12. Juni 2001

Fragen und Antworten zum Restitutionsgesetz (Teil III)

Zahlreiche beim Siebenbürgen- und Wirtschaftsreferenten der Landsmannschaft eingehende Anfragen bezüglich des rumänischen Restitutions- bzw. Entschädigungsgesetzes vom 8. Februar 2001 veranlassen Rechtsanwalt Detlef G. Barthmes dazu, an dieser Stelle zu einigen weiteren Fragen Stellung zu nehmen. Informationen zu dem Gesetz sind bereits in den Ausgaben dieser Zeitung vom 30. März 2001, Seite 4, 15. April 2001, Seite 7, und vom 15. Mai 2001, Seite 11, enthalten. Nach dem besagten Gesetz können in Rumänien bis zum 14. August 2001 Anträge auf Rückgabe oder Entschädigung von/für Immobilien (Gebäude und Baugrundstücke) gestellt werden, deren Eigentum zwischen 1940 und 1989 auf den rumänischen Staat übergegangen ist.
Wo finde ich den Gerichtsvollzieher, über den der Antrag der zuständigen Behörde zuzustellen ist?
Der Antrag kann an die zuständige Behörde nur über den Gerichtsvollzieher (rumänisch: executorul judecatoresc) zugestellt werden, in dessen Zuständigkeitsbereich die Behörde ihren Sitz hat oder die Immobilie gelegen ist. Bis vor wenigen Wochen gehörten die Gerichtsvollzieher den Amtsgerichten (rumänisch: judecatorii) an. Aufgrund einer kürzlich in Kraft getretenen Gesetzesänderung haben die Gerichtsvollzieher nunmehr jedoch eigene Büros gebildet. Die Anschriften dieser Büros können bei den jeweiligen Amtsgerichten auch telefonisch erfragt werden.

Wie beschaffe ich die erforderlichen Unterlagen?
Erforderlich ist in allen Fällen der Nachweis der früheren Eigentümerstellung. Außerdem muss die jetzige Rechtslage bezüglich der Immobilie aufgeklärt werden. In Siebenbürgen und dem Banat ist beides durch Einholung eines umfassenden Grundbuchauszuges (rumänisch: extras din cartea funciara) beim zuständigen Grundbuchamt (das bei den Amtsgerichten untergebracht ist) möglich. Wird der Anspruch durch Erben des früheren Eigentümers geltend gemacht, so ist auch ein Nachweis bezüglich der Erbenstellung erforderlich. Ist der Erblasser in Rumänien verstorben, muss die Erbenstellung durch einen rumänischen Notar festgestellt werden. Wenn der Erblasser in Deutschland verstorben ist, kann die Feststellung der Erbenstellung sowohl durch den Erbschein des zuständigen deutschen Nachlassgerichtes (der beglaubigt in die rumänische Sprache zu übersetzen ist) als auch durch das Verfahren vor einem rumänischen Notar erfolgen.

Muss ich im Zusammenhang mit der Antragstellung persönlich nach Rumänien fahren?
Theoretisch können alle Formalitäten auch von Deutschland aus per Post erledigt werden. Die Gerichtsvollzieher erheben für die Zustellung nach der neuen Rechtslage jedoch eine Gebühr, ohne deren Bezahlung die Zustellung nicht vorgenommen wird. Man müsste sich daher mit dem Gerichtsvollzieher zunächst darüber verständigen, wie die Gebühr von Deutschland aus bezahlt werden kann. Empfehlenswert ist es deswegen, jemand zu bitten, den Antrag persönlich zum zuständigen Gerichtsvollzieher zu bringen, die Gebühr vor Ort zu entrichten und sich den Eingang des Antrags vom Gerichtsvollzieher gleich bestätigen zu lassen. Auch einen Grundbuchauszug muss man abholen (lassen), da eine Zusendung per Post in Rumänien noch unüblich ist. Es gibt Rechtsanwälte, die beides als Service gegen eine geringe Vergütung anbieten. Grundsätzlich ist die Vertretung durch eine Vertrauensperson vor Ort jedoch während des gesamten Verfahrens zu empfehlen.

Ist die Einschaltung eines Anwalts im Zusammenhang mit der Antragstellung erforderlich?
Die Einschaltung eines Anwalts ist nicht vorgeschrieben. Der Antrag kann im Regelfall auch mit eigenen Worten – gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Antragsmustern – formuliert werden. Sinnvoll ist in diesem Fall allerdings, dass man bei der zuständigen Stelle (selbst oder durch eine Vertrauensperson) vorstellig wird, um den Antrag oder die Unterlagen bei Bedarf in Abstimmung mit dem Sachbearbeiter zu ergänzen. Sofern es sich um Vermögensansprüche von erheblichem Wert handelt, ist die Einschaltung eines Anwalts allerdings zu empfehlen.

Lohnt sich die Antragstellung?
Auf diese am meisten gestellte Frage lässt sich nur eine unpräzise Antwort geben. Eine Antragstellung, mit der keine hohen Kosten verbunden sind, erscheint in allen Fällen als sinnvoll, weil durch die rechtzeitige Antragstellung zunächst die entsprechenden Vermögensansprüche in Rumänien grundsätzlich gesichert werden (die ohne rechtzeitige Antragstellung endgültig verloren wären). An strikt erforderlichen Kosten fallen dabei nur die Gebühren des Gerichtsvollziehers für die Zustellung des Antrages an die zuständige Stelle an (ca. 20 DM).
Darüber hinausgehender Aufwand (insbesondere die Einschaltung eines Rechtsanwalts) ist wirtschaftlich dann sinnvoll, wenn der Staat die Immobilie zurückgeben kann und der Wert der Immobilie höher als der Aufwand ist, was in der Regel eingeschätzt werden kann. Für Wohnimmobilien, die nicht mehr zurückgegeben werden können, kann eine Geldentschädigung verlangt werden, die jedoch noch durch ein später zu erlassendes Gesetz näher zu regeln ist. Welcher Aufwand im Hinblick hierauf vertretbar ist, kann dementsprechend nicht gesagt werden. Grundsätzlich müsste sich die Geldentschädigung allerdings an dem Verkehrswert der Immobilie zum Zeitpunkt der Enteignung orientieren, wobei im zukünftigen Gesetz jedoch ein Höchstbetrag der Entschädigung vorgesehen werden kann.
In den Fällen, in denen weder eine Rückgabe noch eine Geldentschädigung in Frage kommen, soll die Entschädigung insbesondere durch die Zuteilung von Aktien und Wertpapieren erfolgen, die Rechte an (ehemaligen) Staatsbetrieben gewähren. Es kann nicht pauschal gesagt werden, dass diese Papiere „wertlos“ seien. Jedenfalls muss sich der Gesamtwert der zugeteilten Papiere ebenfalls an dem Verkehrswert der enteigneten Immobilie zum Zeitpunkt der Enteignung orientieren. Eine Sonderregelung gilt für die Aktionäre/Gesellschafter von nationalisierten Unternehmen. Bei diesen orientiert sich die Entschädigung (die grundsätzlich in der Zuteilung von Aktien an dem gleichen oder an anderen Unternehmen besteht) an dem damaligen Wert der Aktien/Geschäftsanteile. Nach einem aktuellen Erlass der rumänischen Nationalbank entspricht dabei der damalige Wert von 1 Leu einem heutigen Betrag von 1103 Lei.
Der wirtschaftliche Sinn eines Antrages kann sich somit nur aus den Umständen des Einzelfalls ergeben. Bei allen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen sind natürlich die Beträge mit einzubeziehen, die der Berechtigte bereits in Rumänien als Entschädigung erhalten hat (und die wertberichtigt zurückzuzahlen/anzurechnen sind). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der in Deutschland als Lastenausgleich empfangene Betrag zurückzuzahlen ist, soweit eine Wiedergutmachung in Rumänien erfolgt.

Wie wirkt sich ein laufendes Gerichtsverfahren auf mein Antragsrecht aus?
Hat der Berechtigte bereits einen Prozess gegen den Staat auf Rückgabe der Immobilie begonnen, so kann dieser Prozess grundsätzlich zu Ende geführt werden. Verliert man den Prozess, kann man innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft des Urteils immer noch den Antrag auf Restitution/Entschädigung stellen. Der Antrag kann allerdings auch schon während des laufenden Prozesses (dann jedoch vor dem 14. August 2001) gestellt werden. Das Gerichtsverfahren wird in diesem Falle wahlweise beendet oder zum Ruhen gebracht. Etwas anderes gilt, wenn ein Prozess nicht gegen den Staat, sondern gegen neue Eigentümer wegen der Anfechtung der Eigentumsübertragung geführt wird. In diesem Fall muss der Antrag auf jeden Fall rechtzeitig vor dem 14. August 2001 gestellt werden; das Verwaltungsverfahren wird hierbei jedoch bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Prozesses ausgesetzt. Grundsätzlich ist dringend zu empfehlen, dass die Antragstellung nach dem Restitutions- bzw. Entschädigungsgesetz in Abstimmung mit dem Anwalt erfolgt, der die entsprechenden Prozesse führt.

Muss ich den Antrag stellen, wenn ich enteignet worden bin, der Staat jedoch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde?
Glücklicherweise gibt es immer wieder Fälle, in denen die Behörden es versäumt haben, den Staat nach einer Enteignungsmaßnahme als Eigentümer einzelner Immobilien einzutragen. In diesen Fällen kann die Enteignung heute nicht mehr vollzogen werden, so dass der frühere Eigentümer sein Eigentumsrecht nach wie vor ausüben kann. Wurde der Staat nach dem Jahr 1989 im Grundbuch eingetragen, so kann diese Eintragung angegriffen werden. Besteht über den Fortbestand des Eigentums jedoch nicht hundertprozentige Sicherheit, ist dennoch die vorsorgliche rechtzeitige Antragstellung empfehlenswert.

Weitere telefonische Auskünfte erteilt unverbindlich der Siebenbürgen- und Wirtschaftsreferent der Landsmannschaft, Rechtsanwalt Detlef G. Barthmes, Ramersdorfer Straße 1, 81669 München, Telefon: (089) 6 89 07 70, Telefax: (089) 68 90 77 77, E-Mail-Adresse: Barthmes@KBK.to. Unter der gleichen Anschrift können Musteranträge in rumänischer Sprache (mit deutscher Übersetzung), Erläuterungen, nützliche Anschriften und weitere Unterlagen als Hilfestellungen für die eigene Antragsbearbeitung zu einen Kostenbeitrag von 40 DM angefordert werden.
(Siebenbürgische Zeitung, Folge 10 vom 20. Juni 2001, Seite 15)

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