erstellt am 06.12.2005 um 23:41 Uhr
Zitat:
Original erstellt von dieter:
Die Ungarn haben ein Vorreiterrolle in (Süd-)Osteuropa inne.Beispiele:- Auslöser für den Zerfall der KuK-Monarchie durch das Bestreben, einen eigenen Nationalstaat zu bilden
- Auflehnung gegen die kommunistische Diktatur
- Öffnung der Grenzen zu Westeuropa vor dem Mauerfall
- Sorge und Unterstützung für die Auslandsungarn.
Und Rumänien?
Die Habsburger Monarchie ist sicher nicht am ungarischen Nationalismus zerbrochen. Dieser wurde viel eher von ihr als eines der letzten aus der Sicht der damals Herrschenden noch "tauglichen" Vehikel um ihre an sich schon längst nicht mehr zu rechtfertigende Existenz irgendwie doch noch in die neuen Zeiten hinüberzuziehen zu verwenden versucht. Wie das ausgegangen ist, das ist ja allgemein bekannt.
Gegen die kommunistische Diktatur haben sich viele aufzulehnen versucht. Es gab auch in Rumänien Widerstand, in Polen wurde eine ganze Volksgruppe von dem Kommunistenpack zwangsweise umgesiedelt da sie Widerstand leistete. Ich persönlich halte die größeren Widerstandsaktionen gegen das kommunistische System als weitgehendst von außerhalb dieser Länder inszeniert und gesteuert. Terrorregime haben nun einmal die Eigenart, dass sie ab einem gewissen Effizienzgrad relativ lange relativ gut jeden Widerstand zu unterdrücken imstande sind. Der sogenannte "Widerstand" im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren bestand auch sehr lange Zeit nur aus von englischen Militärstützpunkten mit alliierten Maschinen eingeflogenen und per Fallschirm abgeworfenen "Kleinkriegspezialisten" rekrutiert aus meist von den Engländern im Auftrage der Aliierten ausgebildeten und agierenden tschechischen Exilantengruppen. Viel anders dürfte es sich auch bei all den "Freiheitskämpfern" im kommunistischen Osten nicht verhalten haben. Der Systemwechsel im Osten war sicher eine von langer Hand - ich meine in etwa bereits zur Breschniew-Ära - vorbereitete Maßnahme um den mit Sicherheit zu erwartenden Kollaps des völlig ineffizienten staatskapitalistischen Systems und die damit wahrscheinlich drohende "Liquidierung" der dort herrschenden "Neuen Klasse" hinanzuhalten. Die Rechnung ist ja auch perfekt aufgegangen: wer vorher in diesen Ländern das Sagen hatte, der, bzw. dessen Nachkommen, hat es auch heute noch. Dass man sich die Macht mit Auslandskapital und einigen aus dem Exil Zurückgekehrten teilen muss, naja, das ist sicher ein Wermuthstropfen, man mußte halt sozusagen "die Religion wechseln" wie das auch den ungarischen und polnischen Einflußreichen der Zeit der Wende des 1. zum 2. Jahrtausends unserer Zeitrechnung nicht erspart geblieben ist um vom damaligen europäischen Feudalsystem akzepiert zu werden, aber gewiss ungleich besser als möglicherweise sein Leben als an einer Straßenlaterne baumelnder Leichnam beenden zu müssen .
Das mit der Öffnung der ungarischen Grenzen ist auch in diesem Zusammenhange zu sehen. Ich kann mich erinnern zur Zeit als das geschah etwa im ungarischen Erlau noch gemeinsam mit Besatzungssoldaten (übrigens ordentlich gekleidete und sich überaus diszipliniert und höflich verhaltende adrette junge Männer, die von den ungarischen Besuchern schlicht komplett ignoriert worden sind ) der damaligen Dominanzmacht die Festung in Erlau und das Minarett dort besichtigt zu haben. Überall entlang der ungarischen Grenze nach Westen waren damals nach wie vor die Besatzer. Die hätten nur einmal husten zu brauchen und die Ungarn hätten gezittert und wären sofort umgefallen. Die sogenannten mit dem Systemwechsel verbundenen "Revolutionen" waren überall - ausgenommen in Exjugoslawien - ein reines Theater. Dass dieses Theater in Rumänien anfangs etwas schlechter inszeniert war als anderswo, tja, das lag wohl an der spezifischen Situation dieses Landes.
Die "Sorge" um die Auslandsungarn ist so eine Sache. In erster Linie dürfte es dabei um billige kurzfristig disponible Arbeitskräfte gehen, die die Lohnkosten in Ungarn niedrig halten helfen und der in den letzten 1 1/2 Jahrzehnten entstandenen Klasse der ungarischen Neureichen helfen könnten ihr Land im internationalen Wettbewerb um die Ansiedlung des "vagierenden" Kapitals konkurrenzfähiger zu machen. Die Reproduktionskosten dieser - voreilshafter Weise ungarischsprachigen - Arbeitskraft trägt superber Weise das - jeweilige vorwiegend nichtungarischsprachige - Herkunftsland. An sich ein geschickter Trick, der allerdings weder von der ungarischen Bevölkerung wie auch - wie ich in etlichen Gesprächen mit Auslandsungarn annahm bemerken zu können - von den betroffenen Auslandsungarn nicht mehr so ohne weiteres "gefressen" wird. Dazu wäre noch viel anzumerken, was aber sowohl meine Zeit als auch die Möglichkeiten eines derartigen Forums überstrapazierte.
[Dieser Beitrag wurde von hlw am 06.12.2005 editiert.]