Deutschweißkircher beim Münchner Oktoberfest 2000

19. Oktober 2021

Mitteilungen der HOG

Deutschweißkircher beim Münchner Oktoberfest 2000 Die Heimatortsgemeinschaft Deutsch-Weißkirch hat Siebenbürgen mit großem Erfolg beim Internationalen Trachten- und Schützenumzug des diesjährigen Oktoberfests am 17. September in München vertreten. Im Zeichen der Partnerschaft zwischen der Stadt Dinkelsbühl und der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen traten die renommierte Dinkelsbühler Knabenkapelle und Deutschweißkircher gemeinsam unter der Zugnummer 31 im Block "Internationale Partnerschaften" auf. "Die Leute am Straßenrand haben uns sehr positiv aufgenommen und überall bejubelt", erklärte Hilde Orend, die für die Teilnahme siebenbürgischer Trachtengruppen am Oktoberfest verantwortlich ist. Der historisch bedeutendste und bestorganisierte Trachtenumzug der Welt wurde heute unter dem Motto "Der Jahrtausendzug - Internationale Partnerschaften" ausgerichtet und sollte vor allem das Europa der Regionen mit seinen eigenständigen Traditionen und verschiedenen Partnergruppen darstellen. Die siebenbürgische Teilnahme stand im Zeichen der Partnerschaft zwischen der Stadt Dinkelsbühl und der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen. Die Dinkelsbühler Knabenkapelle und die Heimatortsgemeinschaft Deutsch-Weißkirch traten gemeinsam unter der Zugnummer 31 im Block "Internationale Partnerschaften" auf. Die Knabenkapelle hatte im vorigen Monat eine erfolgreiche Konzerttournee durch die USA und Kanada in Zusammenarbeit mit der Alliance of Transylvanian Saxons und der siebenbürgischen Landsmannschaft in Kanada unternommen. Im nächsten Jahr hoffen die Mitglieder der Dinkelsbühler Knabenkapelle an einer Reise nach Schäßburg teilzunehmen, die möglicherweise eine Städtepartnerschaft zwischen Dinkelsbühl und Schäßburg einleiten soll, erklärte Herbert Materna, Musikmeister der Stadt Dinkelsbühl, gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung. Materna ist Ausbilder und Leiter der Kapelle, die einer Musikschule vergleichbar ist. Schon im Alter von acht Jahren kommen die Jungen in das Trommlerkorps und werden nach der Grundausbildung an einem Instrument ins Musikkorps aufgenommen, wo sie meist bis zum 20. Lebensjahr spielen. Am Münchner Trachtenumzug hatte sie erstmals vor 28 Jahren teilgenommen, heuer war sie nun zum zweiten Mal dabei - mit 74 Knaben, davon 16 Trommlern, wobei traditionell einer aus ihrer Gruppe, dieses Jahr Pierre Trumpp, den Dirigentenstab schwang. Die Deutschweißkircher waren begeistert und hatten ausnahmslos Spaß in München. Die Stimmung war geradezu euphorisch, als die Siebenbürger nach dem sieben Kilometer langen Weg im Augustiner Bräuzelt gemütlich beisammen saßen. "Die Leute am Straßenrand haben uns sehr positiv aufgenommen und überall bejubelt", berichtet Hilde Orend, die für die siebenbürgische Trachtengruppe verantwortlich ist. "Viele fragten uns, woher wir kommen, auch zahlreiche Japaner und Amerikaner kamen im Festzelt auf uns zu. Und immer wieder mussten wir Auskunft geben über unsere Herkunft." Für die Deutschweißkircher sei es "eine große Ehre, Siebenbürgen bei einem solchen Fest zu vertreten und die siebenbürgisch-sächsische Tracht einem derart großen Publikum bekannt zu machen", so Hilde Orend weiter. Rund 7 500 Trachtenträger aus Bayern und 14 Ländern prägten die eindrucksvollen Bilder des Festumzuges, den die ADR live in viele Länder ausstrahlte. 100 000 Zuschauer säumten trotz Regen die Strecke vom Siegestor in Schwabing bis zur Threresienwiese. Nach Ansicht des Festrings München e.V., der den Umzug ausrichtet, sei das eine sehr gute Bilanz. Letztes Jahr seien es bei Sonnenschein 200 000 Zuschauer gewesen, erklärte Geschäftsführerin Karin Banik. Der leicht veränderte Parcours führte erst zum zweiten Mal vom Siegestor durch die Prachtstraßen der Innenstadt am Odeons-, Maximilians- und Lenbachplatz und Stachus vorbei durch die Sonnenstraße und Schwanthalerstraße zur Oktoberfestwiese. Die Gruppen seien auf der neuen Route problemlos und in gleichmäßigem Tempo vorangekommen. "Wir hatten schon befürchtet, dass manche mit ihren sehr kostbaren Trachten bei dem Regen lieber nicht antreten würden", sagte Frau Banik. Die Heimatortsgemeinschaft Deutsch-Weißkirch hatte erstmals 1996 am Oktoberfestumzug teilgenommen, und zwar mit 60 Trachtenträgern. 1997, als sich Siebenbürgen gleich mit fünf sächsischen Trachtenlandschaften präsentierte, waren 30 Deutschweißkircher dabei. Die Vorbereitungen für den diesjährigen Umzug hatten schon beim HOG-Treffen im Oktober 1999 begonnen. Eine Liste der teilnehmenden Personen wurde erstellt, der Rest der Aktion konnte telefonisch koordiniert werden, berichtet Frau Orend. Die Leute mussten sich die komplette Tracht besorgen. Viele fuhren denn auch im August dieses Jahres zum Treffen nach Deutsch-Weißkirch und holten sich die Tracht aus ihren Häusern, die zum Großteil wie früher eingerichtet seien. Das Oktoberfest motiviert also und setzt Energien frei. Am Tag des Oktoberfestumzugs musste bereits früh mit der Bockelung (Schleierung) der 24 Frauen begonnen werden. Gleich zwei Mannschaften waren dabei aktiv. In Nürnberg waren ab 4 Uhr Sara und Martin Markel mit fünf Helferinnen am Werk und in München ab halb sechs Uhr Katharina Graef mit zwei Helferinnen. Das Organisationsteam in München wurde von Hilde und Ernst Orend und das in Nürnberg von Roswitha und Gerhard Fleischer geleitet. Die Deutschweißkircher Festtracht gehört zu den ältesten und schönsten der Siebenbürger Sachsen. Besonders in der Frauentracht lebt unverfälschte Tradition weiter, die bis in die Einwanderungszeit zurückreicht. Dies ist unter anderem auf die abgeschiedene Lage des Dorfes zurückzuführen: Bis 1974 hatte der Ort keine Busverbindung zu Reps, der nächstgelegenen Stadt. Vor allem die Bockelung der Frauen als kunstvolle und aufwendige Umhüllung und der Umhang aus weiß gegerbtem Schafleder mit breitem Brettchenkragen gehen auf das Mittelalter zurück, ebenso der Borten, den die konfirmierten Mädchen zum Kirchgang tragen. Die Kopfumhüllung der Frauentracht weist dabei eine überraschende Ähnlichkeit mit einem Bildnis des niederländischen Malers Rogier van der Weyden aus dem Jahr 1433 auf. Das älteste Kleidungsstück der Frauentracht ist das mit Faltenstickerei verzierte Hemd, das in Deutsch-Weißkirch noch als Oberhemd empfunden wurde. Im Sommer wurde es sonn- und feiertags meistens ohne schwarzes Stoffleibchen (Weste) getragen. Der "Krause Mantel" der Frauen ist viel breiter als in anderen siebenbürgisch-sächsischen Trachtengegenden und bedeckt beide Schultern. In Deutsch-Weißkirch hat sich die ältere Form des feingefädelten, ärmellosen Umhanges aus schwarzem Wollstoff erhalten, einer deutschen Modeerscheinung des 15. und 16. Jahrhunderts. Die Kirchenmäntel der Männer wurden entweder aus Schaffell oder aus naturfarbenen, blauen oder schwarzen Wolltuch gefertigt, heißt es in der Mappe, mit der sich die Deutschweißkircher für das Oktoberfest bewarben. Die Teilnahme am Festzug wurde wie stets in den letzten Jahren von der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, deren Geschäftsstelle, Kulturreferent Hans-Werner Schuster und der Kreisgruppe München unterstützt. Diesmal kam auch eine finanzielle Förderung durch das Münchner Haus des Deutschen Ostens hinzu. Dr. Gerda Bretz-Schwarzenbacher hat beratend bei der Erstellung der Bewerbungsmappe mitgewirkt. Die erste siebenbürgische Teilnahme am Trachtenumzug in München geht auf das Jahr 1949 zurück, als eine vorwiegend aus Lechnitzern bestehende Trachtengruppe mitwirkte. In den nächsten Jahren gab es nur sporadische Teilnahmen der Siebenbürger Sachsen, zum Teil in bunt gemischten Trachten. Deshalb hatte der Festring München den "opperettenhaften" Auftritt der Siebenbürger Sachsen kritisiert und einheitliche Trachten gefordert. Seit 1986 sind die Siebenbürger Sachsen jedes Jahr "einheitlich" beim Trachten- und Schützenzug des Oktoberfestes vertreten. Ihre kontinuierliche Präsenz wird den hohen Qualitätsansprüchen des Festrings München e.V. gerecht, was vor allem ein Verdienst der beherzten Trachtenexpertin Gerda Bretz-Schwarzenbacher ist. Aus gesundheitlichen und Altersgründen hat sie ihre Aufgabe an Hilde Orend weitergegeben. Die Landsmannschaft bleibt nach wie vor Ansprechpartner für die siebenbürgische Teilahme am Oktoberfestumzug, braucht aber auch eine Trachtenexpertin, die die Qualität der sich jährlich abwechselnden siebenbürgisch-sächsischen Trachtengruppen sichert. Denn der Oktoberfestumzug bedeutet eine ausgezeichnete Gelegenheit, siebenbürgisch-sächsische Tradition am Leben zu erhalten und wirksame Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Im nächsten Jahr steht der Trachten- und Schützenumzug des Oktoberfestes unter dem Motto "Alte Zünfte, Handwerk, Brauchtum, Historische Feste". Siebenbürgen wird dabei von den Heimatortsgemeinschaften Stolzenburg oder Reußmarkt vertreten sein.
Siegbert Bruss

über M.D.

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