SbZ
AKTUELL
Über
uns
Land
und Leute
Service
und Dialog
Organisationen
und Einrichtungen
Helft
uns helfen

Kontakt
Siebenbürgen, Rumänien, Siebenbuerger.de-Startseite

© Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V.
» Diskussionsforen-Nutzungsbedingungen

Homepage Siebenbürgen
Suchen


Diskussionsforen


Newsletter


Chat


Gästebuch


E-Postkarten


Siebenbürger Kleinanzeigen-
markt




Impressum
Datenschutz


Dieses Forum wurde geschlossen. Sie finden unser neues Forum unter www.siebenbuerger.de/forum/
Eine neue Benutzeranmeldung ist erforderlich. Registrieren Sie sich jetzt >>


Diskussionsforen
SbZ-Leserecho
Kommentar: Tabuisiertes Thema differenziert erforscht

Neues Thema erstellen  
Registrieren | Ihr Profil | Voreinstellungen | Hilfe | Suchen

nächster neuer Beitrag | Nächster alter Beitrag
Autor Thema:   Kommentar: Tabuisiertes Thema differenziert erforscht
Administrator
Administrator

Beiträge: 123
Von:
Registriert: Feb 2001

erstellt am 02.04.2004 um 11:42 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Herr Prof. Axel Azzola hat uns gebeten, zum Artikel Tabuisiertes Thema differenziert erforscht, der auch in der letzten Druckausgabe der SbZ erschienen ist, ein Leserecho zu veröffentlichen:

Literarische Vergangenheitsbewältigung

Die Besprechung des Sammelbandes " Deutsche Literatur in Rumänien und das ´Dritte Reich`" von Brigitte Tontsch in der SZ vom 31. März 2004 hat mich echt gerührt. Da erfahre ich viel über das "Tabu", mit dem dieses Thema aus mancherlei Gründen "nicht zuletzt wegen mangelnder Sachkenntnis lange Zeit" belegt wurde. Das ist eine ganz neue Theorie über die Entstehung von Tabus, aber, wenn es um die Sünden der Väter geht, ist es nicht unlauter, nach neuen Theorien Ausschau zu halten. Andererseits erfahre ich nichts über jene "Pauschalverurteilungen", die der Wissenschaftlichkeit eines zu diesem Thema im Jahre 1987 erschienen Buches entgegenstehen sollen. Also werde ich mir das abgekanzelte Buch besorgen, zunächst aber zu Brigitte Tontsch zurückkehren, die allen Autoren des von ihr besprochenen Sammelbandes "wissenschaftliche Ernsthaftigkeit, akribische Recherche, reichhaltiges Wissen und ein differenziertes Urteil" bescheinigt.

Wie Frau Tontsch "wissenschaftliche Ernsthaftigkeit" von "wissenschaftlicher Unersthaftigkeit" abgrenzt, hat sie uns allerdings nicht verraten, und, was die "akribische Recherche, das reichhaltige Wissen und das differenzierte Urteil" betrifft, hege ich den Verdacht, dass sich meine Maßstäbe ganz erheblich von denen der Rezensentin unterscheiden, da ich - um wieder mit dem Tabu zu beginnen - nicht zu erkennen vermag, dass es in der DDR einen "verordneten Antisemitismus-Kult" gegeben haben sollte. Auch will es sich mir nicht erschließen, wie solch ein "Kult" in einem fernen Land die deutschen Intellektuellen in Rumänien gehindert haben könnte, sich mit den in Rumänien nach 1918 in deutscher Sprache erschienen literarischen Produkten auseinanderzusetzen. Nicht weniger überrascht bin ich von der Behauptung, die Beschäftigung mit der braunen Literatur sei nach dem Krieg in Rumänien auch deshalb untunlich gewesen, weil man dabei „unweigerlich auf Parallelen zwischen der braunen und der roten Diktatur gestoßen (wäre)“, zumal weit und breit niemand die Deutschen für die „rote“ Diktatur verantwortlich gemacht hat (eher schon die Juden für den roten Terror). Erstaunlich auch die Auffassung der Rezensentin, dass in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik Deutschland bei den Betroffenen solch einer Auseinandersetzung Hindernisse in Gestalt der Erwartung von Schuldzuweisungen und Verurteilungen statt einer Aufklärung politischer und gesellschaftlicher Mechanismen entgegengestanden hätten, als hätten sich die Zillichs nach dem Krieg in Deutschland verstecken müssen und als wäre Alfred Hönig als langjähriger Schriftleiter der SZ plötzlich in ein anderes politisches Lager gewechselt.

Nichts erfahre ich auch über den angeblichen Unterschied "zwischen offiziell verkündeter Kulturpolitik in der NS-Zeit und literarischer Praxis". Da hätte sich ein Wort zur "Bücherverbrennung" als besonderer Form dieser „Praxis“ sagen lassen, die den deutschen Intellektuellen in Rumänien kein Wort des Protestes wert waren, obwohl solcher Protest im Mai 1933 in Rumänien keines Deutschen Leben oder Freiheit bedroht hätte. Kein Protest regte sich auch, als das Volkslied über die Loreley in Deutschland plötzlich keinen Dichter mehr kannte. Da ist es doch sehr tröstlich, von der Rezensentin über andere Formen des "Widerstandes" dieser Eliten aufgeklärt zu werden, wobei der Nationalsozialismus "aus der Sicht von Meschendörfer und Zillich ...(eine) Garantie für den Fortbestand der deutschen Volksgruppe in Rumänien gewesen sein " mag. Eine überzeugende Rechtfertigung für die Haltung dieser Intellektuellen zu einer Mörderbande. Schließlich soll Erwin Wittstock nach den Ausführungen seines Sohnes Joachim die "Einheit der Deutschen nicht politisch, wohl aber psychisch und kulturell gesehen haben", was ebenfalls nur Ratlosigkeit hervorzurufen vermag, zumal behauptet wird, Wittstock sei in dieser Haltung ausgerechnet von Hans Grimm bestärkt worden, der doch wohl nicht nur wegen seines Romans "Volk ohne Raum", sondern auch wegen seiner neofaschistischen Aktivitäten in Lippoldsberg in der Nachkriegszeit als "Sprecher" eines nach ihm benannten Kreises ungeniert als Barde der Nazis bezeichnet werden kann.
Da belässt es Brigitte Tontsch lieber bei der bloßen Nennung des Namens und auch die antisemitischen Stellen in dem Roman "Bruder nimm die Brüder mit" sind ihr keiner Erwähnung wert. Wozu auch, wenn sich bei näherem Hinsehen doch immer wieder aufs Neue die Widerständigkeit der eigenen Leute gegen das "kolonialistische Hineinwirken" aus dem fernen Reich offenbart. So versteht es sich förmlich von selbst, dass erst das Jahr 1933 "den Beginn der Spannungen zwischen der jüdischen und der deutschen Bevölkerung" markiert haben soll, wobei eilends die tröstliche Aussage hinzugefügt wird, dass "antisemitische Tendenzen...auch von rumänischer Seite zu spüren" waren. Welcher Jude hätte je etwas anderes behauptet?

Wozu dies alles. Die Verbrechen der Vergangenheit waren ohne eine prinzipielle Bereitschaft (fast) des (ganzen) Volkes nicht möglich. "Gründe" für ihre Rechtfertigung wurden nicht nur von den Rädelsführern behauptet, sondern auch von den "Mitläufern" weithin akzeptiert, wobei den Intellektuellen keine nur untergeordnete Bedeutung zukam. Angesichts der Universalität des Geschehens erscheint es deshalb nicht sachwidrig, insoweit auch nach der mindestens moralischen (Mit-)Schuld Beteiligter ggf. in Gestalt einer veritablen politischen Verantwortungslosigkeit zu fragen und zwar auch in der Literatur dieser Zeit. Umso empörender ist jeder Versuch, die Verdrängunsgeschichte der Nachkriegszeit ex post zu rechtfertigen und an allen Ecken und Enden die "Widerständigkeit" der Mitläufer zu entdecken, während über die Täterschaft kein ernst zu nehmendes Wort verloren wird. Über so viel Kleinreden von kollektiver Verantwortungslosigkeit aber auch individueller (Mit) Schuld bin ich empört, wohl wissend, dass Empörung nicht zur Wissenschaft zählt, wobei die Rezension von Frau Tontsch ein weiteres Beispiel für die schon hinreichend gemachte Erfahrung ist, dass es im Umgang mit der Vergangenheit zwischen Juden und Deutschen noch immer sowie vermutlich auch auf längere Zeit und nicht zufällig unüberbrückbare und folgenreiche Unterschiede gibt.
Axel Azzola

IP: gespeichert


Alle Zeitangaben werden im GMT (DE) - Format dargestellt.

nächster neuer Beitrag | nächster älterer Beitrag

Administration: Thema schliessen | Archivieren/Bewegen | Thema löschen
Neues Thema erstellen!  
Gehe zu:


Weitere siebenbürgische Diskussionsforen finden Sie auf den Seiten der Siebenbürgen Community Rokestuf.de

Kontakt | Siebenbürgen Rumänien Portal

Powered by Infopop www.infopop.com © 2000
Deutsche Version von www.thinkfactory.de
Ultimate Bulletin Board 5.46a




Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V.
Karlstraße 100 · 80335 München · Telefon: 089/236609-0
Fax: 089/236609-15 · E-Mail: info@siebenbuerger.de



Sitemap
Haftungsausschluss
Seite empfehlen
Für Ihre Homepage
Ihr Link zu uns

nach oben