Das Schallarchiv der in Rumänien gesprochenen deutschen Mundarten

Von 1966 bis 1975 wurden in fast 150 siebenbürgischen Ortschaften Tonaufnahmen mit Sprechern in siebenbürgisch-sächsischer Mundart gemacht. Die im Auftrag des Linguistikinstituts der Universität Bukarest von den Germanisten Ruth Kisch und Heinrich Mantsch vorgenommenen Tonbandaufzeichnungen wurden Anfang der neunziger Jahre zur Konservierung nach Gundelsheim gebracht und vom Institut für deutsche Sprache (IDS) in Mannheim auf Audio-CDs digitalisiert und rudimentär katalogisiert. Diese Tonaufnahmen sind ein wertvolles Zeitdokument, das nicht nur die unterschiedlichen Dialekte konserviert, sondern auch Interessantes über die Zeit, die Lebens- und Arbeitsbedingungen, Sitten und Gebräuche und persönliche Schicksale verrät.

Es gilt daher, diesen fast im Verborgenen liegenden Schatz zu heben: eine Plattform zu schaffen, die den Zugang zu diesen Tonaufnahmen für wissenschaftliche (nicht nur linguistische, sondern auch soziologische oder geschichtswissenschaftliche) Zwecke gewährt und deren Auswertung ermöglicht. Gleichzeitig wollen wir auch einige Ausschnitte dieser Aufnahmen veröffentlichen, da sie nicht nur für Wissenschaftler, sondern auch für viele, die siebenbürgisch-sächsisch verstehen oder sprechen, von Interesse sind.

Die Aufnahmen sind in 143 Ortschaften entstanden und umfassen etwa 430 Stunden Sprachbeispiele aus den wichtigsten Teilen (Nösnerland, Burzenland, Unterwald, Hermannstädter Region) des siebenbürgisch-sächsischen Siedlungsgebiets. Die Sprecher sind Dorfbewohner unterschiedlichen Alters und Bildungsstandes, die Gesprächsinhalte kreisen um den Alltag, die Arbeit, Erlebnisse, Sitten und Gebräuche, sowie Märchen, Sagen oder Erzählungen (auch Kunstdichtung). Daneben gibt es aus den meisten Ortschaften auch Aufnahmen mit sogenannten Wenkersätzen, die einen Vergleich der verschiedenen Dialekte ermöglichen.

Außerdem finden sich auch Aufnahmen von Anneliese Thudt und Gisela Richter, die nicht nur Sprachbeispiele für das siebenbürgisch-sächsische Wörterbuch, sondern auch Märchen aufgenommen haben, die nachher in das Buch "Der tapfere Ritter Pfefferkorn" Eingang gefunden haben. Überliefert sind auch einige Aufnahmen des Instituts für Folklore Klausenburg von Helga Stein und Hanni Markel.

Aus der Masse der Aufnahmen werden über einen längeren Zeitraum nach und nach Aufnahmen veröffentlicht. Bei der Auswahl werden folgende Kriterien berücksichtigt:

  • einen möglichst breiten geografischen und thematischen Querschnitt zu erstellen
  • Aufnahmen mit interessanten Inhalten - Zeitgeschichtliches, Informationen zum Alltagsleben, Sitten und Gebräuchen, Erzählungen und Anekdoten - zu präsentieren, die einen Blick auf die siebenbürgisch-sächsische Geschichte und Kultur ermöglichen
  • schlecht verständliche Aufnahmen nicht verwenden.

Durch Verschlagwortung werden thematische Bezüge zwischen den einzelnen Aufnahmen sichtbar. Die Darstellung des Aufnahmeortes einer Aufnahme auf einer Karte zusammen mit den Aufnahmeorten im Umkreis von etwa fünfzehn Kilometern zeigt geographische Bezüge auf. Die Einfärbung des Kartenhintergrundes läßt die Zugehörigkeit einer Ortsmundart zu einer der beiden Varianten Süd- oder Nordsiebenbürgisch erkennen.

Unter Verwendung der Aufnahmen wurde im Rahmen eines wissenschaftlichen Projektes an der LMU der Audioatlas siebenbürgisch-sächsischer Mundarten erstellt.