13. August 2002

Geschichten rund um den Handball in Siebenbürgen (XIV)

Kaiserin Soraya in Tennis unterwiesen / World-Handball-Magazin beruft Hans Moser in die Jahrhundert-Sieben / Bei vier Hallen-Weltmeisterschaften dabei / WM-Torschützenkönig in Prag und Welthandballer des Jahres 1964
Er ist wieder da, sagt sich so mancher. Und das, was er für den rumänischen Handball getan hat, ist unvergessen. Wo immer der zweifache Handballweltmeister Hans Moser heute in Rumänien auch hinkommt, schaut man zu ihm empor, obwohl inzwischen 40 Jahre seit dem Gewinn seines ersten WM-Titels vergangen sind.

„Ich werde hier geschätzt wie Franz Beckenbauer oder Boris Becker in Deutschland", sagt der Spätheimkehrer. In einer Zeit, wo alle ihr Heil im Westen suchen, geht das in Temeswar geborene Handballidol den umgekehrten Weg. In Ocna Sugatag bei Baia Mare in der Maramuresch hat sich Moser vor fünf Jahren niedergelassen, zum dritten Mal geheiratet und ist heute Vater einer fünfjährigen Tochter. Aus erster Ehe hat er Sohn Richard und aus zweiter Ehe Tochter Julia.

Warum Hans Moser in Rumänien so geschätzt ist, umreißt der Handball-Trainer und -Lehrer Reinhard Gottschling, der mit der Frauenmannschaft von Bayer Leverkusen deutscher Meister geworden ist, in einem Satz: „Ohne Hans Moser hätte die rumänische Handballnationalmannschaft die Weltmeistertitel 1961 und 1964 nie gewonnen.“ Hans Moser, der am 24. Januar 65 Jahre alt wird, hat in den sechziger Jahren zu den Erfolgsgaranten der rumänischen Nationalmannschaft gehört. Genauso wichtig wie Moser sind bei der Weltmeisterschaft 1964 zwei weitere deutsche Spieler aus dem Banat: Michael Redl, ein Tormann von Weltklasse, und Josef Jakob, der damals weltbeste Rechtsaußen der Welt, wie der ehemalige deutsche Nationalspieler vom VfL Gummersbach Hans-Günther Schmidt sagt. Seine Leistungen honoriert das World-Handball-Magazin, das offizielle Organ der Internationalen Handballföderation, im Jahr 2000 mit der Berufung Mosers in die Jahrhundert-Sieben, einer von zehn namhaften Nationaltrainern gewählten Weltauswahl. Dem Jahrhundert-Team gehören ferner an: Torsteher Cornel Penu, Gheorghe Gruia (beide Rumänien), Jozsef Eles, (Ungarn), Irfan Smailagic (Jugoslawien/Kroatien), Jerolim Karadza und Mile Isakovic (beide Jugoslawien).

Bei der Weltmeisterschaft in Prag wird Moser Torschützenkönig. Das reicht, um in selben Jahr zum Welthandballer des Jahres gewählt zu werden. Sein erstes WM-Turnier bestreitet Moser 1958 in der DDR, doch bei dieser dritten Hallen-WM hat Rumänien noch nichts zu bestellen: Die Mannschaft erreicht nicht einmal die Endrunde. Drei Jahre später, 1961, wird die rumänische Mannschaft zur Überraschung der Fachleute Weltmeister. 1964 kann Hans Moser den Erfolg mit einer rumänischen Mannschaft wiederholen, die wohl den elegantesten Handball aller Zeiten spielt. Der dritte Titel in Folge wird Moser jedoch versagt bleiben. Bei der Weltmeisterschaft 1967 in Schweden gewinnt die Mannschaft - Hans Moser spielt sein viertes WM-Turnier – Bronze. Johnny Kunst, der Bukarester Handball-Papst, war sich sicher, dass dieser Weltmeistertitel nur deshalb verloren ging, weil der Marienfelder Hans-Günther Schmidt ein paar Monate vor der WM in Deutschland geblieben war.

Hans Moser ist wie manch anderer durch Zufall Handballer geworden. Der Temeswarer Wasserballtrainer Sterbenz entdeckt Moser für den Handball. Moser geht zu Constructorul und bestreitet mit der Mannschaft zwei Trainingsspiele gegen Stiința Temeswar. In diesen Spielen erkennt der damalige Trainer von Stiința Constantin Lache das Talent des 1,92 m großen jungen Mannes und holt ihn in die Studentenmannschaft. Der Wechsel findet 1951 statt, wenige Tage, bevor Moser mit der Volleyball-Nationalmannschaft ins Trainingslager fahren soll. Drei Jahre später wird Hans Moser zum ersten Mal in die Nationalmannschaft berufen. Moser ist wahrscheinlich das größte Handballtalent, das Rumänien hervorgebracht hat. In seiner langen Karriere ist er Spielmacher und Vollstrecker zugleich. Er ist derjenige, der den Fallwurf perfektioniert, indem er durch Täuschung die Mauer umgeht.

Mit der Temeswarer Studentenmannschaft wird Moser auch seinen ersten großen Erfolg feiern. 1956 gewinnt er mit Stiința den ersten und letzten Landesmeistertitel auf dem Großfeld für die Temeswarer. Hans Moser besuchte drei Jahre lang die Lehrerbildungsanstalt (1949-1952) und vier Jahre das Baugymnasium (1952-1956) in Temeswar. Nach dem Abitur studierte er Agronomie in Temeswar bis zu seinem Wechsel 1959 von Stiința nach Bukarest zu Dinamo. In der Hauptstadt ist er von 1960 bis 1965 Student der Sporthochschule, die er als Diplomsportlehrer verlässt. Mit Dinamo Bukarest erringt Hans Moser bis zu seinem Abschied 1968 elf Meistertitel, davon drei auf dem Großfeld. Ferner wird er mit der Bukarester Mannschaft 1965 den Europapokal der Landesmeister gewinnen. Insgesamt bestreitet Hans Moser 224 Länderspiele für Rumänien, davon sieben auf dem Großfeld.

1968 unterschreibt Moser einen auf sechs Monate befristeten Vertrag und wird Spielertrainer beim TV Milbertshofen. Nach Ablauf der sechs Monate „vergisst“ Moser einfach, nach Rumänien zurückzufahren. Frau und Sohn Richard, die zu Besuch kommen, tun es ihm gleich. Moser führt die Milbertshofener 1970 in die Handball-Bundesliga. 1972 wechselt er zum VfL Günzburg in die Landesliga. Bereits 1974 ist er mit diesem Klub in der obersten Spielklasse. Im selben Jahr wechselt er nach Augsburg. Von dort geht er 1978 wieder nach Milbertshofen, wo er bis 1980 als Trainer in der ersten Liga tätig ist. „Ich habe immer gute Trainerarbeit geleistet, doch war nie der Genießende. Ich habe die Mannschaften hoch gebracht, doch waren sie einmal in der Bundesliga, dann haben die Probleme begonnen, dann war nicht mehr der Handballfachmann, sondern der Psychologe gefragt“, sagt Moser heute. Von der Trainertätigkeit allein kann Moser nicht leben, deshalb arbeitet er die meiste Zeit hauptberuflich als Lehrer.

1980 erteilt Hans Moser der ehemaligen persischen Kaiserin Soraya (1932-2001) Tennisunterricht in einem exklusiven Klub in Planegg. Moser wird wegen seiner Verdienste vor der Weltmeisterschaft 1970 in Frankreich auf einer Briefmarke „verewigt“. Auch eine Moser-Statue wird auf den Markt gebracht.

Von 1984 bis 1986 trainiert Moser die Mannschaft Frisch Auf Göppingen und erlebt den Zwangsabstieg der Mannschaft, als nachgewiesen wird, dass der Spieler Klempel nicht Amateur, sondern Profi ist. Doch nach einem Jahr ist Göppingen wieder in der Bundesliga. Von 1986 bis 1988 betreut Hans Moser als Profitrainer wird die Mannschaft von Emmenbrücke in der Schweiz. Danach ist er wieder Trainer in Göppingen, wo er auch als Lehrer arbeitet.

1996 geht Moser nach Rumänien, wo er mit seiner Frau eine neue Existenz aufbaut. Heute ist Hans Moser einen guten Teil des Jahres in Rumänien zu Hause. In der Maramuresch leistet er Aufbauhilfe in Sachen Handball. Denn der rumänische Handball ist inzwischen am Boden, sagt der zweifache Handball-Weltmeister. Zurzeit betreut er Schülermannschaften in der Sportschule in Baia Mare. Mit einer Jugendmannschaft hat er bereits einen Landesmeistertitel errungen.
Doch dabei soll es nicht bleiben. Moser hat neue Pläne. Zusammen mit dem Handballverband will Moser wieder eine schlagkräftige Nationalmannschaft aufbauen. Dazu sollen zwei Handballzentren gegründet werden, eines in Ocna Sugatag, das zweite in Hermannstadt. In den beiden Zentren sollen die besten Spieler beruflich sowie finanziell versorgt werden, um problemlos Handball spielen zu können. In Zukunft sollten Spieler, so der Vorschlag Mosers, erst dann ins Ausland wechseln dürfen, wenn sie etwas geleistet haben. Ob das allerdings durchgesetzt werden kann, steht noch in den Sternen.

Das Handballzentrum in Ocna Sugatag soll nach den Vorstellungen Mosers zu einer bereits geplanten Rehabilitationsanlage gehören, die das vorhandene Heilwasser nutzen soll. Von der Anlage und der schönen Gegend sollen die rumänischen Handballer genauso profitieren wie Spitzenmannschaften oder auch weniger zahlungskräftige Klubs aus dem Ausland. Zum Zentrum werden auch zwei Sporthallen gehören, ferner ein Golfplatz und Tennisanlagen. Das Ganze soll mit EU-Geldern finanziert werden. „Die Pläne beginnen allmählich konkret zu werden“, sagt Moser. „Und wenn alles gut geht, steigt vielleicht auch mein Sohn ins Geschäft ein.“

Doch der Sport ist nicht das einzige Betätigungsfeld Mosers in der Maramuresch. Er nutzt seinen guten Ruf, um die zusammen mit seiner Frau aufgebaute Firma, die Fenster und Türen produziert, vorwärts zu bringen.

Johann Steiner

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