27. März 2001

Das neue Häuserrückgabegesetz - Kommentar und praktische Tipps

Das rumänische Rückgabegesetz von Wohnhäusern, Betriebs- und Industrieanlagen ist nach Bekanntgabe im rumänischen Amtsblatt am 14. Februar in Kraft getreten. Aus dem Restitutionsgesetzentwurf wurde - nach jahrelanger Hinhaltetaktik postkommunistischer Interessengruppen - ein fragwürdiges Entschädigungsgesetz, das den kommunistischen Raub an unbeweglichem Eigentum teilweise legitimiert. Der Jurist Michael Miess erläutert im Folgenden die Bestimmungen und Antragsfristen des neuen Gesetzes und zeigt auf, was die Betroffenen tun sollten. Wenn alle Rechtswege in Rumänien erschöpft sind, kann sogar der "Europäische Gerichtshof für Menschenrechte" in Straßburg angerufen werden. Weitere Infos beim Siebenbürgen- und Wirtschaftsreferenten der Landsmannschaft, siehe Adresse am Ende des Artikels.
Das Gesetz Nr. 10 vom 8. Februar 2001 über "die Rechtslage von Immobilien, die willkürlich in der Zeit zwischen dem 6. März 1945 und dem 22. Dezember 1989 übernommen wurden", ist durch die Veröffentlichung im rumänischen Amtsblatt (Monitorul Oficial Nr. 75) am 14. Februar 2001 in Kraft getreten. Die schleierhafte Umschreibung in seinem Titel ist kein Zufall. Der Gesetzesentwurf des Politikers Razvan Dobrescu von der Christlich-Demokratischen Bauernpartei (PNTCD) hieß noch "Häuserrückgabegesetz" und sah Wiedergutmachung als "Restitutio in Integrum", das heißt vollständige Rückgabe der vom kommunistischen Unrechtstaat willkürlich und widerrechtlich nationalisierten und enteigneten Immobilien, vor allem der Wohnhäuser vor, zudem die Außerkrafttretung des Iliescu-Gesetztes Nr. 112/95, wonach den Mietern seitens des Staates mittels Kaufverträgen das Eigentumsrecht an den angemieteten Wohnungen und Wohnhäusern übertragen wurde. Diese Kaufverträge sollten demzufolge annulliert werden.

Bedauerlicherweise ist es der Partei der Sozialen Demokratie in Rumänien (PDSR) von Ion Iliescu und Adrian Nastase - zwischen 1996 und 2000 in der Opposition - gelungen, Dobrescus ursprünglichen Gesetzentwurf durch Änderungsanträge bis zur Unkenntlichkeit auszuhöhlen. Freilich wäre dies nicht möglich gewesen, wenn nicht der eigene Koalitionspartner der Demokratischen Konvention, nämlich die Demokratischen Partei (PD) von Petre Roman und Traian Basescu, der PDSR Schützenhilfe geleistet hätte. Kaum jemand hätte jedoch erwartet, dass auch die Nationalliberale Partei (PNL) das Gleiche tun würde. In dieser und anderen Fragen haben sich die Liberalen meilenweit von der PNL der Bratianus von vor 1945 entfernt.
Die neuen Machthaber in Bukarest hatten schon in ihrer ersten Regierungszeit von 1990 bis 1996 immerhin sieben Jahre lang eine Rückgabe der Immobilien mit allen Mitteln verhindert, und wenn heute ein Gesetz erscheint, das sich mit dem Eigentumsrecht nationalisierter Immobilien befasst, so geschieht dies eher auf Druck der EU, da es für die neuen (alten) Machthaber zu einer Westintegration kaum Alternativen gibt. Folgerichtig proklamieren sie - mit Blick auf die Außenwirkung - in Artikel 1, Absatz 1 des Gesetzes: Die willkürlich zwischen 1945 und 1989 vom Statt, von Genossenschaftsorganisationen und anderen Rechtspersonen übernommenen Immobilien werden in der Regel "in Natura" zurückgegeben.
Dass es hier um eine Irreführung des westlichen Auslands geht, liegt jedoch auf der Hand, da die folgenden 51 Artikel des Gesetzes vielfach Einschränkungen vorsehen, so dass die Rückgabe "in Natura" die Ausnahme und nicht die Regel sein wird.
Nach der Art zu schließen, wie der "Europäische Gerichtshof für Menschenrechte" im Falle Brumarescu entschieden hat, gibt es dennoch Raum für Hoffnung, dass die EU nicht so leicht zu täuschen ist. Das Straßburger Gericht verpflichtete den rumänischen Staat dazu, dem Kläger Brumarescu entweder das Haus zurückzugeben oder ihm als Wiedergutmachung die beträchtliche Summe von umgerechnet 360 000 DM sowie 5 000 DM Gerichts- und Anwaltskosten und 30 000 DM Schmerzensgeld zu zahlen. Dies ist Grund genug, alle Geschädigten zu ermutigen, ebenfalls diesen Weg zu beschreiten.
Der "Europäische Gerichtshof für Menschenrechte" kann allerdings erst dann angerufen werden, wenn sämtliche Rechtswege in Rumänien ausgeschöpft und alle Instanzen durchlaufen worden sind. Die Geschädigten müssen daher zunächst wissen, was sie gemäß dem neuen Gesetz zu tun haben, damit sie vor allem auch keine Fristen versäumen. Auf die wichtigsten Bestimmungen gehen wir im Folgenden näher ein.
Das Positive am Gesetz ist, dass es sämtliche Enteignungsmaßnahmen des kommunistischen Staates zwischen dem 6. März 1945 und dem 22. Dezember 1989 für willkürlich, widerrechtlich erklärt. Dies ist der Ansatz und die Handhabe von Geschädigten, die Wiedereinsetzung in ihre Rechte zu verlangen. Laut Gesetz muss dies innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes (am 14. Februar 2001) geschehen.
Immobilien im Sinne des Gesetzes sind:
I. Haus, Hof, Wirtschaftsgebäude, Garten, aber auch Hofstellen bzw. nach Abriss oder teilweisem Abriss freistehender Baugrund. Von diesem Gesetz nicht erfasst sind: Ackergrund, Wiesen, Weiden und Forsten. Diese unterliegen den Bestimmungen des Bodengesetzes (Nr. 18/91, Nr. 169/97 und Nr. 1/2000).
II. Des Weiteren sind Immobilien im Sinne dieses Gesetzes: Fabriken, Industrieanlagen, Handwerksbetriebe, Kaufhäuser, Gaststätten, Mühlen, ehemalige Privatsanatorien etc.
Zu I: Sofern es sich um Immobilien - die zum Zeitpunkt der Enteignung als Wohnungen bzw. Wohnhäuser genutzt wurden - handelt, wird der Antrag an den Bürgermeister gestellt, in dessen territorialem Zuständigkeitsbereich sich die enteigneten Immobilien befinden. Antragsberechtigt sind Personen, die zum Zeitpunkt der Enteignung, Nationalisierung, Beschlagnahmung, Konfiskation etc. rechtmäßige Eigentümer der Vermögensgegenstände waren. Desgleichen deren Erben, sofern die seinerzeit enteigneten Personen inzwischen verstorben sind. Diejenigen Erben, die nach dem 6. März 1945 die Erbschaft nach rumänischem Recht nicht angenommen haben (acceptarea succesiunii), werden in ihre Rechte wieder eingesetzt bzw. der Antrag auf Rückgabe gilt als Annahme der Erbschaft.
Antragsberechtigt sind sowohl rumänische Staatsangehörige mit Wohnsitz im In- und Ausland als auch Personen, die inzwischen - aus welchen Gründen auch immer - die rumänische Staatsangehörigkeit nicht mehr besitzen.

a.) Wie, wo, was ist zu tun?
Die Antragsberechtigten müssen innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes (14. Februar 2001) ihren Anspruch auf Rückgabe in Natura dem zuständigen Bürgermeister (nicht Bürgermeisteramt) kund tun. Dies muss in Form einer schriftlichen Benachrichtigung (notificare) über den Gerichtsvollzieher geschehen. Die Registrierung der Benachrichtigung beim Gerichtsvollzieher ist Nachweis der fristgerechten Antragstellung. Die Benachrichtigung muss Folgendes beinhalten: Name und Anschrift des Antragsberechtigten, Name und Anschrift des Bürgermeisteramtes, aber gerichtet an den Bürgermeister, in dessen Zuständigkeit der enteignete Gegenstand liegt, dessen Bezeichnung und Identifizierung (Straße, Hausnummer, Grundbuchauszug) sowie geschätzter Wert. Eigentumsnachweise (Grundbuchauszüge) sowie - im Falle von Erben - Erbscheine, können bis spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes nachgereicht werden. Sofern ein Antragsberechtigter mehrere Häuser, Hofstellen etc. zurückfordert, muss dafür je eine separate Benachrichtigung (notificare) erfolgen.
Der Gerichtsvollzieher ist verpflichtet, innerhalb von sieben Tagen die Benachrichtigung an den entsprechenden Bürgermeister weiterzuleiten. Nach Eingang der Benachrichtigung muss sich der Bürgermeister innerhalb von 60 Tagen zu dem Begehren des Berechtigten in Form einer begründeten Verfügung äußern. Die Entscheidung wird spätestens zehn Tage, nachdem sie getroffen wurde, dem Berechtigten mitgeteilt. Gegen unzufriedenstellende Bescheide kann innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung bei dem territorial zuständigen Zivilgericht Klage erhoben werden. Nicht zufriedenstellend ist unseres Erachtens ein ablehnender Bescheid, wenn er - obwohl das Haus oder sonstige Immobilien existieren - seine Rückgabe "in Natura" verweigert und stattdessen Ersatzleistungen als Wiedergutmachung anbietet. In der Tat sehen die diskriminierenden Bestimmungen dieses Gesetzes nur in Ausnahmefällen die Rückgabe vor, dafür aber ein kompliziertes System von fragwürdigen Entschädigungsmaßnahmen.
Das Recht auf Entschädigung geht nicht verloren, selbst wenn der Berechtigte zunächst wegen Rückgabe "in Natura" prozessiert. Gemäß Art. 47, Abs. 3, des Gesetzes kann der Berechtigte einen Antrag auf Entschädigung stellen - diesmal bei der zuständigen Präfektur und innerhalb von sechs Monaten, nachdem ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, das die ablehnende Entscheidung des Bürgermeisters als rechtmäßig anerkennt. Die Gerichtsverfahren in Sachen Rückgabe sind übrigens von "Stempel-Gebühren" befreit.
b.) Es ist davon auszugehen, dass eine Entschädigung durch Ersatzleistungen nicht annähernd den Gegenwert der geraubten Immobilien entsprechen wird. Sofern - laut diesem Gesetz - eine Rückgabe "in Natura" nicht erfolgen kann, werden Schadensersatzmaßnahmen mit dem "deklarierten" Ziel getroffen, den Gegenwert zu ersetzen. Den Berechtigten werden u.a. Aktien bei Handelsgesellschaften, Wertbriefe, die ausschließlich im Privatisierungsprozess Verwendung finden, Sozialanteile oder andere Güter angeboten. Ausdrücklich sieht das Gesetz Schadensersatz in Form von Geldbeträgen nur dort vor, wo es sich um Wohnungen, Wohnhäuser und Hofstellen handelt, und handhabt diese Art von Entschädigung sehr restriktiv. Zahlungsmodus, Betragshöhe etc. sollen erst durch ein anderes Gesetz geregelt werden, das aber erst ein Jahr, nachdem die sechsmonatige Antragsfrist verstrichen ist und die eigens dazu ernannten Behörden und Ministerien eine Übersicht über die Gesamtforderungen haben, in Kraft treten soll.
Der Wert der Immobilien soll zunächst von den Antragsberechtigten angegeben, kann aber im Streitfall durch einen Gutachter festgestellt werden. Aufgrund der Bestimmungen des Iliescu-Gesetzes 112/95 wurden inzwischen sehr viele Wohnungen an die Mieter verkauft. Der dafür angesetzte Preis lag weit unter dem tatsächlichen Verkehrswert. Das neue Gesetz soll nunmehr von Preisen ausgehen, die näher am Verkehrswert liegen.
Das Gesetz sieht folgende Situationen vor:
- Antragsberechtigte, die nach dem Gesetz 112/95, eine Entschädigung erhalten haben, müssen diese im Falle der Rückgabe in "Natura" unter Berücksichtigung der Inflationsrate zurückzahlen.
- Antragsberechtigte, die nicht Rückgabe, sondern Entschädigung beantragt hatten und deren Wohnung gemäß den Bestimmungen des Gesetzes 112/95 verkauft wurde, werden - sofern sie eine Entschädigung nach dem Gesetz 112/95 erhalten haben - für die Differenz bis zu dem Preis, der nach dem neuen Gesetz bestimmt wird, mit Aktien, Wertbriefen etc. entschädigt. Auch in diesem Fall unter Berücksichtigung der Inflationsrate.
- Antragsberechtigte, die zwar Entschädigung beantragt hatten, diese aber nicht in Empfang genommen haben, erhalten den nach Gesetz 112/95 berechneten Betrag in Geld und die Differenz (wie oben) in Aktien, Wertbriefen etc.
- Antragsberechtigte, die keine Anträge nach dem Gesetz 112/95 gestellt haben oder deren Anträge noch nicht bearbeitet oder abgelehnt wurden, können unter den gleichen Bedingungen wie oben Anträge auf Entschädigung stellen, die nach den Bestimmungen des neuen Gesetzes bearbeitet werden.
c.) Kaufverträge, die aufgrund des Gesetzes 112/95 zugunsten der Mieter abgeschlossen wurden, gelten auch nach den Bestimmungen des neuen Gesetzes als rechtmäßig, sofern sie unter Respektierung der damals gültigen Gesetzgebung abgeschlossen wurden. Hier unterscheidet das neue Gesetz:
- zwischen Enteignungen aufgrund von Gesetzen, Verordnungen, Verfügungen, die als Rechtstitel gelten und Enteignungen durch einfache Beschlagnahme, Konfiskation, Okkupation etc., das heißt ohne Rechtstitel. In diesen Fällen (ohne Rechtstitel) sind die Kaufverträge annulliert, es sei denn, der Käufer war beim Abschluss des Kaufvertrages gutgläubig.
- Keinen Bestand sollen dagegen Kaufverträge haben, wenn es sich um Immobilien handelt, die aufgrund von Urteilen in politischen Strafprozessen, wegen antikommunistischem Verhalten konfisziert wurden. In diesen Fällen soll auch die Gutgläubigkeit des Käufers nicht gelten. Diese Bestimmungen (Art. 46, Abs. 3) beziehen sich auf sämtliche Immobilien (siehe Punkt II.) und nicht nur auf Wohnungen und Wohnhäuser. In diesen Fällen muss innerhalb eines Jahres (!) nach Inkrafttreten des Gesetzes (am 14. Februar 2001) beim territorial zuständigen Gericht Klage erhoben werden.
Mieter, die "rechtmäßige" Kaufverträge aufgrund der Bestimmungen des Gesetzes 112/95 abgeschlossen haben, dürfen innerhalb von zehn Jahren, nach Bestimmungen des Gesetzes (zehn Jahren nach Ankauf), die Wohnung oder das Haus nur an den ehemaligen Eigentümer oder dessen Erben verkaufen und nur zu dem Preis, den sie selbst entrichtet haben, unter Berücksichtigung der Inflationsrate. Antragsberechtigte müssen, sofern sie Interesse haben, innerhalb von 90 Tagen nach Inkrafttreten des Gesetzes den jetzigen "Eigentümer" benachrichtigen.
Antragsberechtigte ohne rumänische Staatsangehörige können "in Natura" nur Gebäude zurückbekommen oder kaufen. Die unbebauten Flächen verbleiben ihnen aber zur Nutzung.
II. Immobilien mit anderer Bestimmung (Fabriken, Industrieanlagen, Handwerksbetriebe, Kaufhäuser, Gaststätten, Mühlen, Banken etc.):
Antragsberechtigte ehemalige Besitzer der oben angegebenen Immobilien haben zwar dieselben Fristen einzuhalten wie jene unter Punkt I. aufgeführten Berechtigten, müssen aber die Benachrichtigung (notificare) unmittelbar an den heutigen Besitzer (Unternehmen, Institution, Verband etc.) der Immobilien richten. Innerhalb von 60 Tagen muss sich das entsprechende Unternehmen (Rechtsperson) per Beschluss zu dem Begehren (Rückgabe "in Natura" oder Entschädigung) äußern. Sofern eine Rückgabe "in Natura" vom jetzigen Besitzer abgelehnt wird, hat er den Antragsberechtigten einzuladen, um über andere Entschädigungsmöglichkeiten zu verhandeln.
Der Beschluss mit dem Entschädigungsangebot kann, sofern es den Berechtigten nicht zufrieden stellt, innerhalb von 30 Tagen nach seiner Zustellung bei dem territorial zuständigen Zivilgericht angefochten werden. Wenn der Antrag an eine Rechtsperson gerichtet wurde, die nur einen Teil des ehemals nationalisierten Vermögensgegenstände besitzt, bezieht sich der Beschluss lediglich auf diesen Teil. Gleichzeitig ist die Rechtsperson verpflichtet, dem Antragsberechtigten mitzuteilen, in wessen Besitz sich der andere Teil der Immobilien befindet. Diese Mitteilung muss dem Antragsberechtigten per Einschreiben mit Rückantwortschein gemacht werden. In diesem Fall läuft eine sechsmonatige Antragsfrist, ab Zustellungsdatum.
Kennt der Antragsberechtigte den heutigen Besitzer oder Teilbesitzer nicht, so ist die Benachrichtigung (notificare) an das Bürgermeisteramt zu richten, in dessen Zuständigkeit sich die Immobilien befinden. Das Bürgermeisteramt ist seinerseits verpflichtet, innerhalb von 30 Tagen den jetzigen Besitzer ausfindig zu machen und dem Antragsberechtigten dessen Anschrift mitzuteilen. Auch in diesem Fall läuft eine erneute Antragsfrist von sechs Monaten ab dem Mitteilungsdatum. Sollte auch auf diese Weise der Besitzer nicht identifiziert werden können, so hat der Antragsberechtigte die Möglichkeit, innerhalb von 90 Tagen Klage bei dem zuständigen Zivilgericht gegen den Staat bzw. das Finanzministerium zu erheben, um seinen Anspruch (Rückgabe oder Entschädigung) durchzusetzen.
Sind die nationalisierten, enteigneten etc. Immobilien inzwischen privatisiert und weiterverkauft worden, so hat der Antragsberechtigte seinen Antrag auf Entschädigung (in diesem Fall wird eine Rückgabe vom Gesetz ausgeschlossen) an die "Treuhandgesellschaft" (Autoritatea pentru Privatizare si Administrarea Propietatii Statului, bis Januar 2001 als Fondul Propietatii de Stat - FPS bekannt) zu richten.
Antragsberechtigt sind ehemalige Eigentümer zum Zeitpunkt der Nationalisierung, Enteignung etc. oder deren Erben. Desgleichen sind Teilhaber oder Gesellschafter antragsberechtigt, selbst wenn eine Rechtsperson als Eigentümer fungierte.
Entschädigung durch Ersatzleistungen (keine Rückgabe "in Natura") sieht das Gesetz in folgenden Fällen vor:
- Der Antragsberechtigte war lediglich Teilhaber bzw. Gesellschafter, es sei denn, sämtliche Teilhaber, Gesellschafter waren Mitglieder derselben Familie.
- Die Immobilien existierten zum Zeitpunkt des Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht mehr.
- Die früheren Immobilien wurden derart verändert, so dass daraus neue, andere entstanden sind.
Ehemalige Eigentümer oder deren Erben von Immobilien mit anderer Bestimmung als Wohnhäuser haben im Gegensatz zu ehemaligen Eigentümern von Wohnungen und Wohnhäusern laut Bestimmungen dieses Gesetzes kein Recht auf Wiedergutmachung in Form von Geldbeträgen. Sie sollen in den Fällen, wo das Gesetz eine Rückgabe "in Natura" ausschließt oder der jetzige Besitzer diese ablehnt, lediglich durch Ersatzleistungen wie Aktien bei Handelsgesellschaften, Wertbriefe mit ausschließlicher Verwendung im Privatisierungsprozess, anderen Gütern und Dienstleistungen entschädigt werden.
Willkürlich, widerrechtlich übernommene Immobilien zwischen dem 6. März 1945 und dem 22. Dezember 1989 sind im Sinne dieses Gesetzes Immobilien, die aufgrund von Nationalisierung (Gesetz 119/1948); Konfiskation; als "Geschenk an den Staat" getarnte Enteignungen; wegen unverschuldeter nichterfüllter Steuerpflicht vom Staat übernommene Immobilien etc., die den rechtmäßigen Eigentümern geraubt wurden.

Kritik am Gesetz:
Neben den eingangs gemachten allgemeinen Bemerkungen, sei noch Folgendes gesagt: Das Gesetz stellt zwar einerseits fest, dass es sich insgesamt um willkürliche, rechtswidrige Maßnahmen handelt, die zur Übernahme von unbeweglichem Eigentum führten, womit implizite anerkannt wird, dass das Eigentum den rechtmäßigen Eigentümern gegen ihren Willen weggenommen wurde. Andererseits unterscheidet das Gesetz aber zwischen Übernahme aufgrund von Gesetzen, Verordnungen etc., somit aufgrund eines Rechtstitels (Rechtsgrund) und Übernahme ohne Rechtstitel (Rechtsgrund).
Hier haben wir es mit einer willkürlichen Auslegung zu tun, so als mache es einen Unterschied, auf welche Art und Weise ein Unrechtsstaat seine Staatsbürger beraubt. Willkürliche Enteignung aufgrund von willkürlichen, rechtswidrigen Erlassen oder willkürliche Enteignung unmittelbar durch die Schergen des Unrechtsstaates und von diesem nicht nur geduldet, sondern auch gefördert, bleibt Willkür und Unrecht. Willkür ist aber kein Rechtsgrund, kein gültiger Rechtstitel. Dieser Versuch des postkommunistischen "Rechtsstaates" die willkürlichen, widerrechtlichen Maßnahmen des kommunistischen Unrechtsstaates zu rechtmäßigen Maßnahmen umzufunktionieren, taugt nicht. Zunächst hat er freilich für weitere Irreführung und Konfusion geführt. Da Willkür kein Recht begründet, ist der Staat niemals rechtmäßiger Eigentümer geworden und kann ergo auch niemandem rechtmäßig das Eigentumsrecht an einer Sache, die ihm nicht gehört, übertragen. Er kann nur - als Nachfolger eines Unrechtsstaates und sofern er als Rechtsstaat Anerkennung finden will - das Eigentum in die Hände der rechtmäßigen Eigentümer zurücklegen; das Recht daran hat der Eigentümer nie verloren.
In einem Rechtsstaat sind Enteignungen durch die öffentliche Gewalt nur zugunsten der Gemeinschaft erlaubt (Ausbau von Straßen, Schienennetz, Flughäfen) und nur gegen Entschädigung des Eigentümers entsprechend dem reellen Verkehrswert der Immobilien.
Das neue Gesetz setzt das Iliescu-Gesetz 112/95 nicht außer Kraft. Aufgrund dieses Gesetzes wurde der Mieter zum Eigentümer, ein einmaliger Vorgang weltweit. Und ein einmaliger Vorgang ist auch die Bestrafung mit Enteignung derjenigen Personen, die - unabhängig von ihrer Volkszugehörigkeit - von ihrem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch gemacht haben, nämlich ihren Wohnsitz wo immer in der Welt frei zu wählen. Dies hat sich kein anderer ehemaliger Ostblockstaat geleistet. Nachdem auch die Folgen des Dekretes 223/1974 durch das neue Gesetz nicht beseitigt werden, bleibt ein weiteres Unrecht besehen. Des Weiteren ist beklagenswert, dass die noch im Gesetzentwurf vorgesehene Auslegung der Gutgläubigkeit des Käufers, als Voraussetzung für die Gültigkeit der gemäß Gesetz 112/95 abgeschlossenen Kaufverträge fallen gelassen wurde. Der Gesetzentwurf, der die Abgeordnetenkammer des Parlaments passiert hatte, sah vor, dass diejenigen Mieter nicht gutgläubig sind, die vom rechtmäßigen Eigentümer schriftlich darüber informiert wurden, dass Letzterer, als Eigentümer, nicht bereit sei, auf sein Recht zu verzichten. Im Grunde genommen gibt es auch ohne Benachrichtigung durch den Eigentümer keine gutgläubigen Käufer, da doch jedem bekannt sein durfte, dass er als Mieter in einem Hause wohnte, das ein anderer im Schweiße seines Angesichts für seine Familie errichtet hatte.
So als würde es nicht reichen, dass die inzwischen an die Mieter verkauften Wohnungen den rechtmäßigen Eigentümern nicht mehr zurückgegeben werden sollen, setzt der Gesetzgeber noch einen drauf: In Art. 16, Abs. 1, bestimmt er, dass auch jene Immobilien den rechtmäßigen Eigentümern nicht mehr zurückgegeben werden sollen, die zurzeit von Schulen, Kindergärten, Kliniken, gesellschaftlich-kulturellen Institutionen, öffentlichen Einrichtungen, aber auch von Parteien, diplomatischen Missionen etc. genutzt werden. Allein die Registrierung ist dafür ausreichend, dass Parteien wie die extremistische Großrumänien-Partei PRM von Corneliu Vadim Tudor oder die Ilie-Verdet-Minipartei PSM (Partidul Socialist al Muncii), deren Vorsitzender unter Ceausescu Ministerpäsident war, die okkupierten Häuser weiter behalten dürfen.
Schließlich sei darauf hingewiesen, dass gemäß Artikel 15 im Falle der Rückgabe die Mietverträge um weitere fünf Jahre verlängert werden müssen, wobei der Mietzins nicht höher als 25 Prozent des Einkommens der Familie sein darf. Will der Eigentümer früher einziehen, muss er dem Mieter eine entsprechende Wohnung zur Verfügung stellen.
Und noch ein Dämpfer: Entschädigungen in Form von Geldbeträgen dürfen plafoniert werden, so dass von einem reellen Schadenersatz keine Rede sein kann. Außerdem wird im Jahreshaushalt eine begrenzte Summe vorgesehen und darauf hingewiesen, dass durch diese Zahlungen die Wirtschaftsreform nicht beeinträchtigt werden dürfe.
Rumänien ist unbestreitbar in den letzten Jahren auf vielen Gebieten dem Rechtsstaat näher gekommen. Das Gesetz Nr. 10/2001 - das ein so gewichtiges Grundrecht wie das Recht an immobiliaren Besitz regeln soll - ist leider der Ausfluss gegenteiliger Gesinnung.

Michael Miess



Bundesrechtsreferent hilft weiter - Im Zusammenhang mit den Bestimmungen des neuen rumänischen Restitutionsgesetzes können Fragen an den zuständigen Siebenbürgen-Referenten der Landsmannschaft, Rechtsanwalt Detlef Barthmes über Telefon: (089) 6 89 07 70 oder Fax: (089) 68 90 77 77, E-Mail: barthmes@kbk.to, gerichtet werden.

Schlagwörter: Eigentumsrückgabe, Restitution, Rechtsfragen

Bewerten:

8 Bewertungen: –

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.