27. März 2007

Politischer Streit über Kinderbetreuung

Die Kontroverse ist längst in vollem Gang. Es geht um das familien- und also gesellschaftspolitisch brisante Thema der Kindererziehung. Nach traditionell geprägtem Rollenverständnis kümmert sich die Frau als Hausfrau und Mutter um den Haushalt und das bzw. die Kind/er (Berufung), während der Mann als Versorger der Familie für den Unterhalt sorgt (Beruf). Unter dem Stichwort „Kinderversorgung in Kindergärten und -krippen“ hat Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) gefordert, dass neben dem traditionellen Bild der erziehenden Mutter auch geeignete Rahmenbedingungen für arbeitende Eltern geschaffen werden müssen. Gegen innerparteilichen Gegenwind hält die Ministerin an ihrem Ziel fest, bis zum Jahr 2013 die Zahl der Krippenplätze auf bundesweit 750 000 zu verdreifachen.
Der ursprüngliche Richtungsstreit innerhalb der CDU hat sich zu einer emotional, zeitweilig polemisch geführten gesellschaftsweiten Debatte ausgewachsen. Wellen schlugen kürzlich die Äußerungen des Augsburger Bischofs Walter Mixa, wonach die geplante staatliche Förderung Frauen zu „Gebärmaschinen“ degradiere. Vertreter der Kirchen reagierten mit Unverständnis auf Mixas Einlassung. „Mich verwundert diese scharfe Reaktion“, bemerkte der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Stefan Vesper, und sprach sich für „mehr Ruhe und Sachlichkeit“ in der familienpolitischen Debatte aus. Die evangelische Landesbischöfin von Hannover, Margot Käßmann, erklärte: „Ich kann die Kritik in keiner Weise nachvollziehen, zumal 2013 erst Krippenplätze für jedes dritte Kind zur Verfügung stehen werden. Auch die christlichen Kirchen sollten alles tun, um Deutschland kinderfreundlich zu machen.“

Welche Brisanz besitzt dieses Thema für siebenbürgisch-sächsische Familien, die, da sie sich hier in Deutschland erfolgreich integriert haben, folglich auch mit diesen gesellschaftspolitischen Reformdiskussionen konfrontiert werden? Dazu erklärte die Bundesfrauenreferentin der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., Anna Janesch, gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung: „Den Plan von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, bis 2013 bundesweit 750 000 Krippenplätze einzurichten, begrüße ich. Dass dieses ehrgeizige Projekt gegenwärtig innerparteilich und in der Koalition zerredet wird, finde ich ärgerlich. Grundsätzlich sollten Eltern die Wahlmöglichkeit haben, ob sie ihr Kind selbst betreuen oder Betreuungsangebote außerhäuslich in Anspruch nehmen. Die Politik muss gewährleisten, dass beide Varianten gleichwertig behandelt werden.“ Aus siebenbürgischer Sicht werfen sich weitergehende Fragen auf: Welche Relevanz hat noch das in Siebenbürgen gültige Familienbild, gibt es noch geschlechterspezifische Rollenverständnisse im Zusammenhang mit der Kindererziehung? Ist die klassische Familie ein Auslaufmodell? Wie können Siebenbürgerinnen ihre Familienplanung mit Beruf und Karriere in unserer Gesellschaft vereinbaren? Eine ausführlichere Stellungnahme der Bundesfrauenreferentin Anna Janesch zu diesem Themenkomplex können Sie in der nächsten Ausgabe dieser Zeitung lesen.

Christian Schoger


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 5 vom 31. März 2007, Seite 3)

Schlagwörter: Frauen, Bundesregierung

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