23. Juni 2003

Partnerschaften mit Siebenbürgen angestrebt

Eine aufschlussreiche Podiumsdiskussion zum Thema „Grenzen überwinden – Brücken bauen“ fand zum Abschluss des Heimattages am Pfingstmontag, dem 9. Juni, in Dinkelsbühl statt. Das anregende Gespräch wurde von Oberbürgermeister Otto Sparrer moderiert, der sich für eine Städtepartnerschaft zwischen Dinkelsbühl und Schäßburg einsetzt. Die Siebenbürger Sachsen wollen verstärkt politische und gesellschaftliche Verantwortung in ihren neuen Heimatorten in Deutschland und Österreich übernehmen, in denen sie inzwischen feste Wurzeln geschlagen haben. Zudem sind sie als „Experten“ geradezu prädestiniert, Brücken nach Siebenbürgen zu schlagen, indem sie sich beispielsweise für deutsch-rumänische Städtepartnerschaften engagieren.
Partnerschaften sollten Begegnungen stiften zwischen Menschen, nicht nur zwischen Bürgermeistern, sagte Oberbürgermeister Otto Sparrer. Deshalb sollten sie zunächst in den Herzen der Menschen verankert werden. Dinkelsbühl pflegt bereits starke Bindungen zu den Siebenbürger, durch die alljährlichen Heimattage seit 1951 und die Partnerschaft zur Landsmannschaft seit 1985. Auf Initiative der Landsmannschaft strebt die mittelfränkische Stadt nun eine Partnerschaft mit Schäßburg an.

Ansprache von Oberbürgermeister Otto Sparrer im Rahmen der Eröffnung des Heimattages. Foto: Josef Balazs
Ansprache von Oberbürgermeister Otto Sparrer im Rahmen der Eröffnung des Heimattages. Foto: Josef Balazs

Über das Zustandekommen der Städtepartnerschaft zwischen Landshut und Hermannstadt berichtete Bürgermeister Jacob Entholzner. Zweieinhalb Jahre lang wurden intensive Kontakte zwischen den beiden Städten, aber auch zu bayerischen Politikern geführt, bis die Partnerschaft im letzten Jahr besiegelt werden konnte. Dorothea Götz und Ortwin Schuster gehörten zu jenen Siebenbürgern, die im Rahmen des Freundeskreises Landshut-Hermannstadt die Partnerschaft enorm vorangetrieben haben. In Landshut leben 3 000 Siebenbürger Sachsen, mehr als in Hermannstadt, wo 2 000 Deutsche zu Hause sind.

Auf eine andere Art von Partnerschaft wies Michael Konnerth, Vorsitzender des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, hin. Die HOGs und die jeweiligen Heimatgemeinden setzen für den Erhalt des gemeinsamen Kulturerbes in Siebenbürgen ein. Konkrete Schritte seien kürzlich beim dritten Kuratorentag in Hermannstadt eingeleitet worden.

Grenzübergreifende Kontakte pflegen auch junge Siebenbürger beispielsweise im Rahmen der Föderationsjugendlagers, berichtete Astrid Kelp von der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD). Sie kritisierte die Streichung der Zuschüsse durch die Bundesregierung, wodurch die Jugendarbeit zu leiden habe. Deshalb mahnte Kelp: Zur Wahrung der siebenbürgisch-sächsischen Identität sollte die Kinder- und Jugendarbeit gefördert werden. Es sei eine Investition in die Zukunft.

Deutsch-rumänische Städtepartnerschaften werden vom Bundesinnenministerium bezuschusst, betonte Ministerialdirigent Frank Willenberg. Gefördert werden nicht so sehr Besuchsreisen von Stadträten, sondern vielmehr Begegnungen zwischen Menschen, Schulen, sozialen Einrichtungen, Kirchen, Krankenhäusern und anderen örtlichen Initiativen, wobei man die Jugend einbinden wolle. (Die wichtigsten Fördergrundsätze des BMI werden in demnächst in dieser Zeitung veröffentlicht.)

Volker Petri, Bundesobmann der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Österreich, regte an, „verwachsene Wege wieder frei zu machen, alte Verbindungen wieder zu entdecken und ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken“.

Bischofsvikar Hans Klein stellte fest, dass das Modell des „reichen Onkels“ und die zahlreichen Hilfsaktionen nach der Wende viel zur Genesung der geschwächten deutschen Minderheit beigetragen hätten. Jetzt sei es jedoch nötig, dass kleine Investoren nach Rumänien kommen. Partnerschaft müsse in kleinen Schritten und „auf gleicher Augenhöhe“ zwischen den beiden Seiten entstehen. Wichtig sei die gemeinsame Suche nach Drittmitteln. Klein, der Stadtrat in Hermannstadt ist, will die Sachsen in Schäßburg auffordern, bei den Kommunalwahlen im kommenden Jahr zu kandidieren. Die Sachsen müssten lernen, wieder politische Verantwortung zu übernehmen.

Diesen Gedanken griff auch Johann Schuller, Stadtrat in Dinkelsbühl und in vielen landsmannschaftlichen Gremien aktiv, auf. Er rief die Siebenbürger auf, sich stärker in die bundesdeutsche Politik einzubringen. Zudem solle „jeder von uns in seinen neuen Heimatorten Partnerschaften mit Siebenbürgen anregen“. Hermann Theil von der HOG Schäßburg betonte, dass alle Seiten einen schmerzhaften Lernprozess mitmachten. „Wir müssen ehemaligen Mitbürgern in Schäßburg die Hand reichen und in die EU begleiten.“

In seinem Schlusswort zum Heimattag dankte der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, Volker Dürr, für den regen Gedankenaustausch. Die Diskussion habe viele Fragen in den Mittelpunkt gerückt: „Wo stehen wir heute? Wie können wir uns einbringen in das heutige Europa?“ Dürr erklärte; „So wie unsere Vorfahren im 12. Jahrhundert über Flüsse und Brücken nach Siebenbürgen gegangen sind und diese Brücken über Jahrhunderte aufrecht erhalten haben, so geht es heute darum, uns einzubringen in die Gesellschaft, in der wir heute leben, in die vorhandenen Organisationen, Vereine und in die parlamentarische Arbeit. Das gehört zu unserer Zukunft in einem gemeinsamen und offenen Europa.“ Einfallsreichtum, Eigeninitiativen seien dabei gefragt. Der Bundesvorsitzende zeigte sich zuversichtlich, dass die Regierungsstellen in Bukarest sich darüber Gedanken machten, „wie wir Steine in die kaputtgegegangen Brücken wieder einfügen können“. Die Siebenbürger hofften, dass einerseits das Brukenthalmuseum in Hermannstadt wieder vervollständigt werde und andererseits das Siebenbürgische Museum, das ein wichtiger Baustein in Europa sei, erhalten bleibe.

Siegbert Bruss


(gedruckte Ausgabe: Sieb enbürgische Zeitung, Folge 10 vom 25. Juni 2003, Seite 3)
Fotos von der Podiumsdiskussion in Dinkelsbühl

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