatorin dieses siebenbürgisch-sächsischen Mundartautorentreffens, geb.1957 in Agnetheln, Lehrerin, Geschäftsleiterin des Hauses der Heimat Nürnberg, wohnhaft in Herzogenaurach, mit den Veröffentlichungen „Kängdervärschker“ und „Spännen as Ålden?“ griff in ihren Gedichten „Mallorca“, „Hedich Zieker“ und „2007 än Härmestadt“ aktuelle Themen auf. Wenn ich an dieser Stelle einen ganz großen Dank an die liebe Doris und ihre enge Mitarbeiterin Annette Folkendt ausspreche, meine ich, allen Anwesenden aus dem Herzen gesprochen zu haben. Die zum Schluss von der Lehrerin Rosel Potoradi, geb. 1933 in Marktschelken, wohnhaft in Zirndorf, vorgetragenen Gedichte waren unübertroffen: Man könnte meinen, Schuster Dutz („Af dem Bulea“), Otto Piringer („Wie huet et biëßer“) oder Viktor Kästner („Det Beechelchen“) hätten ihre Gedichte extra für Rosel Potoradi geschrieben. Ihr Vortrag war spitze! Im Namen aller sagen wir: „Segd bedunkt“!
Doris Hutter/ Hilde Juchum
Schlagwörter: Mundart, Mundartautoren
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- 29.11.2007, 11:42 Uhr von der Ijel: Danke Herr Markel,danke Frau Markel, danke Frau Hutter, -----segt bedunkt ållen matenunder--- ... [weiter]
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