1. Juni 2004

Volker Dürr: Siebenbürger Sachsen wollen Europa mitgestalten

Die Siebenbürger Sachsen "können und sollen auf der Grundlage des Gemeinsinns und der Toleranzerfahrung, die sie durch jahrhundertelang praktiziertes Zusammenleben mit mehreren Volksgruppen erworben haben, auch künftig ihren Beitrag zum zusammenwachsenden Europa leisten". Dies erklärte der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Volker Eduard Dürr, in seiner Begrüßung und Ansprache auf der Festkundgebung des Heimattages am Pfingstsonntag, dem 30. Mai 2004, in Dinkelsbühl. Er äußerte die Hoffnung, dass Rumänien in naher Zukunft in die erweiterte europäische Völkergemeinschaft aufgenommen wird. Die Festrede wird im Folgenden im Wortlaut veröffentlicht.
Zur Tradition unseres Heimattages gehört die Pfingstandacht, und wir alle hier danken Herrn Wolfgang Rehner, Stadtpfarrer aus Sächsisch Regen, dafür, dass er sie mit uns gemeinsam gestaltet hat. Wir freuen uns auch über die herzlichen Grüße der Heimatkirche, die sich unter der tatkräftigen Leitung unseres Sachsenbischofs D. Dr. Christoph Klein für die siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft in Siebenbürgen, unserem Herkunftsgebiet, einsetzt. Wir bitten Sie, sehr geehrter Herr Pfarrer Rehner, die Botschaft dieses Heimattages, verbunden mit den besten Wünschen und Grüßen, nach Siebenbürgen zu übermitteln.

Bundesvorsitzender Volker Dürr während seiner Ansprache in Dinkelsbühl. Foto: Günther Melzer
Bundesvorsitzender Volker Dürr während seiner Ansprache in Dinkelsbühl. Foto: Günther Melzer
Im Namen meiner hier versammelten Landsleute und unserer Gäste darf ich als Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland alle Bürgerinnen und Bürger der Großen Kreisstadt und ehemals Freien Reichsstadt Dinkelsbühl sehr herzlich begrüßen, unter ihnen besonders: Herrn Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer; Frau Bürgermeisterin Hildegard Beck mit ihrem Gatten; Herrn Prof. Dr. Jürgen Walchshöfer, vormals Oberbürgermeister, sowie alle hier vertretenen Mitglieder des Rates dieser gastfreundlichen Stadt.

53 Jahre Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl sind nicht nur ein Symbol des Zusammenhalts der Siebenbürger Sachsen auf der ganzen Welt, sondern auch ein Bekenntnis zu gewachsenen Bindungen, zur Partnerschaft zwischen der Stadt Dinkelsbühl und der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen.

Auf der Grundlage dieser bald 20-jährigen Partnerschaft werden die noch recht jungen gemeinsamen Initiativen zur Schaffung einer neuen, weiteren Partnerschaft zwischen Dinkelsbühl und Schäßburg in Siebenbürgen hoffentlich erfolgreich sein.

Ich rufe Sie alle hier auf, zum Gelingen auch dieses europäischen Brückenschlages beizutragen, etwas, was wir Siebenbürger Sachsen schon immer getan haben in den zurückliegenden annähernd neun Jahrhunderten: von Siebenbürgen aus oder nach Siebenbürgen hin in Europa Brücken mit aufzubauen und zu festigen. Siebenbürgen war und ist ein Musterbeispiel einer vielfältigen Kulturlandschaft, deren kulturelles Erbe aus dem historischen Beitrag der dort zusammenlebenden rumänischen, ungarischen, deutschen und anderen Nationalitäten angehörenden Bevölkerung erwachsen ist.

In den Wirren des zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit drohten siebenbürgisch-sächsische Identität und Gemeinschaft zu zerbrechen. Vor 60 Jahren, im September 1944, setzte mit der Evakuierung aus Nordsiebenbürgen und mit der Flucht vor der heranrückenden Roten Armee jener Prozess ein, in dessen Verlauf die überwiegende Mehrheit der Siebenbürger Sachsen außerhalb Siebenbürgens eine neue Heimat suchen musste und gefunden hat. Diese liegt für jene der ersten Stunde einerseits in Österreich, andererseits aber auch in Deutschland, insbesondere in Nordrhein-Westfalen. Deswegen auch ist die landsmannschaftliche Landesgruppe NRW Mitveranstalter unseres diesjährigen Heimattages. Daran soll das Motto "Heimat suchen - Heimat finden" erinnern. Erinnern wollen wir uns der vor 270 Jahren aus Glaubensgründen vertriebenen steirischen Landlern, die über zwei Jahrhunderte lang eine Zwischenheimat in Siebenbürgen gefunden haben.

Das Motto unseres diesjährigen Heimattages steht aber nicht nur für das Erinnern, sondern formuliert zudem die zukunftweisende Aufgabe der Siebenbürger Sachsen: Sie können und sollen auf der Grundlage des Gemeinsinns und der Toleranzerfahrung, die sie durch jahrhundertelang praktiziertes Zusammenleben mit mehreren Volksgruppen erworben haben, auch künftig ihren Beitrag zum zusammenwachsenden Europa leisten. Mit diesem Motto verbinden wir auch die Hoffnung, dass in naher Zukunft unsere in Siebenbürgen lebenden Landsleute und alle Mitbürger Rumäniens in der erweiterten europäischen Völkergemeinschaft Heimat finden werden. Mit der am 1. Mai 2004 erfolgten Aufnahme von zehn neuen Mitgliedern in die Europäische Union hat sich gezeigt, dass das vielfältige Bemühen um eine Verständigung zwischen den Nachbarn in Europa Früchte getragen hat.

Als Föderationsvorsitzender grüße ich Sie auch namens der siebenbürgischen Landsleute, die in Kanada, den USA und in Österreich eine neue Heimat gefunden haben.

Meine Damen und Herren, es ist der beispielhaften Aufnahmebereitschaft der in Deutschland lebenden Bürgerinnen und Bürgern zu verdanken, dass annähernd 250.000 Siebenbürger Sachsen, deren Vorfahren vor mehr als 850 Jahren auch aus der Gegend des heutigen Nordrhein-Westfalen nach Transsilvanien auswanderten, "alte" und jetzt "neue" Heimat wiedergefunden haben. Der Transfer, die Aussiedlung, gelang aber nicht nur in räumlicher, sondern auch in sozialer Hinsicht: Das Leben der Sachsen in Siebenbürgen war geprägt durch die Erfahrung, mit Nachbarn, die anderer Abstammung und anderen Glaubens waren, in gegenseitiger Toleranz zu leben.

Dies Wissen, diese soziale Kompetenz, konnte die siebenbürgische Gemeinschaft in den Prozess der Neubeheimatung in deutschen Städten und Gemeinden mit einbringen. Aber nur durch die eigenen Veranlagungen wären die siebenbürgischen Aussiedler nicht so weit gekommen: Die hier in Deutschland lebenden Siebenbürger verdanken ihre geglückte Integration ganz besonders auch der Hilfe des Landes Nordrhein-Westfalen, das vor 47 Jahren die Patenschaft für die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland übernahm. Die Zeichen der gegenseitig erwiesenen Solidarität sind außerordentlich: Siedlungen wie zum Beispiel Setterich, Overath, Herten-Langenbochum, Oberhausen und die größte Siebenbürger-Sachsen-Siedlung in Drabenderhöhe; Kultureinrichtungen wie die Siebenbürgische Bibliothek, das Siebenbürgische Archiv und das im Umbau befindliche Siebenbürgische Museum in Gundelsheim.

Meine Damen und Herren, wer integrieren will, muss Integrationskraft aufbringen. Dies hat das Land NRW in beispielhafter Weise getan. Fünf Jahrzehnte aktive Unterstützung landsmannschaftlicher Arbeit und damit Förderung der Integration der Siebenbürger Sachsen haben gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung geschaffen.

Deshalb ist es mir eine große Freude, unsere Patenenministerin, Frau Birgit Fischer, Ministerin für Gesundheit, Soziales, Frau und Familie von Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen zu heißen. Wir Siebenbürger Sachsen sind Ihnen, sehr geehrte Frau Ministerin, dankbar dafür, dass Sie unserer Einladung, als Ehrengast und Rednerin am diesjährigen Heimattag teilzunehmen, gefolgt sind. Im Namen meiner Landsleute wünsche ich uns, dass die von unserem Bundespräsidenten Johannes Rau anlässlich seines Besuchs im April dieses Jahres in Drabenderhöhe bekräftigte Partnerschaft, die er uns zu Pfingsten 1997 - damals noch Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen - auf der Hauptkundgebung unseres Heimattages hier in Dinkelsbühl angeboten hatte, auch zukünftig Früchte tragen möge. Hierbei werden Sie sicherlich von unserem Landsmann Herrn Hagen Jobi, Mitglied des Nordrhein-Westfälischen Landtages und Vizelandrat des Oberbergischen Kreises, tatkräftig unterstützt werden. Herrn Jobi und seine liebe Frau Anne begrüße ich herzlich als Gäste unseres Heimattages.

Als Mitausrichter unseres diesjährigen Heimattages hat die landsmannschaftliche Landesgruppe Nordrhein-Westfalen den ersten Bürger der Stadt Wiehl, Herrn Werner Becker-Blonigen, seit 25 Jahren Stadtdirektor und Bürgermeister jener Oberbergischen Stadtgemeinde mitgebracht, in der jeder fünfte Bürger siebenbürgischer Herkunft ist. Ich begrüße auch Sie, sehr geehrter Herr Becker-Blonigen, aufs Herzlichste.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den zurückliegenden 50 Jahren des Bestehens der Bundesrepublik Deutschland und auch unseres landsmannschaftlichen Verbandes war die Perspektive zunächst durch unsere gemeinsame deutsche Vergangenheit, durch Wiedervereinigung und Familienzusammenführung bestimmt. In den kommenden 50 Jahren sollte es uns gemeinsam darum gehen, künftigen Katastrophen vorzubeugen und mitzuwirken an einer friedlichen und freiheitlichen Zusammenführung Europas, in dessen Herzen auch wir Siebenbürger Sachsen nach der Aussiedlung aus Siebenbürgen Heimat gefunden haben.

Als einen Europäer der ersten Stunde heiße ich mit Ihnen Herrn Dr. Ingo Friedrich, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, sehr herzlich willkommen. Sie haben sich seit Ihrer ersten Direktwahl 1979 als Verfechter eines geeinten und bürgernahen Europas erwiesen, welches seine Mitgliedstaaten und Regionen fördert und respektiert. Wir freuen uns , sehr geehrter Herr Dr. Friedrich, Sie als Ehrengast und Redner am diesjährigen Heimattag empfangen und begrüßen zu dürfen. Ich hoffe, dass Sie auch als Vertreter desjenigen Bundeslandes, in dem die meisten meiner Landsleute inzwischen Heimat gefunden haben, - im Freistaat Bayern - die Siebenbürger Sachsen nicht nur in ihrer Funktion als Brückenbauer in einem zusammenwachsenden Europa, sondern auch als aktive Partner im Wiederaufbau des Nachkriegsdeutschlands und Europas weiterhin unterstützen. Denn im Gegenzug bringen die Siebenbürger Sachsen ihre Fähigkeit und ihren Willen ein, aus der Erfahrung ihrer jahrhundertealten Rolle als Vermittler zwischen Ost und West heraus auch heute dem partnerschaftlichen Dialog und Brückenschlag im zusammenwachsenden Europa zu dienen. Ich bin fest davon überzeugt, meine Damen und Herren, dass Europas große kulturelle Weite und Vielfalt, zu der auch die jahrhundertealte Geschichte und Kultur der Deutschen im Südosten und Osten Europas gehört, bewahrt und gepflegt werden muss, denn ein Europa der Kulturen stiftet ein geistiges Band, das langfristig stärker ist als politische und wirtschaftliche Zwänge.

In dieser Auffassung werde ich auch von dem hessischen Landtagspräsidenten, Herrn Norbert Kartmann, unterstützt. Ich freue mich, Sie sehr geehrter Herr Kartmann auch als siebenbürgischen Landsmann begrüßen zu dürfen.

Deshalb betrachten auch wir Siebenbürger Sachsen es weiterhin als Verpflichtung, in unserer kulturellen Breitenarbeit nicht nachzulassen und mit unserem als Brückenkopf nach Osteuropa wirkenden siebenbürgischen Kulturzentrum in Gundelsheim, das heute mehr denn je auch auf die Förderung des Bundes und der Länder angewiesen ist, ein gemeinsames, dauerhaftes Umsetzungskonzept zur Kulturförderung zu entwickeln. Ein solches würde es sowohl den wissenschaftlich Interessierten als auch unseren vielen ehrenamtlich tätigen Aussiedlern wieder ermöglichen, die vom Deutschen Bundestag geforderte Brückenfunktion auch weiterhin aktiv wahrzunehmen.

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang möchte ich auf die Beteiligung einer hochrangigen rumänischen Delegation an der gestrigen Eröffnungsveranstaltung verweisen, an deren Spitze der Rumänische Europaminister, Herr Dr. Alexandru Farcas und der Rumänische Botschafter in Deutschland, Herr Adrian Vierita teilgenommen haben. Es ist mir eine große Ehre, Herrn Generalkonsul Mihai Botorog hier begrüßen zu dürfen. Ihnen allen möchte ich an dieser Stelle dafür danken, dass wir das im vergangenen Jahr hier in Dinkelsbühl unterzeichnete Protokoll für die kulturelle Zusammenarbeit zwischen dem Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat e.V. und dem Ministerium für Kultur und Kultus Rumäniens durch viele Veranstaltungen, Ausstellungen und gemeinsame Projekte mit Leben erfüllen konnten. In diesen Dank möchte ich gerne auch unseren Kulturratsvorsitzenden Herrn Dr. Christoph Machat und unsere Museumsvereinsvorsitzende Frau Dr. Irmgard Sedler einbeziehen.

Meine Damen und Herrren, liebe Landsleute, die seit 1983 bestehende und ab 1993 um das Demokratische Forum der Deutschen in Siebenbürgen erweiterte weltweite Föderation der Siebenbürger Sachsen wird sich wie bisher auch weiterhin am Fortgang des europäischen Einigungsprozesses auch unter Einbeziehung Rumäniens aktiv beteiligen. Dabei sollte von uns allen mitberücksichtigt werden, dass die vielzitierte europäische Wertegemeinschaft aus einer jahrhundertealte Tradition humanistisch-demokratischer Denkansätze erwächst. Daran muss sich die Staatswerdung Europas orientieren und daran muss sich auch der Umgang der beitrittswilligen Staaten mit ihren Minderheiten messen lassen.

Auf der Grundlage des am 21. April 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien geschlossenen "Vertrages über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa" und des am 16. Mai 1995 geschlossenen "Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Rumänien über kulturelle Zusammenarbeit" erhoffen wir uns auch weiterhin Unterstützung bei der Stabilisierung der deutschen Minderheit in Rumänien. Deren Überleben wird nach unserer Überzeugung nur durch einen gesicherten Minderheitenschutz und die Wiederherstellung ihrer kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen möglich sein. So können wir gemeinsam an dem Versöhnungswerk teilnehmen, das uns in Europa aufgetragen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die bisher erfolgreiche und von Ihnen allen auch finanziell unterstützte Arbeit unseres Sozialwerkes sowie die segensreiche Arbeit der vor zehn Jahren in Siebenbürgen gegründeten Saxonia-Stiftung, deren Geschäftsführer Karl Arthur Ehrmann ich herzlich willkommen heiße, sind ein Beleg für unsere seit Jahrzehnten erfolgreich verlaufende grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf sozialem und kulturellem Gebiet. Und damit diese Aktivitäten auch in die Zukunft getragen und fortgeführt werden können, ist die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland mit ihrer Jugendorganisation darum bemüht, das mit unseren Landsleuten in Kanada, den USA, Österreich und Siebenbürgen geschaffene Netzwerk der Partnerschaften innerhalb der Föderation der Siebenbürger Sachsen weiter auszubauen. Unsere jungen Menschen wollen unser siebenbürgisch-sächsisches Kulturerbe, das Teil des deutschen und damit europäischen Kulturgutes ist, in allen Ländern, in denen Siebenbürger Sachsen leben, pflegen und lebendig erhalten. In diesem Sinne werden wir uns in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den anderen rumäniendeutschen Landsmannschaften und unseren Heimatortsgemeinschaften auch weiterhin für die Gründung und den weiteren Ausbau bestehender bzw. auch zukünftiger Städtepartnerschaften, wie zum Beispiel zwischen Landshut und Hermannstadt, Dinkelsbühl und Schäßburg und vielen anderen, aktiv einsetzen.

Meine Damen und Herren, die Solidarität der deutschen Nachkriegsgesellschaft, die Solidarität der im Bundesgebiet ansässigen Deutschen mit den vertriebenen Volksdeutschen bildete die Grundlage für die eigentliche Aufbau- und Eingliederungsarbeit, die die Vertriebenen und Flüchtlinge selbst leisten mussten. Damit haben sie sich hohes Ansehen und allseits Respekt erworben.

An dieser Stelle, sehr geehrte Frau Minister Fischer, sehr geehrter Herr Vizepräsident Dr. Friedrich und sehr geehrter Herr Kartmann, ist dem Bund der Vertriebenen und seinen Mitgliederorganisationen für die große Unterstützung bei der über Jahrzehnte währenden Eingliederungsarbeit zu danken. Ohne die soziale Beratung und Betreuung durch unsere Vertriebenenorganisationen hätten Millionen Menschen ihren Weg in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben Deutschlands nicht gefunden. Das gilt für Vertriebene und Kriegsflüchtlinge, es gilt aber genauso für die Aussiedler und Spätaussiedler.

Wir sind dankbar dafür, dass auch 50 Jahre nach dem Stalin-Dekret in der Bundesrepublik Deutschland keine Abschlussgesetzgebung für Spätaussiedler geplant ist, sondern in dem wieder ins parlamentarische Verfahren eingebrachten Zuwanderungsgesetz weiterhin an der Kriegsfolgenschicksalsvermutung festgehalten wird. Neben der Akzeptanz und der Solidarität mit Aussiedlern ist auch weiterhin ihre Aufnahme in der Bundesrepublik Deutschland zu fördern, wobei Härten wie Familientrennung und Abschiebung oder die in Bayern zunehmend restriktive Anwendung des Bundesvertriebenengesetzes für Vertriebenenbewerber aus Rumänien vermieden werden müssen. Hierzu gehört auch, dass die vor einigen Jahren nach unserer Meinung zu Unrecht eingeführte 40-prozentige Kürzung der Fremdrentenanteile von Aussiedlern aus den GUS und den südosteuropäischen Staaten nicht erst nach der hoffentlich für uns positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurückgenommen wird. Gerade die Aussiedler haben seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wesentlich dazu beigetragen, dass hier ein wirtschaftlich solides, sozial ausgewogenes und kulturell bereichertes demokratisches Gemeinwesen entstanden ist; und auch durch die Zuwanderung im letzten Jahrzehnt haben Aussiedler mit ihrer günstigen Altersstruktur mit dazu beigetragen, dass hier im vereinigten Deutschland kein Wohlstandsverlust eingetreten ist.

Meine Damen und Herren, wir grüßen unsere siebenbürgisch-sächsische Landesgruppe der Landsmannschaft aus Nordrhein-Westfalen unter ihrem Vorsitzenden Herrn Harald Janesch, seine Stellvertreter und Vorstandsmitglieder, alle Brauchtums- und Kulturgruppen, die sich als Mitausrichter unseres diesjährigen Heimattages hier in Dinkelsbühl vorbildlich beteiligen. Unter ihnen befinden sich natürlich auch sehr viele Mitglieder unserer landsmannschaftlichen Gliederungen aus Kreis- und anderen Landesgruppen und Heimatortsgemeinschaften, für deren vielfältiges Engagement ich an dieser Stelle besonders herzlich danke. Mein partnerschaftlicher Gruß gilt dem stets an unseren Heimattagen engagierten Hilfskomitee der Siebenbürger Sachsen und Evangelischen Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD mit ihrem Vorsitzenden, Herrn Pfarrer Kurt Franchy. Ich grüße Herrn Dr. Wolfgang Bonfert als Ehrenvorsitzenden der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen und meine Stellvertreterinnen, Frau Karin Servatius-Speck und Frau Doris Hutter, sowie meine Stellvertreter, Herrn Dr. Bernd Fabritius und Herrn Reiner Lehni, und danke Ihnen und allen aktiven Teilnehmern aus Jugend-, Kreis- und HOG-Gruppen, die unter der verantwortlichen Leitung von Frau Hannelore Scheiber, Herrn Torsten Schuller und vielen anderen zum Gelingen dieses herrlichen bunten Trachtenzuges beigetragen haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich bitte zum Abschluss Grußbotschaften des Außenministers von Rumänien, Herrn Mircea Geoana, des Beauftragen der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Herrn Jochen Welt, der Vorsitzenden der Landsmannschaften der Siebenbürger Sachsen in Kanada, den USA und Österreich, des Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, Herrn Bürgermeister Klaus Johannis mit den Worten des Landesbeauftragten der hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Herrn Rudolf Friedrich, wie folgt zusammenfassen: "Das großartige Engagement der Siebenbürger Sachsen für die Völkerverständigung, ihre Funktion als "Brückenbauer" zwischen Ost und West, wird auch in Zukunft gebraucht, um das zusammenwachsende Europa - unsere Heimat - mit Leben zu füllen. Ich freue mich, meine Verbundenheit mit den Siebenbürger Sachsen in Deutschland auf diesem Wege ausdrücken zu können und wünsche dem Heimattag 2004 einen guten Verlauf."

Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, dass wir aus der Schaffenskraft und der Solidarität der Menschen, denen Deutschland zu einer liebens- und lebenswerten Heimat geworden ist, die notwendige Stärke gewinnen, um auch unsere gemeinsame europäische Zukunft zu gestalten. Mögen die Veranstaltungen, Ausstellungen und Begegnungen dieses Heimattages uns und unseren Gästen und selbstverständlich den Bürgerinnen und Bürgern unser Partnerstadt Dinkelsbühl auch weiterhin viel Freude und Ermutigung schenken. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und darf nunmehr unseren Ehrengast, Frau Birgit Fischer, Ministerin für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie von Nordrhein-Westfalen, um ihre Ansprache bitten.

Schlagwörter: Heimattag, Volker Dürr

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