25. Juli 2008
Herausragender Historiker: Konrad Gündisch wird 60
So wichtig den Siebenbürger Sachsen ihre Geschichte auch ist, so wenige Berufshistoriker haben sie doch hervorgebracht. Es gehörte stets viel Mut dazu, sich für diese Karriere zu entscheiden, denn diese geschichtsbewusste Gruppe bot – außerhalb des Lehramts – nur wenige Betätigungsfelder für Historiker. Historiker hatten darüber hinaus – wenn sie ihren Beruf ernst nahmen – auch die Aussicht, sich zwischen alle Stühle setzen zu können, sind doch Geschichtsinterpretationen und Eigeninteressen hier immer recht ausgeprägt gewesen.
Eine der mit Abstand herausragenden Persönlichkeiten dieses Metiers, die es zudem mit Bravour vermocht hat, in ihrer Geschichtsbetrachtung stets die richtige Balance zwischem dem Ethos als Wissenschaftler und den spezifischen Gruppeninteresen zu finden, feiert dieser Tage ihren 60. Geburtstag: Konrad G. Gündisch, Doktor der Philosophie und Honorarprofessor.
Auch wenn er sich nicht unbedingt gerne feiern lässt, weil es ihm immer um die Sache und nie um die Person geht, so ist es doch unumgänglich und mehr als nur guter Anstand, ihn anlässlich dieses Jubiläums zu würdigen.
Konrad Gündisch kam am 25. Juli 1948 in Hermannstadt zur Welt, wuchs in der deutsch-sächsischen Gesellschaft dieser Stadt auf und besuchte die Brukenthalschule. Die Faszination an der Geschichte konnte er von beiden Elternteilen erben: Sowohl sein Vater Dr. Gustav Gündisch, der letzte Direktor des Archivs der Stadt Hermannstadt und der Sächsischen Nation, wie auch seine Mutter Dr. Herta Gündisch waren ausgewiesene und begeisterte Historiker; sein Vater hatte das große Jahrhundertvorhaben des „Urkundenbuchs zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen“ schon in den dreißiger Jahren wieder aufgenommen und führte es unter widrigen Umständen nach dem Krieg fort. Während sich die vier Geschwister anderen Fächern verschrieben, fing unser Jubilar an der Geschichte Feuer und studierte dieses Fach 1966 bis 1971 an der Universität Klausenburg – in den Jahren des kulturellen Aufbruchs und der relativen Offenheit in Rumänien und geprägt von intensivem akademischem Austausch sowie regen und recht großen deutschen Freundeskreisen.
Nach dem Studium war Gündisch Mitarbeiter des Historischen Instituts der Akademie in Klausenburg und dabei vor allem als Urkundeneditor tätig, betrieb aber auch intensiv Forschungen zur Sozialgeschichte sächsischer Städte im Mittelalter, die in seine bedeutende Doktorarbeit über das „Patriziat siebenbürgischer Städte“ (gedruckt 1993) münden sollten. Nach der Aussiedlung 1984 folgten Tätigkeiten an der Siebenbürgischen Bibliothek, an der Mainzer Akademie mit Standort in Marburg, schließlich als Mitarbeiter von Professor Harald Zimmermann an der Universität Tübingen. Keinesfalls als kurze Station angelegt war die mit großem Engagement verbundene Rolle als Geschäftsführer des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde und des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats sowie als Leiter der Siebenbürgischen Bibliothek in Gundelsheim (1991-1993), wobei Gündisch als Rahmen für die verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen 1992 das Konzept eines Instituts schuf: Als „Siebenbürgen-Institut“ hat es sich inzwischen fest etabliert.
Seit 1993 schließlich wirkt Gündisch am Oldenburger Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, wo er – inzwischen als Leitender Wissenschaftlicher Direktor – einerseits für die Deutschen im südöstlichen Europa, andererseits für den Fachbereich Geschichte verantwortlich zeichnet. Seine Lehraufträge an der Universität Oldenburg und seine Honorarprofessur an der eigenen „Alma Mater“ in Klausenburg sind ein beredter Ausdruck nicht allein seines Strebens nach Weitergabe seines Wissens und Könnens an jüngere Generationen, sondern auch seines Geschicks, diese für die Geschichte des östlichen Europa und Siebenbürgens zu begeistern.
In der Redaktion der Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde repräsentiert er seit rund zwei Jahrzehnten jene Solidität und Kontinuität, die dieses nun schon im 102. Jahrgang erscheinende Periodikum zum zentralen Organ der deutschsprachigen Siebenbürgen-Forschung macht. Und wie oft muss Gündisch bei der Redaktion und Herausgabe von Büchern des Arbeitskreises als fachliche Autorität einspringen und Knochenarbeit leisten, ohne dass sein Name auch nur irgendwo genannt würde – auch dies zwar eine Tradition des Landeskundevereins, aber zugleich ein Zeichen der inneren Einstellung unseres Jubilars.
Neben seinen Vorträgen und zahlreichen Publikationen, gerade auch in dieser Zeitung, ist Gündisch einem breiteren Publikum gut vertraut durch seine profunde Synthese der sächsischen Geschichte „Siebenbürgen und die Siebenbürger Sachsen“, die 1998 in erster und 2003 in zweiter Auflage in München erschien. Auf neuestem Forschungsstand gibt er hier eine umfassende, spannend geschriebene und auch kritische Fragen nicht aussparende Zusammenschau des historischen Wirkens der Siebenbürger Sachsen im größeren Kontext ihrer Nachbarn und des Landes, in dem sie lebten. Gündisch redet die Vergangenheit aber nicht schön, auch schwierige Abschnitte der eigenen Geschichte werden klar angesprochen: „Nur kritisches Erinnern hält die Vergangenheit lebendig“, sagte er 1998 in einem Interview und mahnt damit die bewusste Auseinandersetzung mit dieser an, ohne Klischees und (Eigen-)Stereotype, die nur zu schnell zu Überheblichkeit und Selbstüberschätzung führen können. 1998 verantwortete er übrigens einen Sammelband zu diesem Thema.
Prof. Dr. Konrad Gündisch wird auch künftig ein volles Programm haben, nicht nur im Bundesinstitut und bei seinen Lehrverpflichtungen in Oldenburg und Klausenburg, sondern auch, weil er den Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde stets beim Namen nimmt: Arbeit gilt es einzubringen für das Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen, für die Zeitschrift, für den Erhalt des Siebenbürgen-Instituts, die Erschließung der Siebenbürgen-Forschung durch das Internet, die laufende fachliche Beratung vieler Interessenten, das tägliche, stündliche aufmerksame Mitdenken in siebenbürgischen Angelegenheiten. Für all dies und vieles wichtige Ungenannte wollen wir Konrad Gündisch aufrichtig danken, wenn er seinen Geburtstag im Kreise der Familie feiert, der nicht selten eine hohe Verständnistoleranz abverlangt wird. Wir wünschen ihm von Herzen alles Gute!
Auch wenn er sich nicht unbedingt gerne feiern lässt, weil es ihm immer um die Sache und nie um die Person geht, so ist es doch unumgänglich und mehr als nur guter Anstand, ihn anlässlich dieses Jubiläums zu würdigen.
Konrad Gündisch kam am 25. Juli 1948 in Hermannstadt zur Welt, wuchs in der deutsch-sächsischen Gesellschaft dieser Stadt auf und besuchte die Brukenthalschule. Die Faszination an der Geschichte konnte er von beiden Elternteilen erben: Sowohl sein Vater Dr. Gustav Gündisch, der letzte Direktor des Archivs der Stadt Hermannstadt und der Sächsischen Nation, wie auch seine Mutter Dr. Herta Gündisch waren ausgewiesene und begeisterte Historiker; sein Vater hatte das große Jahrhundertvorhaben des „Urkundenbuchs zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen“ schon in den dreißiger Jahren wieder aufgenommen und führte es unter widrigen Umständen nach dem Krieg fort. Während sich die vier Geschwister anderen Fächern verschrieben, fing unser Jubilar an der Geschichte Feuer und studierte dieses Fach 1966 bis 1971 an der Universität Klausenburg – in den Jahren des kulturellen Aufbruchs und der relativen Offenheit in Rumänien und geprägt von intensivem akademischem Austausch sowie regen und recht großen deutschen Freundeskreisen.
Nach dem Studium war Gündisch Mitarbeiter des Historischen Instituts der Akademie in Klausenburg und dabei vor allem als Urkundeneditor tätig, betrieb aber auch intensiv Forschungen zur Sozialgeschichte sächsischer Städte im Mittelalter, die in seine bedeutende Doktorarbeit über das „Patriziat siebenbürgischer Städte“ (gedruckt 1993) münden sollten. Nach der Aussiedlung 1984 folgten Tätigkeiten an der Siebenbürgischen Bibliothek, an der Mainzer Akademie mit Standort in Marburg, schließlich als Mitarbeiter von Professor Harald Zimmermann an der Universität Tübingen. Keinesfalls als kurze Station angelegt war die mit großem Engagement verbundene Rolle als Geschäftsführer des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde und des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats sowie als Leiter der Siebenbürgischen Bibliothek in Gundelsheim (1991-1993), wobei Gündisch als Rahmen für die verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen 1992 das Konzept eines Instituts schuf: Als „Siebenbürgen-Institut“ hat es sich inzwischen fest etabliert.
Seit 1993 schließlich wirkt Gündisch am Oldenburger Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, wo er – inzwischen als Leitender Wissenschaftlicher Direktor – einerseits für die Deutschen im südöstlichen Europa, andererseits für den Fachbereich Geschichte verantwortlich zeichnet. Seine Lehraufträge an der Universität Oldenburg und seine Honorarprofessur an der eigenen „Alma Mater“ in Klausenburg sind ein beredter Ausdruck nicht allein seines Strebens nach Weitergabe seines Wissens und Könnens an jüngere Generationen, sondern auch seines Geschicks, diese für die Geschichte des östlichen Europa und Siebenbürgens zu begeistern.
Siebenbürgen-Forschung vorangebracht
Diese knappen biographischen Daten sind nur die eine Seite, die andere ist das langfristige und erfolgreiche ehrenamtliche Engagement: 1986 wurde Gündisch in den Vorstand des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde gewählt, wo er bis heute richtungweisend mitarbeitet (1994-2007 als stellvertretender Vorsitzender). Während der Gundelsheim-Jahre initiierte er den Förderverein der Siebenbürgischen Bibliothek, dessen Vorsitz er 2004 bis 2007 innehatte und ohne dessen Hilfen Bibliothek und Institut schon seit über einem Jahrzehnt keinen Bestandsausbau und keine Bestandspflege mehr betreiben könnten. Für Hermannstadt und die Hermannstädter war er in der Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt aktiv, davon rund anderthalb Jahrzehnte im Vorstand. Aber auch Mitgliedschaften in breiter angelegten wissenschaftlichen Einrichtungen wären zu nennen, etwa im Institut für deutsche Studien der Universität Klausenburg, in der Südostdeutschen Historischen Kommission, im Herder-Forschungsrat, schließlich im Wissenschaftlichen Beirat des Brukenthal-Museums Hermannstadt. Konrad Gündisch ist in all diesen Institutionen nicht der Ehre wegen dabei, nein, ihm ist es stets darum zu tun, eine Sache kompetent und auf anspruchsvollem Niveau voranzubringen, ein Erbe verantwortungsbewusst fortzuführen und zu pflegen.In der Redaktion der Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde repräsentiert er seit rund zwei Jahrzehnten jene Solidität und Kontinuität, die dieses nun schon im 102. Jahrgang erscheinende Periodikum zum zentralen Organ der deutschsprachigen Siebenbürgen-Forschung macht. Und wie oft muss Gündisch bei der Redaktion und Herausgabe von Büchern des Arbeitskreises als fachliche Autorität einspringen und Knochenarbeit leisten, ohne dass sein Name auch nur irgendwo genannt würde – auch dies zwar eine Tradition des Landeskundevereins, aber zugleich ein Zeichen der inneren Einstellung unseres Jubilars.
Neben seinen Vorträgen und zahlreichen Publikationen, gerade auch in dieser Zeitung, ist Gündisch einem breiteren Publikum gut vertraut durch seine profunde Synthese der sächsischen Geschichte „Siebenbürgen und die Siebenbürger Sachsen“, die 1998 in erster und 2003 in zweiter Auflage in München erschien. Auf neuestem Forschungsstand gibt er hier eine umfassende, spannend geschriebene und auch kritische Fragen nicht aussparende Zusammenschau des historischen Wirkens der Siebenbürger Sachsen im größeren Kontext ihrer Nachbarn und des Landes, in dem sie lebten. Gündisch redet die Vergangenheit aber nicht schön, auch schwierige Abschnitte der eigenen Geschichte werden klar angesprochen: „Nur kritisches Erinnern hält die Vergangenheit lebendig“, sagte er 1998 in einem Interview und mahnt damit die bewusste Auseinandersetzung mit dieser an, ohne Klischees und (Eigen-)Stereotype, die nur zu schnell zu Überheblichkeit und Selbstüberschätzung führen können. 1998 verantwortete er übrigens einen Sammelband zu diesem Thema.
Prof. Dr. Konrad Gündisch wird auch künftig ein volles Programm haben, nicht nur im Bundesinstitut und bei seinen Lehrverpflichtungen in Oldenburg und Klausenburg, sondern auch, weil er den Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde stets beim Namen nimmt: Arbeit gilt es einzubringen für das Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen, für die Zeitschrift, für den Erhalt des Siebenbürgen-Instituts, die Erschließung der Siebenbürgen-Forschung durch das Internet, die laufende fachliche Beratung vieler Interessenten, das tägliche, stündliche aufmerksame Mitdenken in siebenbürgischen Angelegenheiten. Für all dies und vieles wichtige Ungenannte wollen wir Konrad Gündisch aufrichtig danken, wenn er seinen Geburtstag im Kreise der Familie feiert, der nicht selten eine hohe Verständnistoleranz abverlangt wird. Wir wünschen ihm von Herzen alles Gute!
Herward Teutsch
Schlagwörter: Wissenschaft, Gündisch, AKSL, Siebenbürgen-Institut
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