Fritz Nösner war von 1941-1953 Pfarrer in Brenndorf

16. Dezember 2001

Allgemeiner Bericht

Am 16. Dezember 1941, vor 60 Jahren, trat Fritz Nösner seinen Dienst als Pfarrer von Brenndorf an. Die zwölf Jahre Dienst in Brenndorf während und nach dem 2. Weltkrieg, waren Jahre des Erfolges und Jahre der Erniedrigung, waren Jahre der Verbundenheit mit der Kirchengemeinde, aber auch schmerzhafte und entbehrungsreiche Jahre. In seinen Erinnerungen schreibt sein Sohn Klaus Nösner:
Der Umzug nach Brenndorf, wohin mein Vater als Pfarrer gewählt worden war, erfolgte im Winter 1940/41. Mit zwei Personenkraftwagen wurden wir aus Rothbach abgeholt. Damals waren das meines Wissens die einzigen privaten Autos in Brenndorf. An der Hattertgrenze Brenndorfs wurden wir von Kurator Martin Kaufmes und Ortsrichter Hans Kreisel begrüßt. Im Pfarrhof und vor dem Pfarrhaus waren viele Menschen aus der Gemeinde zu unserem Empfang gekommen. Von der Pfarreinführung durch Dechant Michael Paulini gibt es ein Foto, worauf man sehen kann, dass die anwesenden Geistlichen den Winterornat tragen.

Mein erster Lehrer in Brenndorf war Herr Stamm, der in der Brückengasse am Weidenbach wohnte. Er hatte im ersten Weltkrieg einen Unterarm verloren und trug eine Prothese, mit der er recht fest zuschlagen konnte. Bei ihm haben wir jeden Sommer und Herbst Äpfel zu Most gepresst.

Die Schulen Siebenbürgens waren bis zur Schulreform 1948 kirchliche Schulen. Das bedeutete, dass die Lehrer Angestellte der Kirche waren und der ganze Schulbetrieb von der Kirche finanziert wurde, einschließlich der Entlohnung der Lehrer. Das erklärt, weshalb die Kirchensteuern bis zur Schulreform sehr hoch waren. Und das wiederum löste in Siebenbürgen die sogenannte "Unzufriedenenbewegung" Anfang der dreißiger Jahre aus. Es war nicht nur eine völkisch nationale, sondern in gewissem Maße auch antikirchliche Bewegung, die vielen Kirchengemeinden und vor allem den Pfarrern zu schaffen machte. Viele Leute weigerten sich, ihre Kirchensteuern zu zahlen. Darum blieben manche Kinder ungetauft und Paare ungetraut. Die jährliche Kirchensteuerbelastung eines mittelgroßen landwirtschaftlichen Betriebes betrug umgerechnet den Wert eines Ochsengespannes. Das war recht viel, verglichen mit dem, was nach der Verstaatlichung der Schulen an Kirchensteuern bis zur Wende 1989 gezahlt wurde.

Die Zimmer im Pfarrhaus von Brenndorf waren zweireihig angeordnet. Fünf Zimmer lagen gegen die Straße, eine Abstellkammer, das elterliche Schlafzimmer, ein großer Vorraum eine große Küche, ein kleiner Vorraum und die Speisekammer lagen gegen den Hof. Das waren insgesamt elf Räume, die unsere Familie bis gegen Kriegsende bewohnte. Während und nach dem Krieg hatten wir bis zum Umzug 1952 nach Liebling nie mehr das ganze Pfarrhaus allein für unsere Familie. Wir hatten deutsche Soldaten im Quartier, als es gegen Russland ging und dann wieder auf dem Rückmarsch. Danach wurden Russen bei uns einquartiert. Für uns Kinder bedeutete das immer eine recht angenehme Abwechslung. Damals aßen wir Kinder von deutschen Soldaten zum ersten Mal Knäckebrot und Schokolade, die es im Elternhaus nicht gab. Einer der deutschen Soldaten hieß Robert von der Heide. Sein Name ist mir im Gedächtnis geblieben, weil er wunderschön zeichnete.

Eines Sommers geschah etwas Besonderes. Mein Vater sagte, als wir einmal am Altufer entlang gingen: Es kommt jetzt eine tiefe Stelle, da werfe ich dich hinein, damit du endlich schwimmen lernst. Er sprach's und tat's. Damals lernte ich tatsächlich schwimmen. Ich war vielleicht in der vierten Volksschulklasse.

Ein Sommerhaus mit Küche und einem Speisezimmer lagen im Hof des Brenndörfer Pfarrhauses. Hier wohnte nach dem Krieg zunächst ein Ingenieur, der den so genannten Kanal baute, und später ein alter Mann namens Rosenauer, der gerne Späße mit uns Kindern trieb. Er fragte z.B. "Schmeckt dir der Schafhirtenkäse?" Wenn wir das bejahten, konnte er unbändig lachen.

An der Südwand des Sommerhauses wuchs eine Rebe "Perie von Csaba", eine herrliche Traubensorte, mit muskatähnlichem Geschmack. Im Vorderhof stand ein großer Kastanienbaum, in dessen Schatten ein runder Tisch aus Beton stand, an dem wir den ganzen Sommer über zu Mittag aßen. An einem Sommertag saß an diesem Tisch der Schriftsteller Oskar Walter Cisek, mit dem sich mein Vater angeregt unterhielt und dem ich andächtig zuhören durfte.

Vorderhof und Hinterhof mit Stallungen und großer Scheune waren ideale Spielplätze für uns Kinder. In den Ferien und an lernfreien Nachmittagen wurde auf dem Pfarrhof viel gespielt, Sport getrieben, aber auch gemeinsam gearbeitet, z.B. Hofkehren, Gartenarbeit, Stallausmisten u.a.

Sonntags war es selbstverständlich, dass wir alle zum Gottesdienst gingen. Unvergessen sind die Gottesdienste an Heilig Abend, mit der herrlich geschmückten riesigen Tanne, dem Gesang des Kirchenchores und den vielen Menschen in einem Kirchenraum, der sicherlich Platz für 700 Menschen bot. Unvergessen ist eine Predigt meines Vaters über den "Reichen Kornbauern". Er verwendete darin oft das Wort "Mammon" (gemeint war der Besitz), das ich damals noch nicht verstand. Ich entsinne mich auch eines Gottesdienstes, in dem er die Predigt unterbrach und die männlichen Jugendlichen auf der Empore zurechtwies, weil diese sich zu laut unterhielten.
Ich entsinne mich vieler Menschen aus Brenndorf, so auch des unlängst verstorbenen Organisten Guido Copony, der seine Ausbildung bei Viktor Bickerich, dem Organisten der Schwarzen Kirche in Kronstadt, gemacht hatte.

Nach Januar 1945, als alle arbeitsfähigen Männer und Frauen nach Russland zur Wiederaufbauarbeit deportiert worden waren, spielte Guido nach jedem Gottesdienst als Orgelnachspiel das "Burzenlandlied". Ob das liturgisch richtig war, bleibe dahingestellt. Ich weiß nur, dass viele Frauen und Mädchen bei dieser Melodie Tränen in den Augen hatten. Es waren Tränen der Sehnsucht nach den Verschleppten.

Ich entsinne mich vieler Gemeindeglieder, besonders der Kränzchenfreunde der Eltern. Der langjährige Kirchenvater Andreas Ferenz z.B. war eine imposante Erscheinung. Er war hoch gewachsen, hatte breite Schultern, Hände wie Bärenpranken und eine herrliche Baßstimme. Wenn er im Kirchenchor sang, hörte man ihn heraus.

Gute Freunde in Freud und Leid unseres Hauses waren Georg und Rosi Rhein in der Kirchengasse. Georg Rhein war Landwirt und war die Güte in Person. In der schwersten Zeit, als Vater in Russland war, hat er uns in der Landwirtschaft sehr geholfen mit seinem Ochsengespann. Dafür gingen unsere Threni und ich, ihm beim Hacken, Vereinzeln oder Ernten helfen. Mit seinem Ochsengespann bin ich gerne gefahren. Martin Kaufmes (damals Kurator) überließ unserer Familie eine Kuh, die wir melken durften.

Wie eng mein Vater Fritz Nösner mit Brenndorf verbunden war, wurde mir erst Jahre später bewusst, als ich Pfarrer in Petersberg war und oft in Brenndorf dienstlich oder privat zu tun hatte.

Mit diesen Zeilen möchte ich allen Brenndörferinnen und Brenndörfern danken, die sich unserer Familie in Freud und Leid verbunden fühlten und bis heute noch fühlen.

Pfr. i. R. Klaus Nösner

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