erstellt am 17.05.2002 um 06:54 Uhr
"Mein Code-Name lautete Bell" -Bericht von Herr Bergel über seine Securitate-Akte.Ein hoch interessanter, kritischer Bericht eines Zeitzeugen, der mit offenem Auge auch Jahre danach durch das Leben geht.
Vor allem darum, weil auch für heute wichtiges darin steht.
Ich zitiere:
„Ich veröffentlichte außerdem in jenen Jahrzehnten zu diesen Fragen von Bukarest für so wichtig erachtete Studien, dass sich Ceausescu eine davon ("Die Sachsen in Siebenbürgen nach dreißig Jahren Kommunismus", 1976) ins Rumänische übersetzen ließ, wie Graf Stefan Bethlen 1983 öffentlich berichtete. Ich hielt überdies zum gleichen Thema in Deutschland, Österreich, Schweiz, Kanada, USA zahllose Vorträge - dafür nicht selten, weil ich ihr Harmoniebedürfnis im "Koexistenz''-Verhältnis zwischen freiem Westen und kommunistischem Osten störte, von deutschen Medien besserwisserisch gerüffelt, wie von politisch wenig informierten Landsleuten in Ost und West angegriffen. Seit ich meine Securitate-Dossiers aus dieser Zeitspanne las, halte ich es gleichsam auch Schwarz auf Weiß in der Hand: Ich handelte damals politisch richtig. Als ich 1968 in Deutschland eintraf, hofierten vor allem die deutschen Medien Ceausescu. Sie fielen ihm ebenso auf alle Finten herein wie heute den falschen Märtyrern. Sie fallen, so scheint es, mit Regelmäßigkeit irgendjemandem herein.“
Die Finten waren und sind nicht neu. Und das die Medienberichte aus lauter Aktualität oder Interessenvertretung (warum war Rumänien damals so Interessant?) nicht unparteiisch sind, wissen wir.
Das politische Interessen im Ausland verfolgt werden, ist auch nicht neu. Und wer denkt, dies endete mit dem Kommunismus, irrt. Es ist eine alte Geschichte in der Geschichte. Siehe auch Berichte über die „Interessen“ auch von freundschaftlichen Geheimdiensten, in wirtschaftlicher Sicht.
Geheimdienste sind auch nur von Menschen geführte und gestützte Organisationen, die mehr oder weniger bürokratisch arbeiten. Dazu gehört: Wenn keine Arbeit da ist, schaffen wir ein Betätigungsfeld. Auch wenn dabei die eigentliche Aufgabe vernachlässigt wird – siehe jüngste Berichte über Vorkenntnisse vor dem Anschlag vom 11 September in den höchsten Kreisen der Vereinigten Staaten.
Das Bergels Dossier unvollständig ist, ist verständlich. Ich bin auch sicher: Er sah nur den aktuellen Teil. Darum z.Bsp. bemühe ich mich auch nicht um Einsicht, obwohl es interessant wäre zu erfahren, wer so was über mich berichtete, der ich bestimmt und bei weitem nicht an das „Gewicht“ eines Bergel heranreiche – schon wegen der Art meiner Hauptbeschäftigung.
Noch eine Bemerkung zu einem vorherigen Kommentar. Das eine kritische Würdigung der Gegenwart und der jüngeren Vergangenheit gerade von denen nicht begrüßt wird, die emsig eine „Bewältigung“ der älteren Vergangenheit betreiben ist verständlich. Einerseits wird die Aufmerksamkeit auf andere Themen gelenkt. Andererseits ist zu bedenken, das dieses Thema („Vergangenheitsbewältigung“) eigentlich den falschen Namen hat. Geschichte kann berichtet werden, wahr oder falsch. Aber nicht berichtigt, den über die Geschichte wird vielseitig berichtet – falls die Diskussion offen ist.
Somit sollte klar sein: Geschichte und Vergangenheit kann nicht „bewältigt“ werden. Sie ist da, in Ihrer Großartigkeit, Schrecklichkeit und auch Ihrer Kriminalität. Sie geht leider so weiter. Das berichten darüber ist wichtig, vor allem für die jungen. Aber überwältigt wird die Geschichte davon schon lange nicht.
getkiss