(Wappen) Siebenbuerger Sachsen in Baden-Württemberg (Wappen)
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2.2 Die Konsolidierung der Landesgruppe (1966-1999)

Alfred Mrass

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2.2.1. Die Landsmannschaft in der Zeit des Vorsitzenden Arthur Braedt 1966-1975

Siebenbürger Sachsen
Arthur Braedt, Landesvorsitzender

Arthur Braedt, 1914 in Budapest geboren und in Bistritz aufgewachsen, war 1963 nach Deutschland gekommen. In Rumänien war er Lehrer am deutschen Gymnasium und Leiter des Schiller-Kulturhauses in Bukarest gewesen. Schon kurz nach seiner Übernahme in den baden-württembergischen Schuldienst stellte er sich der siebenbürgischen Gemeinschaft zur Verfügung und wirkte im Landesvorstand der Landsmannschaft mit. Mit seiner Wahl zum Landesvorsitzenden begann eine besonders fruchtbare und intensive Zeit landsmannschaftlicher Arbeit, oft von ihm selbst sehr ausführlich in den Spalten der Siebenbürgischen Zeitung dokumentiert.

Gleich nach seinem Amtsantritt versuchte Arthur Braedt eine neue Aufteilung der Landsleute aus Baden-Württemberg in den Kreisgruppen vorzunehmen, wobei die tatsächliche Streuung der Wohnorte berücksichtigt wurde. Am 20. Januar 1967 kam es in der Gaststätte des Neckarstadions unter seiner Leitung zur Gründung der Kreisgruppe Stuttgart der Landsmannschaft. Stuttgart war ein weißer Fleck auf der Karte der Kreisgruppen. Allerdings sei daran erinnert, dass in Stuttgart die Landesgruppe selbst und die Blaskapelle als eigener Verein intensiv tätig waren. Erster Vorsitzender der Kreisgruppe wurde Helmut Bahmüller, der kurz zuvor die Leitung der Geschäftsstelle der Landsmannschaft übernommen hatte. In die Amtszeit von Arthur Braedt fällt auch die Gründung der Kreisgruppen Rastatt (20.11.1966), Freiburg (23.4.1967) und der Nachbarschaften Tübingen (15.10.1966) und Offenburg-Lahr (22.4.1967). Ganz besondere Leistungen waren gemäß Aussagen Kurt Rheins und Arthur Braedts die Gründungen der Kreisgruppen Konstanz-Singen und Ulm, wo Erwin Schwarz schon längere Zeit Landsleute um sich geschart hatte.

Unter der Leitung von Arthur Braedt stieg die Landesgruppe Baden-Württemberg nach Bayern zur zweitgrößten Landesgruppe in Deutschland auf. Sie hatte 1968 in zwölf Kreisverbänden und drei Nachbarschaften 1321 Miglieder.

Die Jahre 1966-1968 waren geprägt von den Aktionen zur Sammlung von Finanzmitteln für die Gedenkstätte in Dinkelsbühl (Einweihung 1968), jene ab 1970 durch das Sammeln von Hilfsgütern für Hochwassergeschädigte in Rumänien. Aus Baden-Württemberg gingen in der Zeitspanne 1970–1972 60.000 Kleidungsstücke und 87.344 DM an Spenden nach Rumänien. Die Landesgruppe bezahlte dabei über 23.000 DM für Transportkosten (SbZ vom 30.4.1972).

Die Kulturtätigkeit unter der Leitung von Hildegard Höchsmann und die Frauenarbeit unter Elfriede Ihl und Elsa Zimmermann nahmen in dieser Zeit einen großen Aufschwung. 1969 fand aus Anlass der 120. Wiederkehr des Todestages von Stephan Ludwig Roth, dem großen siebenbürgischen Politiker, Pädagogen und Theologen, im Weißen Saal des Neuen Schlosses in Stuttgart eine herausragende Feierstunde mit   einer Festansprache von Prof. Dr. Otto Folberth, Salzburg, statt (s. auch Kulturteil).

Bei der Hauptversammlung am 12. Oktober 1975 kandidierte Arthur Braedt nach fast zehnjähriger Tätigkeit als Vorsitzender aus Gesundheitsgründen nicht mehr. Der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft Erhardt Plesch würdigte die Person Braedt bei der Verabschiedung folgendermaßen:

"Ich sehe die Arbeit als Bundesvorsitzender, als Vorsitzender einer Landesgruppe oder einer Kreisgruppe als eine Verpflichtung an, eine Verpflichtung, das Beste für seine Landsleute zu geben. Genauso hat Arthur Braedt die Aufgabe als Vorsitzender seiner Landesgruppe verstanden. Ich meine, dass er zu den Persönlichkeiten der Siebenbürger Sachsen gehört, die in Treue zu ihrer Gemeinschaft, im Vertrauen zu seinen Mitarbeitern, im Vertrauen zu dem Bundesvorsitzenden in beispielhafter Einsatzbereitschaft und in vorbildlicher Zuverlässigkeit dieses Amt zehn Jahre lang erfüllt hat. Zehn Jahre als Vorsitzender erfordern viel Geduld. ... Es ist eine Leistung, die sich in der Bundesrepublik, in welchem Land immer, sehen lassen kann" (SbZ vom 31.10.1975).

Arthur Braedt wurde in derselben Hauptversammlung zum Ehrenvorsitzenden und zum Sprecher der Landesgruppe Baden-Württemberg gewählt.

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2.2.2. Die Jahre 1975-1978

Siebenbürger Sachsen
Dr. Udo Pieldner, Landesvorsitzender

Die Hauptversammlung vom 12. Oktober 1975 hatte Dr. Udo Pieldner zum Landesvorsitzenden in Baden-Württemberg gewählt, nachdem er schon einige Jahre vorher das Amt des stellvertretenden Bundesvorsitzenden bekleidet hatte.

Seit Mitte der siebziger Jahre wurden Fragen der Heimatpolitik der Siebenbürger Sachsen, besonders die Ausreise aus Siebenbürgen und die Familienzusammenführung, in der Landsmannschaft sehr intensiv diskutiert. Auslöser waren die Tatsachen, dass Rumänien am 9. Dezember 1974 den Zwangsumtausch für Besuchsreisende aus der Bundesrepublik eingeführt und die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) von Helsinki im Jahr 1975 das Recht auf Freizügigkeit und Familienzusammenführung bestätigt hatte. Zwischen Landsmannschaft und Hilfskomitee ergab sich eine hitzige Debatte um die Frage "In Siebenbürgen bleiben oder gehen", wobei sich Vetreter des Hilfskomitees für den Verbleib in der Heimat und die Landsmannschaft für das Recht auf Freizügigkeit des Einzelnen einsetzten. Die Kontroversen erreichten 1977 einen Höhepunkt durch die Behauptung von Hans Philippi "Landsleute in der Bundesrepublik stehlen den Brüdern in Siebenbürgen die Heimat" (Zitat nach Bruckner, 1995: 30).

Die Landsmannschaft hatte sich aus ihrer Position heraus wiederholt bei der Bundesregierung dafür eingesetzt, dass denjenigen Landsleuten, die aus Rumänien ausreisen wollten, die Ausreise auch gestattet werde. Die Bemühungen hatten Erfolg. Anlässlich eines Besuches von Bundeskanzler Helmut Schmidt bei Präsident Nicolae Ceausescu in Bukarest im Januar 1978 wurde eine Quote von 11.000 Ausreisenden aus Rumänien pro Jahr sowie die Begleichung von Ausgleichszahlungen festgelegt.

Am 14. November 1975 hielt Dr. Udo Pieldner zu Fragen der Heimatpolitik im Hotel Wartburg in Stuttgart den Vortrag "Warum konnten die Siebenbürger Sachsen 800 Jahre lang leben und warum ist ihre Existenz heute in Frage gestellt?" (SbZ vom 15.12.1975). Eine Arbeitstagung der Kreisgruppenvorsitzenden und der Kreisfrauenreferentinnen im November 1976 in Stuttgart behandelte dasselbe Thema (SbZ vom 15.12.1976), wobei Dr. Pieldner dazu seine Meinung darlegte.

Der Landesvorsitzende Dr. Udo Pieldner versuchte mit anderen Organisationen von Vertriebenen, z. B. mit den Landsmannschaften der Sudetendeutschen, der Dobrudschadeutschen und auch mit den zuständigen Stellen der Botschaft der Sozialistischen Republik Rumänien zusammenzuarbeiten. Dabei entstanden zwischen ihm und dem Bundesvorstand Differenzen, die dann schließlich zu seinem Rücktritt im März 1977 führten. Seine engen Mitarbeiter bedauerten diesen Schritt sehr (Rhein, 1980: 5). Die beiden Stellvertreter Kurt Rhein und Helmut Bonfert führten danach die Arbeit bis zur nächsten Delegiertenversammlung am 12.02.1978 mit Erfolg weiter und konnten eine Spaltung innerhalb der Landesgruppe verhindern. Ein Wahlausschuss unter der Leitung von Arthur Braedt bereitete die Neuwahlen vom 12. Februar 1978 vor und überarbeitete die Gliederungsordnung der Landesgruppe.

Bedeutsam ist für die Zeitspanne 1975-1978 die Tatsache, dass im Herbst 1976 in Stuttgart das Haus der Heimat in der Schlossstraße 92 eröffnet wurde. Die Geschäftsstelle der Landsmannschaft wurde am 8.Oktober 1976 aus der Daneckerstraße dahin verlegt (SbZ vom 15.10.1976). Fortan hatten die Siebenbürger Sachsen im Haus der Heimat für ihre Aktivitäten eine Wirkungsstätte und sie nutzen sie bis heute sehr intensiv. Sie sind der Landesregierung dafür sehr dankbar. Ein weiteres Zeichen der Fürsorge der Landesregierung für die Vertriebenen war auch die erstmalige Ernennung eines Landesbeauftragten für Flüchtlinge, Vertriebene und Kriegssgeschädigte von Baden-Württemberg durch den damaligen Innenminister Karl Schiess in der Person des Rektors Karl Nyc (SbZ vom 15.09.1976).

Unter Dr. Pieldner erhöhte sich die Mitgliederzahl der Landesgruppe Baden-Württemberg auf 2861 (1977).

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2.2.3. Die Landsmannschaft in der Zeit von Hans-Wolfram Theil 1978-1985

Siebenbürger Sachsen
Dipl.-Arch. Hans-Wolfram Theil, Landesvorsitzender

Auf der Delegiertenversammlung vom 12. Februar 1978 wurde Hans-Wolfram Theil zum Landesvorsitzenden gewählt. Hans-Wolfram Theil, in Schässburg geboren, hatte im Jahr 1950 in Stuttgart ein Architekturbüro eröffnet, das er 35 Jahre lang betrieb. Als Bildhauer ist er der Schöpfer der Gedenkstätte in Dinkelsbühl sowie mehrerer Plastiken siebenbürgischer Persönlichkeiten. Bereits in den fünfziger Jahren hatte er die Funktion des stellvertretenden Landesvorsitzenden bekleidet.

Bei der Übernahme des Vorsitzes durch Hans-Wolfram Theil zählte die Landesgruppe Baden-Württemberg in 21 Kreisgruppen und 7 Nachbarschaften 2780 Mitglieder (Stand am 31.12.1977; Bericht des Bundesvorstandes der Landsmannschaft an den Verbandstag von 1980, 102). Die Familienzusammenführung der fünfziger und sechziger Jahre war in der Zwischenzeit zur Aussiedlung geworden, so dass jährlich ca. 1000 Neuankömmlinge aus Siebenbürgen in Baden-Württemberg zu verzeichnen waren. 45 Übergangswohnheime sowie das Sozialreferat der Landesgruppe (Leiterin Gerda Rosenthal) und die Aussiedlerbetreuer in den Kreisen standen den Landsleuten zur Verfügung.

Um die Nachbarschaften in der Landesgruppe aufzuwerten, beschloss der Landesvorstand sie in vollwertige Kreisgruppen umzuwandeln. Dieses geschah in Aalen, Bietigheim-Bissingen, Gundelsheim, Leonberg-Ditzingen, Ludwigsburg, Tübingen und Waiblingen. Die Kreisgruppen Weingarten-Ravensburg, Göppingen und Heidenheim wurden neu gegründet. Ende 1982 bestand die Landesgruppe folglich aus 31 Kreisgruppen mit insgesamt 4122 Mitgliedern.

Wegen Differenzen mit dem Landesvorstand in Stuttgart bezüglich einer größeren Eigenständigkeit aller badischen Kreisgruppen kam es 1979 zu einem geschlossenen Rücktritt des Kreisvorstandes Karlsruhe (Vorsitzender Paul Bortmes). Dieser Konflikt wurde in der Sitzung des Bundesvorstandes vom 19. Oktober 1980 beigelegt.

Besonders bedeutsam für das gute Funktionieren der Landesgruppe mit ihren steigenden Mitgliederzahlen war die Tatsache, dass es dem neuen Vorstand in den ersten Jahren gelungen war, die Mitgliederverwaltung zu optimieren, den Mitgliedsbeitrag von allen Mitgliedern einzuziehen und damit der Landesgruppe eine solide finanzielle Basis zu schaffen. Der Bericht an den Bundesverbandstag 1983 führt an, dass der durchschnittliche Beitragseingang pro Mitglied und Jahr von 38 DM im Jahr 1980 auf 46 DM im Jahr 1982 erhöht werden konnte (regulärer Mitgliedsbeitrag in den Jahren 1978–1983 48 DM/Mitglied). Dieses Ergebnis ist dem Kassenwart und stellvertretenden Landesvorsitzenden Richard Löw zu verdanken, der nach dem Verzicht von Paul Bortmes (1978) und nach dem plötzlichen Tod von Paul Thellmann (1979) dieses Amt übernommen hatte und erfolgreich gestaltete.

Da es in Baden-Württemberg keine geschlossene Siedlung von Siebenbürger Sachsen gab, so wie in Drabenderhöhe in Nordrhein-Westfalen, griff der Landesvorstand Anfang der achtziger Jahre eine entsprechende Aufforderung der Stadt Crailsheim auf. Bauwillige Landsleute, die bereit waren, in einer siebenbürgischen Siedlung ihre Heime zu errichten, wurden aufgefordert, sich zu melden. Leider wurde dieses Vorhaben nicht umgestzt, da infolge der jahrelangen Verzögerungen viele Interessenten absprangen, so dass der Landesvorstand deshalb 1984 seine Bemühungen einstellte (SbZ vom 15.3.1984).

In die Zeit von Hans-Wolfram Theil als Landesvorsitzender fällt auch der Beitritt der Landesgruppe zum Bund der Vertriebenen (BdV), Landesverband Baden-Württemberg. Dem Abschluss der entsprechenden Vereinbarung vom 15. März 1985 waren seit Januar 1983 andauernde Überlegungen und Prüfungen des Landesvorstandes vorausgegangen.

1985 gab Hans-Wolfram Theil sein Architekturbüro in Stuttgart auf und übersiedelte zum 30. Juni 1985 nach München. Die Landesgruppe wurde daraufhin bis zum 22. Februar 1986 von den Stellvertretern Otto Depner und Konrad Stamm geführt. Ministerialdirigent Stemmler vom Innenministerium Baden-Württemberg schrieb an Hans-Wolfram Theil zum Abschied :

"Die stets besonders harmonische und sichtbar erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Siebenbürger Sachsen im Bereich der ostdeutschen Kultur in unserem Lande ist vor allem auch Ihrem persönlich so chevaleresken Wirken zu verdanken" (SbZ vom 15.8.1985).

Die Landesgruppe Baden-Württemberg zählte beim Ausscheiden von Hans-Wolfram Theil 4800 Mitglieder (SbZ vom 15.8.1985).

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2.2.4. Die Landesgruppe unter der Führung von Richard Löw 1986-1995

Siebenbürger Sachsen
Richard Löw, Landesvorsitzender

In die Amtszeit von Richard Löw als Landesvorsitzender fällt die politische Wende in Rumänien und damit die starke Zunahme des Aussiedlerstromes in die Bundesrepublik Deutschland und auch nach Baden-Württemberg. Schon 1986 kamen monatlich über 1000 Aussiedler und Übersiedler aus der DDR in den Südwesten (SbZ vom 30.4.1986). Der damalige Landesbeauftragte für Vertriebene, Flüchtlinge, Aussiedler und Kriegsgeschädigte in Baden-Württemberg, Ministerialdirigent Helmut Haun, verglich die Zahl mit jener der ersten Nachkriegsjahre, als die deutschen Vertriebenen ins Land strömten. Gleich nach dem Krieg waren die Schwierigkeiten der Unterbringung und der Aufnahme jedoch unvergleichlich größer. Inzwischen gab es ein perfektioniertes staatliches Aufnahmesystem, in dessen Rahmen die 39 Übergangswohnheime in Baden-Württemberg eine wichtige Rolle spielten.

Die Landesgruppe Baden-Württemberg intensivierte nach 1989 die Betreung der Aussiedler wesentlich. Für alle Übergangswohnheime gab es Betreuer, die die angekommenen Landsleute besuchten, sie informierten und sehr oft auch Hilfe beim Ausfüllen von Formularen leisteten. Vor allem in der Zeit zwischen 1990 und 1992, als die Aussiedlungswelle aus Siebenbürgen ihren Höhepunkt erreichte, wurden auf Vorschlag von Richard Löw und unter der Federführung der Landesreferentin für Betreuung, Grete-Lotte Scheipner, zusätzliche Betreuergruppen gebildet, die die Gaststätten, Hotels und andere Ausweichquartiere, in denen damals Aussiedler untergebracht waren, besuchten und Betreuungsarbeit leisteten. Insgesamt wurden 18 größere und 76 kleinere Wohnheime betreut (s. Protokoll Landesvorstandsitzung vom 13.10.1990).

Auf diese Weise wurden den Neuankömmlingen Existenz und Funktion der landsmannschaftlichen Vereinigung und der anderen sächsischen Institutionen in Baden-Württemberg bewusst gemacht und es wurde für den Beitritt zu der Landsmannschaft geworben. Es sei jedoch auch nicht verschwiegen, dass angesichts der damals herrschenden Wohnungsnot und als Folge des Anspruchdenkens, das viele Neuankömmlinge der Landsmannschaft gegenüber entwickelten ("Die Landsmannschaft soll mir eine Wohnung und eine Arbeitsstelle beschaffen!"), sich viele enttäuscht abwandten. Solche Haltungen von Neuankömmlingen, die auch durch die zentralistische Steuerung in der Gesellschaft im kommunistischen Rumänien bedingt waren, konnten von den Betreuern schwer verkraftet werden.

Der Landesvorsitzende Richard Löw machte in diesen Jahren eindringlich darauf aufmerksam, dass der Zuzug die einmalige Chance bietet, die Anzahl der Landsmannschaftsmitglieder zu erhöhen und den Fortbestand der Gemeinschaft auf lange Jahre zu sichern. Vor diesem Hintergrund und auf Initiative des Pressereferenten Alfred Mrass wurde ein Wettbewerb unter den Kreisgruppen in Baden-Württemberg gestartet, wer in absoluten Zahlen und wer relativ (bezogen auf die bestehende Anzahl von Mitgliedern) die meisten Neuankömmlinge unter das Dach der Landsmannschaft bringt (siehe SZ vom 15.4.1991). Den Wettbewerb gewannen die Kreisgruppen Heilbronn, Stuttgart und Böblingen (absolute Zunahme) und Öhringen, Aalen und Tuttlingen (relative Zunahme, s. Protokoll der Landesvorstandssitzung vom 16.5.1992). Die Entwicklung der Mitgliederzahlen der Landesgruppe in diesen Jahren ist in der Tabelle des Kapitel 26.5 dargestellt.

Die Tabelle zeigt, dass es Anfang der neunziger Jahre zwar eine hohe Zunahme der Mitgliederzahl gab (Maximum in 1991), dass aber insgesamt die Steigerung der Mitgliederzahl in den Jahren 1989 bis 1992 um 1.888 Mitglieder bei einem geschätzten Zuzug von ca. 20.000 Landsleuten nach Baden-Württemberg zu gering ausgefallen ist. Allerdings muss dabei bedacht werden, dass sich obige Zahlen auf sogenannte zahlende Mitglieder beziehen und dass z.B. die Ehepartner und die Kinder der zahlenden Mitglieder in der Regel auch der Landsmannschaft beitreten, so dass hinter der Zahl von 1.888 eigentlich ca. 3.000 - 5.000 Neumitglieder stehen.

Richard Löw hat die Schwierigkeiten für die landsmannschaftliche Basis-Arbeit durch die Entstehung der Heimatortsgemeinschaften frühzeitig erkannt und kontinuierlich darauf hingewiesen, dass die Kreisgruppen der Landsmannschaft mit den Heimatortsgemeinschaften unbedingt zusammenarbeiten müssen, um das Zusammenwachsen und den Zusammenhalt vor Ort der aus vielen Teilen Siebenbürgens stammenden Landsleuten zu gewährleisten.

Anfang 1990 beschloss der Landesvorstand der Landesgruppe Baden-Württemberg, sich an den Hilfsaktionen nach Rumänien zu beteiligen. Durch die Bemühungen von Horst Fleischer, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden, und in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz Böblingen gelang es, Nahrungsmittel, Medikamente, Einwegspritzen, sechs Rollstühle, 17,4 Tonnen Kindernahrung sowie andere Hilfsgüter nach Hermannstadt zu transportieren.

Die Perspektiven der Landsmannschaft in den neunziger Jahren, Möglichkeiten zur Verbesserungen der Arbeit und der Ergebnisse wurden in einer Sondersitzung des Landesvorstandes am 29. Juni 1991 anhand eines Grundsatzreferates von Otto Depner sowie in einer speziellen Arbeitsgruppe am 14. September 1991 in Göppingen und am 28. September 1991 in Stegen bei Freiburg (Teilnehmer: Konrad Stamm, Klaus Danielis, Waldemar Weber, Alfred Mrass) diskutiert. Als Ergebnis wurden in einer Schrift Vorschläge zur Arbeit der Landesgruppe gemacht (Inhalt und Gliederung der Siebenbürgischen Zeitung, Struktur und Namen der Landsmannschaft, Verhältnis zu den Heimatortsgemeinschaften), die jedoch in den darauf folgenden Jahren nur teilweise umgesetzt werden konnten.

Das 40-jährige Gründungsjubiläum der Landesgruppe Baden-Württemberg im Jahr 1989 wurde mit vier Veranstaltungen begangen, von denen die Festveranstaltung vom 3. Juni 1989 auf dem Killesberg den Höhepunkt darstellte (s. auch Kulturteil).

Der Heimattag 1990 in Dinkelsbühl, von der Landesgruppe Baden-Württemberg aktiv mitgestaltet, war der erste Heimattag, an dem offiziell Gäste aus Rumänien teilnahmen. Außerdem hat Baden-Württemberg auch die großangelegte Feier der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland "850 Jahre Siebenbürger Sachsen" am 27. Oktober 1991 in der Frankfurter Paulskirche mit dem Auftritt seiner vereinigten Chöre würdevoll umrahmt.

Anfang der neunziger Jahre wurde in der Geschäftsstelle der Landesgruppe die elektronische Datenverarbeitung (EDV) für die Mitglieder- und Beitragsverwaltung eingeführt. Zuvor hatte es ständig Beitragsrückstände und Schwierigkeiten bezüglich der Angabe der genauen Mitgliederzahl gegeben. Das Protokoll der Landesvorstandssitzung vom 16. Mai 1992 erwähnt z.B., dass zu diesem Zeitpunkt von 7727 Mitgliedern über 600 ihren Beitrag für 1991(!) noch nicht bezahlt hatten. Durch den Einsatz von Horst Fleischer, Kurt Wagner und der neuen Mitarbeiterin der Geschäftsstelle Elsa Sill (ab 1. Mai 1994 Leiterin der Geschäftsstelle) und durch den Beschluss des Landesvorstandes, die selbstkassierenden Kreisgruppen abzuschaffen und säumige Zahler zum Jahresende auszuschließen, wurde in den darauf folgenden Jahren die Situation entscheidend verbessert .

Melitta Weber und Ines Grempels, den Landesjugendrefererentinnen dieser Jahre, gelang es, neue Jugendgruppen zu gründen sowie die Aktivitäten und die Anzahl der Auftritte der Tanzgruppen zu erhöhen.

Die organisatorische Struktur der Landesgruppe wurde gefestigt und verändert. Eine Neuzuteilung der Gemeinden aus Baden-Württemberg zu den Kreisgruppen der Landsmannschaft fand statt. In Stuttgart wurde 1988 eine Kreisgruppe wieder gegründet (erste Gründung 1967) und 1994 erfolgte die Gründung der Kreisgruppe Biberach, deren Mitglieder bis dahin von Ulm aus betreut wurden. Die Landesgruppe hatte am Ende der Amtszeit von Richard Löw 7837 Vollmitglieder in 33 Kreisgruppen (Stand 18.3.1995).

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2.2.5. Die Landesgruppe in der Zeit von Michael Trein 1995-1998

Siebenbürger Sachsen
Michael Trein, Landesvorsitzender

Michael Trein, Kreisgruppenvorsitzender in Crailsheim und Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Tartlau, wurde am 18. März 1995 in Stuttgart zum Landesvorsitzenden gewählt. Seine Stellvertreter waren Horst Fleischer, Friedrich Stolz und Alfred Mrass.

In die Amtszeit von Michael Trein fallen einige besonders wichtige Ereignisse für die Landesgruppe Baden-Württemberg. Am 6. Mai 1995 fand in Korntal der erste Landesjugendtag mit der Teilnahme von 150 Jugendlichen aus Baden-Württemberg statt. Die Initiative dazu war von Melitta Weber, der ehemaligen Jugendreferentin und damaligen Kulturreferentin der Landesgruppe, ausgegangen, die auch die Leitung der Veranstaltung innehatte (s. auch den Abschnitt "Die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland-Landesgruppe Baden-Württemberg" in dem Kapitel "Die Entwicklung der Jugendgruppen").

In der Landesvorstandssitzung vom 23. September 1995 wurden im Vorgriff auf den Verbandstag 1995 der Landsmannschaft die damals brennenden Fragen wie Änderung des Namens der Landsmannschaft, Änderung der Struktur, Aufgaben und Perspektiven der LM diskutiert. Ausgangspunkt der Diskussion war ein Referat von Alfred Mrass. Einige Teilnehmer wollten den Begriff "Landsmannschaft" durch den Begriff "Verband" ersetzen, ein anderer Teil vertrat die Ansicht, der bisherige traditionelle Namen "Landsmannschaft" solle beibehalten werden.

Am 26. Januar 1996 veranstaltete die CDU-Landtagsfraktion im Landtagsgebäude einen Tag der Aussiedler, bei dem die Landesgruppe Baden-Württemberg einen großen Stand mit Büchern, Kunstgewerbeartikeln, Trachtenteilen u. a. aus Siebenbürgen aufgestellt hatte. Der Stand wurde von vielen Teilnehmern besucht. Dabei wurde als siebenbürgische Spezialität Hanklich serviert, die großen Anklang fand.

Der Heimattag 1996 wurde von der Landesgruppe verantwortlich mitgestaltet. Die Eröffnungsveranstaltung mit der Böblinger Blaskapelle und der Rede des Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion Günter Oettinger aus Baden-Württemberg, das Theaterstück "Äm Ihr uch Gläck"der Mannheimer Kreisgruppe und die Ansprache von Alfred Mrass an der Gedenkstätte  zu Ehren der Toten des Zweiten Weltkrieges sind den Teilnehmern als gelungener Beitrag der Landesgruppe Baden-Württemberg besonders in Erinnerung geblieben.

Im Sommer 1996 (18.6-02.7.1996) unternahm die Stuttgarter Blaskapelle (Dirigent Gernot Wagner) im Rahmen des Kulturaustausches der Föderation der Siebenbürger Sachsen eine Konzertfahrt in die USA und nach Kanada. Das Rathaus Stuttgart beherbergte in der Zeitspanne 13. Februar bis 7. März 1997 die Ausstellung "50 Jahre seit der Deportation der Südostdeutschen in die Sowjetunion", die von der Landesgruppe der Landsmannschaft unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster durchgeführt wurde (siehe auch Kulturteil). Der Landesvorsitzende Michael Trein begleitete Ministerpräsident Erwin Teufel im September 1997 auf einer viertägigen Reise nach Rumänien.

Michael Trein stellte sich nach Ablauf seiner Amtsperiode nicht mehr zur Wahl. Die Mitgliederversammlung wählte am 4.4.1998 Alfred Mrass zum Landesvorsitzenden sowie Christa Andree, Johann Lauer und Michael Konnerth zu seinen Stellvertretern.

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2.2.6. Die Landesgruppe unter der Führung von Alfred Mrass seit 4.4.1998

Alfred Mrass
Alfred Mrass, Landesvorsitzender

Die Arbeit des neuen Landesvorstandes wurde bisher hauptsächlich durch die Vorbereitungen zur 50-Jahr-Feier der Landesgruppe Baden-Württemberg und durch die Erstellung der vorliegenden Dokumentation zu ihrer Geschichte geprägt.

Außerdem wurde die Struktur der Landesgruppe verändert: Die Stuttgarter Volkstanzgruppe und die Kindergruppe sowie der Frauenkreis Stuttgart wurden verwaltungsmäßig der Landesgruppe zugeordnet. Diejenigen Mitglieder, die bisher direkt der Landesgruppe unterstellt waren (ca. 30), wurden der nächstgelegenen Kreisgruppe zugeteilt, damit sie ihre satzungsmäßigen Rechte wahrnehmen können. Es handelt sich insbesondere um Landsleute, die in dem Gebiet Freudenstadt (Schwarzwald) wohnen. Eine Initiative von Johann Lauer, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden, führte zu dem Beschluss des BdV-Landesverbandstages vom 27. Juni 1998, dass sich der Bundesverband für die Rücknahme der 40-Prozent-Reduzierung bei der Fremdrente der Aussiedler einsetzt. Die ab 1. Oktober 1996 geltende Regelung, wonach alle Renten der Aussiedler aus Rumänien und aus Russland für Beitragszeiten in den Herkunftsgebieten pauschal um 40 Prozent gekürzt werden, hat insbesondere rentennahe Jahrgänge empfindlich getroffen. Der Landesvorstand forderte alle Kreisgruppen auf, die Bundestagsabgeordneten auf die Ungerechtigkeit und die Unzulänglichkeit dieser Regelung aufmerksam zu machen.

Im Juli 1998 besuchten die Trachtenkapelle und die Tanzgruppe der Siebenbürger Sachsen aus Youngstown (Ohio) als Gäste der Kreisgruppen Esslingen und Sachsenheim das Land Baden-Württemberg. Die Landesgruppe koordinierte durch Horst Fleischer den Besuch, wobei die Begrüßung in Stuttgart der Ehrenvorsitzende Richard Löw und der Vorsitzende Alfred Mrass vornahmen.

Siebenbürger Sachsen
Teilnehmer an der konstituierenden Sitzung des Landesvorstandes von Baden-Württemberg am 16.06.1998 in Sachsenheim

Für die Geschäftsstelle der Landesgruppe wurde ein eigenes Fax-Gerät angeschafft und ein Internet-Zugang eingerichtet. Hauptdiskussionspunkt der Landesvorstandssitzung vom 17. Oktober 1998 war die Frage nach "Effizienten Methoden zur Steigerung der Anzahl der Landsmannschaftsmitglieder". Dabei wurde beschlossen, einerseits mit neuen Methoden, z.B. kostenloser Bezug der Siebenbürgischen Zeitung über eine bestimmte Zeit, Mitglieder zu werben, andererseits dem Phänomen Austritte aus der Landsmannschaft intensiver entgegenzutreten.

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