Die rumänische Gauck-Behörde "CNSAS" und das Vermächtnis des kommunistischen Geheimdienstes "Securitate"

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Carl Gibson
schrieb am 18.11.2010, 09:33 Uhr
Wie notwendig ist die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit über Akteneinsicht bei der CNSAS?

Wie arbeitet die CNSAS?
Was sagen Einzelakten aus? Woraus besteht eine Akte? Was fehlt? Weshalb fehlt etwas?
Wer war Opfer?
Wer war Täter?

Seit Herta Müllers Akte "Cristina" öffentlich diskutiert wird, richten sich viele Blicke in die Matei Basarab-Staße Nr. 41 in Bukarest 3.
Darüber hinaus macht der „Fall Oskar Pastior“ als IM der Securitate die Thematik brandaktuell –
ebenso Dieter Schlesaks jüngste Reise zur CNSAS, die Fragen aufwirft und neugierig macht.

Ich brauchte mehr als 30 Jahre, um die Hemmschwelle zu überwinden, um wieder nach Rumänien zu reisen, auch zur CNSAS. Denn ich war sehr skeptisch und misstraute der Hinterlassenschaft der "Securitate", die denen, die sie immer schon kriminalisieren wollte, vielleicht ein spät wirkendes "Basiliskenei" hinterlassen hat, aus dem bekanntlich irgendwann das Böse schlüpfen kann.
Inzwischen sehe ich die Sache realistischer.

Die CNSAS legt das vor, was sie bei Recherchen finden konnte. Was Einzelne, Betroffene, Forscher aus dem Material machen, ist eine andere Sache.

Ergänzend zu meinem Erfahrungsbericht in der SbZ nach meiner Reise nach Bukarest bzw. nach der Auswertung meiner Akte kann hier vielleicht weiterführend diskutiert werden. Fragen von Interessierten will ich gerne in differenzierter Diskussion beantworten helfen.
Wer die Verhältnisse der Ceausescu-Dikatur kennt,wer seine und andere Akten gesehen hat, wer die Debatte und Kommunismusaufarbeitung seit Jahren verfolgt und mitgestaltet, kann auch bei diesem höchst komplexen Thema mitreden.

Die Un-Saat der "Securitate" und ihr negatives Vermächtnis werden uns noch lange beschäftigen.


Carl Gibson
schrieb am 25.11.2010, 11:01 Uhr
Damit die Debatte "Securitate"-Akten-Einbick" bei der CNSAS nicht in den "Kommentaren" ausgetragen und weiter geführt wird, hier noch einmal meine gerade dort gepostete Meinung dazu:

"Herta Müller schreibt "Belletristik", "schöngeistige Literatur"; sie arbeitet nicht "wissenschaftlich", historisch kritisch - und sie veröffentlicht auch keine wissenschaftlichen Abhandlungen, bestenfalls "Essays", in welchen sie "ihre Sicht der Wirklichkeit" im Rumänien der Ceausescu- Diktatur und ihre Interpretation des "Securitate- Phänomens" literarisch darstellt. Herta Müller kann nur etwas zur Akte "Cristina" sagen und so zur Gesamtdiskussion beitragen. Sonst beschränkt sich ihr Werk auf "Fiktion", diese ist bekanntlich der Gegensatz zur "realistischen Darstellung". „Forschung“ bedeutet: Strenge Analyse aller Details und Implikationen von Fall zu Fall. Jeder Fall ist anders - ein eigenes Universum, auch an Lüge und Täuschung. Ein Muster der Aufarbeitung, ein Erfolgsrezept gibt es nicht. Zur CNSAS- Forschung ( seit 2002 wurden mehr als 1000 Projekte genehmigt) hier ein Link:

http://www.cnsas.ro/documente/2010.11.02%20-%20Lista%20cercetatorilor%20acreditati.pdf


Darüber hinaus empfehle ich das Nachlesen der hier geführten Debatten und Diskussionen zur Kommunismusforschung, Vergangenheitsaufarbeitung und -bewältigung, da nicht alles erneut wiederholt werden kann. Es gibt noch viel zu tun. CG"

Im meiner Sache werde ich weitere Dokumente aus meiner Securitate-Opfer-Akte Veröffentlichen, namentlich auf meinem Blog unter:

http://www.carl-gibson.blogspot.com/

Wer wirklich an der Sache interessiert ist, muss ins Details gehen. CG
seberg
schrieb am 25.11.2010, 13:48 Uhr
„"Herta Müller schreibt "Belletristik", "schöngeistige Literatur"; sie arbeitet nicht "wissenschaftlich"“...
„Sonst beschränkt sich ihr Werk auf "Fiktion", diese ist bekanntlich der Gegensatz zur "realistischen Darstellung".“


„Zur Konzeption und Genese eines politischen Buches in künstlerischer Form“ heißt das Nachwort eines (angekündigten?) Werks von Gibson selbst.

Quod licet Iovi, non licet bovi? Oder macht Herta Müller Schule?

Kann man diese „Konzeption“ irgendwo nachlesen, Herr Gibson?
Ihr angegebener Link dazu geht nämlich ins Leere.
Carl Gibson
schrieb am 25.11.2010, 19:22 Uhr
Vielen Dank für die Aktivierung der Links, Sibihans!

Ich habe gerade mit der Veröffentlichung von Dokumenten aus meiner Securitate-Opfer-Akte aus den CNSAS-Archivbeständen auf meinem Blog begonnen.

@Seberg: Klären Sie das Datei-Größen-Problem mit den SBB-Administratoren - und falls es ein OK gibt, veröffentliche ich an dieser Stelle das von Ihnen nachgefragte Nachwort zur "Symphonie der Freiheit".
Es sind mehr als 20 DIN A4 Seiten.

Aber lesen Sie doch vorher das Primärwerk, damit Sie verstehen, wovon ich im Nachwort rede.

Wer das Werk nicht kaufen will oder kann, der kann es am Bildschirm online lesen - umsonst, über books.google ... mit ein paar Klicks auffindbar.
CG



Emilian
schrieb am 02.12.2010, 09:51 Uhr
Danke für den Link Sibihans!!!!!!
Carl Gibson
schrieb am 08.12.2010, 15:51 Uhr (am 08.12.2010, 15:54 Uhr geändert).
Falls Diskussionsbedarf besteht - hier noch einemal der Text meines Kommentars zur Identitätslüftung von Securitate-IMs über eine unmittelbare Anfrage bei der CNSAS.

"
"Wer ist Wer" in der Securitate- IM- Szene? Die Frage, welche Person hinter bestimmten Decknamen steckt, lässt sich am einfachsten über eine direkte Anfrage bei der CNSAS stellen.
Es kann sein, dass die "Siebenbürgische Zeitung" im Interesse der Öffentlichkeit solche Anfragen bei der CNSAS in Bukarest stellen kann. Auf einen Versuch käme es an.
Auf jeden Fall können "professionelle Aufklärer" diese Anfrage stellen, Forscher, die bei der CNSAS "akkreditiert" sind, zum Beispiel Dr. Motzan oder Dr. Sienerth vom IKGS, die sich hauptberuflich mit diesen Recherchen beschäftigen und neben "Literatur" auch mit "Geschichte" sowie der Aufarbeitung von Kommunismus und Diktatur in Rumänien konfrontiert sind.
Das Verwirrspiel "Who is Who" bei der Securitate sollte endlich ein Ende nehmen, da es eben nicht zulässig ist, wenn sich IMs aus der Affäre ziehen wollen, nur weil der Materie eine "Janusköpfigkeit" innewohnt, die die Identitäten von Opfer und Täter schnell verwischen kann, gerade wenn keine Gewissheit da ist.
So einfach können Zuträger, Denunzianten und inoffizielle Mitarbeiter des Geheimdienstes "Securitate" sich nicht aus der Affäre ziehen: Denn die "Spitzelberichte" ( in der Regel eigenhändig verfasst) sind eindeutig - zudem können Schriftproben grafologisch untersucht werden. ( Meine Original-Dokumente stehen im Internet - eine Vergleich mit belastbarem Material wäre jederzeit möglich.) Betroffene, die vom IM „Moga“ belastet wurden, können doch sicherlich das "corpus delicti" vorlegen, veröffentlichen!? Die IMS „Voicu“ , „Gruia“, „Walter“ „Matei“ etc. haben sich "geoutet" bzw. sie wurden unter dem Druck der Beweislast quasi überführt ( zumindest in den Augen der mehr oder weniger informierten Öffentlichkeit. Bei anderen „Sorin“, Mayer“ etc. ist noch vieles sehr strittig, auch deshalb, weil die Akte „Cristina“ selbst hochgradig janusköpfig ist und Herta Müller diese Ambivalenz in ihrem ZEIT-Artikel „Die Securitate ist noch im Dienst“ vom 28. Juli 2009 in die Welt gesetzt hat. Damit wurde ein gefährliches Paradigma geschaffen, ein Muster, das von Mogas und anderen IMs schamlos ausgenutzt werden kann.
Maschinenschrift-Berichte der Securitate-Offiziere hingegen sind mit Vorsicht auszuwerten, da sie in der Regel das weiter geben, was der Securitate und dem kommunistischen System genehm war - eben "die Sicht der Securitate".
Die rumänische Gauck-Behörde CNSAS kann sicher auch von Fall zu Fall Auskunft geben, ob es bei bestimmten Personen eine "Opfer-Akte" gibt - oder ob auch eine Täter-Akte existiert. Danach erst stellt sich die Frage der Authentizität bzw. der Instrumentalisierungs- und Diversionsabsicht der alten Securitate oder neuer Kräfte mit ähnlichen Intentionen.
Carl Gibson"

Es darf nicht sein, dass Herta Müller und Dieter Schlesak mit Claus Stephani auf eine Stufe gestellt werden, nur weil eine "differenzierte Diskussion" noch nicht stattgefunden hat.
Über "Opfer" und Täten" kann nur jemand kompetent mitreden, der das Aktenmaterial der CNSAS unfassend und gründlich studiert hat und alle anderen von mir mehrfach angesprochenen Voraussetzungen erfüllt.
Alles andere ist unverantwortliche Spekulation.
Mehr unter:

http://www.carl-gibson.blogspot.com/
Bäffelkeah
schrieb am 08.12.2010, 16:01 Uhr (am 08.12.2010, 16:02 Uhr geändert).
Carl Gibson: "Es darf nicht sein, dass Herta Müller und Dieter Schlesak mit Claus Stephani auf eine Stufe gestellt werden, nur weil eine 'differenzierte Diskussion' noch nicht stattgefunden hat."
Können Sie etwas deutlicher zum Ausdruck bringen, wie Sie in diesem Kontext Claus Stephani (wohl moralisch?) beurteilen, im Unterschied zu Herta Müller und Dieter Schlesak, Herr Gibson?
bankban
schrieb am 08.12.2010, 17:24 Uhr
Denselben Text hat Herr Gibson auch als Kommentar schon unter dem Artikel von Herrn Stephani veröffentlicht. Müssen denn diese Wiederholungen sein?
cyberes
schrieb am 08.12.2010, 21:41 Uhr (am 08.12.2010, 22:01 Uhr geändert).
@Herr Carl Gibson,
Sie sagen in Ihrem Artikel (http://www.siebenbuerger.de/zeitung/artikel/kultur/10563-akteneinsicht-in-bukarest-sichtweise.html), den die Siebenbürger Zeitung freundlicherweise druckte, "die CNSAS arbeitet inzwischen professionell, entgegenkommend und gut."
Sie schreiben, dass Sie (auch) der CNSAS und der "Hinterlassenschaft" der Securitate, mißtrauten und deshalb nicht nach Rumänien reisen wollten, um Akteneinsicht zu bekommen.
Ihr Misstrauen gegenüber der Securitate, die, wie Sie sagten, "vielleicht ein spät wirkendes "Basiliskenei" hinterlassen hat", scheint sich erfreulicherweise gelegt zu haben, seit Sie akkreditiert sind.
Und es ist natürlich löblich, dass Sie ganz ohne Ressentiments den Mut gefunden haben, nach Bukarest zu reisen, auch wenn sich Herr Basescu noch nicht bei Ihnen persönlich entschuldigt hat.
Die "professionelle" Erforschung der Akten scheint somit sichergestellt zu sein.
Sie sagen, "die "Spitzelberichte" ( in der Regel eigenhändig verfasst) sind eindeutig", "Maschinenschrift-Berichte der Securitate-Offiziere hingegen sind mit Vorsicht auszuwerten, da sie in der Regel das weiter geben, was der Securitate und dem kommunistischen System genehm war", die Zuordnung der IM-Namen auch, nur die Akte „Cristina“ ist "selbst hochgradig janusköpfig", weil "Herta Müller diese Ambivalenz in ihrem ZEIT-Artikel „Die Securitate ist noch im Dienst“ vom 28. Juli 2009 in die Welt gesetzt hat."
Sehr interessant, dass sich ausgerechnet die Auswertung dieser Akte so schwierig gestaltet.
Und Sie fügen hinzu:
"Damit wurde ein gefährliches Paradigma geschaffen, ein Muster, das von Mogas und anderen IMs schamlos ausgenutzt werden kann."
Werden kann??? Wie wollen Sie damit sagen, Herr Gibson?
Wer schuf denn ein Paradigma, welches andere eventuell und unter Umständen vielleicht schamlos ausnutzen könnten?
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich diesbezüglich aufklären könnten, denn ich halte Sie für jemanden, der keine unbedachten Sätze schreibt.

Nun lese ich heute in der rumänischen Presse:
"Plătim de ani buni, cu bani mulţi, un CNSAS care n-a reuşit să prindă nici o crimă comisă pe frontiere sau în beciurile fostului regim de vreun colonel sau general de Securitate. Ciudaţii cercetători ai CNSAS-ului au reuşit, în schimb, să-i „prindă" şi să-i spurce pe mai toţi adversarii eternei Securităţi. Avem ziarişti (şi multe ziariste) evident înrolaţi şi care mint, falsifică, intoxică agresiv, violent, securitistic."

http://www.cotidianul.ro/130411-Bula-incremenit-in-proiect
Und wenn ich noch ein bisschen zurückblättere:

"Jurnalistul ungar, Heltai Peter, originar din Cluj, intenţionează să dea în judecată Consiliul Naţional pentru Studierea Arhivelor Securităţii (CNSAS), pentru a dovedi că nu a fost informator al Securităţii, potrivit NewsIn."

http://www.romanialibera.ro/actualitate/europa/jurnalistul-maghiar-heltai-peter-intentioneaza-sa-dea-in-judecata-cnsas-pentru-declaratii-false-208827.html

Europarlamentarul Laszlo Tokes afirma ca fostul sau cumnat, medicul ortoped Barta Tibor, si-ar fi falsificat o adeverinta din partea Consiliului National pentru Studierea Arhivelor Securitatii (CNSAS), din care sa reiasa ca nu a fost colaborator al Securitatii.

http://www.ziare.com/politica/stiri-politice/tokes-sustine-ca-fostul-sau-cumnat-si-a-falsificat-o-adeverinta-de-la-cnsas-1008429

Meine Frage: Was sagen Sie zu den Vorwürfen?

Sie eröffnen hier aber zum Thema CNSAS einen Diskussionsstrang. Gleichzeitig schränken Sie ein: "Wer die Verhältnisse der Ceausescu-Dikatur kennt,wer seine und andere Akten gesehen hat, wer die Debatte und Kommunismusaufarbeitung seit Jahren verfolgt und mitgestaltet, kann auch bei diesem höchst komplexen Thema mitreden." und auch:
"Über "Opfer" und Täten" kann nur jemand kompetent mitreden, der das Aktenmaterial der CNSAS unfassend und gründlich studiert hat und alle anderen von mir mehrfach angesprochenen Voraussetzungen erfüllt.
Alles andere ist unverantwortliche Spekulation."

Meine Frage also: Wer soll also Ihr Gesprächspartner sein (dürfen)?



cyberes
schrieb am 10.12.2010, 00:56 Uhr
Wenn ich Sie recht verstanden habe, ließen Sie, lieber Herr Gibson, mein letztes posting unbeantwortet, weil ich den hohen Erwartungen, die Sie an einen Gesprächspartner stellen, leider nicht erfülle. Sie schreiben jedoch auch:

„Fragen von Interessierten will ich gerne in differenzierter Diskussion beantworten helfen.“

Ich bin ein Interessierter, ich will aber Ihre Aufmerksamkeit gar nicht unnötig lang beanspruchen und beschränke ich mich deshalb auf zwei direkte und ohne 'differenzierte Diskussion' zu beantwortenden Fragen.
Sie schreiben: „…wichtiger sind mir hingegen die "deutschzüngigen Herfershelfer aus der KP", die heute als die "Guten und Gerechten" auftreten, im Grunde aber nur altgediente Kommunisten, Heuchler und Pharisäer sind.“

1. Umschreiben Sie damit Ihr Forschungsprojekt, welches Ihnen eine Akkreditierung bei der CNSAS einbrachte?
2. Ist das der Grund dafür, dass Sie die Möglichkeit der Einsicht in die Akte Cristina bekamen?



Carl Gibson
schrieb am 11.12.2010, 22:28 Uhr
Aus Zeitgründen kann ich nicht überall, sein,
geehrter Herr "cyberes".
Ihren Ausführungen oben kann ich gut folgen. Auch bin ich weit davon entfernt, einer CNSAS einen Persilschein auszustellen.
Dort gibt es mehr als 1000 Forschungsprojekte, also sind auch mehr als 1000 Forscher zugelassen - mit zum Teil interessant klingenden Projekten, deren Abschluss oft in den Sternen steht.
Ich selbst habe Jahre in ein Projekt investiert, dann weitere Jahre in so genannte Aufklärung - alles auf eigene Kosten und mit dem Ergebnis, mir Feinde gemacht zu haben, die ich vorher nicht hatte.

Zur Akte "Cristina" - Jeder Forscher kann sie einsehen. Herta Müller wird dort bei der CNSAS m. E. nicht protegiert.

Vor zweieinhalb Jahren schrieb mir Richard Wagner, Herta Müller hätte ihre Akte mehrfach beantragt - und nicht bekommen.
Dann war sie auf einmal doch da.

Teile daraus wurden an die Öffentlichkeit weiter gereicht, einige ausgewählte Zitate, mehr nicht.
Einiges Irrelevante wurde sogar medienwirksam aufgebauscht.
Eine Diskussion - etwa in der FAZ - über diese oder andere Akten konnte nicht stattfinden, weil kaum jemand die Materialien zu Gesicht bekommen hatte.
( Und weil kritische Kommentare, etwa von der FAZ abgewürgt wurden!)

Auch jetzt muss jeder Äußerung über eine Akte das gründliche Studium aller Details vorausgehen.
Sie selbst haben hier erst jüngst erlebt, wohin Schnellschüsse und Schuldzuweisungen führen können.

Ich war primär in eigener Sache unterwegs bei der CNSAS, da es kein anderer war als Richard Wagner, der öffentlich postulierte, meine Akte wolle ich nicht sehen - und ihre Akte ( die von Herta Müller und Herta Wagner) wolle ich auch nicht sehen.

Das Gegenteil habe ich durch meine Fahrt nach Bukarest zur CNSAS betont.

Das Studium und die Auswertung vieler Akten von Zeitgenossen wird aber noch längere Zeit andauern. In meinem Buch habe ich die Diskussion bereits vor Jahren begonnen:
Was war kultureller Widerstand, was konkrete politische Opposition?
Ein weites Feld - Sie werden verstehen, wenn mir angesichts zahlreicher Unterstellungen und Verunglimpfungen aus dem Bereich der Anonymen ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht wichtig ist.

Zu meiner Akte: Ich habe viel ins Netz gestellt, auch um meine mehrjährige Opposition vor SLOMR (1979) und danach im Westen zu belegen.
Jedes Dokument adäquat erläutert würde eine kleine Abhandlung nach sich ziehen. Auf meinem Blog werde ich noch einiges vertiefen.

Noch ein Wort zur Akkreditierung: Wer „Historiker“ ist, also Geschichte an einer Hochschule studiert und abgeschlossen hat, wer einschlägige wissenschaftliche Publikationen aufweisen kann, der wird auch bei der CNSAS als Forscher angenommen werden. Die Zeit der „pile si relatii“ ist inzwischen vorbei, auch lässt sich jede Akkreditierung objektiv kontrollieren.

Bei historischen Forschungsarbeiten kommt es auf die Qualität der Studie an, nicht auf die schnelle Effekthascherei, die schnell verpufft und deren Wirkungen oft kontraproduktiv sind.
Carl Gibson
cyberes
schrieb am 12.12.2010, 12:13 Uhr (am 12.12.2010, 12:19 Uhr geändert).
Herr Carl Gibson, ich bedanke mich herzlich für Ihre Ausführungen. Insbesondere weil ich mit ein paar kurzen, präzisen Antworten auch zufrieden gewesen wäre. Wenn sie denn gekommen wären. So aber, halten wir vorerst fest:
Sie äußerten sich weiter oben sehr positiv über die Arbeit der CNSAS. Auf gezielte Nachfrage aber räumen Sie Fehler ein. Für mich sind das widersprüchliche Äußerungen, die wir aber hier nicht weiter zu vertiefen brauchen.
Ich hatte Interesse für das Thema Ihrer Forschungsarbeit bie der CNSAS geäußert.
An was für einem Projekt Sie arbeiten, bleibt offen. Warum?
Sie schreiben zur Akte "Cristina", dass jeder Forscher sie einsehen kann.
Hier kann es sich, meiner Einschätzung nach, nur um eine Fehlinformation handeln, denn im Akkreditierungsgesuch muss der Forscher die Dokumente angeben, die er einsehen möchte. Außerdem müssen sie eine Verbindung zu seinem Forschungsprojekt haben.
( În cazul în care cercetătorul doreşte să studieze şi alte dosare ale unor persoane care au legătură cu tema pentru care a primit acreditarea, dar care nu au fost menţionate în cererea iniţială, acesta poate aduce completări la cererea de acreditare. Această solicitare se supune din nou aprobării Colegiului.)
Wenn Sie also Akteneinsicht bekommen haben, werden Sie Ihre Mission in der Aufklärung über die "deutschzüngigen Herfershelfer aus der KP", die heute als die "Guten und Gerechten" auftreten, im Grunde aber nur altgediente Kommunisten, Heuchler und Pharisäer sind.“ sehen.
Ist das richtig?
Wieso erwähnen Sie in diesem Zusammenhang ausgerechnet die Akte von Frau Müller?
Herr Gibson, suchen Sie auch tatsächlich dort, wo es was zu finden gibt?! Oder sind Sie der Meinung, es wird sich auf jeden Fall was finden können, wenn man nur lange genug nach etwas sucht?
Es ist richtig was Sie sagen: Frau Müller hatte wiederholt um Akteneinsicht gebeten und bekam sie nicht. Als sie endlich ihre Akte bekam, versuchte sie natürlich auch über die Medien, die sie tagtäglich dazu befragten, die Aufdeckung der Machenschaften der Securitate anzustoßen. Da Sie, Herr Gibson, die Akte der Frau Müller zu Gesicht bekommen haben, würde mich interessieren, ob das eingesehene Material neue Erkenntnisse zuließ. Solcherart Erkenntnisse beispielsweise, die ihre Vorverurteilung auch nur im geringsten gerechtfertigten würden?
Ihre Andeutung, „die Akte „Cristina“ ist "selbst hochgradig janusköpfig" und ihre unkommentiert gebliebene Bemerkungen:
"Es darf nicht sein, dass Herta Müller und Dieter Schlesak mit Claus Stephani auf eine Stufe gestellt werden, nur weil eine 'differenzierte Diskussion' noch nicht stattgefunden hat." und "Damit wurde ein gefährliches Paradigma geschaffen, ein Muster, das von Mogas und anderen IMs schamlos ausgenutzt werden kann."
entsprechen Ihrem Aufklärungsanspruch nicht. Sie lösen nicht einmal das Angebot ein, ein Gespräch führen zu wollen.
Ich möchte bitte nicht missverstanden werden, denn ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber ich weiß nicht so recht, wie ich Ihren Satz verstehen soll:
„Sie werden verstehen, wenn mir angesichts zahlreicher Unterstellungen und Verunglimpfungen aus dem Bereich der Anonymen ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht wichtig ist.“
Wollen Sie damit andeuten, dass nichts dran ist an den Vorwürfen, Sie hätten sich selbst Mehrfachidentitäten zugelegt? Sie hätten selbst als ‚Anonymer‘ kommentiert? Wenn das nicht so sein sollte, könnten Sie das hier ganz einfach bezeugen. Warum tun Sie es nicht?
Sie haben doch selbst, in einem öffentlichen Forum, ein Gesprächsangebot gemacht?! Möchten Sie ihr Angebot zurückziehen? Weil Sie befürchten, sich neue Feinde zu schaffen?
Nochmal also meine Frage: Wer soll hier ein angemessener Gesprächspartner sein?
Warum lenken Sie von der Beantwortung der Fragen ab?
Wie wollen Sie Aufklärung betreiben, wenn Sie sich Antworten verweigern und sich in Andeutungen, Geheimniskrämerei und düsteren Vorhersagen ergehen?
Oder war es eine Einladung zu einem persönlichen Treffen?
Sie werden gewiss verstehen, dass ich, bevor ich mich Ihnen von Angesicht zu Angesicht vorstelle, auch wissen möchte, mit wem ich es zu tun habe.


Carl Gibson
schrieb am 12.12.2010, 18:45 Uhr
Herr cyberes alias Rainer, wer immer Sie auch sind:

Ich bin öffentlich, Sie sind es nicht.
Meine Vergangenheit ist offen wie ein Buch.
Von Ihnen weiß ich garnichts.

Das sind Fakten.

Was die Klärung der vielen offenen Fragen zum Widerstand in der Ceausescu- Diktatur betrifft, da ist noch sehr viel zu tun.

Die Fakten werden Auskunft darüber erteilen, wer Widerstand geleistet hat und wer nicht.

Bisher saßen die Betroffenen noch nicht an einem Tisch.

Bisher wurde die Materie / Thematik "Dissidenz" noch nicht öffentlich diskutiert, weder vom IKGS, noch von sonst einer Institution.
Warum , weshalb?
Das wird sich noch zeigen.

Wer meine Meinung, Haltung etc. kennen lernen will, kann mich zu öffentlichen Veranstaltungen einladen. Hineindrängen oder als Zwischenrufer auftreten werde ich nie.
Diese mehr oder weniger offene oder aufgeklärte Gesellschaft wird selbst entscheiden müssen, wem sie glaubt und wem nicht.

Das habe ich zu respektieren.
Bisher habe ich getan, was ich für richtig und moralisch verantwortbar hielt.
Was die Gesellschaft daraus macht, ist eine andere Sache.

Auf die Arbeitsweise der CNSAS bzw. der Rumänen in Rumänien habe ich keinen Einfluss. Weite Teile der antikommunistischen Oppositions-Geschichte ( z.B. SLOMR) wurden noch nicht angemessen aufgearbeitet.

Die Grabenkämpfe hier nach dem Motto:

Wer war der wirkliche, der größere Dissident etc. habe ich bereits vor Jahren als ein riesiges Ablenkungsmanöver der Kommunisten und der Securitate- Verantwortlichen angeprangert.

Gehört wurde ich nicht, aber gründlich missverstanden.

Ja, jetzt haben wir den Salat - und die alten Seilschaften aus KP und Securitate lachen sich weiter ins Fäustchen, während die kritische Kultur des Journalismus hier enormen Schaden nimmt.
Die Wahrheit wird uns frei machen - und die Sonne bringt es an den Tag.
Carl Gibson

P.S. Die Akte "Cristina" von Herta Müller ist nur eine unter vielen. Ich werde mich erst dazu äußern, wenn ich sie grundlegend studiert habe - im Verhältnis auch zu anderen Akten, die mir die CNSAS noch nicht vorgelegt hat, aber hoffentlich bald vorlegen wird.
cyberes
schrieb am 12.12.2010, 19:03 Uhr
Lieber Herr Gibson, Sie schreiben, dass die Materie "Dissidenz" bisher noch nicht öffentlich diskutiert wurde, "weder vom IKGS, noch von sonst einer Institution."
Soviel mir bekannt ist, gab es mehrere IKGS- Tagungen (München Ende 2009, Temeswar Ende 2010) neben Gundelsheim und vor kurzer Zeit Jena, wo das Thema aufgegriffen wurde.
Sie waren offensichtlich nicht eingeladen, sonst wüßten Sie davon. Wieso eigentlich nicht?

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