Bericht aus dem kirchlichen Leben 2019-2020
Wenn ich jetzt diese Zeilen über das kirchliche Leben 2019-2020 schreiben soll, kommt es mir gar nicht zu glauben, dass es schon wieder soweit ist: Dieses so ganz anders verlaufene Kirchenjahr neigt sich schon dem Ende zu, der Advent, Weihnachten und ein neues bürgerliches Jahr stehen vor der Tür. Und was haben wir gemacht in diesen nun zu Ende gehenden 12 Monaten?

Dann erst berichtet Lukas von der Berufung der zwölf Apostel. Und auch das ist interessant und bedeutsam, was und wie Lukas darüber spricht. Jesus geht nämlich auf einen Berg, um zu beten, und er bleibt dort die ganze Nacht über im Gebet zu Gott. Er steigt auf einen Berg und betet allein und er betet die ganze Nacht. ER ist unser Fürsprecher, ER setzt sich für uns ein. Er bittet für die Jünger, und eben auch für die Apostel, die er berufen wird. Das gibt der Berufung der Apostel eine besondere Bedeutung. Da ist nichts zufällig. Die Berufung der Apostel entspricht dem Willen Gottes. Jesus hat sie aus der großen Menge seiner Jünger, d.h. aus der Menge seiner Schüler ausgewählt: berufen. Und wohl kann nichts stärker seine unergründliche Liebe ausdrücken, als dass er dabei auch den einbezieht, auserwählt und beruft, der ihn später verraten wird: Judas Iskarioth. Das ist das Geheimnis der göttlichen Freiheit, der Freiheit, die Gott dem Menschen zubilligt: Ja zu sagen oder Nein. Und ER nimmt das alles bewusst auf sich, das Leiden, den Verrat des Judas, die Verleugnung des Petrus, Spott, Schmach, Schande, Folter, den Tod am Kreuz. ER gibt sein Leben für uns hin. So groß und umfassend ist Seine göttliche Liebe.
Ausdruck dessen ist aber auch schon die Tatsache, dass Jesus von dem Berg heruntersteigt, wo er gebetet hat - so, wie sich Gott vom Himmel heruntergebeugt hat, um irgendwo weit unten den Turm zu sehen, den die Menschen in Babylon errichtet hatten, um ihren Allmachtsfantasien zu frönen -. Dass ER herunterkommt von dem Berg, tut weder seiner göttlichen noch seiner menschlichen Natur einen Abbruch. ER - Jesus - ist und bleibt wahrer Mensch und wahrer Gott.
Natürlich spricht sich das alles herum, eine große Anzahl seiner Jünger, eine große Menge Volks versammelt sich, um ihn zu hören und um von ihren Krankheiten geheilt zu werden. Und Lukas berichtet: Von Jesus geht eine Kraft aus und er heilte sie alle.
Das ist der biblische Kontext für die Predigt Jesu auf dem Felde und damit auch für die Jahreslosung für das Jahr A.D. 2021: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ (Lukas 6, 36). Jesus steht mit seiner Person für die Barmherzigkeit seines und unseres himmlischen Vaters.
Was das heißt, lernen wir, indem wir uns auf IHN einlassen. Und da merken wir ziemlich bald, dass die Wirklichkeit komplex ist. Es geht nicht so, wie wir uns dieses oder jenes vorgestellt oder geplant haben; aber der HERR sitzt trotzdem im Regiment. Unsere Zeit ist eine Zeit der Glaubensprüfung, aber auch eine Zeit, in der wir uns - so wie es die Losung für das Jahr A.D. 2020 aussprach - den Glauben, den rechten Glauben, stärken lassen wollen oder sollen, je nachdem.

Ein Höhepunkt war ganz sicher auch der Predigtgottesdienst, den wir (circa 120 Teilnehmer) unter sehr großer Beteiligung aus Petersdorf am 13. Dezember A.D. 2019, Freitag vor dem dritten Advent in der Dorfkirche zu Deutsch-Pien gefeiert haben, an der Orgel diesmal Sergiu Sandulache aus Mühlbach, mit vielen Advents- und Weihnachtsliedern, aber auch etlichen rumänischen Colinde, ergänzt durch Herrn Șvarț und seine Töchter aus Broos mit einem eigenen Programm.


Natürlich haben wir uns intensiv mit den Herausforderungen auseinandergesetzt, die der Corona-Rahmen mit sich brachte, nicht zuletzt auch mit dem Problem der Digitalisierung. Wir haben gelernt, dass Gebet und Gottesdienst einerseits und ein ‚Gottesdienstfilm‘ andererseits zwei völlig verschiedene Dinge sind. Ein Film ist in erster Linie ein künstlerisches Erzeugnis, ein Filmprodukt, das durch ein Medium hindurch vermittelt wird, und das kann gut oder schlecht gemacht sein, im digitalen Raum bekommt es ‚likes‘, es folgt in gewisser Weise den Gesetzen der Marktwirtschaft oder auch der Zensur. Im physischen Präsenzgottesdienst aber – so soll es jedenfalls sein – geben wir Gott die Ehre, trinken nicht nebenbei Cola, essen nicht irgendwelche Snacks und schalten auch nicht zwischendurch ab, weil gerade die Milch überkocht, der Nachbar klingelt oder sonst etwas dazwischenkommt. Sondern wir kommen in die Kirche, in das Gotteshaus und da sind wir dann und haben die Möglichkeit, wirklich (auch mit unseren Gedanken und Sinnen) zusammen mit den anderen da zu sein und eben Gottesdienst zu feiern. Trotzdem aber haben wir uns auch im digitalen Bereich engagiert, auch um wirklich alle Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und -pflege mit unsern Gemeindegliedern und all denen zu nutzen, die sich unserer Gemeinde und unserem Ort Petersdorf irgendwie verbunden fühlen. Deshalb haben wir, besonders unter Federführung meiner Frau, drei digitale, sehr gelungene Projekte gestartet, bei denen sehr viele in nah und fern mitgemacht haben, zum 1. Mai, zum Muttertag und dann noch einmal zum Erntedankfest A.D. 2020 - ein digitaler Erntedankkorb. Das war viel Arbeit und hat auch etwas gekostet, aber ich würde doch sagen: es hat sich gelohnt und es war sehr gut, dass wir es gemacht haben. Und dann haben wir angefangen, Mittagsandachten zu machen und digital per WhatsApp zu schicken, auch um der elenden Einsamkeit entgegenzuwirken, um unsern Leuten nahe zu sein und wenigstens auf diese Weise beizustehen, bisher sind das circa 28 solche Mittagsandachten geworden. Dazu kamen dann noch, kräftig unterstützt von meiner Frau, Rundfunkandachten, geistliche Worte in Zeitungen, Zeitschriften und überhaupt die – geistliche - online-Arbeit der Landeskirche, die eine Zeit lang von Dr. Stefan Cosoraobă unter dem Stichwort „Geistliches Netzwerk der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien“ organisiert wurde, flankiert durch zahllose Sitzungen, die digital über das Internet durchgeführt wurden. Es gab da immer und immer wieder Tage mit drei, vier Sitzungen, wo es eben um die Digitalisierung ging.
In diesem Zusammenhang müssen nun unbedingt auch die Arbeit der deutschen Schule und der Religionsunterricht erwähnt werden, wo es ziemlich abrupt schon bald mit dem von den staatlichen Autoritäten verhängten Ausnahmezustand den Übergang zur online-Schule gab, eine harte und massive Umstellung ohne jeden Vergleich, flankiert von zahllosen Weiterbildungsmaßnahmen, Fortbildungen, was ich wahrscheinlich hier gar nicht in einer adäquaten Beschreibung einfangen kann. Besonders schwierig war das naturgemäß bei den ganz kleinen Kindern, die Schule beginnt bei uns ja mit der sogenannten Vorbereitungsklasse, die vor einigen Jahren noch die älteste Gruppe der Kindergartenkinder gewesen ist. Wie schwierig das ist, kann man sich vielleicht daran klar machen, dass im Religionsunterricht ja eben doch auch physische Elemente, wie das gemeinsame Singen ganz wichtig sind. In einer Stunde zum Erntedankfest kann es doch vorkommen, dass die Kinder ein Brot oder einen Obstsalat verzehren und wie soll das digital gehen? Es ist und bleibt eine radikale Umstellung, die uns auch jetzt noch bzw. schon wieder im Nacken sitzt, da infolge des Corona-Rahmens auch jetzt im neuen Schuljahr, nach einer kurzen Phase der ‚Präsenzschule‘, der Unterricht auch bei uns wieder auf den ‚online-Modus‘ umgestellt worden ist. Natürlich fällt auf, dass diese Corona-bedingte Digitalisierung mit dem von verschiedenen Institutionen und auch den staatlichen Autoritäten geförderten Digitalisierungsdruck parallel geht. Zugleich aber bleibt der Mensch ein Wesen aus Fleisch und Blut, ein Wesen aus Leib, Geist und Seele, unter den Bedingungen von Raum und Zeit. Wir waren darum sehr froh, als es wieder möglich wurde, auch als Gemeinde zusammenzukommen.




Erwähnt werden soll auch, dass der Weltgebetstag noch kurz vor der Verhängung des Ausnahmezustandes durch die staatlichen Autoritäten in der Rumänischen Orthodoxen Gemeinde in Petersdorf stattgefunden hat und Simbabwe zum Gegenstand hatte. Abgesehen von etlichen landeskirchlichen Sitzungen waren im Berichtszeitraum – soweit möglich - die turnusmäßigen Pastoralkonferenzen mit den entsprechenden theologischen und administrativen Inhalten zu organisieren und verschiedene Dienste in Bezirk und Landeskirche zu bestellen.
Auch in praktischer Hinsicht ist einiges geschehen. So wurden im Gemeinderaum im Pfarrhaus elektrische Heizkörper montiert, nachdem dieser noch im Dezember A.D. 2019. sehr schön renoviert worden war. Zu erwähnen ist hier auch die große Päckchenaktion, die zu Weihnachten wieder durchgeführt werden konnte, ebenso das Aufstellen des Weihnachtsbaums und das Schmücken der Kirche zu Weihnachten. Später folgte ein größeres Projekt, die Erneuerung der völlig desolaten Umfriedung des Pfarrhofes an der Seite zum Schulhof und zur Hälfte auch an der Seite zur Straße hin, ebenso auch noch einmal einige Felder der Friedhofsmauer. Dazu kommen etliche Reparaturen und Ausbesserungsarbeiten am Pfarrhaus, wie z.B. das Anbringen von Fliegenfenstern. Dass zu Pfingsten die Pfingstbäume aufgestellt werden konnten, hat uns gut allen getan.
Es war schön, dass das Leben für einen Augenblick wieder aus seinen Verstecken herauskommen konnte. Die große Friedhofspflegeaktion, wie sie im Mai A.D. 2019 mit großem Erfolg durchgeführt werden konnte, kam wegen der Corona-Situation heuer leider nicht zustande. Wir hoffen aber, dass dies im kommenden Jahr doch wieder möglich sein wird. Laufende Arbeiten der Friedhofspflege wurden jedoch mit großem Engagement durchgeführt (Frei- und Reinhalten der Wege, Gräberpflege und Mähen der Grünflächen). In Angriff genommen wurde auch ein Wasser- und Abwasseranschluss für ein Toilettenhäuschen bei der Kirche, das wir hoffen im kommenden Jahr fertigstellen und in Betrieb nehmen zu können. Ein großes Vorhaben für das kommende Jahr ist weiter der Umbau der Scheune auf dem Pfarrhof zu einem Treffpunkt für Gemeindefeste und Kulturveranstaltungen. Aber selbstverständlich beschäftigt uns auch die Sorge für den Kultursaal und unser Gotteshaus, die ja ebenfalls instand gehalten werden müssen, was unter den durch Corona gesetzten Bedingungen nicht einfacher geworden ist. Für die Dachreparaturen etwa an Kirche und Kultursaal müsste noch finanzielle Unterstützung gefunden werden. Nicht zuletzt ist die Sorge für die Aufrechterhaltung und Weiterführung der Arbeit unseres Diakonievereins mit dem Projekt „Essen auf Rädern“ wichtig.
Insgesamt hat sich – trotz Corona – die Kommunikation in der Gemeinde sehr stark intensiviert, mit Hilfe der digitalen Medien ist nach unserm Eindruck der Kontakt zur HOG und vielen Menschen, die anderswo leben, sich aber dennoch mit Petersdorf verbunden wissen, viel intensiver geworden. Dafür sind wir dankbar. Leider ist freilich der für den Sommer im Rahmen der Städte- und Gemeindepartnerschaft geplante Besuch aus Büdingen, Wolferborn, Michelau und Rinderbügen im Kontext des Corona-Rahmens nicht zustande gekommen, aber wir hoffen sehr stark, dass das doch noch nachgeholt werden kann. Für uns sind diese Kontakte alle sehr wichtig. Überhaupt müssen wir unsere ganze Aufmerksamkeit dahin richten, dass wir unsern Zusammenhalt und unsere Gemeinschaft noch weiter stärken. Unter Corona-Bedingungen ist das nicht einfach. Aber es gibt dazu keinerlei vernünftige Alternative. Nach meiner festen Überzeugung tun wir das am wirksamsten, wenn wir mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und ganzer Kraft nach dem lebendigen Gott fragen, der allein Gott ist, der Himmel und Erde und uns Menschen geschaffen hat und der uns darum auch Antwort auf unsere Fragen geben kann. In diesem Sinn sollten wir uns für das kommende Jahr zu Herzen nehmen und vor Augen halten, was die Jahreslosung für A.D. 2021 ausspricht: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ (Lukas 6, 36).

Dr. Dr. Wolfgang Wünsch, Ortspfarrer Petersdorf