31. August 2004

Deutsches Unternehmen gräbt dem Donaudelta das Wasser ab

Das Projekt hat bei Umweltschützern wie bei der rumänischen Regierung erhebliche Unruhe hervorgerufen - erstaunlicherweise erst, als die Bauarbeiten durch eine deutsche Wasserbaufirma bereits begonnen hatten. Dabei hätte man durchaus früher aufmerksam werden können, denn das Bauvorhaben wurde von der ukrainischen Regierung international ausgeschrieben.
Es geht um nicht mehr und nicht weniger als darum, den nördliche Mündungsarm Bystroe oder Chilia des Donaudeltas so zum Seekanal auszubauen, dass die ukrainischen Donauhäfen Wilkovo, Kilia, Ismail und Reni über ihn von See her erreichbar werden. Umweltschützer und rumänische Regierungskreise fürchten, dass der ohnehin am wasserreichste Arm Chilia so vertieft wird, dass dem Delta damit das Wasser buchstäblich abgegraben wird. Diese Befürchtungen als „Verstimmung“ wegen des angeblichen Wegfalls von Transiteinnahmen - die es ja aufgrund uralter internationaler Vereinbarungen gar nicht gibt - abzutun, wie dies es ein deutsches Fachblatt getan hat, zeugt von wenig Sachkenntnis.

Den Auftrag hat die Hamburger Wasserbaufirma Möbius erhalten. Die erforderliche Wasserbautechnik wurde teils auf Seeschiffen, teils auf Binnenschiffen nach Wilkovo gebracht. Soweit die Beförderung über die Flüsse und Kanäle zur Donau erfolgte, geschah dies durch die Deutsche Binnenreederei, die auch mit einem Schubschiff den anfallenden Boden abtransportiert.
Der Arm Chilia soll auf 15 Kilometer Länge ausgebaut werden. Das ukrainische Verkehrsministerium versichert, angesichts des Umstandes, dass die Ausbaustrecke teilweise durch streng geschütztes Gebiet verlaufe, „seien strenge Maßnahmen zum Schutz der Umwelt vorgesehen, wie sie von anderen Staaten in Mündungsgebieten wie des Mississippi, des Po, der Rhône, der Themse oder des Mekong angewendet würden“. Die internationalen Verpflichtungen der Ukraine würden beachtet. Der Kanalbau entspreche nicht nur den Interessen der Ukraine, sondern auch denen der anderen Mitgliedsstaaten der Organisation der Anlieger des Schwarzen Meeres.

Horst Schinzel


Rumänien wird gegen die Ukraine beim Gerichtshof in Den Haag klagen

Rumänien wird sich wegen dem ukrainischen Kanalbau an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag wenden. Dies haben die rumänischen Verantwortungsträger Ende August bei einer Beratung mit Staatspräsident Ion Iliescu im Schloss Cotroceni in Bukarest beschlossen. Wie die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien mit Bezug auf Curierul National berichtet, soll in Den Haag auch über die Abgrenzung des Kontinentalsockels des Schwarzen Meeres und den Status der Schlangeninsel befunden werden, wie das im bilateralen Vertrag zwischen Rumänien und der Ukraine festgelegt wurde. Parallel mit den Demarchen in Den Haag strebt Rumänien zusammen mit der Europäischen Kommission und der Wiener Kommission für den Schutz der Donau eine internationale Untersuchung über die Umweltauswirkungen des ukrainischen Kanalbaus an. Dabei sollen auch die internen Maßnahmen ausfindig gemacht werden, die Rumänien ergreifen könne, um die ökologischen, wirtschaftlichen oder sozialen Auswirkungen des ukrainischen Kanalbaus auf ein Minimum zu verringern. Desgleichen will die rumänische Regierung über ein deutsches Anwaltsbüro überprüfen lassen, ob in Deutschland gegen die Baufirma Josef Möbius AG, die im Auftrag der Ukraine den Kanalbau vornimmt, rechtlich vorgegangen werden kann. Der Botschafter der Ukraine in Bukarest, Teofil Bauer, wurde vom rumänischen Außenminister Mircea Geoana vorgeladen, mit dem Ersuchen, den höchsten Entscheidungsträgern in Kiew das "ausdrückliche" Ansuchen Rumäniens mitzuteilen, den Kanalbau einzustellen, bis auch der rumänischen Seite vollständige Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.

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