14. Mai 2001

Fragen und Antworten zum Restitutionsgesetz (Teil II)

Der Wirtschafts- und Siebenbürgenreferent der Landsmannschaft, Rechtsanwalt Detlef G. Barthmes, beantwortet an dieser Stelle und gegebenenfalls in weiteren Folgen dieser Zeitung (wie schon in der Ausgabe vom 15. April 2001, Seite 7) die von Landsleuten am häufigsten gestellten Fragen im Zusammenhang mit den neuen gesetzlichen Regelungen über die Rückgabe/Entschädigung der in Rumänien enteigneten Häuser und Anlagen (Gesetz 10/2001). Rechtsanwalt Barthmes wird interessierten Landsleuten auch während des Heimattags in Dinkelsbühl, und zwar am Pfingstsonntag, dem 3. Juni, ab 13.30 Uhr, im Dinkelsbühler Rathaus, Segringer Straße 30, Foyer des zweiten Stocks, für diesbezügliche Auskünfte zur Verfügung stehen. Wir erinnern hier daran, dass Anträge auf Rückgabe/Entschädigung vor dem 14. August 2001 gestellt werden müssen. Weiterführende Links am Ende des Artikels.
Wir haben für unser Haus eine Entschädigung erhalten. Sind wir trotzdem antragsberechtigt?

Das Recht, die Rückgabe des Hauses oder der Wohnung zu verlangen, ist nicht davon abhängig, ob der rumänische Staat eine Entschädigung gewährt hat oder nicht. Allerdings müsste im Falle der Rückgabe der Immobilie die in Rumänien erhaltene Entschädigung (deren Wert entsprechend der Inflationsrate anzupassen ist) erstattet werden. Erfolgt statt der Rückgabe erneut eine Entschädigung, so ist von dem nunmehr zugesprochenen Betrag der (angepasste) Wert der früheren Entschädigung abzuziehen. Auch wenn eine Rückgabe der Immobilie möglich ist, können die Berechtigten, die früher eine Entschädigung erhalten haben, statt der Rückgabe eine weitere Entschädigung verlangen. Dieses Wahlrecht steht allerdings denjenigen nicht zu, die eine Entschädigung aufgrund des Gesetzes 115/1995 erhalten haben; diese haben, wenn die Immobilie vom Staat noch nicht verkauft wurde, nur einen Rückgabeanspruch (mit Erstattungspflicht).

Habe ich einen Anspruch, wenn ich mein Haus dem rumänischen Staat „freiwillig“ überlassen habe, um ausreisen zu können?
In den meisten Fällen erfolgte die Übertragung des Eigentums an den Staat auf der Grundlage eines Gesetzes (Dekretes) sowie eines Verwaltungsaktes, unabhängig davon, ob ein „Verzicht“ oder eine ähnliche Erklärung abgegeben wurde. Eine solche Erklärung hat daher in der Regel keinen Einfluss auf den Antrag nach dem Gesetz 10/2001. Nur in Ausnahmefällen wurden Eigentümer zu einer echten Schenkung genötigt und die Übertragung des Eigentums an den Staat auf diese Schenkung gestützt. In einem solchen Fall müsste die Schenkung gerichtlich angefochten werden. Unabhängig von einem Gerichtsverfahren müsste der Antrag nach dem Gesetz 10/2001 dennoch fristgerecht gestellt werden.

Stimmt es, dass wir unser Haus nicht zurückerhalten können, weil dort eine öffentliche Einrichtung untergebracht ist?
Dies trifft nicht in allen Fällen zu. Voraussetzung dafür, dass der Berechtigte auf eine Entschädigung verwiesen werden darf, ist zum ersten, dass das Gebäude für die Fortsetzung einer Tätigkeit der jeweiligen Einrichtung im öffentlichen Interesse „erforderlich“ ist, und zum zweiten, dass das jeweilige Gebäude durch einen Beschluss der Regierung auf eine entsprechende Liste gesetzt wird. Dieser Regierungsbeschluss könnte nach seiner Veröffentlichung angefochten werden, wenn die „Erforderlichkeit“ nicht vorliegt. Eine Immobilie ist – unabhängig hiervon – auf jeden Fall zurückzugeben, wenn der Staat sie sich unrechtmäßig („fara titlu valabil“) angeeignet hat (siehe dazu die nächste Antwort). Es ist allerdings damit zu rechnen, dass der Rückgabeantrag in solchen Fällen zunächst abgelehnt und eine Klärung auf gerichtlichem Wege erforderlich sein wird. Erscheint ein solches Gebäude auf der Liste der Regierung, so kann es erforderlich sein, den Regierungsbeschluss auch unmittelbar anzufechten. Wichtig ist es auch zu wissen, dass das Gesetz die Möglichkeit offen lässt, das Gebäude zu einem späteren Zeitpunkt zurückzugeben. Diese Möglichkeit wird jedoch nicht mehr bestehen, wenn der Antrag nicht rechtzeitig gestellt wurde.

Ich bin der Meinung, dass die Wegnahme meiner Immobilie ein Übergriff der Staatsgewalt war. Wird ihre Rechtswidrigkeit von Gesetzes wegen anerkannt?
Seit Inkrafttreten des Gesetzes über öffentliches Eigentums Ende 1998 ist rechtlich geklärt, dass alle Enteignungsmaßnahmen, die mit den damaligen gesetzlichen Regelungen, der Verfassung oder internationalen Verträgen nicht im Einklang standen, ohne Rechtsgrundlage („fara titlu valabil“) erfolgt sind. Von einzelnen rumänischen Gerichten wurde mittlerweile auch anerkannt, dass es sowohl gegen die Verfassung als auch gegen für Rumänien bindende internationale Abkommen verstieß, eine Ausreise zum Anlass einer Enteignungsmaßnahme zu nehmen. Der Oberste Gerichtshof Rumäniens hat es überdies in einem Urteil von Ende 2000 als möglich bezeichnet, dass alle Enteignungsmaßnahmen bezüglich des Wohneigentums zwischen 1945 und 1989 rechtswidrig waren. Es ist wichtig festzustellen, dass die Enteignung rechtswidrig war, weil damit bereits nach der jetzigen Rechtslage Vorteile verbunden sein können (siehe hierzu die vorherige und die nächste Antwort).

Kann ich das Grundstück, auf dem mein Haus steht, oder einen Baugrund zurückbekommen, wenn ich die rumänische Staatsangehörigkeit verloren habe?
Es gibt Fälle, in denen dies nach der aktuellen Rechtsentwicklung möglich sein muss. Nach der rumänischen Verfassung können nichtrumänische Staatsangehörige zwar nur Gebäude, nicht aber die dazugehörigen Grundstücke erwerben. Das Gesetz sieht aber ausdrücklich vor, dass ein früherer Eigentümer sein Eigentum trotz der Übertragung auf den Staat bis heute nicht verloren hat, wenn die Übertragung rechtswidrig („fara titlu valabil“) war. Wenn das Eigentum dementsprechend nicht wirksam aufgehoben wurde, konnte es auch durch den Verlust der Staatsangehörigkeit nicht verloren gehen. Diese Auffassung wurde bereits durch ein Urteil des rumänischen Verfassungsgerichtshofs bestätigt. Die Eintragung in das Grundbuch muss in diesem Fall daher auch trotz fehlender rumänischer Staatsangehörigkeit möglich sein.

Werden gewerblich genutzte Gebäude zurückgegeben?
Soweit gewerblich genutzte Gebäude (Fabriken, Mühlen, Werkstätten, Geschäftslokale etc.) früher im persönlichen Eigentum standen, kann die Rückgabe in allen Fällen erfolgen, in denen die entsprechende Immobilie noch verfügbar ist. Die Rückgabe kann auch dann verlangt werden, wenn die Immobilie einer juristischen Person gehörte, an der zum Zeitpunkt der Enteignung nur ein einziger Gesellschafter oder mehrere Gesellschafter der gleichen Familie beteiligt war/en. In all diesen Fällen ist die Immobilie dann zurückzugeben, wenn sie noch dem Staat, einer Genossenschaft oder einer anderen Einrichtung, von der sie vor 1990 übernommen worden ist, gehört, oder wenn sie einem Unternehmen gehört, an dem der Staat, oder eine Genossenschaft zu mehr als zu 50 Prozent oder zu einem Anteil, der den Wert der Immobilie übersteigt, beteiligt ist. Gesellschafter und Aktionäre, die nicht Alleininhaber waren oder der gleichen Familie angehörten, erhalten eine Entschädigung für das nationalisierte Unternehmen, und zwar vorzugsweise durch Aktien an dem Rechtsnachfolger jenes Unternehmens.

Weitere schriftliche oder telefonische Auskünfte erteilt unverbindlich der Wirtschafts- und Siebenbürgenreferent der Landsmannschaft, Rechtsanwalt Detlef G. Barthmes, Ramersdorfer Straße 1, 81669 München, Telefon: (089) 6 89 07 70, Telefax: (089) 68 90 77 77, E-Mail-Adresse: Barthmes@KBK.to. Unter der gleichen Anschrift können Musteranträge in rumänischer Sprache (mit deutscher Übersetzung), Checklisten, nützliche Anschriften und weitere Informationen und Unterlagen als Hilfestellungen für die eigene Antragsbearbeitung zu einem Kostenbeitrag von 40 DM angefordert werden.

Weitere Artikel in der Siebenbürgischen Zeitung zum Thema Restitutionsgesetz:
Das neue Häuserrückgabegesetz - Kommentar und praktische Tipps von Michael Miess, Folge 5 vom 30. März 2001, Seite 4
http://www.siebenbuerger.de/sbz/sbz/news/985683178,22754,.html

Fragen und Antworten zum neuen rumänischen Restitutionsgesetz (Teil I) von Detlef G. Barthmes, Folge 6 vom 15. April 2001, Seite 7
http://www.siebenbuerger.de/sbz/sbz/news/986884587,35404,.html

Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.