erstellt am 05.06.2006 um 14:48 Uhr
Wie wär’s: einmal einen „Heu-Mahd-Tag“ einlegen als Alternative zum „Hei-mat-tag“ in Dinkelsbühl, einen Tag mit alternativen „Impressionen“ beim Lesen von Oskar Pastiors in der SbZ abgedrucktem Gedicht „rückläufiges heimataggregat“? Sollte UNSER preisgekrönter Dichter (wieso hat eigentlich nicht einer unserer „wahren“ Heimat-Dichter, Bergl oder Schlattner oder Stephani usw.…, den Preis gekriegt? Ist’s der verfluchte „linke“ Zeitgeist?. . . Auch eine Provokation?) ein „Alternativer“, ein „Provokateur“ sein? Aber lässt sich überhaupt irgend jemand provozieren durch seine Gedichte und seis auch nur zum Fluchen und Schimpfen, wenn schon nicht zu brav und kultiviert und „witzig diskutierten Fragen nach dem Sinn eines ‚modernen Kunstwerks’“, Frage, die uns ja – vermutlich vor lauter Kopfschmerzen bei der „Sinn-Suche“ – laut H.Göbbel in der SbZ offenbar doch nur wieder hilfesuchend zu den „ungezählten großartigen Medienkritiken“ führt, oder eben zur „jämmerlichen Sprachlosigkeit angesichts dieses Ingeniums“. . .
So ist es, Oskar Pastior das Genie dort oben – und wir Jämmerlichen hier unten…so haben wir unsere Ruhe, wir müssen ja nicht sagen, was wir wirklich von ihm und seinen Gedichten halten. . . und ich dachte, Provokation soll „den Menschen die Möglichkeit eröffnen, intensiv miteinander zu kommunizieren“, wie es im Vorspann zu Göbbels Artikel heißt.
Aber im Ernst: sollte nicht Pastiors Satz „die Sprache ist klüger“ ein Hinweis darauf sein, wie man sich seiner Literatur nähern könnte, dass z.B. jede quasi „schulmäßig“-intellektuelle Suche nach dem „Sinn“ seiner Gedichte Blöd-Sinn ist und dass sich so etwas wie ein Sinn erst ergibt, sich einstellt, wenn wir uns lesend (!) der „klügeren Sprache“ seiner Gedichte ganz überlassen, uns in sie quasi hineinbegeben, vielleicht sogar sie als „Vater-Sprache“ anerkennend uns ihr unterwerfen, was aber nur geht, wenn wir unsere alltägliche Gewohnheit, die Sprache souverän und von oben herab „handhaben“ zu wollen (wie ich gerade hier und jetzt ja auch), also „klüger“ sein zu wollen, als sie selbst, zumindest für die Zeit der Lektüre aufgeben.
Ich glaube, man sollte sich aus lauter Hochachtung vor dem „Ingenium“ Pastior nicht scheuen, seine Gedichte zu „gebrauchen“, indem man sich nämlich von ihnen und ihrer „klügeren Sprache“ gebrauchen lässt. Das könnte „Sinn“ machen, hoffentlich, vielleicht. Dazu muss man allerdings möglichst nicht nur mit den Augen und mit dem Kopf lesen, sondern mit dem ganzen Körper, vor allem mit den Ohren!