Gut und Böse auf der Welt

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Kurt Binder
schrieb am 07.01.2024, 06:51 Uhr
Lamento doloroso

Der Winter kommt ins Schwabenland
bis heute ziemlich unerkannt,
wie man so sagt: Inkognito -
darüber sind wir alle froh!

Was bringt schon Schnee und Eis uns Alten,
die wir uns kaum auf Beinen halten,
schon bald auf allen Vieren krabbeln
und kösttlich wirres Zeug nur brabbeln?

Geschweige denn noch Schlittschuh fahren,
oder wie einst, in jungen Jahren,
auf Bretteln oder Schlittenkufen,
mit fröhlichen „Ski Heil!“ Zurufen
gar zackig fegten, flott und munter
den steilsten Berg wie nix hinunter.

Den Winter heut, wie’s aussieht. kennt der
geplagte Mensch nur vom Kalender.
So ist mit alldem leider Schluss,
auch Pistenrutschens Hochgenuss;
was uns noch bleibt, ist Daumenlutschen -
mit Hinten übers Leintuch rutschen.

Kurt Binder
schrieb am 10.01.2024, 09:38 Uhr
Gut und - besser

Hermes* im Dilemma

Der Weg von unsrer Haustür bis zum grünen Hoftor beträgt genau 28 Meter. Um dahin zu gelangen, muss ich also aus dem Haus hinaustreten, dann 28 Meter und um drei Ecken herum gehen, und schon steh ich vor dem Hoftor - so einfach ist das bei uns. Die Schwierigkeit beginnt jedoch mit der täglichen Zustellung der Post. Und das geht so:
Der Postbote parkt genau vor dem Hoftor, steigt aus, klemmt sich die uns von freundlichen Bekannten zugedachte Post in die Finger, öffnet das Hoftor, geht genau zwei Schritte bis zum Briefkasten, wirft due Post ein, geht genau zwei Schritte zum Hoftor zurück, tritt auf die Straße, und ...
“Schließt das herzige, grüne Hoftor leise hinter sich ... “, jubeln wir ahnungsvoll! Falsch, denn er läßt es sperrangelweit offen stehn - offener es geht nicht, steigt in sein dottergelbes Postauto und fährt einfach davon - vor das nächste Hoftor.
Na toll - denn jetzt muss ich alter, müder, relativ verbrauchter Mann von der Haustür, wie eingangs zentimetergenau beschrieben zum Hoftor wanken, es schließen, die Post dem Briefkasten entnehmen, und auf dieselbe Weise, nur umgekehrt wieder zurück ins Haus kommen.
Natürlich wurmte mich diese Schlamperei dieses coolen Hermes-Verschnitts, und ich bat ihn, das Hoftor zu schließen, wenn er hinausginge, da er es ja auch geschlossen vorgefunden hätte. Er betrachtete mich wie ein Alien, murmelte etwas von großer Eile, Zeitnot und anderen Begriffen, die mir, alle zusammengeschnürt zu verstehen gaben, dass es ihm unmöglich sei, das Hoftor zu schließen. Als ich ihm jedoch augenzwinkernd 10 Euronen in die Pranke drückte, rang er sich ein Lächeln ab, nickte und ging.
Doch kaum war er auf der Straße, da blitzte es vielversprechend durch die unergründlichen Wellen meiner grauen Masse, und ich sagte zu mir:
“Kurt“, sagte ich, und ließ auf Grund meiner eben erblitzten Erkenntnis einen folgenschweren Dialog mit mir folgen. „du (wir duzen uns) hast eben 10 Euro weggeschmissen!“
“Wieso denn das?“, erkundigte ich mich ärgerlich. „Der Mann wird künftig das Hoftor hinter sich schließen, oder?“
“Das ist anzunehmen, zumindest solange die 10 Euro reichen. Aber ist dir entgangen, wie oft du jeden Tag umsonst zum Briefkasten gegangen bist, weil die Post noch nicht da war?“ Jetzt kam ich ins Grübeln.
“Sprich weiter!“, orderte ich mir gespannt.
“Du musstest also nur durchs Fenster lugen: Ist das Hoftor geschlossen, ist noch keine Post gekommen – steht es aber offen, so weißt du mit Sicherheit, dass du die zwei mal 28 Meter nicht umsonst gehen musst!“ Verflixt, ich hatte Recht - das stimmte, umd ich rief Hermes nach:
“Hallo – hören Sie, lassen Sie das Hoftor bitte doch offen, wenn Sie hinausgegangen sind, okay?“ Er betrachtete mich wie ein Alien, murmelte etwas von Typen, die micht wissen was sie wollen, die ihm nur die Zeit rauben – kurz, alles zusammengeschnürt gab er mir zu verstehen, dass er auf Grund von 10 Euronen verpflichtet sei, das Hoftor zu schließen. Da drückte ich ihm augenzwinkernd einen 20 Euro Schein in die Pranke, er rang sich ein zweites Lächeln ab, nickte und ging.
Erleichtert, dass ich dies schwierige Problem so elegant gelöst hatte, ging ich zurück ins Haus. Doch bald wurden meine Schritte sehr nachdenklich, und ich beschloss, aus meiner verstaubten Hausbibliothek für alle Fälle Kants „Kritik der reinen Vernunft“ herauszukramen, und es mir gründlich zur Brust zu nehmen.


*) Hermes, griechischer Gott, geflügelter Götterbote
Maikind
schrieb am 11.01.2024, 06:47 Uhr
Guten Morgen Kurt,
köstlich deine Geschichte!

ich hatte die glorreiche Idee heute morgen als erstes ins Forum zu schauen, weil sich mein Schlaf frühzeitig verabschiedet hatte, und musste sooo lachen!!

dein Gedankengang und vor Allem das Zwiegespräch und zum Schluss die Erkenntnis
Ja! fehlt mir auch oft der zweite Blick, damit vorschnelles Urteilen
Tag gerettet!!

Danke dir fürs Mitteilen!
Kurt Binder
schrieb am 12.01.2024, 11:06 Uhr
Hallo, liebe Ute, ich kann nur sagen: Mann tut, was Mann kann - aber das mit Überzeugung und Hingabe. Danke Dir für Deinen Lachanfall ;-))) ! Du hast Dich hoffentlich wieder erholt davon.
Ich freue mich natürlich, wenn ich erkenne, dass ich an den Interessen unsrer Leser nicht vorbeischreibe!

Herzlichen Grüße von Kurt
Kurt Binder
schrieb am 20.01.2024, 18:35 Uhr
Der verhängnisvolle Unterschied
Eine spezielle Abend-Story

Ich habe früher gerne Kartoffeln mit Butter zum Abendbrot gegessen. Das ist richtig - stimmt aber nicht ganz. Wenn ich nämlich zum Abendbrot Kartoffeln mit Butter esse, müsste es ja ‚Abendkartoffel’, und nicht Abendbrot heißen! Und das klingt mir derart blöd, dass ich lieber gänzlich auf diese Abendmahlzeit verzichten möchte, als mich selbst zum Banausen deutscher Wortprägungen zu verstümmeln.
Der Entschluss zu diesem Entzug des vorletzten Abendvergnügens wurde mir unverhofft von einem anderen Umstand abgenommen. Ich esse nämnlich Kartoffeln mit Butter nicht mit Butter, sondern mit – Snnenblumenmargarine. Die gute Nachricht dazu ist, dass diese billiger als Butter ist. Die schlechte ist, dass die Butter nur zwei Silben hat, und die Sonnenblumenmargarine - ganze acht! Wenn ich also abends hungrig werde, und an Kartoffeln mit Sonnenblumenmargarine denke, schlafe ich regelmäßig ein, noch bevor ich diese zu Ende gedacht habe. Und deshalb sage ich immer „Kartoffeln mit Butter“, und nicht „mit Sonnen ... blu ...blu ... men ... ma ... mar ... gari ... rie ...nää ...“
Schnarrrch ...
Kurt Binder
schrieb am 27.01.2024, 06:21 Uhr
TV-Floskeln, Teil 1 / 2
in einen plausiblen Zusammenhang eingebunden

Ein Mann torkelt total besoffen durch die Nacht, kommt an das Ufer eines Flusses, fällt natürlich hinein – und sackt sofort ab. Während er untergeht, weil er nicht schwimmen kann, gurgelt er mit dem letzten Atemzug:
“Jetzt brauch ich einen Drink!“

In einer üblen Gegend eines üblen Viertels einer Großstadt wird ein Mann in einer dunkeln Gasse von einer Horde Betrunkener zusammengeschlagen. Wie er so keuchend halb tot da liegt, kommt ein anderer Mann vorbei, beugt sich über ihn und erkundigt sich höflich:
“Alles in Ordnung?“

Kommt ein Mann nachhause - und überrascht seine Frau mit dem Hausfreund im Bett. Wie vom Donner gerührt, stottert er:
“Aber ... aber Mausi– wie kannst du mir das antun?“ Sagt Mausi locker:
“Ach – bist du etwa eifersüchtig?"

Ein junges Ehepaar streitet sich über Nichtigkeiten. Sie geraten sich in die Haare – und prügeln sich letztendlich. Nach zwei Dutzend blauer Flecken sagt er:
“Ich muss jetzt zur Arbeit fahren – dann bis heute Abend! Ich liebe dich!“
“Ich liebe dich auch!“, stöhnt sie, und zieht den spitzen Holzspan vom rechten Tischbein aus dem linken, ebenfalls blauen Auge heraus.

Teil 2 folgt morgen
Kurt Binder
schrieb am 28.01.2024, 06:56 Uhr
TV-Floskeln, Teil 2 / 2
in einen plausiblen Zusammenhang eingebunden


Eine 5-köpfige Eskimofamilie lebt zusammengepfercht in einem kleinen Iglu. Im Fernseher läuft ein Film mit Brad Pitt. Sagt Akna, die jüngste Tochter:
“Ach, mit dem würde ich auch mal gerne lachen!“ Ruft der Eskimo-Papa erböst:
“Schäm dich, Akna - geh sofort auf dein Zimmer!“

Ein junges Ehepaar joggt durch die Natur. Plötzlich sturkelt sie über einen Stein, fällt auf die Nase, bricht sich den Arm, kullert einen Steilhang hinunter, schürft sich an einer rissigen Baumrinde die halbe Haut vom Leib, ein vorüberlaufender Frechdachs beißt ihr ein Ohr ab ...
Der Ehemann galoppiert ratlos neben ihr her, und kurz bevor sie unten in die dufte Tunke einer Kläranlage hineinplatscht, fragt er ermunternd:
„Gehts wieder?“

Eine ältere Frau sitzt gemütlich vor dem Fernseher. Da klopft es ungeduldig an die Tür. Sie läßt es eine Weile klopfen, weil sie eine überaus pikante Sequenz zu Ende sehen will. Als nach einer halben Stunde das Klopfen beinahe die Tür eingebrochen hat, erhebt sie sich mühsam, geht zur Tür und ruft missmutig:
“Ja – ich komm ja schon!“

Nach der freundlichen Übernahme eines kleinen Unternehmens in einen Konzern schließt der große Boss mit den Worten:
“Jetzt, wo wir alle Klarheiten beseitigt haben, können wir den Vertrag ja unterschreiben!“
„Ja, das sehe ich auch so!“, pflichtet der gekaufte Boss bei. „Es sei denn ... “
“Es sei denn – waaas?“, fragt der große ungehalten.


Kalkuliere, dass ich TV-Freunden*innen damit nix Neues erzählt habe ;-)) !
Kurt Binder
schrieb am 04.02.2024, 07:19 Uhr
Ein Fall für die Schleuder

Heute Morgen ratterte ein Traktor an meinem Haus vorbei. Da ich auf dem Dorf lebe, ist das eine normale, alltägliche Erscheinung. Doch dieser uralte Hanomag machte wirklich einen unzumaubaren Krach, der an ein Maschinengewehr-Trommelfeuer aus dem Ersten Weltkrieg erinnerte. Ich ging also auf die Straße hinaus, hielt ihn an, und fragte höflich – eine meiner angeborenen Tugenden, ob es ihm möglich wäre, mit seinem vorsintflutlichen Traktor nicht so viel Kravall zu machen.
Der Fahrer, ein Hüne von einem Kerl sah mich erstmal kalt an, wie ein hungriger Wolf, der auf das Kaninchen vor ihm hinunterblickt. Dann trat er das Gaspedal voll durch, donnerte mit Vollgas mehrere Runden um das Haus, zauberte ein paar Fehlzündungen dazwischen, und zwar immer dann, wenn er an mir vorbeifuhr. Dabei zeigte er mir lautstark den hocherhobenen Mittelfinger, und donnerte dann mit einem Gesichtsausdruck davon, der alles ausdrückte, was Goliath in diesem Augenblick empfinden musste, als er seinem David gegenüberstand.
Ich aber stand da – nein, nicht belämmert, sondern wie einer, der etwas Neues gelernt hat. Der Mann wurde hier geboren, also ist er sogar verpflichtet, aus seinem, egal wie altem Gefährt soviel Krach wie nur möglich herauszuholen, auch um seine geometrischen Ausdehnungen in eine entsprechende Begleit-Akkustik zu hüllen.
Aber wehe ihm, wenn er mit denselben ankrachenden Allüren in der Nacht zwischen 22 und 0:00 Uhr die gleichen Provokationen zelebrieren sollte, gerade wenn ich mir den zweiten Beziehungs-Horror-Katastrophen-Krimi von Rosamunde Pilcher unter die Haut, ins Herz oder sonstwohin gehen lassen möchte! Tja, dann gnade ihm ... na ja, wer auch immer, aber dann ... na ja, was auch immer - aber bis dahin lasse ich mir sicher etwas, den konkreten Umständen angemessenes einfallen.

Eine Idee hätte ich jetzt schon, und es ist mir ein dringendes Bedürfnis, sie euch mitzuteilen. Es ist uns ja bekannt, dass in grauer Vorzeit David den Goliath mit einer Steinschleuder gekillt hatte. Rein zufällig habe ich gestern in unsrem Amtsblatt gelesen, dass die Goliathe in meinem Dorf selten geworden sind, und die Nachfrage nach Steinschleudern demzufolge gesunken ist. Und so waren diese ab heute im Sonderangebot, und sollten zu Schleuderpreisen verschleudert werden.
Obwohl ja die Goliathe keine gefährdete Art sind, werde ich jetzt gleich ins Steinschleuder-Geschäft gehen, und mir sofort eine kaufen. Und eine intuitive Stimme rät mir, die Schleuder Tag und Nacht mit mindestens zwei Steinen bei mir zu tragen. Denn es besteht die Möglichkeit, dass die Goliathe inkognito wie die Aliens immer unter uns sind. Und so kann jeder, sogar meine herzige Nachbarin locker eine inkognitoisierte Goliathin sein!
Kurt Binder
schrieb am 15.02.2024, 09:18 Uhr
Das Andere

Der ‚kluge’ Mensch war immerzu bereit,
aus purer Vorsicht schon zur Zwistigkeit.
Er bastelte erst Schwerter anstatt Pflüge,
vor Wahrheit erst die diplomat’sche Lüge.

Denn niemals kann man einem andern trauen,
der anders, als man selbst ist anzuschauen,
der statt Spagetti, Spätzle oder Reis,
verschlingt bloß einen gelben Brei aus Mais!

Trägt jener andre Jeans, statt Haute Couture,
fehlt dem für wahre Werte das Gespür,
und wenn er gar ‘ne fremde Sprache spricht,
ist er grundsätzlich schon ein Bösewicht!

Und glaubt der Kerl, die oberste Instanz,
die hieße Manitu, und nicht FINANZ,
muss man natürlich, in FiNANZes Willen
den Andersglaubenden entschlossen killen!

So scheint es schwierig, den Konflikt zu meiden;
und da in vielem sich die Geister scheiden,
der Blick verblendet ist, vom Hass getrübt,
wird manche Untat skrupellos verübt.

Drum wende, Mensch, entschlossen um das Blatt!
Du musst mit Achtung einfach nur, anstatt
dich wegen Unterschieden umzulegen,
in Frieden - die Gemeinsamkeiten pflegen!
Kurt Binder
schrieb am 23.02.2024, 09:57 Uhr
„Homo, wo ist dein ‚sapiens’ geblieben?“

Eine einfache Frage eines einfachen, unbekannten Menschen an die Befürworter und Vorantreiber des Vorstoßes in die Unendlichkeit des Universums:
„Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!“
Bemerkenswert - und nie war dieser intuitive Weckruf aktueller als heute!

Eine weitere einfache Frage eines einfachen, unbekannten Menschen:
“Wäre es eine Diffamierung unsrer selbst, zu behaupten, dass der Mensch von heute ein bewusster Wegbereiter und Beschleuniger alles Vergänglichen ist?“

Heute als Optimist, als Pessimist oder als irgendein andrer –mist zu einer Sache zu stehen, ist gleichermaßen riskant.
Ein Skeptiker ti[c]kt jedoch immer richtig!
Kurt Binder
schrieb am 26.02.2024, 17:36 Uhr
Der Mumpitz

Ein Mumpitz meldete, ganz abgebrannt,
sich arbeitslos bei einem Arbeitsamt,
weil ja auch Mumpitze sehr gerne hätten,
wie andre Leute auch, ein paar Moneten.

Der Schaltermann beäugt’ ihn erstmal bloß,
denn irgendetwas schien ihm sehr dubios;
bis heute nämlich war in der Kartei
noch niemals so ein Mumpitz mit dabei.

Drum knurrte der Beamte ziemlich bos:
„Ein Mumpitz ist bei uns nie arbeitslos!
Ob Nonsens, Schnickschnack oder Firlefanz -
in unserm Staat hat jeder seine Schanz’!“

Und weil der Kerl sich nicht genierte,
zu sein, was nicht sein darf, und doch passierte,
hat er denselben äußerst dienstbeflissen,
sprich: kurzerhand sofort hinausgeschmissen.

Sogleich erschnuppert’ die Jurisprudenz
in diesem Fall ein lästig Präzedenz,
und somit ward der Ignorant aus diesem
vollkomm’nen Staate - gänzlich ausgewiesen.

Ach ja - beinah vergaß ich es zu sagen:
Das, was beim Arbeitsamt sich zugetragen,
das war nicht etwa in Europa oder Asien -
nein, es begab sich jüngst erst in - Phantasien!

Kurt Binder
schrieb am 02.03.2024, 18:45 Uhr
Nodinken - ohne Lachen

“Es ist angerichtet“ - so hieß eine Komiksendung, die im April 1985 erstmalig ausgestrahlt wurde.
Und es ist makaber zu erleben, dass das, was auf unsrem Planeten bis heute angerichtet wurde, alles andre als komisch ist!
Wir können nur hoffen, dass die Besinnung bald über die Unvernunft siegt, bevor es erneut heißt:
“Es ist vollbracht!“
Kurt Binder
schrieb am 07.03.2024, 06:57 Uhr
Leckeres in Goldstone*

Im Sinne einer folgerichtigen Abwicklung der Geschehnisse, werde ich erstmal entgegen des Datenschutzes das Geheimnis eines allmorgendlichen Rituals preisgeben, dessen Bewandnis sich im folgenden Verlauf mehr und mehr verdeutlicht. Ich schicke voraus, dass mein Frühstück in keinster Weise einem der üblichen, von Empfehlungen und gesundheitswirksamen Prognosen begleiteten Menüs auch nur ähblich schmeckt.
Nach einem schüchternen Schlückchen Ţuică de prune schmiere ich mir zunächst zwei große Fettbrote, die ich, von dem aus Zwetschken destillierten Appetit-Katalysator angeregt verzehren werde. Sodann hole ich aus einem Glas 13 entsteinte Kalamata-BIO-Oliven (beste Ernte) mit reichlich Salzlake heraus, lege sie in ein Kompottschüsselchen, und genieße sie esslöffelweise mit jeweils reichlich Sabber. Nach dieser Phase gieße ich mir ein Glas voll BIO-Gemüsesaft ein, und trinke ihn eiskalt langsam, schluckweise fragmentiert. Das nicht nur, weil er mir höllisch gut schmeckt, sondern weil ich zum ultimativen Genuss, und zur farbharmonischen Abrundung meines Breakfastes noch eine kleine Handvoll lustig gefärbter und geformter Nahrungsergänzungspillen einstreue.
Nun, nachdem mich das Murmeltier als mein täglich grüßender Gast auch heute angemurmelt hat, genehmige ich mir das, heute nicht gerade schüchterne Schlückchen Ţuică. Dann schneide ich zwei Scheiben Brot, und beginne, das erste mit Fett zu beschmieren. Und da es nicht zu meinen Unarten gehört, beim Genuss von zu viel Fett gemäß der Lebensweisheiten aus dem Kompendium unsrer Altvorderen zu „schemmern“, erlaube ich dem Fett, sich für diese seine extrem kurze Lebensdauer eben etwas dicker auftragen zu lassen. .
Und wie ich so mit Hingabe erlaube ... und erlaube, war es auf einmal Punkt 7 Uhr. Doch tat sich diese Zeitangabe nicht bescheiden und nervenschonend kund – oh nein, ganz im Gegenteil. Das schrille Stacatto der Kuckucksuhr gesellte sich zu dem Westminster-Klang der chinesischen Standuhr. Durch die Resonanz dieses akkustischen Pakts verstärkt, überlagerte sich der Kuckuck mit dem Dröhnen des Big-Ben Verschnitts zu einer wahren Trommelfell-Zerreißprobe.
Ich war darüber derart erschrocken, dass mir das üppig erlaubte Fettbrot aus den Fingern flutschte, und - wie es sich für ein braves Fettbrot gehört (ist auch für Butterbrote gültig), mit der Fettschicht nach unten auf meinen nagelneuen schwarz-gelb-grün rhombierten Pullunder klatschte.
Nun, ich hoffe, dass Olaf als Urheber dieses Modetrends keine Urheberrechte darauf angemeldet hatte, und – dass seine Pullunder gegen einen intimen Kontakt mit Fettbroten versichert sind! Ich quitierte diesen bedauerlichen Zwischenfall, bzw. Fettbrotfall mit einer länger hallenden Pflichtübung der Missbilligung, eben wie es sich für einem Mann gehört – denn das war ich meiner Männlichkeit schuldig!
Also gestärkt durch meinen entschlossenen Vergeltungsschlag an das den Pullunder anpöbelnde Schicksal, schmierte ich, nichts weiter Böses ahnend das zweite Brot ebenso freizügig mit Fett. Und da auch Fettbrote lernfähig sind, flutschte mir auch dieses aus den ahnungsvollen Fingern, und klatschte, dem Beispiel seines Vorklatschers folgend, wie bekannt mit der Fettschicht nach unten usw.- wie in den beiden vorangegangenen Abschnitten detailliert geschildert.
Das war entschieden zu viel. Ich war mit den Nerven am Ende, und wenn in diesem Augenblick vor mir ein Galgen mit einem herabhängenden Strick gestanden hätte – Freunde, auch wenn ihr es nicht glauben werdet, aber in dieser seelischen Tiefst-Verfassung würde ich keinen nano-Augenblick zögern, ihm keck zuzurufen:
“Na, du Galgenstrick?“
Zugegeben - als Pointe reichlich dürftig. Aber eigentlich wollte ich ja nur das Augenmerk auf das originelle Frühstück lenken, auf das bislang noch kein Proni aus der Sternenflotte gekommen ist!

*) Gültstein - ich dachte, ein bißchen Solidarität mit der fortschreitenden Englifizierung, und den diversen Kochshows könnte unsrer Allgemeinbildung nicht schaden.
Kurt Binder
schrieb am 20.03.2024, 09:38 Uhr
Stillleben mit Elch 1

Wir schlürften gerade Kaffee, knabberten argentinische Käsetortillas, und lasen zwecks Veredelung unsrer Allgemeinbildung in der Zeitschrift „Alles über Eva“ interessiert die aufregende Biographie eines Supermodels von morgen, als es läutete. Da ich gerade den Mund voll hatte, machte ich meiner Frau ein sanftes Zeichen mit der linken Hand, was etwa dies bedeutete:
„Schatz, da ich gerade den Mund voll habe, und folglich im Augenblick mit keinem Menschen sprechen kann, sei bitte so lieb und schau mal nach, wessen Begehr es ist, uns zu so unpassender Stunde beim Kaffee mit argentinischen Käse-Tortillas zu stören!“ Tief beeindruckt von der Höflichkeit meiner Geste nickte Isolde* dreimal ergeben mit dem Kopf, was etwa dies bedeutete:
„Ja, ich geh ja schon! Es ist so wie immer, wenn es läutet: Mann fühlt sich gestört, also muss Frau springen!“ Und die dunkle Röte in ihrem Gesicht fügte hinzu: „Wäre langsam Zeit, diese Sexisten aufzuklären, was man heute eigentlich unter gleichberechtigtem Zusammenleben versteht!“
Sie hatte noch nicht ausgenickt, da klopfte es hart an die Tür. Zur Bekräftigung meines Arguments stopfte ich für alle Fälle schnell noch eine Handvoll Käsetortillas in den Mund, während Isolde durch den Flur zur Tür ging. Doch schon nach wenigen Sekunden kam sie schreckensbleich wieder zurück. Ich sprang erschrocken auf.
„Um Gottes Willen, Schatz, was ist geschehen? Wer ist da?“ Sie ließ sich schwer atmend auf den Stuhl fallen und deutete in den Flur. Ich sah hinaus, doch da war nichts zu sehen. Isolde japste nach Luft und zeigte weiter in den Flur in Richtung Eingangstür. Ich rüttelte sie sanft.
„Nun sag schon - wer ist da?“ Sie schluckte zweimal und antwortete bebend:
„Da draußen ... draußen vor der Tür ... da ... da ...“
„Ja, was ist da draußen vor der Tür?“ Ihr Gesicht war derart von Angst verzerrt, dass ich aus dem Schlafzimmer für alle Fälle meinen schweren Iron-Golfschläger des Typs 9 holte. Dann fragte ich noch einmal:
„Also, Schatz, wer ist da draußen?“ Sie sah mich total verstört und verängstigt an, und stotterte:
„Du wirst es nicht glauben, aber vor ... vor der Tür steht - ein Elch!“
„Ein - Elch?“ Unfähig weiter zu sprechen, nickte sie nur heftig.
„Na ja, dann gibt es ja keinen Grund zur Beunruhigung“, dachte ich und warf den Schläger auf das Sofa. Meine Frau hatte sich einen kleinen Scherz erlaubt, der ihr wahrhaftig gelungen war, und den Ausdruck der Angst hatte sie wirklich meisterhaft auf ihr Gesicht gezaubert. Doch - wer war nun wirklich an der Tür? Um ihr den Spaß nicht zu verderben, lachte ich wiehernd auf.
„Natürlich ein Elch - was denn sonst? Okay, Spaß geglückt, und - weißt du was? Ich hab dir einen Moment lang tatsächlich geglaubt - ist das nicht toll? Aber, nun mal im Ernst - wer ist draußen?“ Isolde jedoch lachte nicht mit, sondern saß immer noch versteinert da und flüsterte:
„Ich habs dir doch gesagt - ein Elch!“ Sie zuckte mit keiner Miene, und ihre Pose hätte jedem hochkarätigen Mimen Ehre gemacht. Ich legte meine Hand auf ihre Stirn und fühlte ihren Puls. Donnerwetter, sie vermochte sogar, ihre Körperfunktionen zu dirigieren, denn die Stirn war heiß und der Puls hämmerte mit 157 Schlägen pro Minute. Doch dann pochte es wieder an die Eingangstür, nun schon etwas härrter. Langsam begann ich ungeduldig zu werden.
„Aber Schatz, wie kann vor der Tür ein Elch stehen? Elche leben ja im hohen Norden und nicht in Herrenberg!“
„Aber es ist ein Elch!“, beharrte sie. „Und - ein sehr großer!“
„Okay, nehmen wir mal an, es ist ein Elch. Was glaubst du, wie oft man ihn auf seinem Weg zu uns abgefangen hätte? Also, auch wenn draußen ein Elch stünde, könnte er nicht bis zu uns gekommen sein!“ In der Hitze meiner Argumentierung bemerkte ich den zum Himmel schreienden Widerspruch gar nicht. Wenn dieser einen Zeigefinger hätte, würde er sich jetzt bezeichnenderweise an die Stirn tippen!
„Es ist ein Elch!“ Mein Gott, wie konnte ich ihr denn bloß klar machen, dass aus hundert Gründen vor unsrer Tür kein Elch stehen konnte?

*) Name geändert


Teil 2 folgt morgen


Kurt Binder
schrieb am 21.03.2024, 06:32 Uhr
Stillleben mit Elch 2

„Hör mal, Schatz, wenn ein Elch aus Lappland zu Fuß zu uns marschiert, muss er ja eine Menge fressen; ich meine nur, dass das immerhin über 3000 km sind! Und auf den Straßen kann er leicht überfahren werden!“
„Dann ist er wahrscheinlich durch die Wälder gelaufen!“
„Da wäre er sicher hundert Mal von Jägern erschossen worden. Elchwurst schmeckt, wie du weißt, sehr gut! Also - kann kein Elch vor unsrer Tür stehen!“
„Es ist ein Elch!“ Nichts zu machen mit meiner Frau. Sie behauptete stur, dass draußen ein Elch stünde und an unsrer Tür poche. Denn dass jemand draußen war, stand wohl fest, weil es jetzt wieder klopfte, laut und ungeduldig.
„Und - was meinst du, was dein Elch von uns will?“, grinste ich.
„Vielleicht hatte er einen Unfall“, mutmaßte Isolde, „und will nur mal schnell telefonieren!“
„Klar“, spottete ich, „weil er ein Handy ja nur schlecht halten kann! Jetzt hör mal zu, Schatz, ein Elch könnte doch nie und nimmer unsre Treppen heraufsteigen; er würde sich schon beim ersten Versuch die langen Beine brechen!“
„Vielleicht hat er sie gebrochen, und braucht nun unsre Hilfe!“
„Dann geh doch bitte und sieh nach!“, forderte ich sie auf.
„Warum gehst du nicht?“, konterte sie. „Du bist doch der Mann!“
„Ach soo, du meinst falls es eine Elchkuh sein sollte? Das wäre natürlich etwas anderes. Aber - du weißt ja, dass ich eine ausgeprägte Elchophobie habe!“
„Aber die Elchwurst in Norwegen hat dir, wie ich mich lebhaft erinnere, ganz gut geschmeckt, nicht wahr?“
„Das ist etwas anders. Es ist ein großer Unterschied, ob man eine Wurst essen oder mit ihr kämpfen soll! Denn einem Elch Auge in Auge gegenüber zu stehn, halte ich nicht aus, nachdem mich so ein Vieh in den Dreck bugsiert hat, bloß weil ich seine blöde Kuh gestreichelt habe. Vielleicht ist es sogar derselbe!“
„Das heißt also, dass du mir glaubst, dass ein Elch vor der Tür steht?“, triumphierte sie.
Nein, tat ich natürlich nicht, aber ich wusste auch nicht, wie ich Isolde das Gegenteil beweisen könnte. Was wäre aber, wenn sie doch Recht hatte und draußen wirklich ein Elch stand? Denn nun donnerte es so heftig an die Tür, als würde diese im nächsten Augenblick in tausend Stücke zersplittern!
„Ich meine nur ... also mal angenommen, dass du Recht hast und draußen wirklich ein Elch steht, dann ist er sicher einem Zirkus entlaufen und will uns nur nach dem Weg fragen. Müssten wir ihm dann nicht hefen?“ Über Isoldes Züge huschte ein dankbares Lächeln. „Das wollte ich eigentlich die ganze Zeit sagen!“ Da fielen mir diese Science-Fiction-Games ein, wo durch einen unbeabsichtigten Knopfdruck plötzlich die Traumfrau vom Bildschirm heruntersteigt. Von einem Traumelch hatte ich zwar bisher noch nie gehört, aber die Geschmäcker sollen ja sehr verschieden sein.
„Und was sollen wir jetzt deines Erachtens tun?“, erkundigte ich mich. Da es bei uns üblich war, dass in den schwierigen Fragen und Problemen meine Frau entscheidet, erhob sich dieselbige und sagte:
„Mit einem Elch ist sicher nicht zu spaßen, und deshalb sollten wir jetzt etwas tun!“
„Gut - dann geh bitte zur Tür und frag ihn, was er will!“ Isolde ging vorsichtig durch den Flur zur Tür. Ich nahm den Golfschläger (Iron, Typ 9) wieder in beide Hände, stellte mich in die Ecke des Zimmers und gab ihr so strategische Rückendeckung. Doch schon nach wenigen Sekunden kam sie schreckensbleich wieder zurück. Ich sprang schnell aus der Ecke hervor und hob den schweren Eisenschläger drohend hoch.
„Um Gottes Willen, Schatz, was ist geschehen? Hat dich der Elch angegriffen?“ Sie schüttelte den Kopf.
„Nein, nein - es ist nur die Nachbarin!“
„Ach soo“, sagte ich und warf den Schläger aufs Sofa. „Aber warum bist du so erschrocken?“ Isolde atmete tief durch.
„Sie behauptet, vor ihrer Haustür stünde ein Elch!“

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