23. Juni 2002

Stimmen zum Heimattag: Was ist Sächsisch?

Edit Szegedi wurde beim diesjährigen Heimattag in Dinkelsbühl der Ernst-Habermann-Preis überreicht, siehe Siebenbürgische Zeitung-Online vom 5. Juni 2002. Ihre Eindrücke und Überlegungen zum Thema siebenbürgisch-sächsische Identität hat die Klausenburger Historikerin im folgenden Leserbrief zusammengefasst.
Ich schreibe als Außenseiterin. Meine Herkunft, zu der ich mich bekenne, ermöglicht es mir, meine physische und geistige Heimat in Siebenbürgen zu finden und zu pflegen. Ich bin nicht in der “alten Heimat” geblieben, sondern erlebe sie tagtäglich mit all ihren Ecken und Kanten. Und Klausenburg ist wahrlich keine gemütliche Stadt!
Deshalb ist für mich ein Heimattag etwas Absonderliches. Die Heimat, die bei solch einer Gelegenheit heraufbeschworen wird, ist mir fremd – ich erkenne sie in dieser musealen Form nicht wieder. Das Land, in dem ich lebe, mag wohl eine einzige Katastrophe sein – doch in Zeitlosigkeit ist es nicht erstarrt.
Die Trachtenzüge und andere Zelebrierungen der imaginären Heimat haben ihre Berechtigung. Stellvertretend für die siebenbürgisch-sächsische Traditionen dürfen sie aber nicht werden, weil sie die sächsische Identität im Sinne eines folkloristischen Fundamentalismus verengen. Es ist so, als wären die Sachsen immer nur ein archaisches Bauernvolk gewesen, das von der städtischen Kultur, der Industrialisierung und den Irrungen und Wirrungen des 20. Jahrhunderts verschont geblieben ist.
Wenn ich von Traditionen und nicht von Tradition spreche, dann meine ich damit die Vielfalt der Überlieferungen und Perspektiven, die allesamt legitim sind. Bloß weil die Georg-Daniel-Teutsch-Tradition kanonisiert wurde, heißt es nicht, dass sie die einzig legitime ist. Protestanten sollten nicht kanonisieren, sondern hinterfragen.
Gibt es überhaupt eine siebenbürgisch-sächsische Identität außerhalb Siebenbürgens? Ohne den Bezugsrahmen und die Herausforderung der “anderen” Kulturen? Und wenn sie auch fernab von Siebenbürgen existieren kann, müsste sie nicht anders aussehen?

Edit Szegedi, Klausenburg

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