Die wirtschaftlichen Leistungen der Siebenbürger Sachsen


2.4 "Die fleißigsten, beständigsten und mäßigsten Bewohner Siebenbürgens"

Autor: Dr. Michael Kroner
Quelle: "Die wirtschaftlichen Leistungen der Siebenbürger Sachsen".

2.4 "Die fleißigsten, beständigsten und mäßigsten Bewohner Siebenbürgens"

Obwohl die Entwicklung der gesamtsiebenbürgischen Wirtschaft, wie gezeigt, seit Ende des 18. Jahrhunderts gegenüber Deutschland nachhinkte, blieb das Sachsenland mit seiner freien Bürger- und Bauernschaft ein Musterland für die übrigen Landesgebiete und gegenüber den rumänischen Fürstentümern. Sein Vorbild auf wirtschaftlichem Gebiet und die Leistungen der Sachsen in diesem Bereich waren allgemein anerkannte und unbestrittene Tatsachen und fanden ihre Bestätigung durch Feststellungen fremder Reisender. So schwärmte der walachische Bojar Dinicu Golescu, der nach dem Ausbruch des Aufstandes unter Tudor Vladimirescu (1821) sich einige Jahre in Kronstadt aufgehalten hatte, über die sächsische Lebensweise: "Der Boden dieses Landkreises (gemeint ist das Burzenland) ist größtenteils ziemlich steinig, so daß man gezwungen ist, ihn alljährlich zu düngen, wobei die meisten Äcker nach der Jahresernte im nächstfolgenden Jahr brach liegenbleiben. Doch die Nachteile, die sich aus diesem Boden ergeben, machen sie (die Sachsen) durch ihre Tüchtigkeit wett, ist doch die sächsische Nation sehr fleißig, denn die Sachsen bestellen nicht nur ihre Äcker rechtzeitig, mit Eifer und Bedacht, sondern sie achten auch auf alles, was in Hof und Tenne zu besorgen ist, wie das Strählen des Hanfs oder das Ausdreschen der Weizen-, Gerste- und Hafergarben und andere dergleichen Verrichtungen, und stehen schon vor Anbruch des Tages auf, damit alles vollbracht werde. Kurz, so ein Fremder ihre Dörfer besucht, wird er aus allem, was er erblickt, ihre Tüchtigkeit erkennen, und daß sie gute Gesetze haben, zum Wohle der Nation...

Und in allen Dörfern kann man gemauerte Häuser sehen, mit drei und vier Stuben, und Fenster mit Glasscheiben und bemalten Holzläden, drinnen aber Betten, Truhen, Tische, Schränke und Stühle, desgleichen bemalt, und Spiegel, Bilder und Uhren, ausreichendes Leinenzeug für Bett und Tisch und allerlei Geschirr zum Anrichten der Speisen und zum Gebrauche bei Tisch, und alles im Überfluß, so viel, als ihnen für das ganze Jahr vonnöten dünkt. Und alleweil sauber gekleidet, niemand aber wird es gelingen, einen Sachsen barfuß zu sehen..."Alles, was hier Golescu bestaunte, gab es in der Walachei nicht.

Der englische Lord John Paget, der mit einer ungarischen Adligen verheiratet war, auch andere Länder kannte und auf die Sachsen nicht in allem gut zu sprechen war, gab ehrlichkeitshalber doch zu, daß ihm das Burzenland, aus dem Szeklerland kommend, wie ein Garten erschienen sei. "Auf der ganzen Ebene sah man pflügen und eggen, überall wurde mit geschäftiger Hand Dünger ausgebreitet oder gesät. Sie glich mehr einer Landschaft im besten Theile Belgiens, als dem, was man den Grenzen der Türkei so nahe vermutet hätte... Das Auffallendste in dem vor uns ausgebreiteten Gemälde war der sehr thätige Antheil, den die Weiber an den so emsig betriebenen Operationen nahmen. Einige säeten, andere hantierten mit der Mistgabel und Spaten, andere hielten den Pflug und - Du magst es glauben oder nicht, lieber Leser - dort saß auch die derbe sächsische Hausfrau en cavalier auf dem linken Hinterpferde und fuhr mit einem Viergespann so kaltblütig als möglich.... Die Sachsen sind ein wirthschaftliches Volk, und wenn auch nicht sehr romantisch und ritterlich, so sind sie doch klug und arbeitsam... Im Übrigen sind die Sachsen unzweifelhaft die fleißigsten, beständigsten und mäßigsten aller Bewohner Siebenbürgens, und sie sind daher auch die am besten wohnenden, am besten gekleideten und unterrichteten... Als wir Hermannstadt verließen und noch weiter im Sachsenlande herumfuhren, hatten wir mehr Grund, die Gebräuche und den Charakter dieses Volkes zu bewundern, so viel dies sich durch das Äußere kund gab. In meinem Leben sah ich nie blühendere Dörfer als hier, und selbst die Walachen, die sich unter ihnen niedergelassen, haben diesen Geist in etwas angenommen und sehen behaglich und glücklich aus. Die meisten Häuser sind gut gebaut und stets einige Fuß über dem Boden erhaben..." (Aus: John Paget: "Ungarn und Siebenbürgen", Band 2, Leipzig, 1842)

Den englischen Reisenden Charles Boner beeindruckten unter anderem die sächsischen Dörfer. Von Sächsisch-Reen kommend, hielt er fest: "Einige Meilen weiter gelangt man an einen Ort, wo die Straße plötzlich jäh abfällt, und das Auge des Wanderers erblickt einen großen Marktflecken mit breiten Straßen, stattlichen Häusern und einer schönen befestigten Kirche. Das ist Tekendorf, und wenn Ihr so den Ort auch nur aus der Vogelperspektive seht, so könnt Ihr Euch gewiß von Neuem des Staunens nicht erwehren über Alles, was diese deutschen Ansiedler durch ihren Fleiß, ihre Arbeitsamkeit und Ausdauer, wie durch ihren Ordnungssinn zu Stande gebracht. Es sind weniger ihre Städte, welche Bewunderung erregen, als die großen Dörfer, welche fast alle wie Städte aussehen..." ( Aus: "Siebenbürgen, Land und Leute", Leipzig, 1868). Boner möge hier zwar etwas übertreiben, sicher ist aber, daß sich die sächsischen Gemeinden von den meisten rumänischen und ungarischen Dörfern durch ihr gepflegteres Aussehen und ihren Wohlstand abhoben.

Obige Einschätzungen teilte auch Johann Hunfalvy, Professor der Universität Budapest und Präsident der Ungarischen Geographischen Gesellschaft, in seinem in ungarischer und deutscher Sprache erschienenen Buch "Ungarn und Siebenbürgen in malerischen Original­ansichten..." (Darmstadt, 1856-1864): "Übrigens zeichnen sich die Siebenbürger Sachsen durch Fleiß, Tüchtigkeit, Sparsamkeit, überhaupt durch moralische und intellektuelle Bildung aus. Bei keinem anderen Volksstamm Siebenbürgens finden wir einen so hohen, allgemein verbreiteten Wohlstand, wie bei den Sachsen. Ihre Städte und Dörfer unterscheiden sich schon in der äußeren Erscheinung von denen anderer Völkerschaften Siebenbürgens."

Die meisten Reisenden und Betrachter weisen darauf hin, daß die Leistungen und der Wohlstand der Siebenbürger Sachsen außer auf ihren Fleiß, ihren Ordnungssinn und ihre Tüchtigkeit auch auf ihren Stand als freie Bürger und Bauern mit einer demokratischen Ordnung auf dem Königsboden zurückzuführen sind. Das im Gegensatz zu den Komitaten, wo der geknechtete Bauer bis 1848 auf unfreiem Boden einem ihn dangsalierenden Herrn fronte. Der Fortschritt in der Landwirtschaft erforderte daher nicht nur aus humanitären, sondern auch aus ökonomischen Gründen die Aufhebung der feudalen Agrarverhältnisse.

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Die wirtschaftlichen Leistungen der Siebenbürger Sachsen

"Die wirtschaftlichen Leistungen der Siebenbürger Sachsen" von Dr. Michael Kroner.
Heft 5 aus der Schriftenreihe Geschichte der Siebenbürger Sachsen und ihrer wirtschaftlich-kulturellen Leistungen.

Herausgeben vom Bundesreferat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und von der Kreisgruppe Nürnberg-Fürth-Erlangen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V.

Bezugsquelle: Dr. Michael Kroner, Tel. +49 (0)911 69 19 09



Stand 18.01.2000      top