Peter Maffay auf Spurensuche in Brenndorf

1. Mai 2008

Nachrichten aus dem Heimatort

Er ist der bekannteste Siebenbürger in Deutschland: Peter Maffay hat sich Ende Februar 2008 mit einem Fernsehteam des Mitteldeutschen Rundfunks (mdr) auf die Spuren seiner Vorfahren in Siebenbürgen begeben. Der Film wurde unter dem Titel „Das Geheimnis meiner Familie“ am 28. April 2008 im Ersten (ARD) gezeigt. Mütterlicherseits stammt Peter Maffay aus Brenndorf und Tartlau. Die beiden Burzenländer Gemeinden hat Peter Maffay mit dem Kamerateam ebenso besucht wie Kronstadt, Sankt Georgen (Sfântu Gheorghe) und das benachbarte Szotyor (Coşeni) im Szeklerland, die Herkunftsorte seiner väterlichen Familie.
Der bekannte Rocksänger wurde als Peter Alexander Makkay am 30. August 1949 in Kronstadt geboren. 1963 reiste die Familie nach Deutschland aus. Anfang der siebziger Jahre begann seine herausragende Karriere als Musiker, der er sich mit viel Energie widmet. Über 35 Millionen Tonträger hat er seither verkauft, mit Abstand am meisten unter allen deutschen Rock- und Popmusikern. In den letzten Monaten beschäftigte sich der kosmopolitische Sänger, der heute abwechselnd am Starnberger See und auf Mallorca lebt, immer mehr auch mit seinen siebenbürgischen Wurzeln. Er habe nach langer Zeit zurückgefunden zur siebenbürgischen Gemeinschaft, erklärte Maffay beim Jahresempfang des Verbandes der Siebenbürger Sachsen am 31. Januar 2008 im Bayerischen Landtag. In einem exklusiven Interview für die Siebenbürgische Zeitung gab er kurz danach Auskunft, wie er zu seiner Vergangenheit steht und welche Zukunftspläne er mit dem Erwerb einer Kirchenburg in Siebenbürgen verfolgt.
Peter Maffay beim  Jahresempfang des Verbandes ...
Peter Maffay beim Jahresempfang des Verbandes der Siebenbürger Sachsen am 31. Januar 2008 im Bayerischen Landtag. Foto: Petra Reiner
Die Reise mit dem mdr-Fernsehteam sei eine „Berg- und Talfahrt“ gewesen, weil er „mit sehr vielen Emotionen konfrontiert wurde“. Er und sein Vater hatten festgestellt, „dass vieles aus der Vergangenheit doch sehr lebendig ist und uns mit Sicherheit wieder sensibilisiert für unsere Herkunft, unsere Familien und die Vorkommnisse längst vergangener Zeiten. Für mich ist es die Quintessenz, dass es eigentlich eine Reise in die Zukunft war. Es entstand ein kompletteres Bild der eigenen Herkunft, und es wird eine schöne Aufgabe sein, dieses Wissen zum Beispiel an meinen Sohn weiterzugeben.“ An den Vorbereitungen des Filmes war die „Dorfgemeinschaft der Brenndörfer“ (Heimatortsgemeinschaft Brenndorf) beteiligt. Unser Familienforscher Hugo Thiess hat ein Familienbuch von Peter Maffays Brenndörfer Vorfahren erstellt, das 14 Generationen bis ins 17. Jahrhundert zurückgeht. Zudem wurde der Kontakt zu Ilse Muerth geb. Kuhn, einer Cousine von Maffays verstorbener Mutter, vermittelt. Sie war am 29. Februar 2008 als Überraschungsgast dabei, als Peter Maffay mit dem Fernsehen Brenndorf besuchte. Manfred Copony, der das Pfarrhaus gemietet hat und dort gerade vier Gästezimmer einrichtet, berichtet: „Auf dem Pfarrhof in Brenndorf haben sich Ilse Muerth und Peter Maffay eine Stunde lang über die gemeinsamen Verwandten unterhalten. Ilse hatte einen Haufen Fotos dabei, und so wurden viele Erinnerungen wach.“

Schon als Kind hatte Peter Maffay seine Verwandten in Brenndorf oft besucht, etwa seine Tante Ilse Muerth, die damals im Predigerhof wohnte (neben dem Pfarrhaus, heute steht dort das Polizeigebäude). Sie führte den aufgeweckten Jungen oft zu den Tieren in der Kollektivwirtschaft, die ihn faszinierten. Seine Mutter, Augustine Makkay geb. Feltes, wurde 1928 in Kronstadt-Bartholomä geboren und ging die ersten Jahre in Brenndorf in die Schule. Ilse Muerth berichtet: „Peter war durch eine Grippe geschwächt, hat sich aber außerordentlich gefreut, seinen familiären Wurzeln in Brenndorf nachzugehen.“ Mit dem mdr-Fernsehteam besuchte er auch die Schule mit dem anliegenden Kindergarten. Hier hatte seine Großmutter Amalie Anna Kuhn als Kindergärtnerin gearbeitet. Peter Maffays Großmutter war mit dem Tartlauer Johann Feltes verheiratet, ihr Großelternhaus steht in der Neugasse (heute Nummer 236). Das inzwischen von Rumänen bewohnte Lurtz’sche Haus bedeutet Peter Maffay sehr viel. Bei einem kurzen Siebenbürgenbesuch im August 2007 hatte er versucht, das Haus ausfindig zu machen, was ihm auch mit Hilfe von Erna und Rosi Mereţ gelang. Von dort nahm er eine Handvoll Erde mit und legte sie auf das Grab seiner Mutter in Waldkraiburg.
Familienfoto von Peter Maffays Urgroßeltern in ...
Familienfoto von Peter Maffays Urgroßeltern in Brenndorf, Anfang der dreißiger Jahre, erste Reihe von rechts nach links: Hans Feltes (Großvater), Augustine Feltes (Mutter), Amalie Anna Feltes geb. Kuhn (Großmutter), Martha Kuhn (Schwester der Großmutter) und Anna Kuhn geborene Lurtz (Urgroßmutter), stehend von rechts nach links: Karl, Emmerich, Nikolaus und Albert Kuhn (Brüder der Großmutter).
Vor der berühmten Kirchenburg in Tartlau wurde Peter Maffay ein umfassender Familienstammbaum überreicht, der bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Dr. Gerald Volkmer, wissenschaftlicher Leiter des Siebenbürgen-Instituts, der das Filmprojekt zusammen mit Thomas Şindilariu, Archivar und Bibliothekar der Kronstädter Honterusgemeinde, wissenschaftlich betreut hatte, wies Maffay ausdrücklich auf seine Vorfahren in Brenndorf hin, die vorwiegend Landwirte gewesen seien. Der Musiker freute sich und fand nun eine späte Erklärung für seine Vorliebe, „in der Erde herumzustochern“.

In dem Stammbaum dokumentiert werden auch die aus Szotyor (Coşeni) stammenden Szekler-Vorfahren des Vaters Wilhelm Makkay, aber auch die Ahnen seines Brenndörfer Urgroßvaters Nikolaus Kuhn, die im 18. Jahrhundert aus dem Saarland ins Banat eingewandert waren.

Seine Großmutter Amalie Anna Kuhn war es, die – ohne es zu ahnen – den Grundstein für eine außergewöhnliche musikalische Karriere legte. Sie schenkte ihrem Enkelsohn zu Weihnachten 1956 eine Geige. Die erste Berührung mit der Musik verdankt Peter Maffay seiner Mutter Augustine, die Wert darauf legte, dass ihr Sohn im Alter von sieben Jahren Geigenunterricht erhielt. Peter Maffay erläutert im Gespräch mit der Siebenbürgischen Zeitung: „Diese Musikberührung ist sehr wichtig. Im Laufe der Jahre bin ich immer mehr zum Verfechter der Ansicht geworden, dass Kinder unbedingt Zugang haben sollten zur Musik, weil das ein Medium ist, welches zur Selbstfindung und Persönlichkeitsbildung geradezu prädestiniert ist. Es war 1956 in keinster Form abzusehen, dass ich über Jahrzehnte von der Musik leben würde. Von 1963 bis 1970, nachdem ich von Rumänien herausgekommen bin, gab es schon den einen oder anderen musikalischen Gehversuch. Aber dass die Musik mein Lebensmittelpunkt sein würde, war frühestens 1970 erkennbar, als ich einen Schallplattenvertrag erhielt.“
Der vierjährige Peter Maffay (Bildmitte) im ...
Der vierjährige Peter Maffay (Bildmitte) im Oktober 1953 in Brenndorf, links Ilse Muerth geborene Kuhn, rechts Kurt Klein (99).
Die Kindheit erlebte Peter Maffay unter „der Glocke des Kommunismus“. Sein Vater war tagelang inhaftiert, und seine Mutter sagte ihm, er sei verreist. Dennoch hat er eine glückliche Kindheit gehabt und als Einzelkind weder Liebe noch Geborgenheit vermisst. Maffay erinnert sich: „Wir haben als Kinder in einer Welt gelebt, die insofern einzigartig war, als wir weder aus Geschichten noch aus eigener Erfahrung Vergleichsmöglichkeiten heranziehen konnten: Wie lebte man damals in Deutschland oder einem an- deren Land? Es gab eben nur Rumänien und sonst nichts. Über diesen Tellerrand konnte man nicht hinweggucken und lebte unter den Umständen, die begreifbar waren, im wahrsten Sinne des Wortes. So ist mir vor allem der Zusammenhalt zwischen Menschen in Erinnerung geblieben, die sich gegenseitig in ihrer Not oder Bedürftigkeit geholfen haben. Die Lebensgemeinschaft erstreckte sich nicht nur auf unseren Hof in der rumänischen Kirchengasse Nr. 5, sondern auch auf die Mittelgasse hinauf bis zum „Walitsch“ und zur Schule. Die Menschen kannten und halfen sich, um die Tagesfragen und Dinge des täglichen Lebens zu bewältigen. Das ist mir hängengeblieben.“

Seine Auseinandersetzung mit Politik, Gesellschaft, demokratischen Strukturen und der Freiheit, die er genießt, setzt erst nach der Ausreise der Familie 1963 in Deutschland ein und das ziemlich spät, „weil man am Anfang so wahnsinnig viel nachzuholen hat und verständlicherweise materielle Schwerpunkte setzt“. Die Begegnungen mit Musikern aller Kontinente, die politisch anders gebildet waren, der Ost-West-Konflikt prägen Maffay als Kosmopoliten und sozial engagierten Künstler. Seine Popularität und seinen Namen als bedeutender Musiker nutzt er, um die „Peter-Maffay-Stiftung“ und die „Tabalugastiftung“ ins Leben zu rufen. Peter Maffay erläutert: „Wir haben hier in Spanien eine Stiftung, die sich um traumatisierte Kinder kümmert, 250 Kinder besuchen uns jedes Jahr und absolvieren zweiwöchige Ferienaufenthalte. Sie stammen aus sehr schwierigen Familienverhältnissen, haben Erfahrungen auf dem Gebiet von Alkohol, Drogen, sexuellem Missbrauch, Gewalt, sie verbringen bei uns – in Begleitung ihrer Pädagogen – therapeutische Ferien auf dem Bauernhof, wo sie einen Naturkreislauf erleben, wie sie ihn wahrscheinlich nicht kennen, wo sie mit Tieren zusammenkommen und die Natur geradezu als besten Therapeuten betrachten, den man sich vorstellen kann.“

Eine Kirchenburg für Kinder

Ein ähnliches Projekt will Peter Maffay nun mit Hilfe von Freunden, der evangelischen Kirche und staatlichen Behörden auch in Rumänien etablieren. Dazu will er eine Kirchenburg erwerben. Ende Februar hat er einige Burgen in Begleitung eines fachkundigen Architekten anschauen dürfen und hatte das große Vergnügen, Bürgermeister Klaus Johannis nochmals zu treffen, und den evangelischen Landesbischof D. Dr. Christoph Klein in Hermannstadt zu besuchen, „der ein überaus reizender Gastgeber ist und mit dessen Hilfe wir rechnen können“. Die Kirchenburgen stellen „ein unfassbares Kulturgut dar, welches maßgeblich bedingt durch unsere Geschichte entstanden ist“. Sie seien – ähnlich wie ein Bauernhof oder eine Insel - geradezu als Schutzraum für Kinder prädestiniert. „Mit einer Kirchenburg könnten wir ein wunderbares Sig-nal setzen als Begegnungsdrehscheibe von Kindern mit anderen Menschen, von Menschen, die in die Geschichte zurückgucken und sich daran erinnern wollen, in welcher hohen Blüte siebenbürgische Kultur dagestanden hat und hoffentlich in Zukunft wieder dastehen wird.“

Die Reise mit dem Fernsehteam des Mitteldeutschen Rundfunks hat Peter Maffay großen Spaß gemacht. Es war eine hervorragende Möglichkeit, seine Wurzeln neu zu beleben Für ihn gilt es nun, „die vielen schönen Verbindungen und Bekanntschaften mit dem Ziel zu bündeln, die Lebensumstände für Kinder zu verbessern.“

Siegbert Bruss

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