12. Januar 2006

Wie wir unsere Ziele erreichen können

"Dauerhafter Erfolg ist das Ergebnis gemeinsamen, beharrlichen Handelns." Diese Überzeugung vertritt Hatto Scheiner, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek. Im folgenden Artikel geht er auf die Ziele der verschiedenen siebenbürgisch-sächsischen Einrichtungen ein und nimmt im Besonderen Bezug auf die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek und deren Beitrag zur Gemeinschaftsleistung.
Die Anzahl der Vereine und Organisationen der Siebenbürger Sachsen in Deutschland ist ziemlich groß. Alle haben zum Ziel, unsere Eigenarten zu fördern und zu bewahren. Einen Überblick über die Organisationen der Siebenbürger Sachsen in Deutschland lieferte die Siebenbürgische Zeitung am 30. September 2005. In ihrer Gesamtheit umfassen die Ziele aller Organisationen drei große Bereiche:
- Förderung des Brauchtums, des Zusammenhalts und der Integration in die Gesellschaft
- Förderung des sozialen Einsatzes zugunsten alter und bedürftiger Landsleute
- Förderung wissenschaftlicher Aktivitäten und Bewahrung des kulturellen Erbes.

Für unser Gemeinschaftsgefühl sind alle drei Bereiche von großer Bedeutung. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, ist das Engagement vieler, im Prinzip aller Siebenbürger Sachsen erforderlich. Es geht jedoch nicht nur um persönlichen, körperlichen und geistigen Einsatz, sondern auch um die Deckung der dafür nötigen Ausgaben.

Blicken wir kurz in die Vergangenheit. Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts gab es für Gemeinschaftsaufgaben der Sachsen, ganz grob beschrieben, drei Quellen: 1. Die Kirchensteuer für die kirchlichen Einrichtungen (Kirchen, Schulen, etc.), 2. Erträge öffentlicher Institutionen, wie z. B. der Hermannstädter Allgemeinen Sparkassa für soziale Einrichtungen (Volksbad, Tierpark, etc.), sowie 3. Vereinsbeiträge und Stiftungen für wissenschaftlich-kulturelle Einrichtungen (Theater, Museen, etc.).

In der gegenwärtigen Lage entfallen die ersten beiden Quellen. Zur Verfügung stehen uns nur Vereinsbeiträge und Spenden. Was wir aber außerdem noch besitzen, sind unsere persönlichen Fähigkeiten und unser Wille. Diese gilt es einzusetzen, um den Verlust der beiden verlorenen Quellen auszugleichen.

Warum sich viele unserer Landsleute für die Gemeinschaft einsetzen, liegt meiner Ansicht nach am Charakter der Siebenbürger Sachsen, der sich an mehreren Aussprüchen gut aufzeigen läßt: "Wir wollen bleiben, was wir sind!", "Ich bin ein Sachse, ich sag's mit Stolz!", "Was tut der Sachse, wenn er nichts zu tun hat? Er reißt sein Haus nieder und baut sich ein Neues", aber auch "Was macht der Sachse? Er fürchtet sich!" Einerseits besteht also das Bestreben, sich der Umgebung anzupassen, es überwiegen jedoch eindeutig der Wille zur Selbstbehauptung, der Stolz auf das Erreichte und unsere sprichwörtliche Tüchtigkeit.

Warum z. B. bemühen sich die Heimatortsgemeinschaften um die Erhaltung ihrer ehemaligen Kirchen? Nicht weil sie selbst die Kirchen brauchen, um dort zum Gottesdienst zu gehen, sondern weil sie stolz auf ihre Leistungen sind und das von ihnen Geschaffene nicht dem Verfall preisgeben wollen. Es ist ein überzeugender Beweis dafür, dass die Menschen die Zeugnisse ihrer Geschichte bewahren wollen.

Diesen Willen zur Bewahrung wertvoller geistiger und materieller Leistungen bei allen unseren Landsleuten zu aktivieren, ist ein lohnendes Ziel. Dazu fordere ich hiermit alle Leser auf. Es gibt zwar sehr viele, die durch aktive Mitarbeit und materielle Zuwendungen die Arbeit unserer Organisationen möglich machen (Hilfsvereine, Jugendarbeit, Chöre, Tanz-, Theater- und Trachtengruppen, Orchester u.v.a.), gemessen an der Gesamtzahl sind es allerdings wenige. Das möchte ich am Beispiel der Stiftung verdeutlichen. Schätzungsweise gibt es rund 250 000 Sachsen in Deutschland. Sicherheitshalber runde ich diese Zahl auf 200 000 ab. Die Hälfte davon (100 000) sind Erwachsene. Gespendet haben der Stiftung rund 800 Personen, von denen rund 100 eindeutig keine Siebenbürger sind. Das heißt, nur 0,7 % unserer erwachsenen Landsleute beteiligen sich am Aufbau der Stiftung. Oft sind es dieselben, die auch den Förderverein, den Landeskundeverein und z. B. den Honterusverein unterstützen. Würde sich jeder zehnte erwachsene Sachse mit einem monatlichen Betrag von 20 Euro an der Stiftung beteiligen (der eine mehr, der andere weniger), hätte die Stiftung in zwei Jahren ihr Ziel erreicht, nämlich einen reibungslosen Betrieb der Siebenbürgischen Bibliothek zu ermöglichen, selbst wenn die Unterstützung des Staates ganz ausbleibt. Geht es so weiter wie bisher, wird es noch 44 Jahre dauern, bis das Kapital der Stiftung die Summe von fünf Millionen beträgt und damit genügend Zinsen abwirft. So lange können wir aber nicht warten! Ohne fachmännische Betreuung gehen die Bestände kaputt oder verschwinden unwiederbringlich. Dieses einfache Rechenbeispiel zeigt, dass es nicht genügt, wenn nur 800 Menschen bereit sind, unseren Wissensschatz zu behüten.

Es sind also wirklich alle aufgerufen, die anstehenden Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Geld wird ja auch an vielen anderen Stellen gebraucht. Denken wir z. B. an die Hilfe für die Alten und Bedürftigen, die Reparaturen an Kirchen und Orgeln in Siebenbürgen, die Aktionen der Kreis- und Landesgruppen der Landsmannschaft oder an die Herausgabe von Informationsblättern und Büchern. Würde ein Drittel aller Erwachsenen sich an der Finanzierung der sächsischen Organisationen beteiligen, auch mit kleinen Beträgen, wäre es möglich, zusätzliche Projekte zu verwirklichen. Man denke etwa an Stipendien, Jugendaustausch, Bildungsreisen, etc., die das Zusammengehörigkeitsgefühl unserer Gemeinschaft noch stärker fördern würden.

Um die wichtige Aufgabe der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek an einem Beispiel aufzuzeigen, komme ich auf das Thema der Erhaltung der Kirchenburgen zurück. Angenommen, die Restaurierung und Instandhaltung der Kirchenburgen wäre für unsere Gemeinschaft ein durchführbares und finanzierbares Ziel (Visionen sind legitim und beflügeln die Tatkraft), braucht man dafür eine Dokumentationsgrundlage. Nicht nur Baupläne sind nötig, sondern auch Unterlagen, die das gesamte dazugehörige soziale, politische, wirtschaftliche, kulturelle und kirchliche Umfeld umfassen. Erst dann kann ein solches Projekt ernsthaft angepackt werden. Aus diesem Grund sind die Ergebnisse der Denkmaltopographie, die Heimatbücher, die Aufzeichnungen von Zeitzeugen, Landkarten, Pläne, Fotografien, Zeichnungen und Bilder so wichtig.

Auch ein zweites Beispiel will ich noch anführen. Durch die fortschreitende Integration unserer Kinder und Enkel in die Gesellschaft besteht die Tendenz, sich von unseren hergebrachten Traditionen zu lösen. Die Erfahrung zeigt uns aber auch, dass sich im reiferen Alter die Frage nach der Herkunft und das Interesse an den Vorfahren wieder verstärkt. Um den nachfolgenden Generationen zu ermöglichen, sich anhand wissenschaftlich aufbereiteter Urkunden, Dokumente und anderer Zeugnisse unserer Geschichte über ihre Herkunft und das Leben ihrer Vorfahren kundig zu machen, ist es die Pflicht der heute lebenden Generation dafür zu sorgen, dass diese Zeugnisse sachgemäß aufbewahrt und behütet werden. Diese Zeugnisse unseres kulturellen Erbes müssen allen Interessierten zugänglich bleiben, auch solchen, die keine Siebenbürger sind, jedoch wissenschaftliches Interesse an Siebenbürgen und seinen Menschen haben.

Dieser Aufgabe widmet sich das Siebenbürgen-Institut mit der Siebenbürgischen Bibliothek in besonders ernsthafter und erfolgreicher Weise. Das Ergebnis wissenschaftlicher Anerkennung ist die Angliederung des Instituts an die Universität Heidelberg. Dieser Auszeichnung müssen wir auch in Zukunft gerecht werden.

Das Institut mit der Bibliothek und dem Archiv darf daher nicht aus finanzieller Not zugrunde gehen. Während einzelne Projekte, wie z. B. das Siebenbürgisch-Sächsische Wörterbuch, Chancen haben, öffentlich gefördert zu werden, müssen wir für Personal-, Miet-, Neben-, Instandhaltungs- und Materialkosten selbst aufkommen. Auch Ausleihe, Recherche, Korrespondenz, Versand, Inventur, Pflege der Bestände, Herausgabe von Zeitschriften, Hilfe bei der Sicherung der Kulturgüter in Siebenbürgen und Seminare für Doktoranden müssen bezahlt werden. Zurzeit wird nur die Stelle eines Bibliothekars vom Land Baden-Württemberg gefördert.

Die Stiftung hat sich aus diesem Grund das Ziel gesetzt, durch Zuwendungen unserer Landsleute einen genügend großen Kapitalstock anzulegen, mit dessen Erträgen eben diese Fixkosten des Instituts gedeckt werden können. Bei einem jährlichen Bedarf von 150 000 Euro und einem realen Zinssatz von 3 Prozent errechnet sich leicht das benötigte Kapital von 5 000 000 Euro.

Zum Abschluss deshalb mein dringender Appell an alle Leser dieser Zeitung: Übernehmen bitte auch Sie Verantwortung für den Schutz unserer kulturellen Zeugnisse. Überzeugen Sie bitte auch alle Ihre Verwandten, Freunde und Bekannten, sich an dieser ehrenvollen Aufgabe zu beteiligen. Dafür können Sie unser Faltblatt in gewünschter Zahl beim Siebenbürgen-Institut, Schloss Horneck, 74831 Gundelsheim, Telefon: (0 62 69) 4 21 00, E-Mail: info@siebenbuergen-institut.de, anfordern. Je mehr Menschen mitmachen, desto schneller wird diese Aufgabe gelöst. Die daraus folgende Genugtuung wird uns Energiequelle für die nächste Aufgabe sein.

Die Bankverbindung der Stiftung lautet: Kontonummer 211029013 bei der Volksbank Oberberg eG, Bankleitzahl 384 621 35. Damit wir Spendenbescheinigungen (ab 100 Euro automatisch, sonst nur auf Verlangen) ausstellen können, benötigen wir die Adressen der Spender. Tragen Sie diese (möglichst in Maschinenschrift) bitte ins Feld "Verwendungszweck" des Überweisungsscheins ein. Spender, die Beträge von mindestens 1 000 Euro einzahlen, als einmaligen oder gestückelten Betrag, werden in dem betreffenden Jahr in die Stiftertafel am Eingang der Bibliothek aufgenommen. Mehrfacheinträge sind ausdrücklich erwünscht.

Hatto Scheiner

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 1 vom 20. Januar 2006, Seite 5)

Schlagwörter: Verbandspolitik, Gundelsheim, Siebenbürgische Bibliothek

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