21. Oktober 2003

Neue Verfassung ebnet Rumäniens Weg in die EU

Die Bürger Rumäniens haben in einem Referendum am 18. und 19. Oktober für eine neue Verfassung gestimmt, die den Weg ihres Landes in die Europäische Union ebnet.
Seit Monatsbeginn hatte die rumänische Regierung aus öffentlichen Geldern und in den Medien ausschließlich für ein "Ein Ja für die Verfassung und ein Ja für Europa" geworben. Namhafte Talkshow-Master, Journalisten und andere Persönlichkeiten forderten die Bürger zur Stimmabgabe auf. Selbst das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien setzte sich über seinen Landesvorsitzenden Klaus Johannis in den deutschsprachigen Medien für das neue Grundgesetz ein. Der DFDR-Abgeordnete Wolfgang Wittstock hatte schon vor längerer Zeit angesichts der neuen Verfassung von einem "Vertrauensvotum für die Minderheiten" gesprochen.

Zu Wochenbeginn atmeten alle Befürworter erleichtert auf: Rund 54 Prozent der Wahlberechtigten, so die ersten Hochrechnungen, stimmten zu etwa 80 Prozent nach Einschätzungen namhafter Soziologen für das neue Grundgesetz Rumäniens. Eine wissenschaftliche Umfrage während des Urnengangs wurde nicht vorgenommen. Doch so oder anders: Es war eng um das Referendum, denn mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten mussten mitmachen, damit es gültig ist. Am Samstag, von 8 bis 22 Uhr, hatten lediglich 14 Prozent der Bürger abgestimmt. Die regierende Sozialdemokratische Partei PSD machte am Sonntagmorgen denn auch Dampf unter ihren Verantwortungsträgern vor Ort über eine Schaltkonferenz, die Demokraten (PD) forderten zeitgleich den Rücktritt des Kabinetts von Nastase, um den Weg zu den Urnen den Bürgern freizumachen, wie PD-Vize Emil Boc es formulierte. Präsident Iliescu zeigte sich zufrieden, dass, wie er sagte, knapp 10 Millionen Bürger von ihrem Stimmrecht Gebrauch machten, Premier Nastase sprach anschließend von über neun Millionen. Während des Referendums schraubte der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Zahl der Wahlberechtigten von ursprünglich knapp 19 Millionen auf über 18 Millionen und letztendlich auf gut über 17 Millionen herunter.

Die neue Verfassung gewährt Bürgern der Europäischen Union gewisse Rechte, nachdem Rumänien erwartungsgemäß der Union beitreten wird. So erhalten EU-Bürger Wahlrecht in Rumänien und das Recht, selbst in verschiedene Funktionen in der öffentlichen Verwaltung gewählt zu werden. Im Falle eines Prozesses stehen den EU-Bürgern Übersetzer zur Verfügung. Die neue Verfassung garantiert den Privatbesitz, eine längst fällige Bestimmung, die im rumänischen Grundgesetz von 1991 noch nicht enthalten war. Zudem dürfen Angehörige der ethnischen Minderheiten ihre Muttersprache im Gerichtssaal verwenden. Vor allem diese Bestimmung und die den EU-Bürgern eingeräumten Rechte wurden von der Großrumänien-Partei (Partidul Romania Mare) heftig kritisiert. Die neue Verfassung ist nach Ansicht der Nationalkommunisten ein „beispielloser Akt des nationalen Verrats”.

mo


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