18. Dezember 2003

Positives Urteil für Spätaussiedler

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München bestätigt das Ergebnis des Bayerischen Verwaltungsgerichtes Ansbach in einem Prozess betreffend die Frage der Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG.
Zum Sachverhalt: Der Antragsteller, ein Spätaussiedlerbewerber aus Rumänien, begehrte letztendlich lediglich die Anerkennung als Abkömmling eines Spätaussiedlers, somit die einer Spätaussiedlerbescheinigung gemäß § 15 Abs. 2 BVFG. Das zuständige Ausgleichsamt lehnte den Antrag ab mit dem Argument, der bereits als Spätaussiedler anerkannte Vater des Klägers habe keine Benachteiligungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.03.1998 (siehe die Veröffentlichungen in dieser Zeitung) erlitten. Nach Anhörung des Vaters des Klägers als Zeugen gab das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach dem Kläger Recht und verurteilte den Freistaat Bayern zur Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung gemäß §15 Abs. 2 BVFG.

Hiergegen legte der Freistaat Bayern Rechtsmittel ein. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat den Antrag auf Zulassung der Berufung des Freistaates Bayern abgelehnt, so dass mit dieser Ablehnung die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Ansbach rechtskräftig und somit definitiv wurde (Aktenzeichen des BayVGH München: 11 ZB 03.1888, Beschluss vom 19.11.2003).

Zu den Entscheidungsgründen: Der Freistaat Bayern vertrat in dem Antrag auf Zulassung der Berufung (somit in zweiter Instanz) die Auffassung, dass "ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen würden... Das Gericht gehe zum Teil von einem ungesicherten Sachverhalt aus, verkenne zum Teil die Stichtagsregelung und unterstelle nicht vorhandene Nachwirkungen." Das Berufungsgericht teilt in seinem oben näher zitierten Beschluss vom 19.11.2003 die Auffassung des Freistaates Bayern nicht. Vielmehr bestätigt es das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtes Ansbach. Zu den Zweifeln des Freistaates Bayern an dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtes Ansbach hat das Berufungsgericht z.B. festgehalten: "Das Verwaltungsgericht hat den Vater des Klägers als Zeugen vernommen und seine Angaben als ,äußerst glaubwürdig' bezeichnet, da er sämtliche Fragen des Gerichts korrekt und umfassend beantworten konnte. Im Jahre 1974 sei sein Antrag auf berufliche Weiterbildung mit der Begründung mangelnder Berufserfahrung abgelehnt worden, obwohl er bereits auf eine vierjährige Berufserfahrung habe zurückgreifen können.

Der wahre Grund für die Ablehnung sei seine deutsche Volkszugehörigkeit gewesen. Dass das Verwaltungsgericht dem Vater des Klägers diese Bewertung abgenommen hat, hält sich im Rahmen einer vertretbaren Beweiswürdigung und gibt zu keinen ernstlichen Zweifeln Anlass." (a.a.O., Seite 3)

Auch an anderen Stellen kommt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mehrfach zu dem Ergebnis, dass die erste Instanz zu Recht im Rahmen der freien richterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung Benachteiligungen zu Gunsten des Klägers bejaht hat: "Soweit das Verwaltungsgericht diesen Ausführungen des Zeugen Glauben geschenkt hat, ergeben sich gleichfalls keine ernstlichen Zweifel an dem so gefundenen Ergebnis des Vorliegens einer relevanten Benachteiligung... Dass die geschilderten Geschehensabläufe allein mit der deutschen Volkszugehörigkeit des Vaters des Klägers im Zusammenhang standen, wie der Zeuge geschildert hat, ist durchaus nahe liegend, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat." (a.a.O., Seiten 3 und 4).

Des Öfteren - wie in dem hier vorliegenden Fall - wird als Benachteiligung im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG vorgetragen, dass Herabstufungen bzw. Nichtbeförderungen wegen des deutschen Volkstums sich negativ für die Betroffenen rentenrechtlich auswirken. Wiederholt wird von den Behörden bzw. dem Freistaat Bayern gerügt, dass die Antragsteller bzw. Kläger nicht genau die Höhe der rentenrechtlichen Benachteiligung exakt benannt hätte. Hierzu trifft der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine wichtige Feststellung:
"Die Bestimmung des § 4 Abs. 2 BVFG verlangt keine volle Beweisführung, sondern lässt eine Glaubhaftmachung ausreichen ... Die erfahrenen rentenrechtlichen Benachteiligungen müssen nicht der Höhe nach exakt beziffert werden (Hervorhebung des Unterfertigenden). Deswegen durfte sich das Verwaltungsgericht mit der Feststellungen begnügen, dass rentenrechtlich sich auswirkende berufliche Behinderungen des Vaters des Klägers glaubhaft gemacht wurden, die als Benachteiligung im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG aufgrund deutscher Volkszugehörigkeit einzustufen sind. Auch insoweit bestehen hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Beurteilung keine ernstlichen Zweifel, an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils." (a.a.O., Seite 6)

Fazit: Der Freistaat Bayern legt - anders als andere Bundesländer - regelmäßig, soweit Unterfertigendem bekannt, gegen positive Urteile der erstinstanzlichen Gerichte, insbesondere diejenigen des Verwaltungsgerichtes Ansbach, Rechtsmittel ein mit dem Ziel, grundsätzliche Fragen geklärt zu bekommen bzw. zu einer einheitlichen Rechtsprechung der Gerichte beizutragen. Insofern ist es erfreulich, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof - zu Gunsten der Betroffenen - entschieden hat und somit auch die Korrektheit des erstinstanzlichen Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach bestätigt hat. Des Weiteren wird sicherlich der Freistaat Bayern - durch entsprechende Weisungen an die zuständigen Ausgleichsämter - dafür Sorge zu tragen haben, dass ein glaubhafter Vortrag von Mindereinnahmen und rentenrechtlicher Auswirkung i.S.d. § 4 Abs. 2 BVFG ausreichend ist, auch wenn die erfahrenen rentenrechtlichen Benachteiligungen nicht der Höhe nach exakt beziffert wurden.

Dr. Johann Schmidt, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht



(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 20 vom 15. Dezember 2003, Seite 4)

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