10. März 2006

Bundesvorstand tagte in Neu-Isenburg

Eine beachtliche Vielfalt an kulturellen Aktivitäten plant die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen 2006 und 2007. In seiner „Frühjahrssitzung“, die am 4. März im Hotel Wessinger in Neu-Isenburg stattfand, erörterte der Bundesvorstand Nahziele des Verbandes. Die Bandbreite des Engagements reicht von der kulturellen Breitenarbeit und Jugendarbeit über die Rentenfrage, einen zeitgemäßen Internetauftritt, die Planung des Heimattages und Fürsorge für das Kulturzentrum in Gundelsheim bis hin zum Kulturaustausch mit den Siebenbürger Sachsen in Übersee und dem Minderheitenschutz in Rumänien. Die „Richtlinien des Herausgebers für die Siebenbürgische Zeitung“ wurden neu gefasst.
In das tief verschneite Hessische waren aus Siebenbürgen die ständigen Vertreter der Heimatkirche (Dechant Klaus Daniel) und des Siebenbürgen-Forums (Daniel Thellmann) im Bundesvorstand sowie aus Österreich der Bundesobmann des Bundesverbandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich, Mag. Fachinspektor Volker Petri, angereist. Zudem konnte der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft und Vorsitzende der Föderation der Siebenbürger Sachsen, Dipl.-Ing. Arch. Volker Dürr, bei der Tagung den geschäftsführenden Vorsitzenden des Hilfskomitees der Siebenbürger Sachsen und evangelischen Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD, Dekan i.R. Hermann Schuller, und den Vorsitzenden des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, Michael Konnerth, und weitere Mitglieder des Bundesvorstandes begrüßen.
Der Bundesvorstand der Landsmannschaft tagte im Hotel Wessinger in Neu-Isenburg. Foto: Siegbert Bruss
Der Bundesvorstand der Landsmannschaft tagte im Hotel Wessinger in Neu-Isenburg. Foto: Siegbert Bruss

Der Bundesvorsitzende Volker Dürr berichtete einleitend über die wichtigsten politischen Gespräche, die er seit der letzten Bundesvorstandssitzung unter anderem mit Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble, dem neuen Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, Dr. Christoph Bergner (siehe Bericht auf Seite 1 dieser Zeitung), dem nordrhein-westfälischen Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff und dem rumänischen Staatssekretär Mihai Gheorghiu geführt hatte. Der für die Patenschaft zuständige Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei und Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff hatte am 11. November 2005 u.a. die Förderung einer gemeinsamen Ausstellung des Siebenbürgischen Museums Gundelsheim und des ASTRA-Museums Hermannstadt in Aussicht gestellt. Diese Ausstellung soll im Rahmen der Bundeskulturtage der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, die im Jahr 2007 in Nordrhein-Westfalen stattfinden werden, und anlässlich der Veranstaltungen der Kulturhauptstadt Europas in Luxemburg und Hermannstadt gezeigt werden. Bundesvorsitzender Dürr berichtete des Weiteren über die ihm seit dem 3. Februar 2006 vorliegende Zusage der Präsidentin des nordrhein-westfälischen Landtages, Regina van Dinther, der Übernahme der Patenschaft für die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen vor 50 Jahren im Rahmen einer Veranstaltung im Landtag zu gedenken. Zudem habe Kulturstaatssekretär Grosse-Brockhoff seine Teilnahme an der 40-jährigen Feier seit Gründung der Siebenbürger-Sachsen-Siedlung in Drabenderhöhe, die vom 16. bis 18. Juni 2006 stattfindet, zugesagt.

Der Bundesvorsitzende kündigte des Weiteren an, dass die von der Landsmannschaft initiierte Städtepartnerschaft zwischen Schäßburg und Dinkelsbühl im Rahmen eines Festaktes am 30. September 2006 in der mittelfränkischen Stadt offiziell besiegelt werde. Dürr forderte die Kreisgruppen auf, sich für weitere Partnerschaften zwischen deutschen und siebenbürgischen Kommunen zu engagieren: „Sie sind ein Stück Zukunft im zusammenwachsenden Europa.“

Bundesobmann Volker Petri betonte, dass Österreich zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehabe und einen EU-Beitritt Rumäniens im Jahr 2007 befürworte.

Dechant Klaus Daniel bedauerte, dass die Rückgabe des Gemeinschaftseigentums in Rumänien, trotz novellierter Gesetzgebung, vielerorts verzögert werde, da die Bürgermeister die Fragebögen der zentralen Rückgabekommission (noch) nicht beantworteten. Dennoch spüre die Evangelische Landeskirche einen positiven Wind: „Die Immobilienrückgabe erleichtert unsere Arbeit. So kann die Honterusgemeinde in Kronstadt die Folgekosten des Altenheimes Blumenau tragen, das neuerdings über 38 Plätze verfügt“, sagte Dechant Daniel. Das sei aber eher die Ausnahme. Angesichts der jüngsten BMI-Planungskonferenz äußerte Pfarrer Daniel die Hoffnung, dass sich die Bundesregierung im Sinne des 1992 unterzeichneten Freundschaftsvertrages auch künftig für die deutsche Minderheit in Rumänien engagieren werde.

Daniel Thellmann, Bürgermeister der Stadt Mediasch, berichtete über die Anstrengungen Rumäniens, seine „Hausaufgaben“ zu erfüllen und als „ernster Partner“ wahrgenommen zu werden – im Hinblick auf die Aufnahme in die Europäische Union. Während die Probleme der Straßenkinder und der Adoptionsgesetze praktisch gelöst seien sowie das Rechtswesen funktioniere, sprach sich Thellmann für eine großzügige Regelung des Minderheitenschutzes aus. Der Gesetzesentwurf wird zurzeit kontrovers im Bukarester Parlament erörtert. Der Forumsvertreter bat die Föderation der Siebenbürger Sachsen, sich in politischen Gesprächen für eine konstruktive Lösung der „Minderheitenfrage“ in Rumänien mit einzusetzen.

Aus den Berichten der Landesvorsitzenden war zu entnehmen, dass die Mitgliederzahlen der Landsmannschaft in Deutschland vorwiegend in den nördlichen, aber auch in den südlichen Landesgruppen leicht zurückgehen. Initiativen zur Werbung neuer Mitglieder und zur Sicherung des Mitgliederbestandes wurden daher in Baden-Württemberg, Bayern, aber auch in Hessen gestartet, wo im letzten Jahr erstmals die Zahl der Mitglieder gehalten werden konnte, wie Landesvorsitzender Wilhelm Folberth berichtete. Die Vorsitzenden der Landesgruppen planen erstmals eine gemeinsame Sitzung, um praktische Erfahrungen auf Länderebene auszutauschen, etwa im Bereich der EDV-Mitgliederverwaltung, die von Land zu Land unterschiedlich ist und noch nicht nahtlos an die der Bundesgeschäftsstelle anknüpft.

Die Stellvertretende Bundesvorsitzende, Doris Hutter, berichtete über die Tagung des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften in Bad Kissingen und die dort von ihr vorgelegten Grundsätze partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Landsmannschaft und HOG-Verband. Zudem brachte Hutter den Wunsch junger Siebenbürger vor, anschauliche Beiträge über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen sowie Darstellungen von Blaskapellen und Musikbands in der Siebenbürgischen Zeitung zu lesen.

Über die Rechtslage bei der Aussiedleraufnahme berichtete der zuständige Bundesrechtsreferent Dr. Johann Schmidt. Das neue Zuwanderungsgesetz sei am 1. Januar 2005 in Kraft getreten, habe aber keine wesentlichen Änderungen für die bereits restriktive Aussiedleraufnahme der Deutschen aus Rumänien mit sich gebracht. So seien im letzten Jahr lediglich 39 Neuzugänge aus Rumänien registriert worden. Für die Aufnahme sei nun das Bundesverwaltungsamt zuständig. Den Deutschen aus Rumänien, die über eine RU-Nummer verfügten, werde die Aufnahme in die Bundesrepublik nicht mehr (wie bisher in einigen Bundesländern praktiziert) durch Rechtsmittel erschwert.

Viele Anfragen erreichten den Bundesrechtsferenten bezüglich des Lastenausgleiches in Zusammenhang mit der Rückgabe in Rumänien. Rechtsanwalt Schmidt empfiehlt den Betroffenen, vorsorglich Anträge an die zuständigen Lastenausgleichsämter zu stellen, um die Höhe der Rückzahlungen in Erfahrung zu bringen, die im Falle einer Eigentumsrückgabe in Rumänien an die deutschen Behörden zu entrichten seien.

Mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe über die Fremdrentenkürzungen sei noch in diesem Jahr zu rechnen, erklärte Bundesrechtsreferent Ernst Bruckner. Das Gericht habe ihn informiert, dass eine Entscheidung im ersten Quartal anstehe (siehe Interview in dieser Ausgabe).

Bundeskulturreferent Hans-Werner Schuster stellte die Kulturprojekte 2006 vor, die zum Teil im Zeichen dreier großer Ereignisse des kommenden Jahres stehen: das 50-jährige Jubiläum der Patenschaft der Landes Nordrhein-Westfalen für die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen sowie Luxemburg einerseits und Hermannstadt andererseits als Kulturhauptstadt Europas. Der Bundeskulturreferent wurde beauftragt, alle Fördermöglichkeiten für eine Beteiligung der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen an den Kulturereignissen auszuloten und entsprechende Vorschläge zu erarbeiten. Des Weiteren sind heuer Tagungen der Kulturreferenten, Frauenreferentinnen sowie Blaskapellen- und Theatergruppenleiter vorgesehen. Im Rahmen des Kulturaustausches innerhalb der Föderation der Siebenbürger Sachsen gastieren vom 9. bis 17. Juli 2006 eine sächsische Tanzgruppe und eine Band aus Cleveland (USA) in Österreich und Deutschland. Gesucht werden drei bis fünf Kreisgruppen, die die Gastgeberrolle übernehmen.

Der Heimattag 2006 wird vom Bundesverband der Landsmannschaft mit Unterstützung des Landesverbandes Bayern ausgerichtet und soll die kulturell-wissenschaftlichen Leistungen der Siebenbürger Sachsen in Deutschland thematisieren. Zu erwarten ist eine starke Beteiligung der bayerischen Kreisgruppen, aber auch der Kultureinrichtungen in Gundelsheim, die sich in mehreren Ausstellungen präsentieren werden.

Über die aktuelle Lage des siebenbürgisch-sächsischen Kulturzentrums in Gundelsheim berichtete Karin Servatius-Speck, Stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft. Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) unterstützte das Museum im Rahmen einer Projektförderung, das auch in diesem Jahr eine reiche Ausstellungs-, Forschungs- und Publikationstätigkeit entfalten werde. Die 2004 begonnene teilweise Umgestaltung der Dauerausstellung komme gut voran. Mit finanzieller Unterstützung des BKM seien, ebenfalls auf Schloss Horneck, Umbauarbeiten geplant, um neue Räumlichkeiten für Wechselausstellungen zu schaffen.

Der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturrat, die Siebenbürgische Bibliothek mit Archiv und das Siebenbürgen-Institut verfügen über begrenzte personelle Ressourcen: eine ganze Bibiothekarsstelle, eine 60prozentige Geschäftsstelle und mehrere Minijobs. Der Bundesvorstand beschloss, den Bereich Minijobs für 2006 mit 4 000 Euro zu bezuschussen. Zudem sind weitere Gespräche mit dem Patenland Nordrhein-Westfalen geplant, um neue Projektförderungen in die Wege zu leiten.

Ein vielseitiges Programm plant die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (SJD) auch in diesem Jahr. So will sich die Jugend zu Pfingsten abermals tatkräftig in den Trachtenumzug, die Einzeldarbietungen der Tanzgruppen, das Gemeinsame Tanzen und in viele andere Veranstaltungen des Heimattages in Dinkelsbühl einbringen. Mitte Juli unternehmen die jungen Leute wieder eine Segelfahrt auf dem Ijssel-Meer in Holland, am 17. September vertreten sie die Siebenbürger Sachsen beim Trachten- und Schützenzug des Münchner Oktoberfestes und am 28. Oktober 2006 veranstalten sie in Möglingen bei Ludwigsburg ihren 15. Volkstanzwettbewerb im Zeichen des 20-jährigen Jubiläums der SJD, erläuterte Ingwelde Juchum, Stellvertretende Bundesjugendleiterin der SJD.

Mit den Online-Medien (Internetauftritt unter www.siebenbuerger.de und Newsletter) habe die Landsmannschaft ihre Reichweite enorm gesteigert, berichtete Internetreferent Robert Sonnleitner. So werden zurzeit rund 4 000 Besucher pro Tag gezählt, eine Million Seiten werden monatlich abgerufen, 6 400 Personen beziehen den kostenlosen Newsletter, um nur einige Zahlen zu nennen. Der Internetauftritt setzt die landsmannschaftlichen Ziele im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit um, sagte Sonnleitner. „Wir gewinnen neue Sympathien und schaffen breites Interesse an siebenbürgisch-sächsischer Kultur.“ Erfolgreich sei der Internetauftritt auch deshalb, weil stets neue Bereiche das Interesse der Leser wecken. So entwickeln die Webmaster zurzeit ein siebenbürgisch-sächsisches Quiz gemeinsam mit Studium Transylvanicum. Eine technische Erneuerung der fünf Jahre alten Homepage ist inzwischen erforderlich. Der Bundesvorstand beschloss, den „Relaunch“ des Bereiches „SbZ-Aktuell“ zu finanzieren, um ein barrierefreies Layout und RSS-Feeds für die Artikel und Veranstaltungsdatenbank zu ermöglichen.

Die „Richtlinien des Herausgebers für die Konzeption der Siebenbürgischen Zeitung“ wurden auf Antrag des stellvertretenden Bundesvorsizenden Dr. Bernd Fabritius einstimmig geändert. Einen Textvorschlag hatte der geschäftsführende Bundesvorstand und der Presseauschuss des Bundesvorstandes in einer Sitzung am 28. Januar 2006 in München erarbeitet. Laut neuen Richtlinien obliegt die Auswahl der aktuellen Berichterstattung der Redaktion der „Siebenbürgischen Zeitung“, die sich mit dem Vorstand der Landsmannschaft (das heißt nach Paragraph 10 Absatz 1 ihrer Satzung: mit dem Bundesvorsitzenden und den stellvertretenden Bundesvorsitzenden) im Sinne der Tendenzverwirklichung abstimmen muss. Die Praxis wird damit an die landsmannschaftliche Satzung angepasst.

Des Weiteren billigte der Bundesvorstand den Haushalt 2005 und verabschiedete den Haushaltsplan für das laufende Jahr. Die Bundesgeschäftsstelle unter Erhard Graeff habe „gut gewirtschaftet“, stellten die Teilnehmer der Bundesvostandssitzung fest, die in einer konstruktiven Atmosphäre verlief.

Siegbert Bruss


Schlagwörter: Tagungen

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