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Thema: Siebenbürgische Kultur? Unsichtbares Gepäck?
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joker Mitglied Beiträge: 390 Von:Frankreich Registriert: Jan 2001
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erstellt am 15.12.2005 um 12:48 Uhr
Immer wieder höre und lese ich die Begriffe "Siebenbürgische Kultur" und "Unsichtbares Gepäck". Gerne würde ich von Euch hören (lesen)was diese Begriffe (für Euch) beinhalten, wie sie von euch interpretiert werden. Besonders gerne würde ich wissen wo die Unterschiede beispielsweise zu der rumänischen Kultur bzw. zu der deutschen Kultur sind. Wo verlaufen da die Grenzen? Wo gleicht die siebenbürgische Kultur der deutschen und wo gleicht sie der rumänischen? Vielleicht hat der eine oder andere von Euch auch ein paar gute Links zum Thema, die man hier sammeln könnte? IP: gespeichert |
der Ijel Mitglied Beiträge: 455 Von: Registriert: Apr 2004
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erstellt am 15.12.2005 um 14:16 Uhr
Hallo Joker ! Brisant und aktuell diese Begriffe, beziehen sich auf das geistige unsichtbare-- 1.)Im vergleich zunächst zu seinen engsten Nachbaren den Rumänen,zieht die Siebenürgisch sächsische Kultur den gewaltigen Unterschied aus der Religions-Verschiedenheit. In der Sprache Brauchtum und Folklore Häuserbau lehnt sich die siebenbürgisch sächsische Kultur stark an die Deutsche-Fränkische- In der Kleider Tracht findet man einige Elemente welche dem slavischen entsprungen sein könnten. Z.B Pelzkleidung Brust-und Kirchenpelz. (Bitte melden wenn jemand genaueres hierüber weis ) 2.)Die Karpaten gehören den Rumänen. Namen wurden jeder Bergspitze auf rumänisch gegeben. Merkwürdig.Touristenmässig eschlossen wurden sie aus westlichem Einfluss. Schutzhütten Jägerhütten und die Wege dazu wurden vom SKV erst spät im 19 Jh.gebaut. 3.)Global gesehen sind die Szekler und die Rumänen nicht wegzudenken wenn von einer Siebenbürgischen Kultur auf geographischer Ebene die Rede ist. Im vergleich zu anderen Kulturlandschaften Europas,-von Südtirol bis zu den Masuren hat Siebenbürgen den Vorzug schon in seinem Namen welcher unheimlich romantisch klingt. Hinzu kommt noch der lateinische, sicher von den Römern erfundene: Transylvanien. Die evangelischen Kirchenburgen sind unweigerlich das nächste markannte Merkmal der Siebenbürgischen Kulturlandschaft. Unsichtbar ist das was wir in uns tragen.Und das sollten wir nicht unter den Scheffel, sondern auf einen Leuchter stellen.Denn unser ganzes Wissen und verstehn ist mit "Kultur" ausgedrückt, und diese kommt aus der Religion, genauer, aus dem Evangelium. Frohe Weihnachten IP: gespeichert |
helle Mitglied Beiträge: 103 Von:NRW Registriert: Jun 2001
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erstellt am 18.12.2005 um 02:23 Uhr
Ganz unterschiedlich koennen die Antworten ausfallen, je nachdem ob wir uns ueber siebenbuergische Gepaeckstuecke oder interkulturelle Milieustudien unterhalten. Mich interessiert vor allmem der erste (und eigentliche) Aspekt der "Buerde". Von wem wird sie apostrophiert und warum? Wie kann eine Kultur, egal welcher Couleur, ueberhaupt als Last empfunden werden. Oder soll Gepaeck in diesem Sinne nur als "Mitbringsel" interpretiert werden? Die zweite vergleichende Fragestellung ist mir zu wage gefasst. Was ist Kultur und auf welchen Aspekt willst Du genau hinaus? -Helle ---------- "Im Jahre 2025 werden Computerchips so billig sein, daß wir sie schon nach einmaligem Gebrauch entsorgen werden - so selbstverstaendlich wie wir heute Papier permanent wegschmeissen und automatisch davon ausgehen dass in jedem Raum, den wir betreten ein Lichtschalter existiert" - Michio Kaku, Networkers 2005/Cannes, FR. IP: gespeichert |
joker Mitglied Beiträge: 390 Von:Frankreich Registriert: Jan 2001
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erstellt am 18.12.2005 um 11:09 Uhr
Zitat: von Helle Oder soll Gepaeck in diesem Sinne nur als "Mitbringsel" interpretiert werden?
Nein, beide Aspekte sind von Interesse. Mancher empfindet es ja durchaus als Last, als Siebenbürger geboren worden zu sein, und würde es am liebsten vergessen oder verdrängen. Man könnte sich dann fragen warum wird es als Last empfunden und was ist denn so belastend? Im Sinne von Mitbringsel, könnte man die Frage stellen, was wurde denn wirklich mitgebracht, was es hier nicht schon in der einen oder anderen Form gab? Und wodurch unterscheidet es sich?
Zitat: von Helle Die zweite vergleichende Fragestellung ist mir zu wage gefasst. Was ist Kultur und auf welchen Aspekt willst Du genau hinaus?
Was ist Kultur? Das ist ein gute Frage. Vielleicht kommen deshalb kaum Antworten, weil der Begriff zu wage ist? Ich versuche mal ein bisschen zu definieren und meine Fragestellung zu präzisieren:"Kultur" "kultiviertheit" kann als Synonym für Erziehung, Ausbildung, Zivilisiertheit, Fortschritt, Bräuche, Lebenseinstellungen, Umgangsformen interpretiert werden. Was mich interessiert sind beispielsweise Verhaltensweisen, Einstellungen, und Vorgehensweisen der Siebenbürger im Unterschied zu den Rumänen und im zweiten Schritt im Unterschied zu den Deutschen in D (Bayern, Schwaben, Niedersachsen etc.). Welche Bräuche hatten die Siebenbürger, welche die Rumänen? Wie sah eine siebenbürgische Hochzeit aus (Ablauf, Do's and Dont's), wodurch unterschied sich diese Hochzeit von einer rumänischen? Welche geflügelten Worte gab es und wofür standen diese? Was wollte man damit ausdrücken? Z.B. das geflügelte Wort von "treaba des sas" wenn es um etwas besonders präzise und genau gearbeitetes Stück Handarbeit ging. Im Sinne der "deutschen" Präzision. In diesem Kontext: gibt es den Begriff "treaba de român"? Und wenn ja wofür steht er? Oder das geflügelte Wort: "Bloch äs bloch, um Sängtich uch angder der Woch!". Kultur hat für mich auch ganz viel mit Stereotypen und Vorurteilen zu tun. Wie sehr werden diese "gepflegt? Wie wichtig werden/wurden sie genommen? Oder beispielsweise die Wichtigkeit der Meinung der anderen über einen selbst. Stichwort: "Was denken denn die Leute, wenn....?" Welche Unterschiede gab es bei den großen christlichen Feiern: Weihnachten, Ostern, Pfingsten etc. "Kultur" als als Dreiklang von Kunst, Religion und Wissenschaft. Was antwortet Ihr denn wenn ihr nach Eurer Kultur gefragt werdet? Wenn ihr mit dem "Vorwurf" konfrontiert werdet "Rumänen" zu sein? Welche Argumente verwendet ihr außer der Rezitation der siebenbürgischen Geschichte. Oder was erzählt ihr euren Kindern über die Kultur in Siebenbürgen? Der Begriff und die Fragstellung ist und bleibt weiterhin breitgefächert, und wage, aber das bringt der Begriff mit sich. Interessant ist und bleibt die Frage und ich würde am liebsten ganz viele ganz persönliche und unwissenschaftliche Meinungen, fernab von Milieustudien oder sonstwas einfangen. Alles was Euch einfällt, was Unterschiede oder Ähnlichkeiten zw. Sachsen, Deutschen, und Rumänen verdeutlicht, oder erklärt. Alltägliches, Feierliches, Grundsätzliches, etc. Scheut euch nicht auch Stereotypen, Klischees oder Vorurteile rein zu schreiben, mir geht es um ein möglichst umfangreiches und vollständiges Bild und nicht um wissenschaftliche Abhandlungen. IP: gespeichert |
tschik Mitglied Beiträge: 11 Von: Registriert: Jan 2005
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erstellt am 18.12.2005 um 14:18 Uhr
Hallo, " ... die Kultur eines Volkes erkennt man an dem Brauch wie es seine Toten bestattet". Woher diese Weisheit stammt, kann ich nicht genau sagen, jadoch gilt Wien im östrreichischen Volksmund, auch als "Stadt der schönen Leich´" und Wien ist eine Kulturstadt. Wer Nähers über eine Beerdigung in Siebenbürgen erfahren möchte kann auf http://www.dr.klima.de.vu/ nachschauen.IP: gespeichert |
Landler Mitglied Beiträge: 264 Von:Deutschland Registriert: Okt 2000
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erstellt am 18.12.2005 um 15:28 Uhr
Wie soll man "typische" Eigenschaften der Sachsen hervorheben ohne zu pauschalisieren?Ich mache auch immer wieder Beobachtungen (an mir oder Landsleuten) ... die ich versuche zu hinterfragen und mir zu erklaeren. Ich haette diesen thread "Warum sind wir so wie wir sind?" genannt IP: gespeichert |
seberg Mitglied Beiträge: 40 Von:Hessen Registriert: Okt 2002
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erstellt am 18.12.2005 um 16:09 Uhr
Eine unserer Gemeinsamkeiten mit den Rumänen ist offenbar gerade die quälende Suche nach Antworten auf die Frage: wer sind wir? wie sind wir? was unterscheidet uns von anderen? Romanii sunt foarte inclinati, sa mediteze asupra acestui subiect: cum sunt ei si cum sunt ceilalti – heißt es z.B. bei dem auch im Westen bekannten rumänischen Historiker L.Boia in seiner unverwechselbar ironisch-kritischen Art, eigentlich macht er sich diesbezüglich auf seine dezente Art etwas lustig über seine eigenen Landsleute. Dabei hätten die Rumänen doch noch sehr viel mehr Recht nach ihrem „specific national“ zu fragen als wir. Meine ich. Aber ein fruchtbares Stammtischthema ist es schon auch für uns.IP: gespeichert |
tschik Mitglied Beiträge: 11 Von: Registriert: Jan 2005
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erstellt am 18.12.2005 um 16:57 Uhr
Zicalâ din bâtrâni: Ca românu nu-i nici unu ;-)) Da haben wir den Unterschied, oder?IP: gespeichert |
der Ijel Mitglied Beiträge: 455 Von: Registriert: Apr 2004
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erstellt am 18.12.2005 um 18:11 Uhr
[QUOTE]Original erstellt von joker:Mancher empfindet es ja durchaus als Last, als Siebenbürger geboren worden zu sein, und würde es am liebsten vergessen oder verdrängen. Man könnte sich dann fragen warum wird es als Last empfunden und was ist denn so belastend? Wer seine Herkunft versteckt oder verdrängt dürfte m.E. mit unerklärlichen Komplexen belastet sein. Geistiges ,unsichtbares Gepäck ist durchaus etwas was vorgezeigt werden darf. In einer so multikulturellen Gesellschaft müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, dass jeder der etwas mit bringt, es als Mosaiksteinchen zum Europäischen Gesamtbild fügt. Frohe Weihnachten [Dieser Beitrag wurde von der Ijel am 18.12.2005 editiert.] IP: gespeichert |
Biervampir unregistriert
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erstellt am 18.12.2005 um 18:52 Uhr
Zitat: Original erstellt von der Ijel: [QUOTE]Original erstellt von joker:Mancher empfindet es ja durchaus als Last, als Siebenbürger geboren worden zu sein, und würde es am liebsten vergessen oder verdrängen. Man könnte sich dann fragen warum wird es als Last empfunden und was ist denn so belastend? Wer seine Herkunft versteckt oder verdrängt dürfte m.E. mit unerklärlichen Komplexen belastet sein. Geistiges ,unsichtbares Gepäck ist durchaus etwas was vorgezeigt werden darf. In einer so multikulturellen Gesellschaft müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, dass jeder der etwas mit bringt, es als Mosaiksteinchen zum Europäischen Gesamtbild fügt. Frohe Weihnachten
Sehr schön und meines Erachtes auch sehr richtig gesagt. Frohes Fest
[Dieser Beitrag wurde von Biervampir am 18.12.2005 editiert.] IP: gespeichert |
joker Mitglied Beiträge: 390 Von:Frankreich Registriert: Jan 2001
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erstellt am 20.12.2005 um 16:28 Uhr
Zitat: Zitat von Landler:Ich mache auch immer wieder Beobachtungen (an mir oder Landsleuten) ... die ich versuche zu hinterfragen und mir zu erklaeren
Genau diese Beobachtungen interessieren mich unter anderem. Könntest du bitte ein bisschen genauer werden? Jeder ist wie er ist, aber wie er ist, ist das Ergebnis seiner Sozialisierung, seines kulturellen Kontextes in dem er aufgewachsen ist, der Mensch als Produkt seiner Umwelt...
Ich fragte nach der siebenbürgischen Kultur, nach den siebenbürgischen Werten und Normen, Verhaltensweisen unabhängig davon ob sie heute noch Gültigkeit haben, weitergegeben werden oder heute noch begründet sind. Und wenn ich nach Kultur frage, nach Werten und Normen, dann meine ich nicht die Werte und Normen von 16/17/1800 sondern danach was in der Ceasescu Ära noch an Kultur und Werten bei den Sachsen Gültigkeit hatte und praktiziert wurde! Ich frage danach, was denn dieses ominöse "unsichtbare Gepäck" ist, und was davon noch übrig ist, bzw. was mit dem Gepäck geschehen ist. Verstaubt es irgendwo, ist es noch irgendwo in Verendung, wenn ja in welcher? @der Ijel : die Komplexe der einzelnen interessieren nicht wirklich, es sei denn sie treten so häufig auf, dass man von einem Gruppenkomplex sprechen kann. Ich weiss nicht ob man das kann. @seberg : Es ist keine quälende suche nach Antworten auf die Frage "wer sind wir" diese Frage sollte den geschichtlich Interessierten eigentlich völlig klar sein. Es ist eher die Zitat: Frage von Landler: "Warum sind wir so wie wir sind?"
die von Interesse ist. Und vor allem wo ist sie die siebenbürgsiche Kultur? Wo ist sie zu erkennen? Bitte nicht die Volkstantzveranstaltungen anführen, die können nicht alles gewesen sein was die siebenbürgische Kultur ausgemacht hat oder ausmacht. @tschik: Unter anderem erkennt man die Kultur eines Volkes auch an ihrem Totenkult und Bestattungsriten, da hast du Recht. Kannst du vielleicht Unterschiede zw. dem dutsch/sächsischen Totenkult und dem rumänischen Totenkult anführen? Niemand durchforstet die Seite einer landlerischen Pfarrers von A-Z um die Besonderheiten der siebenbürgischen/landlerischen Beerdigung herauszufinden. Und die Unterschiede zu der rumänischen Bestattung findet er dort auch nicht. Wäre schon, wenn du genauer über die Unterschiede berichten würdest, falls du sie kennst.
[Dieser Beitrag wurde von joker am 20.12.2005 editiert.] IP: gespeichert |
riokardo Mitglied Beiträge: 885 Von:D 73614 Schorndorf Registriert: Mrz 2004
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erstellt am 20.12.2005 um 17:28 Uhr
Zitat: Mancher empfindet es ja durchaus als Last, als Siebenbürger geboren worden zu sein, und würde es am liebsten vergessen oder verdrängen.
Also ich persönlich kenne niemanden der sich solcherart geäussert hätte, auch sehe ich keinen Grund sich hier und heute seiner Herkunft zu schämen und wenn es tatsächlich einzelne Individuen dieser Gattung gibt, so würde ich ihnen raten schleunigst einen Psychiater aufzusuchen. Zitat: Und die Unterschiede zu der rumänischen Bestattung findet er dort auch nicht.
Wenn ein Aussenstehender diese Worte so liest dann könnte er meinen, eine landlerisch/sächsische Beerdigung sei identisch mit einer rumänischen. Dem ist bei Weitem nicht so, mit Verlaub. Natürlich gibt es diese Unterschiede und zwar sind sie teilweise haushoch. Wer eine Neppendorfer Beerdigung (sächische oder landlerische ist egal) kennt, weiß das der Ablauf dieser Zeremonie bis ins Detail geplant war und jeder hielt sich an die teilweise ungeschriebenen Regeln peinlich genau. Ohne jetzt etwas gegen andere Nationalitäten sagen zu wollen aber es sind nun mal Tatsachen, auf einer landlerisch/sächsischen Beerdigung erschien zB niemand in Tennisschuhen oder im roten Hanorak, der Trauerzug, der dem Sarg folgte war streng nach Verwandtschaftsgrad bzw. Nachbarschaft eingeteilt, jeder Reihe des Zuges bestand aus der gleichen Anzahl von Personen, kein Trauerzug ohne die Blaskappelle, welche die wunderschönen teils eigenkomponierten Trauermärsche spielte, wohingegen die rumänischen Trauerzüge "stumm" blieben, die Rumänen bestatteten ihre Toten mit offenem Sarg, bei uns wurde der Sarg vor dem Hinaustragen verschlossen usw usf. man könnte noch etliche Details aufzählen. die es auf einer rumänischen Beerdigung nicht gab oder die etwas lax gehandhabt wurden. Auch gab es kein Haus in dem ein Todesfall passiert war, welches nicht auf's peinlichste geputzt und gesäubert war, man stellte den/die Verstorbene/n nicht in einen ungefegten oder von Unkraut überwucherten Hof, lauter Sachen die nicht überall selbstverständlich waren. Auch war/ist lautes Wehklagen verpönt, wogegen die Rumänen in verschiedenen Gemeinden extra Klageweiber für solche Fälle anmieten. Das sind lauter Unterschiede und sie haben irgendwas auch mit Kultur jawohl, zu tun. An den Details in solchen Situationen erkennt man oft besser die Kultur einer Gemeinschaft als in tiefphilosophischen und pseudopsychologischen Gedankengängen und Hinterfragungen. Ich möchte nicht wieder falsch ausgelegt werden: Ich zähle hier nur einen Teil der bestehenden Unterschiede in der Totenbestattung zwischen Rumänen einerseits und Landlern und Saxen andererseits auf, keinesfalls will ich damit irgendjemanden herabsetzen.IP: gespeichert |
joker Mitglied Beiträge: 390 Von:Frankreich Registriert: Jan 2001
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erstellt am 20.12.2005 um 18:06 Uhr
Zwei Sachen scheinen mir wichtig:1.) Der Satz: "Mancher empfindet es ja durchaus als Last, als Siebenbürger geboren worden zu sein,..." wird mir hier etwas zu oft zitiert. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass ich persönlich es nicht als Last empfinde, es aber bei manchen beobachtet habe. (Um so weniger Jahre in RO verbracht um so stärker ist dieses Gefühl ausgeprägt. 2.) Bei der Feststellung kultureller Unterschiede geht es nicht darum Wertungen aufzustellen, und zu sagen, dies war besser, das war schlechter, sondern lediglich die Unterschiede heraus zu arbeiten. Wenn bei den Sachsen das laute Beklagen des Verstorbenen verpönt war, heisst das noch lange nicht, dass die Rumänen wenn sie sogar Klageweiber "einstellen" und den Hof nicht putzen und wie in einer Herde hinter dem offenen Sarg herlaufen etc. schlechter trauern, oder sonst irgendwie etwas besser od. schlechter machen. Sie machen es einfach anders (ANDERS!) Zitat: von riokardo An den Details in solchen Situationen erkennt man oft besser die Kultur einer Gemeinschaft als in tiefphilosophischen und pseudopsychologischen Gedankengängen und Hinterfragungen.
Richtig, an den Details erkennt man die Unterschiede. Und genau die Unterschiede interessieren mich. Ich weiss nicht genau was du mit "tiefpsycologischen (du wolltest bestimmt tiefenpsychologisch schreiben) und pseudopsychologischen Gedankengängen und Hinterfragungen" meinst, ich will gar keine psychologischen Untesuchen oder Hinterfragungen machen, weder in die Tiefe, noch "pseudo". Das einzige was ich will, ist herauszufinden wo die Unterschiede sind, wo genau die Trennlinie verläuft. Die Bedeutung und Interpretation überlasse ich anderen die mehr davon verstehen als ich. Ich weiss nicht ob du dir bewußt bist, dass allein aus der Art wie du schreibst, bereits ziemlich klar ersichtlich scheint, dass du die Vorgehensweise der Siebenbürger als besser einschätzt, auch wenn du es nicht explizit ausdrückst und gleichzeitig jede Herabsetzung (hättest du Wertung geschrieben wäre es nicht so deutlich was deine Meinung dazu ist...) von Dir weist... Nichts für ungut, ich wollte nur sagen, dass du dein Denken und deine Einstellung sehr offen und durchsichtig erkennen läßt. Ob du das bewußt machst oder nicht und ob ich das gut oder schlecht finde spielt keine Rolle. Es steht mir nicht an das irgendwie zu beurteilen. Auf jeden Fall danke für deine Zeilen, sie sind erstmal sehr aufschlussreich. Danke für die Details. Wäre echt schön wenn wir noch mehr kleine Mosaiksteinchen zusammentragen könnten. IP: gespeichert |
riokardo Mitglied Beiträge: 885 Von:D 73614 Schorndorf Registriert: Mrz 2004
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erstellt am 20.12.2005 um 18:59 Uhr
Zitat: Bei der Feststellung kultureller Unterschiede geht es nicht darum Wertungen aufzustellen, und zu sagen, dies war besser, das war schlechter, sondern lediglich die Unterschiede heraus zu arbeiten.
Genau dieses meine ich auch, vielleicht kann ich es nicht so gut artikulieren aber das ist egal. Sicher wäre "Wertung" geeigeneter als "Herabsetzung" und ich habe es auch in diesem Sinne gemeint und schließlich kann und soll jeder ruhig meine Meinung "durchschimmern" sehn, ich bin nämlich ein klein wenig (net zuviel) stolz auf das Positive unserer Gemeinschaft, sicher gibt's auch negative Seite, diese herauszustreichen überlasse ich andern, 's gibt derer davon genug. Zitat: Wenn bei den Sachsen das laute Beklagen des Verstorbenen verpönt war, heisst das noch lange nicht, dass die Rumänen wenn sie sogar Klageweiber "einstellen" und den Hof nicht putzen und wie in einer Herde hinter dem offenen Sarg herlaufen etc. schlechter trauern, oder sonst irgendwie etwas besser od. schlechter machen. Sie machen es einfach anders (ANDERS!)
Na ja, ich habe nicht behauptet daß die Rumänen "wie in einer Herde" hinter dem Sarg herlaufen und darum geht es ja auch gar nicht, jedenfalls waren die Rumänen (und teilweise auch die Sachsen in verschiedenen Gemeinden) weniger konventionell als die Neppendorfer Landler/Sachsen. Sicher trauerten sie darum nicht weniger um ihre Toten aber die Trauer als persönliche Empfindung bestimmt schon nicht mehr die Kultur. Vielmehr wird Kultur m. E. auch dadurch bestimmt wie man mit seinen Toten umgeht, wie man sie bestattet und ob man ihr Andenken auch gebührnd in Ehren hält. Und ein Mensch, der sich seiner herkunft schämt und seine Ahnen verleugnet ist für mich ein unkultivierter Mensch, da kann er studieren bis ihm die Augen hervorquellen. Und der Begriff "schöne Leich" den tschik hier hereingebracht hat, gab's auch unter den Neppendorfer Landlern und ich denke jeder wäre beschämt gewesen, hätte er nicht eine "schöne Leich" ausgerichtet. Zusatz: Zitat:
Ich weiss nicht ob du dir bewußt bist, dass allein aus der Art wie du schreibst, bereits ziemlich klar ersichtlich scheint, dass du die Vorgehensweise der Siebenbürger als besser einschätzt,
Ich spreche, bzw schreibe hier nur über Siebenbürger, sowohl rumänischer als auch deutscher Nationalität. Welche Siebenbürger meinst Du nun?
[Dieser Beitrag wurde von riokardo am 20.12.2005 editiert.] IP: gespeichert |
tschik Mitglied Beiträge: 11 Von: Registriert: Jan 2005
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erstellt am 20.12.2005 um 19:17 Uhr
@joker Zitat:""Kannst du vielleicht Unterschiede zw. dem dutsch/sächsischen Totenkult und dem rumänischen Totenkult anführen? Niemand durchforstet die Seite einer landlerischen Pfarrers von A-Z um die Besonderheiten der siebenbürgischen/landlerischen Beerdigung herauszufinden. Und die Unterschiede zu der rumänischen Bestattung findet er dort auch nicht. Wäre schon, wenn du genauer über die Unterschiede berichten würdest, falls du sie kennst."" Sicher kenne ich den Unterschied, wie jeder SbS auch. Eine Beschreibung in allen Punkten wäre jedoch nicht möglich. Einige Punkte jedoch kann ich dir aufzählen: 1. Die Religion (evangelisch AB /grich. ortodox. 2. Der Klang der Turmglocken 3. Die Blasmusikkapelle (min. 12 Mann) 4. Der Beistand der Nachbarschaft uzw. finanziell sowie physische Arbeiten (vom Grabaushub bis zum Grabhügel aufschaufeln und schmücken) 5. Die Ordnung, über die sich unsere rumänischen Arbeitskollegen immer wieder wunderten. Nun, wenn dir ehrlich was daran liegt, solltest du die Seite des Landler/Sachsenpfarrers aufsuchen und gründlich durchlesen, denn die dort beschriebenen Rituale sind spezifisch für die Sachsen/Landler, also bei den Rumänen nicht zu finden, was nicht als negativ zu bewerten ist (Trauer ist Trauer). Hier geht es um die Unterschiede die m.E. riesig sind. IP: gespeichert | |