Oskar Pastior war Informant der Securitate?

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getkiss
schrieb am 26.09.2010, 09:44 Uhr
Da die Kommentarfunktion nur Verbandsmitgliedern offen ist, denke ich, dieses Thema ist umfassender und auch so zu kommentieren.
Und weil einige behaupten,"es war ja nur einmal", habe ich ein Fragezeichen gesetzt.
Bitte um weitere Kommentare.
bankban
schrieb am 26.09.2010, 10:03 Uhr
Ja, sieht so aus. Nur: was er wann und über wen und v.a. wieviel Konkretes und Genaues und Belastendes er der Secu mitgeteilt hat, weiss man nicht (noch/nicht mehr?).

Die Zwangslage, in der es sich befand, muss bei einer genauen und umsichtigen Bewertung des Falles auch berücksichtigt werden.

Ich denke, dass wir, die wir die 50-er und 60-er Jahre nicht als Erwachsene (oder gar nicht) erlebt haben, können gar nicht nachvollziehen, was es damals bedeutet hat, so einer Organisation ausgeliefert zu sein.
getkiss
schrieb am 26.09.2010, 12:46 Uhr
Also, die Rechtfertigung die man Pastior zuspricht ist m.E. nicht allen zugesprochen worden. Es gibt auch andere Fälle von Druckausübung durch die Securitate - oder im allgemeinen durch die Partei und kommunistische Regierung.

Und, seien wir mal ehrlich, wie viele von uns können die Hand ins Feuer legen, ob wir nicht irgendwann in einem privaten Gespräch den einen oder anderen Mitbürger oder Freund kritisierten.

Jetzt, im Nachhinein, wissen wir es genau das es richtig ist, was wir nur ahnten: Es wurde alles und alle überwacht, die Leute, die Partei und Staat leiteten, hatten eine chronische Psychose: Nur keinen Widerspruch hören! Und bei so etwas schreckten die vor nichts zurück.

Darum finde ich es merkwürdig, dass gerade die, die die Diskussion angestoßen haben aus der Reihe der Schriftsteller, jetzt andere Maßstäbe anlegen.

Bei allen IM-s fand sich eine Verpflichtungserklärung. Im Falle Herta Müller existieren sogar zwei Dossiers. Einer, der ihre Verfolgung nachweist, der andere, der sie als IM-Christina ausweist, wird von Ihr als eine Fälschung beschrieben. Wie steht es eigentlich in diesem Dossier, ist da eine Verpflichtungserklärung gefunden worden? Wie war es mit den West-Reisen, wieso hat sie die bekommen? Ich z.Bsp. durfte nicht mal nach Ungarn, weil Jahre zuvor mein Bruder weggelaufen ist aus dem "Paradies". Die Frage der West-Reisen wurde auch von ihr noch nicht aus den olympischen Höhen beantwortet....Sie hat damals auch die LM angegriffen, war das vielleicht Dank für den Pass?

Horst Samson schrieb in seinem Beitrag, siehe:

www.fnp.de/fnp/welt/kultur/im-dienst-des-terrors_rmn01.c.8208707.de.html
"«Oskar Pastior ist gestorben, aber tot – wie heute alle vermelden – ist er nicht. Wenn du, lieber Andreas, aufmerksam nach oben guckst, wirst Du ein großes PastiOhr am Himmel sehen, denn der Oskar ist verschmitzt genug, um uns heute und in den nächsten Tagen alle abzuhören, was ihm so nachgerühmt und – gerufen wird», mailte ich am Freitag, 6. Oktober 2006, an meinem Freund, den Dichter und Auslandsredakteur der «Berner Zeitung», Andreas Saurer. Wie sich das mit dem «PastiOhr» noch drehen, wenden und verändern würde, hätte ich in kühnsten Alpträumen nicht geahnt."
Was für eine Vor-Ahnung:"ein großes PastiOhr".
Wir haben (noch immer) nicht die Gewissheit, ob diess Ohr nur zeitweilig geöffnet war, oder auch fortgesetzt wirkte, alles ist noch im Fluss.

Und weiter schreibt Samson:
"Doch schlagartig sind auch die kränkenden Worte der Schriftstellerin Eva Demski, Vorsitzende des Hessischen Literaturforums, wieder präsent. Als Werner Söllner sich 2009 als Informant der Securitate geoutet hatte, eilte sie ihm mit der desolaten Behauptung zu Hilfe: «Es gibt in diesem ganzen Emigrantenzirkel wahrscheinlich keinen einzigen Engel mit schneeweißen Flügeln». Welch ätzende Beleidigung all jener, die dem Druck und den Drohungen des Securitate-Apparates widerstanden haben! Eginald Schlattner, Werner Söllner, jetzt der Büchner-Preisträger Pastior – man kann sich vor Gram nur wohl noch betrinken. Wann ist die «IM-Liste» komplett, wie viele potenzielle Kandidaten gibt es noch?"

Genau. Nur der Druck wurde auf alle ausgeübt, durch das gesamte Regime....wenn auch in den 70-ern und später in anderen Formen, doch genau so brutal...
getkiss
schrieb am 26.09.2010, 13:06 Uhr
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch eine weitere Sache. Es wird berichtet, Pastior hat in einem mit Grete Löw, (von der er vermutete Sie wäre wegen der Verbreitung seiner Lagergedichte zu 7 Jahren verurteilt worden) die Sache zu bereinigen versucht, Herta Müller beschreibt ihn als recht skrupulösen Menschen.

OK, aber wieso wird nicht berichtet,
www.faz.net/s/RubD3A1C56FC2F14794AA21336F72054101/Doc~EC6BE9C9FB08F4060AFDCD535206487BC~ATpl~Ecommon~Sspezial.html

das in dem Fall:
"Der Literaturwissenschaftler Stefan Sienerth, der zahlreiche Akten rumäniendeutscher Schriftsteller gesichtet hat, berichtet, er habe in der Akte der Bukarester Germanistin Ruth Kisch einen Bericht des Informanten „Stein Otto“ gefunden..."

sich Pastior ebenfalls um ein Gespräch mit Entschuldigung bemüht hätte? Vielleicht wissen wir nichts davon? Lebt die bespritzelte noch, wo, was sagt Sie dazu? Oder hat Ihr Fall weniger gewicht, weil nicht so berühmt (gemacht)?
joker
schrieb am 27.09.2010, 14:20 Uhr
Wir wurden erpresst Ich verstehe meinen Freund, den Dichter und Securitate-Spitzel Oskar Pastior. (Dieter Schlesak)


Oskar Pastior im Zwielicht: Herta Müller über Pastior

Herta Müller bewundert ihn, und sie ist enttäuscht: Oskar Pastior war Securitate-Spitzel. Seine Verpflichtungserklärung findet sich in seiner Stasi-Akte.
getkiss
schrieb am 27.09.2010, 18:57 Uhr (am 27.09.2010, 19:03 Uhr geändert).
Danke joker.
Dieter Schlesak, in der Zeit:"Der lebensbedrohende Terror war nicht die bunte, im Westen bekannt gewordene rote Königszeit Ceauşescus. Es war nicht jene relativ freie Zeit von 1964 bis 1971, in der wir unsere Texte fast ohne Zensur veröffentlichen konnten. Es war nicht einmal die neue Eiszeit der achtziger Jahre, die von jüngeren Dissidenten für die Terrorzeit gehalten wird. Nein, die wahre Terrorzeit war die Stalinzeit, wo Dissidenten undenkbar waren, sofort verhaftet wurden und oft für immer verschwanden."

Wie wahr, es war noch immer die Stalin-Zeit, Gh.-Dej lebte noch. Der Baragan war seit kurzem vorüber, aber die ungarische Revolution warf ihre Schatten, die Paranoiden witterten überall Verrat....

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