Baujahr von Sachsen-Häusern

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Jascha
schrieb am 22.09.2020, 12:10 Uhr
Ich hoffe, es existiert noch kein Faden gleichen Inhalts - bei über 70 Seiten hatte ich leider nicht die Ruhe & Muße für eine genauere Suche.
Untenstehenden Text hatte ich bereits an die Handvoll Mitgleider der Marktschelker Heimatort-Gruppe verschickt. Da das Thema aber grundsätzlich für siebenbürgische Ortschaften Gültigkeit hat, erlaube ich mir, es hier im grösseren Kreis ebenfalls zu eröffnen:

Meine Partnerin und ich haben ein Sachsenhaus in Marktschelken-Stein(Ştenea) erworben. Es ist renovierungsbedürftig - wir möchten es in den nächsten Jahren Schritt für Schritt möglichst originalgetreu wieder in Stand setzen. Hier hoffen wir, vielleicht über Kirchenbücher, mehr über das Haus zu erfahren. Laut offiziellem Kataster ist das Baujahr 1949. An der Hausfassade befindet sich keine Jahreszahl. Die rumänischen Vorbesitzer sagen, sie hätten keine sächsischen Vorfahren. Wie wahrscheinlich ist es überhaupt, daß in den unmittelbaren Nachkriegsjahren mit lauter Repressionen & Deportationen neue Sachsenhäuser entstanden sind? Wir vermuten eher, daß es tatsächlich älter ist.
Sind Kirchengemeinden, beispielsweise in Marktschelken oder Michelsdorf, noch aktiv? Gibt es sächsische Familien vorort, die wir kontaktieren könnten?
Wir freuen uns über Antworten und hoffen auf Kontakte.

Im voraus den herzlichsten Dank!
Viel Grüße,
Jascha
Rainer Lehni (Moderator)
schrieb am 23.09.2020, 08:18 Uhr (am 23.09.2020, 08:21 Uhr geändert).
Stenea bei Marktschelken ist kein sächsischer Ort (zumindest nicht in den letzten zwei drei Jahrhunderten). Daher wird die Information der rumänischen Vorbesitzer schon richtig sein. In dem Fall wird man in evangelischen Kirchenbüchern nicht fündig werden.
Jascha
schrieb am 23.09.2020, 08:56 Uhr
Vielen Dank für die Antwort!
In der rumänischen Wikipedia werden mehrere deutsche & siebenbürgisch-sächsische Namensvarianten des Ortes angegeben, daher nahmen wir an, es gäbe auch eine sächsische Vergangenheit dort.
Die einzige Kirche im Dorf ist griechisch-katholisch (!) & datiert wohl erst vom Ende des 19. Jahrhunderts. Unser Gedanke war, dass Sachsen aus dem Dorf (falls es sie denn gab) dann vielleicht den Kirchgemeinden in einem der Nachbarorte angeschlossen waren.
Wenn es zuletzt aber kein sächsisches Dorf (mehr) war, dann darf man wohl auch die Angabe der Immobilienfirma, es handele sich um ein Sachsenhaus, anzweifeln.
Rainer Lehni (Moderator)
schrieb am 24.09.2020, 08:28 Uhr
So gut wie jeder Ort in Siebenbürgen hat drei Namen: Deutsch, Rumänisch, Ungarisch. Es gibt viele Orte im Süden Siebenbürgens die im Mittelalter von deutschen Siedlern gegründet worden sind und später die sächsische Bevölkerung verloren haben. Ob Stenea dazu gehört, entzieht sich meiner Kenntnis. Griechisch-katholisch sind ausschließlich Rumänen. In einem rein rumänischen Ort haben in der Regel keine Sachsen gewohnt. Es kann sich damit nicht um ein "Sachsenhaus" handeln. Die Rumänen haben aber den sächsischen Baustil oft übernommen, daher ähneln sich die Häuser.
Jascha
schrieb am 24.09.2020, 16:10 Uhr
Das sind wieder wertvolle Informationen für uns - danke! Es bleibt also spannend...
Jascha
schrieb am 17.05.2021, 15:32 Uhr (am 17.05.2021, 16:01 Uhr geändert).
Rainer Lehnis Hinweis auf den Umstand, daß Rumänen oft Stilelemente der Sachsenhäuser übernahmen, könnte auch in unserem Falle passen.
Bei den Überlandfahrten schien mir das Haus mit Krüppelwalmdach und dem Giebel immer zur Straßenseite eine Art Archetyp des Sachsenhauses zu sein, häufig auch mit sich nahtlos anschließender Mauer mit verschließbarem Torbogen. Beides trifft bei uns nicht zu. Es ist ein freistehendes Haus mit Satteldach + Wirtschaftsgebäuden. Die Stuckverzierungen an der Aussenfassade beinhalten unter der Giebelspitze ein weißes Kreuz auf einem stilisierten Hügel.

Delia Pascu zitiert in ihrer Publikation
"Șeica Mare - istorie și legendã" ein Dokument aus dem Jahre 1394, welches für
als in Ștenea ansässig "12 gospodãrii sasești și 18 gospodãrii ale iobagilor" verzeichnet.

Könnte dies dafür sprechen, daß "Walachisch Stein" zu jenen Orten zählt, die bereits im Laufe des Spätmittelalters oder der frühen Neuzeit von dort ansässigen Sachsen verlassen wurden?

Und noch eine weitere Theorie, von der ich nicht weiß, ob ich hoffen soll, daß sie auf unser Haus zutrifft oder nicht: es gab doch sicher auch Beispiele für Sachsen, die nach dem 2. Weltkrieg im Zuge der Deportationen enteignet wurden. Kann es sein, daß in solchen Fällen alte Kataster "verschwanden" und kurzerhand neue erstellt wurden? Das Baujahr 1949 könnte da passen.

Im August sind wir wieder vorort. Ich stelle anschließend ein paar Bilder ein.

Herzliche Grüße,
Jascha

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