HOG Großschenk - Zum Gedenken an 70 Jahre Deportation

12. Juli 2015

Allgemeiner Bericht

Dinkelsbühl 2015 - Kranzniederlegung am Siebenbürgendenkmal
Weitere Fotos auf:
http://www.siebenbuerger.de/ortschaften/grossschenk/bilder/dinkelsbuehl 2015
"13. Januar 1945 in Großschenk" Verse von Grete Welther 1947
Gedenken an die Verschleppung vor 70 Jahren

Unsere Heimatortsgemeinschaft Großschenk hat auch dieses Jahr, wie viele andere Verbände und Organisationen, zu den Heimattagen in Dinkelsbühl einen Kranz an der Gedenkstätte der Siebenbürger Sachsen niedergelegt. Am Denkmal wird „der Deutschen Söhne und Töchter Siebenbürgens die in zwei Weltkriegen und schweren Nachkriegsjahren ihr Leben liessen“ gedacht. Da sich heuer die große und grausame Verschleppung zum 70. Mal jährt, widmeten wir unseren Kranz auch dem Gedenken an das erlittene Unrecht der Russlanddeportierten und mahnen heute und für die Zukunft für ein friedvolles Miteinander und gegenseitigen Respekt aller Völker.
Unsere Großschenker Mundartdichterin Grete Welther (1911-1999) beschreibt die schmerzhaften Geschehnisse und das große Leid in unserem Heimatort sehr eindrucksvoll in folgendem Gedicht aus 1947:

Deportation der Sachsen aus Großschenk zum Wiederaufbau Rußlands

13. Januar 1945 in Großschenk

Am 13. Januar, in früher Morgenstunde
erscholl die schauderhaft, grausame Kunde
vom Gemeindebläser durch die Gassen,
was nicht zu glauben war, nicht zu fassen:
„Du, sächsische Jugend, ihr Männer und Frauen-“
Man vermochte den eigenen Ohren nicht trauen -
„In zwei Stunden macht euch marschbereit
und sackt euch ein für längere Zeit,
die Sammelstelle ist im großen Restaurant,
das Concordia hier wird genannt.
Wer nicht erscheint, denke dabei,
hat Ärger mit der Polizei.“

Männer von 17 bis 45, Frauen von 18 bis 30 Jahren
waren preisgegeben bevorstehenden Gefahren.
Man war wie auf den Kopf geschlagen,
doch machtlos mußten wir das harte Los ertragen.
Nach Rußland hieß es, auf Arbeit geh'n;
Ja, nach Rußland – wir versteh'n . . .

Wie Verbrecher sperrte man sie ins Concordia-Haus,
die Posten ließen niemanden ein, noch aus.
Vom Kirchturm die Vesperglocke klingt,
den Verbannten bewegten Abschiedsgruß sie bringt;
vielleicht für manchen, wenn es sein muß,
gar der letzte, vertraute, Heimatgruß.

Zitternd, fröstelnd, von innen und außen,
irrten Väter, Mütter und Kinder draußen.
Der Tag erlosch, es kam die dunkle Nacht,
Pferdewägen wurden zum Fortführen gebracht.
Vier bis fünf Mann auf einen Wagen
mit je einem Posten wurden sie verladen.
Es war ein Suchen, Rufen, nach den Seinen,
ein schmerzlich Abschiednehmen, ein bitteres Weinen.

„Lebt wohl Vater, Mutter! Weint nicht!
Wir kommen doch wieder, verzaget nicht!“
So sprach manch ahnungsloses Mädchen,
das noch niemals verlassen hat sein Heimatplätzchen.
Dagegen unsere Männer und Frauen
vermochten auch weiter zu schauen;
es verriet ihr tränenfeuchter Blick:
„Wer weiß, kehren wir noch einmal zurück!“ -

Rollende Wägen rasseln durch die kalte Nacht,
'Beschütz oh Gott, sie mit deiner Güte, deiner Macht'.
Die Heimatglocken, alle drei, gewaltig schallen,
bis ans Ende der Gemeinde sie verhallen.
Wie im Traum waren sie entführt,
die Jugend unserer Blüte – verschafft
Frauen, Männer, unsere Kraft.

Das Leben geht weiter und fraget nicht,
wenn auch das Herz vor Kummer bricht.
Es folgen bittere Tage, mit immer neuen Sorgen,
man wußte nicht was bringen wird der Morgen. -
Dich aber, 13. Januar, du schwarzer Tag,
keiner von uns je vergessen mag!
Wie ein Denkmal steht es geschrieben:
Geraubt, gerissen von unseren Lieben!


Großschenk, Januar 1947

Margarete Welther
Siebenbürgendenkmal Dinkelsbühl 2015 ...
Siebenbürgendenkmal Dinkelsbühl 2015

Hermann Wolff

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