8. Juli 2014

Generationswechsel an BdV-Spitze schafft neue Perspektiven

Nach dem Willen des Präsidiums des Bundes der Vertriebenen soll der 49-jährige BdV-Vizepräsident Dr. Bernd Fabritius, MdB, Amtsnachfolger von BdV-Präsidentin Erika Steinbach, MdB, werden (siehe "Dr. Bernd Fabritius soll Präsident des Bundes der Vertriebenen werden"). Damit zeichnen sich, neben dem Generationswechsel an der Verbandsspitze, auch neue Akzentsetzungen in der Verbandspolitik ab. Auf der Agenda des künftigen BdV-Präsidenten, aller Voraussicht nach Dr. Bernd Fabritius, stehen einige Baustellen. Aus Sicht des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland erhebt sich nun die Frage, ob Dr. Fabritius - nach erfolgreicher Wahl zum BdV-Präsidenten im November 2014 - sein Amt als Bundesvorsitzender weiterhin ausüben kann, zumal 2015 schon der nächste Verbandstag stattfindet. Das folgende Gespräch mit Dr. Bernd Fabritius führte Christian Schoger.
Herr Dr. Fabritius, beschreiben Sie bitte Ihr erstes Gefühl nach dieser Personalentscheidung.

Freude und Herausforderung. Freude darüber, dass durch dieses einstimmige Votum des gesamten Präsidiums eine Anerkennung des Weges erfolgt ist, den gerade die Deutschen aus Rumänien im europäischen Brückenbau beschritten haben. Herausforderung, weil es bei den unterschiedlichen Ausgangslagen und Situationen der Deutschen in und aus den Herkunftsgebieten noch die eine oder andere - größere und kleinere - Baustelle gibt. Diese irgendwann auch zu einem für alle Beteiligten guten Ergebnis zu bringen, bleibt eine Herausforderung, der ich mich mit den Kollegen im Präsidium stellen will.


Welche Erwartungen und Vorstellungen verknüpfen Sie mit diesem Amt?

Nun, der BdV hat seit seiner Gründung eine wichtige Aufgabe in der deutschen Gesellschaft und im europäischen Umfeld wahrgenommen: Er hat die Interessen der Millionen Deutschen vertreten, die als Folge des Zweiten Weltkriegs ihre Heimat verloren haben. Er hat mit der Charta der Heimatvertriebenen gleich und - zuerst einseitig - die Hand zur Versöhnung gereicht.
Dr. Bernd Fabritius vor dem Reichstagsgebäude in ...
Dr. Bernd Fabritius vor dem Reichstagsgebäude in Berlin. Foto: S. Dobberstein
Das war und ist die Grundlage einer guten europäischen Nachbarschaftspolitik, ohne dass die Vertreibung der Deutschen - sei es die direkte unmittelbar nach dem Krieg oder die „stille“ durch Schaffung eines Vertreibungsdruckes in den Jahren des Kommunismus danach - ausgeblendet werden müsste. Die Beobachtung, dass auch in unseren Herkunftsgebieten ein differenzierterer Umgang mit der dortigen Nachkriegsgeschichte Wege findet und sich Bahn bricht, ermutigt. Ich erinnere an die Ansprache des rumänischen Innenministers Vasile Blaga am Heimattag der Siebenbürger Sachsen 2010 in Dinkelsbühl (siehe „Vasile Blaga: Siebenbürger Sachsen litten in Rumänien unter ‚unmenschlicher Diktatur‘“; die Redaktion). Diese Erfahrungen und alles, was man darauf aufbauen kann, möchte ich gerne in die Beziehungen auch zu den anderen Nachbarländern einbringen und auch dort zu einem lösungsorientierten Dialog beitragen.


Mit welchen Baustellen haben Sie es vordringlich zu tun? Das angespannte Verhältnis des BdV zu Polen, die deutsche Minderheit in der Ukraine? Welche Projekte werden in den nächsten Jahren besonders im Fokus der Verbandsarbeit stehen?

Die Verbesserung der Beziehungen zu Polen, aber auch zur Tschechischen Republik, wie bisher schon mit Rumänien, wird auf Basis einer gegenseitigen Ehrlichkeit bei der unerlässlichen Betrachtung der eigenen Geschichte noch stärker als bisher im Fokus sein. Emotionale Belastungen, wie diese an der Person Steinbach oft unangemessen hochgezogen worden sind, dürften einer Neuausrichtung dieser Beziehungen jedenfalls künftig nicht mehr im Wege stehen. Selbstverständlich richtet der BdV sein Augenmerk auch auf die Situation der Deutschen in der Ukraine und ganz besonders auf der Krim. Es geht aber genauso um die bereits bekannten Anliegen, wie die Vollendung des Zentrums der Stiftung „Flucht – Vertreibung – Versöhnung“, die Festlegung eines nationalen Gedenktages für die deutschen Vertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler, die nachhaltige Vertretung der Anliegen der Aussiedler und Spätaussiedler, deren eigene kulturelle Identität in einer leider wenig differenzierenden Migrationsdebatte Festigung benötigt, bis hin zur Unterstützung der Anliegen der in den Herkunftsgebieten heute noch lebenden Landsleute. Damit meine ich etwa die Sicherung des muttersprachlichen Unterrichtes in deutscher Sprache in diesen Gebieten. Arbeit ist also genug da.


Wie wollen Sie die Außenwahrnehmung des Bundes der Vertriebenen aktiv verbessern, dem Kritiker eine rückwärtsgewandte, revisionistische, auch mitunter weit rechts verortete Politik vorhalten?

Derartige Vorwürfe entsprechen schon lange nicht mehr der Realität. Ich hoffe, dass der tatsächliche Inhalt der Arbeit des BdV und der Verbände, die im BdV als Dachverband zusammengeschlossen sind, vorurteilsfrei zur Kenntnis genommen wird. Der BdV steht für eine Brückenfunktion zu unseren Herkunftsgebieten, für einen lösungsorientierten, konstruktiven Dialog mit diesen. Er leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der selbstempfundenen kulturellen Identität der nach Deutschland zugezogenen Landsleute. Das sind Ziele, die weder rückwärtsgewandt, noch revisionistisch sind. Darüber hinaus ist der BdV - wie unser eigener Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland - überparteilich.


Mit diesem Spitzenamt kommen auf Sie künftig eine enorme gesellschaftspolitische Verantwortung, gewichtige Aufgaben und Verpflichtungen zu. 2015 findet der nächste Verbandstag des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland statt. Können und wollen Sie in Personalunion BdV-Präsident und Bundesvorsitzender unseres Verbandes wie auch Vorsitzender der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen sein?

Das dürfte so vermutlich nicht möglich sein. Ich bin seit bald 20 Jahren in unserem Verband aktiv, zuerst als Rechtsreferent des Landesverbandes Bayern, dann viele Jahre als Landesvorsitzender des großen Landesverbandes in Bayern und nun schon die letzten sieben Jahre als Bundesvorsitzender. Alleine diese Tätigkeit reichte aus, um die gesamte Freizeit eines Menschen auszufüllen. Ich denke auch, dass unser Verband in dieser Zeit wichtige Wegmarken erreicht hat. Sollte ich im November 2014 zum Präsidenten des BdV gewählt werden, habe ich bis zum Verbandstag im Herbst 2015 ein Jahr lang Zeit, mögliche Inkompatibilitäten auszuloten und dann gemeinsam mit den Kollegen im Bundesvorstand zu überlegen, ob und welche Änderungen erforderlich werden. Ich bin davon überzeugt, dass aus den Reihen unserer aktiven Landsleute genügend Potenzial zur Weiterführung der Arbeit im Bundesvorstand vorhanden ist, wenn ich im Herbst 2015 nicht ein drittes Mal für das Amt als Bundesvorsitzender kandidieren kann.


Vielen Dank für das Gespräch.

Schlagwörter: BdV, Bund der Vertriebenen, Personalia, Fabritius, Verbandstag, Verband

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Neueste Kommentare

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