Bitte um Teilnahme - hochqualifizierte Migrantinnen

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I.Junwirth
schrieb am 12.01.2010, 16:16 Uhr
Für ein Forschungsvorhaben über die "Arbeitsmarktintegration hochqualifizierter Migrantinnen aus postsozialistischen Staaten“ an der Humboldt-Universität zu Berlin suchen wir Frauen, die an der Studie als Interviewpartnerinnen teilnehmen möchten. Unter den ZuwanderInnen aus Rumänien sind viele Frauen, die hochqualifiziert sind, d. h. einen Universitätsabschluss oder einen vergleichbaren Abschluss haben. Trotz einer hohen Qualifikation gestaltet sich die Integration im Arbeitsleben oft schwierig. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert diese Studie. Sie hat die Zielsetzung, mehr über die Bedingungen zu erfahren, die insbesondere eine berufliche Verwirklichung von Migrantinnen ermöglichen.

Der Link zur Homepage: www.hochqualifizierte-migrantinnen.de

Wenn Sie von Beruf Ingenieurin oder Naturwissenschaftlerin (jeweils alle Fachrichtungen), Mathematikerin oder Informatikerin sind, wenn Sie in diesen Tätigkeiten beschäftigt waren oder sind, möchte ich Sie einladen, an unserer Studie als Interviewpartnerin teilzunehmen. Für unsere Studie sind dabei alle Erfahrungen im Berufsleben wichtig: unabhängig davon, ob Sie in Ihrem Beruf beschäftigt sind oder in einer anderen als der erlernten Tätigkeit, ob Sie erwerbslos sind, in Familienbetrieben tätig sind, sich für die hauptsächliche Übernahme von Familienaufgaben entschieden haben, sich selbständig gemacht haben, ehrenamtlich tätig sind und anderes. Wir können eine Aufwandsentschädigung von 30€ zahlen.

Wenn Sie Interesse daran haben, melden Sie sich bitte bei:

Dr. Ingrid Jungwirth, Institut für Sozialwissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin,
Tel. 030/2093-4201, E-Mail: ingrid.jungwirth@sowi.hu-berlin.de
Fabritius (Moderator)
schrieb am 12.01.2010, 23:02 Uhr (am 12.01.2010, 23:14 Uhr geändert).
Sehr geehrte Frau Dr. Jungwirth,

Sie befinden sich hier auf der Homepage des Verbandes der Siebenbürger Sachsen. Bei diesen handelt es sich nicht um Migranten sondern um Deutsche. Der Begriff Migranten bezieht sich auf Personen ausserhalb des deutschen Sprach- und Kulturkreises. Siebenbürger Sachsen hingegen kommen aus genau einem solchen, haben (schon immer) Deutsch als Muttersprache und sind daher nicht mit Migranten zu verwechseln. Die Integrationssituation der Siebenbürger Sachsen unterscheidet sich auf Grund des genannten Unterschiedes grundlegend von der Integrationsthematik ausländischer Menschen mit Migrationshintergrund.

Sie meinen vermutlich die nichtdeutschen Zuwanderer aus Rumänien, die Sie allerdings über dieses Forum eher nicht erreichen. Die "rumänische Diaspora", wie die Gruppe der nichtdeutschen Zuwanderer aus Rumänien in Deutschand meist genannt wird, ist nicht einheitlich organisiert. Deren Interessen werden von mehreren Vereinen vertreten. Viele sind auch über die rumänische orthodoxe Kirche zu erreichen, die in Nürnberg eine eigene Metropolie für Deutschland hat. Eine eigene Homepage dieser Vereine ist mir nicht bekannt. Informationen dazu bekommen Sie bei den rumänischen Generalkonsulaten in München oder Bonn, bei der rumänischen Botschaft in Berlin und der rumänisch-orthodoxen Metropolitanverwaltung in Nürnberg.

Weiterhin viel Erfolg bei Ihren Recherchen.
pavel_chinezul
schrieb am 13.01.2010, 08:30 Uhr
Sehr geehrter Herr Fabritius,

leider sieht die Realität in Deutschland genauso aus, wie sie ihre Vorschreiberin genannt hat. Die Deutschen aus Rumänien werden als Migranten/innen wahrgenommen und zwar, weniger in der Nachbarschaft, als sehr viel öfter von behördlicher Seite aus.

Einer meiner Bekannten hat die Lenauschule in Temeswar absolviert und dann, sein dort angefangenes technisches Studium, in Deutschland (sofort nach der Einreise) weitergeführt und auch erfolgreich zu Ende gebracht. Da in letzter Zeit viel von Lehrermangel gesprochen wird, wollte er über einen Seiteneinstieg, die Laufbahn eines Lehrers einschlagen. Die Schule an der er sich bewarb wollte ihn auch einstellen. Er musste nur noch die Anerkennung seines Hochschuldiploms als erste Staatsprüfung vornehmen. Da kam die Antwort seitens der Behörde, er müsste noch ein Deutschtestat ablegen, da er nicht aus dem deutschsprachigen Raum käme. Seine Einwände, dass der Schulleiter ein persönliches Vorstellungsgespräch mit ihm geführt hatte und bei fehlenden Sprachkenntnissen, ihm wohl nicht die Stelle zugesagt hätte oder, dass er sein Hochschulstudium wohl, ohne entsprechenden Sprachkenntnissen, hier nicht sofort hätte weiterführen können oder, dass die Lenauschule den Unterricht in seiner Muttersprache Deutsch angeboten hat (es wurde von ihm nachträglich verlangt, eine Bescheinigung der Lenauschule diesbezüglich anzufordern) oder, dass er einen Vertriebenenausweis besäße, das ihn zumindest als "Volksdeutschen" definiere oder, dass das Banat und Siebenbürgen wohl doch zum deutschsprachigen Raum gezählt werden, ja sogar, dass die Forderung des Nachweises der deutschen Sprachkenntnisse, gemäß des Gesetzes auf das sich die Sachbearbeiterin berief, ein Kann-Funktion und keine Muss-Funktion besaß, konnten diese nicht vom Gegenteil überzeugen. Einzig und allein die Intervention des Schulleiters beim Ministerium konnte bewirken, dass die Forderung der Sachbearbeiterin bezüglich der Sprachkenntnisse zurückgenommen wurde und mein Bekannter die Anerkennung der ersten Staatsprüfung bekam. Dies ist für mich ein Zeichen von Arroganz, genauso wie die Tatsache, dass man (zumindest war es früher so), um eine Allgemeine Hochschulreife anerkannt zu bekommen, mindestens 3 Semester Hochschulstudium aus Rumänien nachweisen musste, weil man dort ja „nur“ 12 Jahre zur Schule ging (und deswegen wohl dümmer war). Heute ist das Abi mit 12 Schuljahren in D beschlossene Sache. Nur so nebenbei, eine kleine Ironie der Geschichte: Wegen des anhaltenden Lehrermangels, wird jetzt darüber sinniert, verstärkt Lehrer aus Osteuropa anzuwerben, weil sie sehr gut ausgebildet sind. Früher, als unsere Lehrer aus Rumänien hierhin kamen (diese waren mindestens genauso gut ausgebildet wie die heutigen), konnten viele gar nicht mehr weiter als Lehrer tätig sein, weil Abschlüsse nicht anerkannt wurden oder andere Hürden aufgestellt wurden.

Sie sehen Herr Fabritius, solche Missverständnisse, wie von der Fr. Dr. vorher geäußert, sind leider gang und gäbe. Wie man es schon öfters gemerkt hat, leider auch in Kreisen, die sich als hochgebildet dünken.
Fabritius (Moderator)
schrieb am 13.01.2010, 09:23 Uhr (am 13.01.2010, 16:47 Uhr geändert).
@pavel_chinezul

Sie haben absolut Recht, das liegt leider oft gerade an solchen sicher gut gemeinten aber schlecht vorbereiteten Aktionen. Wenn wir vermeiden wollen, dass immer häufiger Äpfel mit Birnen verglichen werden, müssen wir eben aufklären. Wenn man sich die Homepage der entsprechenden Universität und das dort beschriebene Programm anschaut, kommen noch mehr Ungenauigkeiten zum Vorschein: so wird der Zuzug auf Grund des Zuwanderungsgesetzes (2005) als Forschungsziel angesprochen (also eindeutig der Ausländerzuzug, der ja auch mit dem Begriff "Migration" erfasst werden will), einige Absätze später dann jedoch von Aussiedlern gesprochen. Der Tatbestand der "Aussiedlung" ist jedoch rechtlich genau geklärt und meint den Zuzug von Deutschen nach dem BVFG (Bundesvertriebenerecht) bis 31.12.1992 und dieses hat nun aber auch gar nichts mit dem Zuwanderungsgesetz länger als ein Jahrzehnt später zu tun.

Wichtig ist nur, dass wir selbst solche Ungenauigkeiten nicht persönlich nehmen (sie ist oft nicht böse gemeint sondern eben Unkenntnis) und aufklären, damit wir so zu einer Korrektur der Standpunkte beitragen.

Viele Grüße
Josy
schrieb am 13.01.2010, 15:18 Uhr
Migration bedeuet den langfristigen oder dauerhaften Wechsel des Wohnortes im geografischen wie sozialen Raum. Daher verstehe ich die Irritation nicht. Aussiedler sind Migranten.

Josy
pavel_chinezul
schrieb am 13.01.2010, 15:48 Uhr
Hallo Josy,

meinen sie denn, dass ein Bayer der nach Friesland umzieht auch ein Migrant ist?
Fabritius (Moderator)
schrieb am 13.01.2010, 16:46 Uhr (am 13.01.2010, 17:07 Uhr geändert).
Hallo Josy,

es ist eine Frage der Deffinition und des Kontextes. Der Begriff "Migration" wird in dem Kontext, wie er hier zur Diskussion steht, für die Zuwanderung aus einem fremden Kulturkreis nach Deutschland verwendet. Genaue Regelungen (also eine "Legaldeffinition") gibt es dafür nur vereinzelt.

Eine davon, nämlich zur Klärung der Frage, wer "Kind mit Migrationshintergrund" ist - in den Gesetzen zur ergänzenden Kindergartenförderung - , beinhaltet die Festlegung, dass man dann von "Migrationshintergrund" spricht, wenn sowohl Vater als auch Mutter aus dem nichtdeutschen Kulturkreis stammen. Aussiedler müssen aber gerade aus dem deutschen Kulturkreis stammen, sonst werden sie gar nicht als Aussiedler anerkannt und können nur nach dem allgemeinen Zuwanderungsrecht - eben als Ausländer - zuziehen.

Es spricht auch niemand hier von "Irritation" sondern einfach von Klärung einer Ungenauigkeit, die - würde sie nicht beseitigt - zu falschen Ergebnissen der angestrebten Untersuchung führt.

Ein Beispiel hat pavel-chinezul treffend aufgezeigt: wenn Sie Sprachkenntnisse bei Migranten (und z.B. deren Auswirkung auf Integration oder Migrationsförderung) untersuchen wollen und dann aber deutsche Aussiedler statt Migranten befragen, kommen absolut falsche Ergebnisse heraus.

Von "Irritation" spricht man nur dann, wenn der Begriff mit aussiedlerfeindlichem Unterton verwendet wird. Das unterstellt hier niemand.

"Migranten" steht übrigens ganz oben auf der Vorschlagsliste der "Unwörter des Jahres", weil damit eben oft (aber nicht immer) auch Ausgrenzung beabsichtigt ist und der Begriff dann eher politischer Kampfrhetorik des sehr linken Spektrums zuzuordnen ist und vermutlich auch daher stammt. Ich finde aber, dass der Begriff entpolitisiert werden müsste, damit man ihn im Sprachgebrauch unbefangen verwenden kann. Erforderlich wäre dafür aber eine klare Inhaltsbestimmung, die von zufälligen oder absichtlichen Unschärfen frei ist.

Grüße


Anmerkung: soweit Ausführungen z.B. bei Wikipedia auch die "Spätaussiedler" - also Personen, die nach dem 1.1.1993 nach Deutschland gekommen sind, in den Begriff der Migranten einbeziehen, so ist zwar die dortige Unterscheidung zwischen "Aussiedlern" und "Spätaussiedlern" noch zutreffend (Zuzugsstichtag 1.1.1993), die Einbeziehung der Spätaussiedler in die Personengruppe der Migranten jedoch nicht unumstritten. Diese Einbeziehung geht (umstritten) davon aus, dass Spätaussiedler - meist Deutsche aus den GUS-Staaten - eigentlich nicht (mehr) aus dem deutschen Kulturkreis stammen und in Sprachkenntnissen und anderen Integrationsvoraussetzungen eher Ausländern gleich stehen. Problematisch ist diese Auffassung schon deswegen, weil Sprachtests in deutscher Sprache noch im Herkunftsgebiet zu den Voraussetzungen der Spätaussiedleranerkennung gehören. Bei dem Zuzug von Ausländern - klassischer Migration also- gibt es diese Voraussetzung hingegen gerade nicht.

Schreiber
schrieb am 13.01.2010, 18:57 Uhr (am 13.01.2010, 18:59 Uhr geändert).
*lach*
ein Bayer der nach Friesland umzieht versteht sich als Entwicklungshelfer, nur im umgekehrten Fall sprechen einige Bayern von Migranten
getkiss
schrieb am 14.01.2010, 11:50 Uhr (am 14.01.2010, 11:58 Uhr geändert).
un e "echte" Billeder Schwob, de sich in Frankenthal/Pfalz e Wohnung mietet, sprecht sogar fast de gleiche Dialekt wie de "echte" Frankenthaler.
Des heest aa net, das de "echte" Frankenthaler, de was vun Oggersheim herkummt, un in Frankethal g`heirat hat, e so genannter Migrant is.
Awer wenn e waschechte Rumänin aus Bukarescht, dort in de deitschi Schul gang is un aa perfekt des deitschi spricht un schreiwt, dann kann mer de trotzdem net als e Aussiedler bezeichne. Des is dann nor e perfekt deitsch sprechendi rumänischi Migrantin in Detschland, meen ich. Denn des deitschi Gymnasium in Bukarescht is e Kultureinrichtung, awer net e "deitschi Kulturkreis". Do gheere noch e paar anri Sache derzu: Vatter, Mutter, Opa un Oma, dee Nachbare mit dene mer schun immer sei Dialekt g´sproche hat un anri Sache aa.
Un wenn ich aa russisch sprech un schreiwe tu, bei eenem B´such in Moskau, oder tort arweite un lewe tu, bin ich schun längscht ke Russ, nor e deitschi Migrant.
À prpos Humboldt-Universität. De Humboldt, war des net eener de in Südamerika e fremdi Welt erkundt hat? Ich meen, nor mit de deitschi Sproch hätt de das net kenne. Un trotz dem is de a deitschi geblieb.

Han mer uns verstann, Josy? Mei Stand.Punkt. Un e scheene Tach noch, de Sunn scheint, ich geh Lang laafe!
S.IRENE
schrieb am 18.01.2010, 22:54 Uhr
In allen Bereichen gibt es Spezialisten, begabte und erfahrene Menschen. Personen, die einen Universitäts- oder vergleichbaren Abschluss haben, sollten nicht allein wegen ihres Diploms als "hochqualifiziert" eingestuft werden. Für ein "hochqualifiziert" sind weitere Kompetenzen erforderlich.

Siebenbürgisch-sächsische Aussiedler sind Migranten. Und wenn ein Bayer nach Friesland migriert, dann ist er ebenfalls ein Migrant (Binnenmigration hat mit Urlaub nichts zu tun). Klar, dass es zwischen den vielen Kategorien von Migranten bedeutende Unterschiede gibt. Die Begriffe "Migration" und "Migranten" sind Allgemeinbegriffe. In gewissen Kontexten müsste/sollte stets präzise genannt werden, welche Migranten gemeint sind (und welche nicht).
pavel_chinezul
schrieb am 19.01.2010, 08:14 Uhr (am 19.01.2010, 08:20 Uhr geändert).
S.IRENE schrieb:

Siebenbürgisch-sächsische Aussiedler sind Migranten.

Wikipedia sagt zum Begriff

Migrant

Als Migranten werden jene Menschen bezeichnet, die von einem Wohnsitz/Land zu anderen Wohnsitzen/Ländern wandern bzw. durchziehen. Aus Sicht ihres Herkunftslandes sind Migranten Emigranten, aus Sicht des Aufnahmelandes Immigranten. Die Umschreibung „Menschen mit Migrationshintergrund“ fasst Migranten und ihre Nachkommen unabhängig von der tatsächlichen Staatsbürgerschaft zusammen.


Ein Teil der Deutschen aus dem heutigen Rumänien waren Emigranten (und auch nur ein Teil der Siebenbürger-Sachsen), als sie dahin, in den Osten des damaligen ungarischen Königreichs, zogen. Sie sind heute keine Immigranten in Deutschland, sondern höchstens Rückkehrer.

Wikipedia sagt zum Begriff

Immigranten

...Das moderne Bild der Immigration steht in Beziehung zur Entstehung von Nationalstaaten und Nationalitäten sowie Pässen, Grenzen mit Grenzkontrollen und Staatsbürgerschaftsrecht.

In solchen Staaten haben Immigranten als Nicht-Staatsbürger im Verhältnis zu Staatsbürgern eingeschränkte Rechte, besonders das Recht auf Niederlassung wird zum Teil streng durch Immigrationsgesetze beschränkt...


Spätestens seit Artikel 116 GG, haben aber die Deutschen aus dem Ausland keine eingeschränkten Rechte (sondern alle Rechte) und auch die deutsche Staatsangehörigkeit steht ihnen, ohne Wenn und Aber, zu. Also sind sie hier keine Immigranten.

Somit ist dieser Thread, im Forum der Siebenbürger Sachsen, ganz klar fehl am Platz. Man kann wohl von einer Repräsentantin einer Universität erwarten, dass sie sich besser informiert, bevor sie sich äußert.
Karin Decker
schrieb am 19.01.2010, 08:33 Uhr
Mein Eindruck ist: Wir sind weder mi-, noch emi- oder immi- sondern nur mehr grantig.
I.Junwirth
schrieb am 19.01.2010, 15:02 Uhr
Da meine Bitte um Teilnahme bei unserer Studie zu hochqualifizierten Migrantinnen bei manchen hier für Aufregung sorgte, möchte ich darauf antworten. Erst mal vielen Dank für die vielen Rückmeldungen und dem Interesse, das dem Aufruf entgegen gebracht wird.

In der sozialwissenschaftlichen Diskussion wird zwischen einem wissenschaftlichen und einem politischen Begriff von Migration unterschieden. Der wissenschaftliche Begriff bezieht sich tatsächlich in einem allgemeinen Sinn auf den Prozess der Wanderung, der sowohl zwischen Nationalstaaten als auch innerhalb eines Nationalstaats stattfinden kann. Aus dieser Perspektive sind sowohl der Bayer in HH als auch die Rumänin in Deutschland und ebenso die hochqualifizierte Frau, die als Aussiedlerin nach Deutschland zuwanderte, MigrantInnen. Der politische Begriff von Migration ist im Rahmen politischer Bewegungen entstanden, die sich mit (Anti-)Rassismus und Flüchtlingpolitik befassten. Der in dieser Diskussion entstandene umfasende Begriff von Migration zielt darauf, Spaltungen zwischen Migrantinnen und Migranten aufgrund von Einwanderungsbestimmungen sowie aufgrund von politisch auch oft instrumentalisierten Zuschreibungen wie "ökonomische", "politische" o. a. Migration zu überwinden. Tatsächlich zeigt die sozialwissenschaftliche Forschung, dass es oft vieleschichtige Motivationen für die Migration gibt. Um nur ein Beispiel zu nennen: auch für Menschen, die als AussiedlerInnen nach Deutschland zuwandern, können ökonomische oder familienorientierte Motive eine Rolle spielen. Mit dem politischen Begriff von Migration geht es also darum, Solidaritäten zu schaffen über verwaltungstechnisch, aber auch ethnisch begründete Spaltungen hinweg.

Für unser Forschungsvorhaben ist demnach sowohl der wissenschaftliche als auch der politische Begriff von Migration angemessen.

Gleichwohl nehme ich die Diskussion in diesem Forum als Hinweis darauf zur Kenntnis, dass es auch Unterschiede zwischen MigrantInnen gibt, die es zu berücksichtigen gilt. Für die Soziologie ist dabei eine der wichtigsten Zielsetzungen, differenziertere Perspektive auf soziale Realitäten zu eröffnen als es der "gesunde Menschenverstand" vorgibt. Deswegen kann ich zur Beruhigung der hier geäußerten Meinungen nur versichern, dass wir und ich uns in jedem Falle um Differenzierung bemühen: Das ist das Ziel von wissenschaftlicher Erkenntnis.

Noch ein Wort zum Begriff der "Hochqualifizierten". Es gibt keine allgemein gültige Definition davon. Allerdings verwendet die UNO den Begriff, um damit eine Hochschulausbildung sowie hochschuladäquate Ausbildung zu bezeichnen ebenso wie die Berufstätigkeit in einer Beschäftigung, die üblicherweise eine Hochschulausbildung erfordert. In diesem Sinne wird "hochqualifiziert" auch in meinem Aufruf verwendet.
S.IRENE
schrieb am 19.01.2010, 15:25 Uhr (am 19.01.2010, 15:27 Uhr geändert).
Meine Anmerkung zu den "Hochqualifizierten" war eine allgemeine Feststellung.
pavel_chinezul
schrieb am 19.01.2010, 15:46 Uhr (am 19.01.2010, 15:54 Uhr geändert).
Sehr geehrte Frau Jungwirth,

ihr Aufruf in diesem Thread fing so an:

Für ein Forschungsvorhaben über die "Arbeitsmarktintegration hochqualifizierter Migrantinnen aus postsozialistischen Staaten“ an der Humboldt-Universität zu Berlin suchen wir Frauen, die an der Studie als Interviewpartnerinnen teilnehmen möchten. Unter den ZuwanderInnen aus Rumänien sind viele Frauen, die hochqualifiziert sind, d. h. einen Universitätsabschluss oder einen vergleichbaren Abschluss haben. Trotz einer hohen Qualifikation gestaltet sich die Integration im Arbeitsleben oft schwierig.

Dazu hätte ich folgende Fragen bzw. Anmerkungen:

1) Zu postsozialistischen Ländern gehören auch die neuen Bundesländer, also die ehemalige DDR. Werden Frauen die nach Westdeutschland migriert sind, auch von ihrem Aufruf erfasst?

2) Haben sie diesen Aufruf auch bei den anderen Landsmannschaften publik gemacht? Wie z.B. bei den Schlesiern, da Polen auch postsozialistisch ist.

3) Warum denn die Fragen speziell an Migrantinnen? Es ist doch so, dass "Hochqualifizierte" Frauen im allgemeinen (egal ob Deutsche oder nicht), von der Männer dominierten Gesellschaft in Deutschland nicht ernst genommen werden und es schwieriger haben, einen Job gemäß ihren Qualifikationen zu bekommen.

4) Erfasst ihr Aufruf auch Migrantinnen, die hier in Deutschland ihren hohen Abschluss erreicht haben? Zumindest wird das durch den Titel ihrer Studie angedeutet.

5) Ab welchem Jahr gilt die Einordnung "postsozialistisch" für Sie? Werden auch Frauen gemeint die schon vor der Wende in Deutschland waren und deren ehemaliger Wohnsitz sich jetzt in einem postsozialistischen Land befindet?

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