Rumänische Elegie

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Kurz
schrieb am 14.12.2017, 15:44 Uhr (am 14.12.2017, 15:58 Uhr geändert).
... a murit mater familias

hier in der Totenkammer des größten Spitals des rumänischen Gerichtsbezirkes, in dem sie ihr ganzes Leben verbrachte, liegt sie nun, die mater familias, einst eine zähe starke Frau, eine begnadete Intrigantin, die mit ihren Intrigen ebenso wie mit ihrem enormen Einsatz vieles zusammenzuhalten vermochte, 8 Kindern schenkte sie das Leben, 7 lebten auch noch als sie ihren letzten Atemzug machte, eines - einen zur Renitenz neigenden Sohn - prügelten rabiate Offiziere in der Armata Romana zu Tode, es wurde deswegen nie jemand bestraft, die Einheit, in welcher der Zutodegeprügelte gedient hatte, wurde kurzerhand aufgelöst, das Personal systematisch auf weit entfernte Garnisonen zerstreut, so war das halt zu Cizmarens Zeiten, es nützte auch gar nichts, dass der Großteil der Familie dem alten System treu und gehorsam diente, von den 7 Überlebenden leben 6 im Ausland und kommen immer seltener nach Hause, deren Kinder sind teilweise der rumänischen Kultur bereits stark entfremdet, die wollen nicht mehr allzuviel von Rumänien wissen, fast bis zuletzt wob die einst so Starke und Zähe ihre Kelims und Flokatis, hauste in ihrem Holzblockhaus ohne Komfort, hatte immer noch hüftlanges Haar, ergraut und strähnig nach Hexenart, es eilte ihr der Ruf der Hexe voraus, sie kannte die rumänische Mythologie wie kaum eine Zweite im Ort, die Luftgeister, Hausgeister, Prikulitsche, die gar perfiden Trikulitsche, usw., in ihrem großen starken rumänischen Herzen hatte auch das beschnittene jüdische Herrgottl der Christen Platz, war es doch auch von dessen nach heutigen Begriffen minderjährigen Mutter mit einem Gespensterl, dem "Heiligen Geist" gezeugt worden, slawische, romanische, griechische, usw. Geister, Gottheiten, für alles war da Platz, ihr Herz war groß und stark, ihr Verstand hell und wach, warum soll ein lokaler Luftgeist weniger wert sein als ein anderes mythologisches Wesen, sie war heilpflanzenkundig, so manche holten sich kostenlos und vielfach ohne zu danken bei ihr einschlägigen Rat, wusste auch gut über Tierhaltung Bescheid, der Vater von 7 ihrer Kinder verstarb sehr jung, er rackerte sich in einem Bergwerk zu Tode, verstarb elend an Staublunge, Jahre nach seinem Tode, am Ende ihrer Lebensspanne als fruchtbare Frau stach sie noch einmal der Hafer und sie wollte persönliches Glück erleben, das Ergebnis war ihr 8. Kind, das sie alleine groß zog, auch dieses Kind ging außer Landes, das im Lande verbliebene Kind verließ sie nur deswegen nicht, da der andere Eheteil schwer krank und zum Auswandern unfähig war, irgendwann wird sie wohl Lebensmut und -willen verloren haben, alle Mühen und Anstrengungen waren vergeblich, das Gebären, Stillen, Windeln, mühsam Großziehen, der unbarmherzige Kampf um das fürs materielle Überleben Notwendige, ihre Monatspension betrug glaublich irgendetwas knapp über 100 €, jedes Kind bekam dennoch einen Hausplatz neben ihrem Holzblockhaus, eines baute dort ein ordentliches modernes Haus fertig, das grad einige Wochen im Jahr verwendet wird, die wegen Krankheit nicht auswanderungsfähige Familie bewohnt ein recht bescheiden fertiggestelltes Haus, ein weiteres Haus wurde eher notdürftig bewohnbar gemacht/gehalten solange bis auch die dort lebenden Kinder ins Ausland zogen, wo ihre Eltern schuften, alles erwies sich als sinnlos, alle Mühen waren umsonst getätigt worden, diese bemerkenswerte Frau ist wohl ein Symbol des geschundenden sich aufzulösen drohenden Landes Rumänien, ihr Ableben hat gewisse Symbolkraft. Die vielleicht zum letzten Male versammelten Kinder werden sie für traditionelle rumänische Begriffe recht rasch und ohne tagelange Totenwache und großes Wehklagen unter die Erde bringen und sich dann wohl in alle Winde zerstreuen ...
Friedrich K
schrieb am 14.12.2017, 17:25 Uhr
Un gol istoric se întinde,
Pe-același vremuri mă găsesc...
Și simt cum de atâta ploaie
Pilonii grei se prăbușesc.

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