11. Januar 2002

Neue Intervention für Kulturzentrum Gundelsheim

Aus Verantwortung für ihr Kulturerbe haben sich der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturrat e.V. und die Mitgliedsvereine des Siebenbürgischen Museumsvereins am 27. Dezember 2001 mit einer neuen Stellungnahme an die zuständigen staatlichen Stellen und weitere politische Vertretungen gewandt und für den Erhalt des Kulturzentrums Gundelsheim als Einheit geworben.
In den Sitzungen des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates und des Trägervereins Siebenbürgisches Museum Gundelsheim vom 10. November 2001 wurde das Gutachten eines Fachbüros für Museumsgestaltung und -architektur präsentiert, das Wege zur weiteren Optimierung der Museumsarbeit am Standort Gundelsheim/Neckar aufzeigt (siehe Siebenbürgische Zeitung-Online vom 24. November 2001). Auf dessen Grundlage wurde die neue Stellungnahme verfasst.
Seit 1998 plant das zuständige Fachreferat des Beauftragten der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien (BKM), das Siebenbürgische Museum Gundelsheim nach Ulm zu verlegen. Damit wird nicht nur das Vermächtnis seiner Gründer und Förderer verletzt, sondern auch das Wirken des gesamten Kulturkomplexes Gundelsheim gefährdet – seine identitätsstiftende Funktion wie internationale Reputation als Forschungszentrum und wertvollste Sammlung siebenbürgischen Kulturgutes außerhalb des Herkunftsgebietes ist Resultat der gewachsenen Einheit und der wechselseitigen Ergänzung von Museum, Siebenbürgen-Institut mit Bibliothek und Archiv sowie Siebenbürgischer Galerie. Darum haben sich die Mitgliedsvereine des Trägervereins Siebenbürgisches Museum Gundelsheim und des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates kontinuierlich und konsequent darum bemüht, die Arbeits-, Präsentations- und Rezeptionsbedingungen zu verbessern, um den Ansprüchen eines (seit 1990) institutionell geförderten Museums, das den Status eines Landesmuseums genießt, gerecht zu werden und damit die Einheit des Kulturzentrums Gundelsheim zu bewahren.
Die siebenbürgischen Vertreter haben sich freilich schon früher mit dem zuständigen Fachreferat des BKM auseinandergesetzt und ihre von der Verantwortung für das siebenbürgisch-sächsische Kulturerbe getragene Position und die zur Erhaltung des Kulturzentrums unternommenen Bemühungen nicht zuletzt über diese Zeitung an die Öffentlichkeit gebracht und sich u.a. mit einer Stellungnahme am 1. März 2000 an die bundesdeutsche Politik gewandt.
Ausgehend von den Entwicklungschancen, die das Fachgutachten und die neue Konzeption vom November letzten Jahres für das Museum und den Gesamtkomplex Gundelsheim aufzeigen, haben sich der Kulturrat und die Mitgliedsvereine am 27. Dezember 2001 mit einer Stellungnahme erneut an den Beauftragten der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien, Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, gewandt und gebeten, die in den umfangreichen Anlagen enthaltenen Argumente für die Bewahrung des Standortes und der Einheit des siebenbürgisch-sächsischen Kulturzentrums zu prüfen. Denn immerhin sprechen neben den oben erwähnten Argumenten auch viele andere für den Verbleib des Museums in Gundelsheim – nicht zuletzt solche finanzieller Art: Den seriös geschätzten Umbau- und Erweiterungskosten von 0,6 Millionen Euro in Gundelsheim stehen 5 Millionen Euro allein für die Verlagerung des Museums gegenüber.
Die Unterzeichner der Stellungnahme (Christoph Machat seitens des Kulturrates, Irmgard Sedler, Museumsverein, Volker Dürr, Landsmannschaft und Föderation, Ulrich Wien, Landeskundeverein, Christian Phleps, Hilfsverein "Johannes Honterus", Kurt Franchy, Hilfskomitee, Hans-Christian Habermann, Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung) zeigen sich besorgt um die Funktionsfähigkeit des Museums: Die andauernde Diskussion um die Verlagerung des Museums beeinträchtige die Arbeit und schade dem Ansehen der Einrichtung. Noch gravierender sei die Tatsache, dass die Ausschreibung und Besetzung der Museumsleiterstelle derzeit nicht möglich sei. „Deswegen“, heißt es im Schreiben, „verwahren wir uns gegen das unsachgemäße Junktim, die Wiederbesetzung der Stelle an die ,ohne Einschränkung‘ [vom Fachreferat des Beauftragten der Bundesregierung] geforderte Zustimmung zur Verlagerung [des Museums] zu knüpfen.“
Das Schreiben wurde an Staatsminister Nida-Rümelin, weitere involvierte staatliche Stellen – Patenministerium in Nordrhein-Westfalen, Innenministerium Baden-Württemberg – sowie an politische Entscheidungsträger und Repräsentanten geschickt: von einzelnen Abgeordneten über die Bundestagsfraktionen und Ministerien der Länder und des Bundes bis hin zum Bundespräsidenten, die allesamt über den gegenwärtigen Sachverhalt informiert und um Unterstützung für unser Anliegen gebeten werden.
Allerdings: Noch schwebt das Damoklesschwert über uns, über allen, denen siebenbürgisch-sächsische Kultur, Tradition und Identität etwas bedeuten. Noch hält der dünne Seidenfaden, und man kann nur hoffen, dass durch die kürzlich erfolgte Intervention zumindest dessen Reißfestigkeit gesteigert wird. Vielleicht wird sich sogar das Damoklesschwert hinweg heben - je eher, desto mehr Besucher Gundelsheim aufweisen kann. So gesehen liegt die Zukunft des Kulturzentrums Gundelsheim zu einem Teil auch in unserer Hand; in der Hand jedes Einzelnen von uns.

Hans-Werner Schuster

Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.