18. März 2005

20 Jahre Musikwoche der GDMSE

Bei der Musikwoche der Gesellschaft für Deutsche Musikkultur im Südöstlichen Europa e.V. (GDMSE) sind seit 1984 zahllose Werke von deutschen Komponisten aus Südosteuropa aufgeführt worden. Im folgenden Text erinnert die langjährige Teilnehmerin und St. Georgener Pädagogin Hildegard Barth an 20 Jahre Musikwoche.
Erste Pläne zu einer Musikwoche entstanden im 1984 gebildeten Arbeitskreis Südostdeutsche Musik, einem von fünf Arbeitskreisen im Institut für deutsche Musik im Osten mit Sitz in Bergisch Gladbach. Zwei Anliegen bewegten die Initiatoren Wolfgang Meschendörfer, Antje Neumann, Anneliese Barthmes, Jakob Konschitzky, Erwin Lessl, Andreas Porfetye, Peter Szaunig, Karl Teutsch und Horst Gehann: Man wollte einerseits eine Musizierwoche für die ganze Familie anbieten und andererseits anspruchsvolle Werke von deutschen Komponisten aus Südosteuropa erarbeiten und der Öffentlichkeit vorstellen, um sie vor dem Vergessen zu bewahren. Zur ersten Musikwoche 1986 in Altenberg bei Köln erschienen 27 Teilnehmer und zwölf Referenten mit klangvollen Namen wie Margarete Mederus, Konrad Scheierling, Helmut Sadler, Horst Gehann, Peter Szaunig, Karl Teutsch, Wolfgang Meschendörfer, Bill Buchanan - welch fürstliche Betreuung. Das Experiment Musikwoche wurde bald zur festen Einrichtung in der nachösterlichen Woche. Mehrere Quartiere wurden probiert. Letztlich kam man immer wieder auf die schön gelegene Tagungsstätte Löwenstein bei Weinsberg zurück.

Applaus beim Abschlusskonzert in der Stiftskirche Öhringen, im Vordergrund als Konzertmeister unser Geigendozent Harald Christian (Augsburg).
Applaus beim Abschlusskonzert in der Stiftskirche Öhringen, im Vordergrund als Konzertmeister unser Geigendozent Harald Christian (Augsburg).

Der Tagesablauf mit musikalischem Wecken, Morgenandacht, Morgensingen, musikalischer Früherziehung, Instrumentalunterricht, Kammermusik, täglicher Matinee und Tanz, Chor und Orchester am Nachmittag erwies sich als sinnvoll und wurde im Wesentlichen bis heute beibehalten. Sehr schnell zeigte sich, dass viele Werke vor allem zeitgenössischer deutscher Komponisten aus Südosteuropa für die Mehrzahl der Laienmusiker zu anspruchsvoll waren, und so boten die Dozentenkonzerte eine gute Möglichkeit, dem selbst gewählten Anspruch gerecht zu werden. Werke zahlloser Komponisten wurden in 19 Dozentenkonzerten aufgeführt. Am häufigsten waren Waldemar von Baußnern, Paul Richter, Rudolf Wagner-Régeny, Hans Peter Türk, Helmut Sadler und Franz Limmer vertreten. Eine wichtige Konstante bei der Musikwoche waren auch viele Jahre lang regelmäßige Orgelkonzerte, immer wieder zu Gast war u.a. die Organistin Ilse-Maria Reich.

Vielfältige Angebote

Für die Betreuung der kleinen, noch nicht musizierenden Kinder wurden erfahrene Musikpädagoginnen oder Erzieherinnen beauftragt, das weite Gelände der Tagungsstätte Löwenstein bot den Kindern seinerseits genügend Freiraum, um sich gefahrlos auszutoben.

Instrumentalunterricht und Kammermusik bedeuteten vor allem in den 80er Jahren für die mitgebrachten Kinder einen ungeheuren Motivationsschub. Während sie in ihrem Alltag als Geige- oder Cellospieler oft von den Schulkameraden mitleidig belächelt wurden, erlebten sie hier auch Geige, Cello spielende Kameraden, übten viel freudiger, knüpften dauerhafte Freundschaften, besuchten sich und freuten sich (das wiederum heute noch) das ganze Jahr aufs nächste Treffen. Großer Beliebtheit erfreute sich auch der Volkstanz: Auch widerspenstigste zwölfjährige Buben konnten sich auf Dauer nicht dem Charme Antje Neumanns entziehen und lernten mit wachsender Begeisterung Sternpolka und Toppotzer Kreuzpolka. Im Gegensatz zum Dauerbrenner Querflöten- und Blockflötenunterricht bei Roswitha und Wolfgang Meschendörfer sowie Klavier bei Peter Szaunig gab es bei den Streichern viel Wechsel. Die Blechbläser Jakob Konschitzky und Stephan Bretz konnten mangels Teilnehmern nicht mehr verpflichtet werden (inzwischen sind die Blechbläser wieder ein Herzstück der Musikwoche). Ähnlich ging es mit Orgel und Gitarre trotz unermüdlichen Engagements von Bill Buchanan.

Auch die Chorleiter wechselten in den ersten zehn Jahren häufig aus vielerlei Gründen, das Orchester schwächelte - und schließlich entschloss man sich sogar, ganz auf ein Orchester zu verzichten – damit allerdings büßte die Musikwoche an Zugkraft ein, und es dauerte etliche Jahre, bis die heute selbstverständliche Orchestertradition wieder erreicht wurde.

Stets nahm die Musikwissenschaft einen wichtigen Raum bei der Musikwoche ein. Im Komponistengespräch zu Gast waren u.a. Adriana Hölszky – heute eine der renommiertesten Komponistinnen in Deutschland – und der Bukarester Altmeister Wilhelm Georg Berger. Oft fanden musikwissenschaftliche Vorträge statt (etwa von Franz Metz, Peter Szaunig, Johannes Killyen und Karl Teutsch), 1997 sogar ein ganzes Symposion des Arbeitskreises Südost im Institut für deutsche Musik im Osten.

Eine erste Krise wurde in den Jahren 1995-97 offenbar: Querelen im Institut für Deutsche Musik im Osten (IDMO), in deren Folge 1997 die Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa gegründet wurde (als Nachfolgerin des Arbeitskreises Südost im IDMO) – außerdem zurückgehende Zuschüsse, steigende Kosten, der schwierige Spagat zwischen Familienwoche und deutlich gestiegenen Ansprüchen. In dieser Krise retteten hervorragende Musiker und Pädagogen das Konzept und gaben ihm die heutige Form: 1997 beginnt mit Harald (Violine) und Liane Christian (Klavier) ein Niveauschub und fulminanter Aufstieg des Orchesters. Unermüdlich mit dabei sind auch die Klausenburger Cellistin Ilse Herbert und die Blockflötistin Hannah König. Friedemann Wieland baut den Chor neu auf, und sein Nachfolger Marco Lechler, als Notlösung gefunden, erweist sich als wahrer Glücksfall.

Seine neue Qualität verdankt der Chor aber unübersehbar auch der Arbeit und dem Liebreiz der Berliner Sängerin Renate Dasch. Seit 1997 mit dem Solo-Gesang betraut, lockt sie jährlich neue Sänger und Sängerinnen nach Löwenstein, und die Riege ihrer Fans hat sich so erweitert, dass sie es 2003 mit ihrem im Herbst desselben Jahres leider verstorbenen Mann Hans Dasch schaffte, aus eigenen Kräften große Teile der Zauberflöte einstudieren.

Umstrukturierungen

Der wachsende Anspruch hatte auch seine Auswirkungen auf den Tagesablauf: das Chor- und Orchesterwerk, das am Ende der Woche öffentlich aufgeführt werden soll, verlangt eine wesentlich intensivere Probenarbeit und so probt das Orchester nun vor- und nachmittags, zuweilen bis spät in die Nacht, wodurch die Kammermusikarbeit kürzer treten muss. Junge Musiker aus Rumänien werden dank Gerda Türks Vermittlung und Zuschüssen etwa des Instituts für Auslandbeziehungen, aber auch der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung verpflichtet: für sie eine kostbare Erfahrung und für die Musizierwoche ein reicher Zugewinn.

Bei den aufgeführten Chor- und Orchesterwerken folgt die Musikwoche streng ihrem einmal gewählten Anspruch, handelt es sich doch weitgehend um geistliche Kompositionen siebenbürgischer, Banater, donauschwäbischer oder ungarndeutscher Kirchenmusiker. Immer wieder erwogen wird auch die Einstudierung eines ganzen szenischen Werkes. 1992 gelang dies mit Helmut Sadlers Singspiel vom dicken fetten Pfannkuchen, einer unglaublichen Leistung, wo wie durch Zauberhand innerhalb von fünf Tagen Kostüme und Kulissen entstanden und eine großartige Aufführung in der Wüstenroter Stadthalle ermöglichten.

Die jetzige Dozentenbesetzung hat eine solche Zugkraft entwickelt und die Musikwoche ist ein solcher Selbstläufer geworden, dass man sich um neue Interessenten nicht sorgen muss. Dass Menschen in wirtschaftlich nicht gerade rosigen Zeiten begeistert nach Löwenstein kommen, das ist doch das schönste Lob für die Musikwoche. Der Zulauf zur jährlichen Musizierwoche ist ungebrochen, zunehmend gerät die Tagungsstätte an ihre Grenzen, die etwa bei 115 Betten liegt. Längst können die Organisatoren nicht mehr alle Anmeldungen berücksichtigen. Ein Dank gebührt Wolfgang Meschendörfer, Johannes Killyen und Antje Neumann, ohne deren nicht ermüdendes Engagement die Musikwoche nicht denkbar wäre. Ebenso Dank an treue Sponsoren wie die Heimatortsgemeinschaften Kronstadt und Hermannstadt sowie die Kulturstiftung des Donauschwäbischen Zentralmuseums Ulm.

Die Form und das augenblickliche Niveau der Musikwoche scheinen mir nicht steigerbar, und ich wünsche mir mit vielen „alten Hasen“, dass sie uns noch lange in dieser Form erhalten bleiben möge, für uns und viele kleinen Enkel, die schon darauf warten, auch mit dabei sein zu dürfen.

Hildegard Barth


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