(Wappen) Siebenbuerger Sachsen in Baden-Württemberg (Wappen)
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22. Vereinsheime

Michael Konnerth

In einem Arbeitsblatt des Bundeskulturreferats stellt Hans-Werner Schuster, der amtierende Bundeskulturreferent fest:
"Nicht nur durch Paragraf 96 sind wir und die Bundesrepublik zur Wahrung, Pflege und Entwicklung unserer Kultur verpflichtet. Das geschieht in erster Linie, weil es ein Teil und Voraussetzung unserer Identität ist. Und es geschieht in erfreulich breitem Rahmen unter zahlreicher Beteiligung. Wenn es zur Zeit etwas zu beklagen gibt, dann ist das die Infrastruktur. Die verstreute Siedlungsweise unserer Landsleute in der Bundesrepublik steht einer lokalen Bindung hinderlich im Wege und setzt voraus, dass für unsere kulturellen Betätigungen weite Räume zu überbrücken sind. Lokale Bindungen sind aber auch deswegen nicht möglich, weil uns Lokalitäten fehlen: Vereinsräume, Räume für Treffen und Tagungen."
Wohl gibt es in Deutschland einige siebenbürgische Heimatstuben und Räumlichkeiten, die für die Vereinstätigkeit zur Verfügung stehen. In den meisten Fällen sind sie jedoch nicht unser Eigentum, sondern gehören verschiedenen Institutionen, etwa der Kirche, und wir haben, zusammen mit vielen anderen Gruppen, lediglich Zugang.
Welche Bedeutung solchen Lokalitäten zukommt, zeigen die Clubhäuser bzw. Vereinsheime in Übersee, ohne deren Existenz das Bewusstsein gemeinsamen Ursprungs und damit gemeinsamer Kultur wohl kaum überlebt hätte.
Auch ein Blick auf die Aktivitäten der Vertriebenenverbände bestätigt, dass für ihre Entfaltung die kulturellen Zentren die Voraussetzung darstellen, so das Pommernzentrum in Travemünde, das Haus der Donauschwaben in Sindelfingen, das Haus Pannonia in Speyer, das Sudetendeutsche Haus in München.
Die Banater Schwaben eine mit uns vergleichbare Gruppe haben außer ihrem Heimathaus in Würzburg zusammen mit den andern Schwaben das Haus der Donauschwaben in Frankenthal, Treffpunkt, Tagungs- und Veranstaltungsstätte mit Übernachtungsgelegenheit und Küchennutzung.


Auch die Siebenbürger Sachsen haben ihr kulturelles Zentrum in Gundelsheim mit dem Siebenbürgischen Museum, dem Siebenbürgen-Institut, der Forschungs- und Dokumentationsstelle für Siebenbürgische Landeskunde, dem Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat e.V. und weiteren Arbeitsgruppen sowie die fünf siebenbürgischen Altenheime Rimsting, Wiehl-Drabenderhöhe, Lechbruck, Osterode und Gundelsheim. Erwähnenswert sind weiterhin die Orte Drabenderhöhe und Dinkelsbühl, wo anlässlich zahlreicher Heimatortstreffen, Klassentreffen und insbesondere des jährlichen Heimattages siebenbürgische Kultur gelebt und gepflegt wird.

In seinen "77 Thesen zur Zukunft der Siebenbürger Sachsen" (1985, S. 59) würdigt Walter Myss die "Männern der ersten Stunde", die bald nach dem Krieg, 1953, zunächst das erste siebenbürgische Altenheim in Rimstig und danach weitere vier Heime gründeten und damit maßgeblich in der Tradition siebenbürgisch-sächsischer Sozialfürsorge stehen, die ihre Anfänge bereits in vorreformatorischer Zeit hatten. Deutlich zu vernehmen ist jedoch Myß' Warnung:

"Doch liefe unser Stammeswesen Gefahr, alterslastig zu werden, kümmerten wir uns nicht in verstärktem Maße auch um Häuser der Begegnung. Sie mögen zuerst unserer Jugend offen stehen. Ebenso sollen in ihnen immer wieder Menschen zusammenkommen, die an die Weiterentwicklung unserer siebenbürgisch-sächsischen Stammesgemeinschaft glauben und bereit sind, sich dafür einzusetzen.Es ist höchste Zeit, dass das erste gesamtsiebenbürgische Haus der Begegnung feste Gestalt gewinnt. Für ein zweites wird die Zeit auch bald reif sein. Es wäre schön und sinnvoll, wenn sich bei der Auswahl der beiden Häuser der Begegnung ein landschaftlich-kontrapunktisches Konzept sich verwirklichen ließe. In Sichtweite des einen Hauses sollen Berge aufragen wie der ,Gürtel der Karpaten um das grüne Kleid der Saaten‘, das andere sollte in Meeresnähe stehen und dadurch zum Ausdruck bringen, dass lebendige Weltoffenheit uns nottut."

Von dem Haus der Begegnung nach Walter Myß' Vorstellung können wir weiterhin nur träumen.
Wo soll es stehen? Sollte es sich in einem Siedlungsgebiet mit siebenbürgisch-sächsischer Siedlungsstruktur befinden wie etwa das Dreieck Nürnberg Heilbronn Ulm? Ist eine Großstadt wie München, Stuttgart oder Nürnberg zu bevorzugen, wo die Aktivitäten als Anziehungspunkt zu bewerten sind?
Wie könnte ein solches "Begegnungszentrum Haus Siebenbürgen" gestaltet sein bzw. werden?
Die oben genannte Variante wäre eine Begegnungsstätte, wie sie auf Bundesebene realisiert werden könnte.Die Landesgruppe Baden-Württemberg sollte sich auf ein Haus im Großraum Stuttgart konzentrieren.

Eine Tagungs- und Begegnungsstätte wäre darüber hinaus eine sinnvolle Aufgabe.
Einerseits ist der Bedarf angesichts der zahlreichen Treffen und Tagungen zweifellos vorhanden; andererseits wäre in Anbetracht dieses Vorhabens eine engere Zusammenarbeit zwischen den siebenbürgisch-sächsischen Heimatortsgemeinschaften und der Landsmannschaft in Baden-Württemberg sicherlich anstrebenswert und willkommen.
Die Kapazitäten dieser Stätte können sich in folgenden Grenzen bewegen:
  • Übernachtungsmöglichkeiten: 40-50 Doppelzimmer (Mehrbedarf kann durch die Hotels vor Ort abgedeckt werden)
  • Fassungsvermögen der Räume: bis 300 Personen, 1-2 kleinere Zusatzräume.
  • Verpflegung: Restaurant u. a. mit siebenbürgischen Spezialitäten
  • Der Pächter könnte auch die Verwaltung des Hauses übernehmen.

Ideal wäre es, die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend an einem solchen Projekt zu beteiligen, um der nachkommenden Generation die Möglichkeit zu bieten sich darzustellen und dadurch unsere siebenbürgisch-sächsiche Identität und Gemeinschaft weiterzuführen.
Welche Möglichkeiten ein solches Haus/Objekt zu erwerben stehen zur Verfügung? Was sollte dabei berücksichtigt werden?
Der Ankauf könnte kostspielig sein, bietet jedoch den Vorteil, dass man das Objekt, das einen gewissen Wert darstellt, besitzt, was wiederum bedeutet, dass sämtliche Veränderungen am Objekt wie Renovierungen und Anbau seinen Wert erhöhen.
Das Mieten könnte preiswerter sein, birgt aber den Nachteil, dass das Haus nur für die vereinbarte Zeit zur Verfügung steht und die am Objekt vorgenommenen Arbeiten sich auf lange Sicht nicht immer rentieren.
siebenbürgisch-sächsiche Identität und Kultur können auch in vielen kleinen Vereinsheimen bzw. Begegnungsstätten gepflegt und weitergegeben werden, so wie es zur Zeit vielerorts, unter anderem in Göppingen, geschieht.
Die Erfahrung der Kreisgruppe Göppingen lehrt, dass ein solches Vereinsheim für unsere Landsleute mit Sicherheit von großem Vorteil ist.
Bereits während der Suche nach entsprechenden Räumlichkeiten, die die Arbeit der Gruppe erleichtern sollten, entwickelte sich eine feste Gemeinschaft, die aus der gemeinsamen Zielsetzung und der Bemühung um Pflege und Weitervermittlung unserer Kultur erwuchs.
Glücklicherweise hatte die Stadt Göppingen zu jener Zeit Häuser an Vereine zu vergeben, und es ging ein regelrechter Kampf los: Die Vorstände aller ortsansässigen Vereine, so auch der der Kreisgruppe der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, meldeten bei der Stadt Bedarf an. Je zwei Vereine waren für diese Häuser, frühere Offiziersvillen, vorgesehen.
So kam es, dass der Hohenstaufengau (Sängergau) und die Siebenbürger Sachsen sich zusammen um ein Haus bewarben und es auch erhielten. Der Abschluss des Mietvertrags setzte die Gründung eines Vereins auf der Ebene der Kreisgruppe Göppingen und seine Eintragung in das Register des Amtsgerichts Göppingen voraus.
Damit analoge Gelegenheiten in Zukunft auch von anderen Kreisgruppen wahrgenommen werden können, müssten die Strukturen der Landsmannschaft beim Verbandstag entsprechend abgeändert werden.

§ 21, Absatz 3 der Satzung der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., auf Grund dessen den Gliederungen der Landsmannschaft keine selbständige Rechtspersönlichkeit zugesichert wird, wirkt sich auf das Vorhaben, ein eigenes Vereinsheim zu erwerben, ungünstig aus. Der Kreisvorsitzende darf bei der zurzeit gültigen Satzung keinen Mietvertrag unterschreiben; dazu ist ausschließlich der Bundesvorstand berechtigt.

Die Erfahrungen, die unsere Kreisgruppe vor dem Hintergrund der anstehenden Arbeiten zur Renovierung des Hauses gemacht hat, werden im Folgenden kurz wiedergegeben:
Deutlichen Anklang fand die Aufforderung an alle Landsleute, bei den anstehenden Bauarbeiten mitzuhelfen, so dass drei Monate nach Beginn der Renovierungsarbeiten eine vorher heruntergewirtschaftete Villa außen und innen in vollem Glanz dastand.
Das Haus besteht aus einem großen Raum für ca. 50 Personen, ausgestattet mit Küche, sowie vier weiteren Räumen, die als Büro, Ausstellungs- oder Besprechungsräume genutzt werden können. Dazu gehören zwei große Kellerräume; einer davon dient als Übungsraum für die Musikband "Starlight", junge Siebenbürger Landsleute.

Der große, zum Haus gehörende Garten wird für Gartenfeste der Kreisgruppe und ihrer Untergruppierungen genutzt.
Die Aktivitäten der einzelnen Gruppen sind seit der feierlichen Übergabe des Hauses an den Hohenstaufengau und die Siebenbürger Sachsen zahlreicher geworden, viele Gruppen nutzen die Räume als Übungs- und Veranstaltungsräume.
Der wöchentlich erstellte Terminkalender ist ausgebucht, und wenn es die Vereinstätigkeiten zulassen, stehen die Räumlichkeiten den Vereinsmitgliedern auch für private Feiern zur Verfügung.
Vor dem Hintergrund dieser durchaus positiven Erfahrung geht an alle Kreisgruppen die Anregung, ja die Aufforderung, das Mögliche zu unternehmen, um Vereinsheime als Multiplikatoren für unsere Vereinsarbeit zu erwerben. Der Gemeinschaft wird dies mit Sicherheit zugute kommen und sie wird es zu honorieren wissen.

Wenn sich für eine Kreisgruppe die Möglichkeit abzeichnet, zu einer Begegnungsstätte Zugang zu bekommen, sollte es ihr selbst überlassen werden, auf welche Weise sie diese Räumlichkeiten erwirbt, ob durch Kauf, Miete, Pacht oder sonstige Nutzungsweise.


© 1999 Landesgruppe Baden WürttembergVerband der Siebenbürger Sachsen spring an den Anfang des Dokumentes