Harald Moderator Beiträge: 9 Von:D-71334 Waiblingen Registriert: Jan 2001
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erstellt am 12.05.2001 um 21:07 Uhr
Siebenbürgische Migrationen Schwerpunkt Katzendorf Im Familienbuch der evangelischen Kirchengemeinde Katzendorf finden sich gelegentlich Hinweise auf Auswanderungen. Bei Personen, wo in der Bemerkungsspalte irgendein „fremder“ Ortschafts- oder Ländername auftaucht, hören in der Regel weitergehende Informationen auf: für die Gemeinde existieren sie einfach nicht mehr. Im Anhang des Familienbuches gibt es jedoch andererseits eine tabellarische Übersicht, in der ein großer Teil dieser Emigranten eigens noch einmal erfasst ist, und außerdem noch eine weitere Liste, die speziell die Auswanderungen nach Amerika dokumentiert. Hier finden sich auch Angaben von „Anlaufadressen“ in den Vereinigten Staaten. Aus all diesen Daten konnte ich eine Gesamtauswanderungsliste zusammenstellen, die allerdings mit ihrem Umfang von 15 DIN-A-4-Seiten den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Die Liste bezieht sich auf einen Personenkreis, der in der zweiten Hälfte des 19. und ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Gemeinde zeitweilig oder engültig verlassen hat. In der Darstellung handelt es sich eigentlich um das Phänomen der Migration an sich, und nicht unbedingt nur um physische Personen. Das heißt, dass in einigen Fällen dieselben Personen mehrfach „migrierten“. Grundsätzlich wird dabei (mit wenigen Ausnahmen) weder die Flüchtlingswelle vom September 1944, noch der große Exodus nach 1990 berücksichtigt. Diese Bewegungen können zu einem späteren Zeitpunkt, eventuell anhand einer Fragebogenaktion, erfasst werden. Katzendorf zählte im untersuchten Zeitraum insgesamt 280 Hofstellen, davon waren 152 sächsische Höfe. Aus diesen haben 348 Migrationen stattgefunden, also im Durchschnitt mehr als zwei Auswanderungen je Hofstelle. Nehmen wir (willkürlich !) als Vergleichszahl die sächsische Ortsbevölkerung von 541 Einwohnern im Jahre 1941, ist die Migrationsquote doch recht erheblich. Als Hauptmigrationsziel erscheint in der Tabelle Amerika, mit 144 Auswanderungen, davon 142 in die USA. An zweiter Stelle rangiert Rumänien, mit 125 Migrationen: 97 mal als Ausland, vor dem 1. Weltkrieg, und 28 mal als Inland, zwischen den beiden Kriegen. Die Ursache der Abwanderungen sind dieselben wie auch in vielen anderen sächsischen Ortschaften in Siebenbürgen: die beschränkte Fläche des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens und der Bevölkerungsüberschuss durch Kinderreichtum, also hauptsächlich wirtschaftliche Faktoren. Wenn es sich bei den Migrationen nach „Rumänien“ mehrheitlich um die Aufnahme zeitweiliger Arbeitsverhältnisse handelte, überwiegen bei dem Zug nach Amerika die endgültigen Aussiedlungen. Endgültig erscheint daher hier auch in den meisten Fällen der Abbruch der Beziehungen zum Herkunftsort, und, bedingt durch den Integrationszwang, der allmähliche Bewusstseinsschwund für die familiäre Herkunft. Umso erfreulicher mutet es an, wenn in jüngerer Zeit in Amerika in verstärktem Maße wieder das Bedürfnis nach dem Wissen um die „europäischen Wurzeln“ hochkommt. Paul Kreutzer junior aus Youngstown hat diesen Trend in seinem Referat im September 1996 in Leipzig in beredter Weise deutlich gemacht. In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch Monika Ferrier aus Kanada (Hamilton/Ontario) erwähnen, die sich um die Praxis des „interkontinentalen genealogischen Brückenschlags“ besonders verdient gemacht hat und in sehr vielen genealogischen Fragen stets gerne zu einer kompetenten Auskunft bereit ist.
[Dieser Beitrag wurde von Harald am 29.05.2001 editiert.] IP: gespeichert |