9. März 2002

Gemeinsame Lösung für Siebenbürgisches Museum angestrebt

Der Beauftragte der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien (BKM), Staatsminister Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, strebt eine gemeinsame Lösung mit den Vertretern siebenbürgisch-sächsischer Einrichtungen an, um die Einheit des Siebenbürgischen Kulturzentrums entweder in Gundelsheim oder an einem neuen Standort, z.B. Ulm/Donau, zu erhalten. Dies ist das Fazit von Gesprächen, die Staatsminister Nida-Rümelin am 20. Februar in Berlin mit Dr. Christoph Machat, dem Vorsitzenden des Kulturrates, Irmgard Sedler, der Vorsitzenden des Siebenbürgischen Museumsvereins, und Volker Dürr, dem Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft und Föderation, führte. Am selben Tag ging Nida-Rümelin in der Fragestunde des Plenums des Deutschen Bundestags auf das Thema Sicherung des siebenbürgisch-sächsischen Kulturgutes ein.
Die Gespräche in Berlin und die Fragestunde im Bundestag brachten wieder Bewegung in die verhärteten Fronten. In einem Schreiben vom 21. Novembwer 2001 an den Trägerverein des Siebenbürgischen Museums hatte das Fachreferat des BKM ein fragwürdiges Junktim hergestellt, und zwar die Stelle des Museumsleiters und anderer Mitarbeiter nur dann auszuschreiben, wenn der Trägerverein der Verlagerung des Museums nach Ulm ohne Einschränkung zustimmt. Aufgrund des Gutachtens Jakobi/Zein hatten sich am 27. Dezember 2001 der Kulturrat und die Mitgliedsvereine des Museumsvereins mit einer neuen Stellungnahme an die zuständigen staatlichen Stellen und weitere politische Vertretungen gewandt und für den Erhalt des Kulturzentrums Gundelsheim als Einheit geworben (siehe Siebenbürgische Zeitung vom 15. Januar 2002).
Auf Initiative der siebenbürgischen Landsmannschaft nahm nun Hartmut Koschyk, Vorsitzender der Arbeitsgruppe "Vertriebene und Flüchtlinge" der CDU/CSU-Bundestagsfraktion das "zweifelhaften Vorhaben" der Bundesregierung, das Siebenbürgische Museum nach Ulm zu verlagern, zum Anlass zwei Fragestellungen in den Deutschen Bundestag einzubringen. Im Plenum des Deutschen Bundestages stellte Koschyk unter anderem folgende Frage in den Raum: "Wie gewährleistet die Bundesregierung die Sicherung des kulturellen Erbes der Siebenbürger Sachsen im Zusammenhang mit der geplanten Herauslösung aus der untrennbaren musealen Einheit von Siebenbürgischem Museum, Siebenbürgischem Archiv, Siebenbürgischer Bibliothek und Siebenbürgen-Institut in Gundelsheim?"
Um sich ein klares Bild zu verschaffen, führte Staatsminister Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister beim Bundeskanzler, am selben Tag ein ausführliches Gespräch mit der Vorsitzenden des Trägervereins des Siebenbürgischen Museums, Irmgard Sedler, dem Vorsitzenden des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates, Dr. Christoph Machat, und dem Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dipl.-Ing. Arch. Volker Dürr, sowie den beiden wissenschaftlichen Mitarbeitern des Museums, Marius Tataru und Dr. Beate Wild.

Zurückgehende Besucherzahlen in Gundelsheim

Dabei ergab sich, wie Nida-Rümelin in der Fragestunde im Bundestag berichtete, folgendes Bild: Das Museum werde derzeit mit rund einer Million Mark, also circa 500 000 Euro, von der Bundesregierung gefördert, erzielte aber nicht die erwarteten Besucherzahlen. Im letzten Jahr waren es 4 100 Besucher. Nida-Rümelin hat sich die langfristigen Besucherzahlen angesehen. Vor Beginn der Förderung durch den Bund im Jahr 1990 erzielte das lokale Museum deutlich höhere Besucherzahlen, etwa doppelt so viele wie heute. Die Investitionen in eine neue Präsentation des Museums 1997 hätte gleichfalls zurückgehende Besucherzahlen bewirkt, die Investition in die Neugestaltung sei aber nicht umsonst gewesen, betonte Nida-Rümelin. Der Staatsminister erklärte, das Museum ließe sich in dieser Größenordnung, das seien 250 DM pro Besucher, nicht subventionieren. Das sei nicht nur seine Meinung sondern auch die des Bundesrechnungshofes. Das habe er auch sehr deutlich den siebenbürgischen Vertretern zu verstehen gegeben.
Nida-Rümelin stellte zwei Möglichkeiten in Aussicht: Das Museum bleibt in Gundelsheim. Der Bund wolle in diesem Fall die Förderung herunterfahren, ja sogar langfristig einstellen. Das BKM stützt sich hierbei auf Fachaussagen, wonach angesichts der Verkehrslage und der Aufmerksamkeit, die unter Einbeziehung der anderen siebenbürgischen Einrichtungen vor Ort bestehe, die Möglichkeiten schon ausgeschöpft seien.
Die andere Möglichkeit - das sei die bisherige Linie der BKM gewesen - bestünde in der Verlagerung des Museum nach Ulm in die Nähe des Donauschwäbischen Zentralmuseums, um höhere Besucherzahlen und die nötige Aufmerksamkeit zu erzielen, so Nida-Rümelin. Allerdings sei auch das Gegenargument, dass dadurch der Zusammenhang aufgelöst wird, der zwischen dem Siebenbürgischen Museum, dem Siebenbürgischen Archiv, der Bibliothek und dem Institut besteht, "ernst zu nehmen", sagte der Minister. "Gegen den Willen der Repräsentanten derjenigen, für die wir bereit sind, zusätzliche Millionenbeträge einzusetzen - das wären 9 Millionen -, tun wir das nicht."

Das Siebenbürgische Kulturzentrum als Einheit erhalten

Deswegen wolle man vereinbaren, binnen kurzer Frist alle Einrichtungen von Gundelsheim nach Ulm zu verlagern. In diesem Fall müssten auch die Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen mit einbezogen werden, da der Bund nur Träger des Museums ist. Wenn zu erwarten sei, dass auch die anderen Einrichtungen verlagert werden, wären die siebenbürgischen Vertreter bereit, der Verlagerung des Museums zuzustimmen. Wenn der Zusammenhang der Einrichtungen am neuen Ort jedoch nicht sichergestellt wird, soll das Museum auf Wunsch des Trägervereins und der anderen Verantwortlichen in Gundelsheim bleiben, "was allerdings bedeutet, dass der Bund nicht mehr in alter Höhe fördern kann", berichtete Nida-Rümelin vor dem Bundestag.
Außer den 9 Millionen, die für den Umzug des Museums nach Ulm veranschlagt seien, könne der Bund keine weiteren Kosten übernehmen. Das BKM werde jedoch konstruktiv daran mitwirken, dass ein gemeinsamer Termin mit Beteiligung von Vertretern Baden-Württembergs, Nordrhein-Westfalens, des Bundes sowie der Siebenbürger Sachsen zustande käme, sicherte Nida-Rümelin zu.
Weitere Versuche, durch entsprechendes Marketing auch in Zusammenarbeit mit der regionalen und lokalen Kulturszene das Museum so aufzuwerten, dass sich Besuchererfolge einstellen, lehnte Nida-Rümelin jedoch ab. "Nach Einschätzung der Fachleute sollte man sich keine Illusionen machen. In Gundelsheim wird es nicht gelingen, die Besucherzahlen auf das Niveau zu bringen, das eine Förderung von 1 Million DM rechtfertigt. Das Museum sei nach übereinstimmender Einschätzung "in einer guten Verfassung, sowohl bei der Präsentation als auch bei der Organisation", meinte der Minister. Er plädierte dafür, einen Weg zu finden, "bei dem diese Einrichtung nicht beschädigt wird. Sie soll ja fortbestehen."

"Jeder Besucher hilft dem Museum"

Bei einer Sitzung des Siebenbürgischen Museumsvereins wurde unter der Leitung der Vorsitzenden Irmgard Sedler und in Anwesenheit des BKM-Ministerialrats Dr. Jürgen Martens am 1. März in Gundelsheim vereinbart, den konstruktiven Dialog mit den Ländern zu suchen. Ausgehend vom Gutachten des Fachbüros für Museumsgestaltung und -architektur Jakobi/Zein, ließe sich in Gundelsheim noch einiges tun, um wieder höhere Besucherzahlen zu erreichen, betonte Irmgard Sedler gegenüber dieser Zeitung. Allein von 2000 bis 2001 sei die Besucherzahl von 7 000 auf 4 100 gefallen. Wieso seien vor der Neugestaltung des Museums 1997 erheblich mehr Besucher verzeichnet worden als jetzt, stellte die Vorsitzende in den Raum. Ließen sich durch mehr Werbung und aktivere Museumsarbeit, also mit relativ geringen Mitteln, nicht doch höhere Besucherzahlen erreichen? Die Siebenbürger Sachsen rief Frau Sedler auf: "Jeder Besucher trägt dazu bei, dass das Museum in Gundelsheim noch Bestand hat."
Der Bundesvorsitzende Volker Dürr stellt fest: Die Lage sei sehr ernst. Unsere Trägervereine sollten sich weiterhin für den Erhalt der Einheit des Kulturzentrums einsetzten.

Siegbert Bruss


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 4 vom 15. März 2002, Seite 1 - 2)

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