SbZ
AKTUELL
Über
uns
Land
und Leute
Service
und Dialog
Organisationen
und Einrichtungen
Helft
uns helfen

Kontakt
Siebenbürgen, Rumänien, Siebenbuerger.de-Startseite

© Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V.
» Diskussionsforen-Nutzungsbedingungen

Homepage Siebenbürgen
Suchen


Diskussionsforen


Newsletter


Chat


Gästebuch


E-Postkarten


Siebenbürger Kleinanzeigen-
markt




Impressum
Datenschutz


Dieses Forum wurde geschlossen. Sie finden unser neues Forum unter www.siebenbuerger.de/forum/
Eine neue Benutzeranmeldung ist erforderlich. Registrieren Sie sich jetzt >>


Diskussionsforen
SbZ-Leserecho
Motivation

Neues Thema erstellen  
Registrieren | Ihr Profil | Voreinstellungen | Hilfe | Suchen

nächster neuer Beitrag | Nächster alter Beitrag
Autor Thema:   Motivation
hlw
unregistriert
erstellt am 22.06.2006 um 11:29 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Was mir hier auffällt: Wann immer von "sächsischer Vergangenheit" diskutiert wird, wird der Realität bedachtsam aus dem Wege zu gehen versucht.

Einige "Reizthemen", die mit großer Hingabe und großem Aufwand dissimuliert werden:

Die Rolle der sächsischen Herrgottlverkäufer und Lehrer bei der Reklame für das NS-Regime. Vermutlich waren sie die Träger der Werbung. Die große Masse der einfachen und bescheiden ausgebildeten sächsischen Bevölkerung war weitgehendst apolitisch. Denen einen Vorwurf zu machen - worin sich viele Besserwisser heute gerne gefallen - wird wohl ungerecht sein. Diese Menschen waren vereinfacht ausgedrückt Opfer ihrer recht dünnen Intelligenzschicht, die sie in die Malaise hineingehetzt hatte.

Da muß man aber etwas weiter ausholen und sich fragen warum diese Schicht das denn tat. Man mag ja über ihre moralischen Qualitäten verschiedenen Ansicht sein können, das bleibt jedem unbelassen, nur zu behaupten, dass sie einfach dumm gewesen sein sollten, das ist wohl zu einfach. Die materiellen Anreize für solch Verhalten werden vielleicht bei einigen wenigen eine gewisse Bedeutung gehabt haben, für die Meisten aber mit Sicherheit nicht. Was könnte es nun gewesen sein? Ein einziges Mal gelang es mir aus einem alten pensionierten Herrgottlverkäufer/Lehrer? - er deklarierte sich nicht wirklich, war aber vom Bildungsniveau eindeutig zu identifizieren - herauszukitzeln, dass sie sich einfach bedroht gefühlt haben. Sie waren auf dem Wege von der Minderheit im Lande in die Minderheit in ihren angestammten Institutionen zu geraten. Als Beispiel nannte er das Honterus Gymnasium, wo in der Zwischenkriegszeit die Sachsen zu einer Minderheit zu werden drohten. Diese - ich würde das so zu nennen versuchen - Minorisierungsphobien könnten einer der Hauptursachen für das Verhalten dieser an sich recht gebildeten und durchaus rational agierenden Menschen gewesen sein. Die ethnischen Rumänen waren damals aus der Sicht dieser Leute keinesfalls das Problem, nur zur Hintergrundinfo. Mit dem rumänischen Staat hätte man sich gewiß arrangieren können.

Ein anderes Thema: Die kollektive Bestrafung durch Zwangsarbeit in der Sowjetunion. Das betraf fast gleichermaßen Männer und Frauen. Viele Frauen kamen schwanger und/oder mit Kindern zurück. Das freie Entscheiden in Konzentrationslagern ähnlichen Institutionen ist eher zu bezweifeln. Dieses Thema wurde systematisch tabuisiert und dissimuliert.

Parallel war in den Häusern der Sachsen zu dieser Zeit so fast alles was das Altreich an Lumpenproletariat loszuwerden versuchte. Diese schwierigen Typen sollen sogar gelegentlich in gleichen Räumen mit alten Soxen und Soxenkindern gehaust haben. Die praktischen Auswirkungen kann sich jeder vorstellen.

Es ist sicher, dass die nach dem Zusammenbruch aufgewachsene Soxengeneration keine der hergekommenen Erziehung vergleichbare Erziehung genießen konnte. Hier scheint ein echter Kontinuitätsbruch vorzuliegen. Es wäre ungleich besser diese Kontinuität zu prüfen als sich in Phantasien darüber auszulassen ob die ungarischen Aristokraten den aus dem Westen angeworbenen Glücksrittern vor Jahrhunderten ethnisch gesäubertes Land übergeben haben könnten.

Soll ein Denkanstoß sein ...

IP: gespeichert

Axel Azzola
Mitglied

Beiträge: 613
Von:BRD 14167 Berlin
Registriert: Apr 2004

erstellt am 22.06.2006 um 12:32 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von Axel Azzola anzusehen!   Klicken Sie hier, um Axel Azzola eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Ich stimme hlw zu. Meine "Angriffe" richten sich genau gegen diese "Elite" und treffen natürlich auch deren zahlreichen Verteidiger. Nichts aus dieser Zeit ist wirklich "aufgearbeitet". Daran scheitert jede Verständigung über die Vergangenheit und damit auch über Gemeinsamkeiten in der Zukunft. Also: die Karten endlich auf den Tisch. Die LM setzt eine Arbeitsgruppe ein mit Sachverständigen zum Thema: Die Gleichschaltung sächsischer Institutionen und Vereine in der Zeit des "Volksgruppenkampfes". Dann werden wir sehen, wie tief das Bewußtsein dieser Elite geprägt war von nationalen Wahnvorstellungen. Mit Dr. Hildrun Glass, Dr. Marianne Hausleitner und Hannelore Baier nenne ich auch gerne drei Namen ohne einen Anspruch auf Exclusivität zu erheben. Ich selbst habe zur Rolle der Ev. Kirche einige Hinweise publiziert. Sie sind nicht schmeichelhaft aber beruhen auf erwiesenen Tatsachen.
Axel Azzola

IP: gespeichert

getkiss
Mitglied

Beiträge: 1042
Von:D 81245 München
Registriert: Okt 2001

erstellt am 22.06.2006 um 14:44 Uhr          Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Zitat:
Original erstellt von Axel Azzola:
... Also: die Karten endlich auf den Tisch. Die LM setzt eine Arbeitsgruppe ein mit Sachverständigen zum Thema: Die Gleichschaltung sächsischer Institutionen und Vereine in der Zeit des "Volksgruppenkampfes". Dann werden wir sehen, wie tief das Bewußtsein dieser Elite geprägt war von nationalen Wahnvorstellungen. Mit Dr. Hildrun Glass, Dr. Marianne Hausleitner und Hannelore Baier nenne ich auch gerne drei Namen ohne einen Anspruch auf Exclusivität zu erheben. ...Axel Azzola

Aus der Nennung der Namen entnehme ich, die Bildung de Sachverständigenkomission ist Ihr Vorschlag?
getkiss

IP: gespeichert

ALK
Mitglied

Beiträge: 39
Von:
Registriert: Apr 2004

erstellt am 22.06.2006 um 14:45 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von ALK anzusehen!   Klicken Sie hier, um ALK eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Ich stimme zu, dass man sich als Volk und als Einzelner mit der Vergangenheit, v.a. den unrühmlichen Kapiteln, auseinandersetzen muss.

Ich möchte aber zu bedenken geben,
dass die Verarbeitung von Mensch zu Mensch verschieden ist... außerdem: der Ton macht die Musik.

Wenn jemand auf mich zukäme, den Zeigefinger aufstellt und mir in einem nicht freundlichen Ton mein Sündenregister vor Augen führt, dann würde ich sicherlich nicht sofort einsichtig in die Knie gehen.

Wissen Sie, mir kommt oft vor, dass "Außenstehende" (nicht negativ gemeint) mit den besten Absichten auf dunkle Kapitel hinweisen- wenn ich ein Bild benutzen darf: mit einem Messer den Schmutz aus der Wunde schneiden wollen...

Wenn man nicht einschätzen kann, mit welcher Absicht dieser Helfer auf einen zugeht, dann sieht man lediglich das blitzende Messer, was in der hilflosen Lage als Bedrohung empfunden wird.

Es gibt innnerhalb der sächsischen Kirche sehr wohl Geistliche, die sich mit den unrühmlichen Kapiteln auseinandersetzen.
Leider werden solche Stimmen aber nur in deren näherem Umfeld gehört... diese Situation erinnert ein wenig an Jeremia und die falschen Heilspropheten in der Zeit des babylonischen Exils.

IP: gespeichert

Axel Azzola
Mitglied

Beiträge: 613
Von:BRD 14167 Berlin
Registriert: Apr 2004

erstellt am 22.06.2006 um 15:12 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von Axel Azzola anzusehen!   Klicken Sie hier, um Axel Azzola eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Ich bleibe bei meinem Vorschlag und nenne als Namen noch Birgit Hammrich, die schon als Vikarin eine vorzeigbare Arbeit über das Institut zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf die Ev. Kirche A. N. geschrieben hat. Ich selbst wende mich gegen die von Erwin Wittstock und Hans-Otto Roth erfundene Verteidigungsstrategie, wonach höchstens 10% der Sachsen der "Volksgruppe" anhing, oder die These, es habe unter den SbS keinen originären Antise3mitismus gegeben, weil diese These jeder Aufarbeitung des Geschehenen entgegenstehen.
Axel Azzola

IP: gespeichert

seberg
Mitglied

Beiträge: 40
Von:Hessen
Registriert: Okt 2002

erstellt am 22.06.2006 um 23:45 Uhr    Klicken Sie hier, um sich das Profil von seberg anzusehen!   Klicken Sie hier, um seberg eine eMail zu senden!     Beitrag editieren/löschen   Antwort mit Zitat
Die Angst vor Minorisierung und Zerstreuung plagt die SbS sicher schon seit sehr langer Zeit.. In einem Brief von 1855 an meinen Kronstädter Urgroßvater schreibt das Hermannstädter „Comunitätsglied“ (Gemeindevertreter?) Traugott Binder: „In Kirche und Schule fest und treu vereint können wir uns noch erhalten, zerstreut man uns hier, so wird in wenigen Generationen unser Geschlecht verschwinden und die Sächsische Nation nur im Conversationalexikon zu finden seyn“. Nun, z.Z ist unsere Nation (!) tatsächlich eher in der Zerstreuung und im Virtuellen zu finden, z.B. in vielen, zugegebenermaßen auch vielen beeindruckenden, kulturellen Veranstaltungen, mit denen der Angst vor letaler Zerstreuung tapfer entgegenzuarbeitet versucht wird. Eine krankhafte „Phobie“ war diese Angst ursprünglich aber keineswegs, die drohende Zerstreung und Minorisierung durch historische und demographische Veränderungen war im Laufe der Zeit oft ganz real, erst die Antwort des Nationalsozialismus auf diese Bedrohung hat einen krankhaften (Fremden- und Rassen-) Wahn od. meinetwegen eine „Phobie“ daraus gemacht und damit eine finale Bedrohung von INNEN, die nach außen, auf andere Ethnien lediglich projiziert wurde, insofern stimmt das also mit der Motivation.

Die Voraussetzungen dafür scheinen allerdings schon sehr früh gegeben gewesen zu sein. In eben demselben oben erwähnten Brief gibt es an einer Stelle eine Kleinigkeit, eine scheinbar unbedeutende Nebensache, die aber aus heutiger Sicht interessant ist: Hermannstadt war damals gerade ziemlich pleite, hatte Schulden, und zwischen dem Magistrat der Stadt und den Gemeindevertretern (Comunität) war ein Konflikt ausgebrochen, wie diese Schulden zu tilgen seien. Der Wunsch der Comunität, eine Anleihe dafür aufzunehmen oder neue Steuern (Accise) einzuführen wurde ihr von der „hohen Statthalterei“ verwehrt, dagegen wurde ihr von dieser und dem Magistrat die „Verpachtung der Schankfreiheit“ als Einnahmequelle vorgeschlagen und, da dies von der Mehrheit der Gemeindevertreter abgelehnt wurde, sogar per Verordnung einzuführen angedroht, falls man sich nicht auf einen Kompromiss einigen könnte. Wie hätte dieser Kompromis nun aussehen sollen? Traugott Binder schreibt 1855 an meine Urgroßvater über die vom Bürgermeister einberufene Ausschusssitzung: „Obgleich der Herr Präses und der junge Magistrat sich alle Mühe gaben, uns zu beweisen, dass wir nicht widerstehen könnten und unser Heil allein in der Verpachtung liege, ja, dass wir durch ein freiwilliges Entgegenkommen das Übel mildern und vorteilhafte Bedingungen stellen könnten, z.B. Ausschluss der Juden, Verpachtung nur für einige Jahre…etc…so wollten wir bis auf einige…doch nicht einverstanden seyn“.
Der Kompromiss kam also nicht zustande, der Streit endete unschön mit mehreren Amtsenthebungen und gleichzeitigem Rausschmissen aus dem Lokalkonsistorium, auch das Angebot, durch die „vorteilhaften Bedingungen“, u.a. die Juden von der Verpachtung auszuschließen im Tausch gegen „freiwilliges Entgegenkommen“ der Gemeindevertretung in Sachen Verpachtung hatte nichts geholfen. Diesmal jedenfalls nicht. Die Selbstverständlichkeit jedoch, mit der dieser Tauschhandel auf dem Rücken der Hermanstädter Juden so nebenbei erwähnt wird lässt vermuten, dass das damals, 1855, möglicherweise nichts Ungewöhnliches war. 78 Jahre vor 1933. Auch daraus kann man vielleicht etwas lernen, über den originären Antisemitismus.

IP: gespeichert


Alle Zeitangaben werden im GMT (DE) - Format dargestellt.

nächster neuer Beitrag | nächster älterer Beitrag

Administration: Thema schliessen | Archivieren/Bewegen | Thema löschen
Neues Thema erstellen!  
Gehe zu:


Weitere siebenbürgische Diskussionsforen finden Sie auf den Seiten der Siebenbürgen Community Rokestuf.de

Kontakt | Siebenbürgen Rumänien Portal

Powered by Infopop www.infopop.com © 2000
Deutsche Version von www.thinkfactory.de
Ultimate Bulletin Board 5.46a




Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V.
Karlstraße 100 · 80335 München · Telefon: 089/236609-0
Fax: 089/236609-15 · E-Mail: info@siebenbuerger.de



Sitemap
Haftungsausschluss
Seite empfehlen
Für Ihre Homepage
Ihr Link zu uns

nach oben