Wolkendorf bei Kronstadt - Informationen

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Zur Geschichte des Ortes

Lage
Dort, wo die Karpaten in ihrem Verlauf die südöstliche Richtung verlassen und in engem Bogen nach Westen abbiegen, umschließen sie, einer riesigen Wehranlage gleichend, das Burzenland. In dessen südwestlichen Winkel liegt die Gemeinde Wolkendorf. Von welcher Seite immer man sich dem Ort nähert, bilden die nahen Berge eine beeindruckended Kulisse: Im Süden der Butschetsch (2508 m), im Osten der Schuler (1804 m) mit der "Schlafenden Jungfrau", im Norden der Zeidner Berg (1294 m), im Südwesten der Königstein (2240 m), nahe daran die Hohe Koppe (1630 m), "unser Gebirge", im Westen und Nordwesten der Perschaner Höhenzug mit der "Hüpek" (976 m), der markantesten Erhebung auf Wolkendorfer Gebiet.

Ortsname, Hattert
Wolkendorf heißt rumänisch Vulcan, ungarisch Szászvolkány und liegt etwa 606 m ü.M. Der Hattert ist von mittlerer Größe. Äcker und Gärten: 853 ha; Wiesen und Weiden: 1159 ha; Wald: 2156 ha; die Gebirgsweide Koppen: 460 ha; insgesamt 4628 ha.

Geschichtliches
  • 1377 Erste Nennung der Gemeinde Wolkendorf in einer Urkunde König Ludwigs I.
  • 1421 Beim Überfall des türkischen Sultans Amurath fällt Wolkendorf den Flammen zum Opfer.
  • 1427 König Sigismund schenkt den Wolkendorfern die Gebirgsweide "Hohe Koppen", 1519 bestätigt König Ludwig II. dieses Besitzrecht.
  • 1611 Überfall von Gabriel Bathori, 300 Wolkendorfer sterben, nur 5 überleben. Dorf und Kirche werden zerstört.
  • 1421 bis 1841 wird der Ort von 16 Großbränden und zwei Epidemien heimgesucht.
  • 1848 Revolution und Choleraepidemie fordern unter den Sachsen 42 Opfer.
  • 1849 General Bem lagert bei Zeiden. Wolkendorf bleibt verschont, muß aber ca. 30000 Gulden in Form von Abgaben leisten.
  • 1869 Erstes Schulfest wird gefeiert.[
  • 1889 Der Burzenländer Gustav-Adolf-Verein tagt zum erstenmal in Wolkendorf, 1934 zum zweitenmal.
  • 1907 Das "Amerika-Fieber" erfaßt Wolkendorf; viele Bewohner wandern aus.
  • 1945 Am 13.Januar werden 214 Frauen und Männer aus Wolkendorf in die Sowjetunion deportiert. Der Ort bleibt ohne Geistlichen, Pfr. Konnerth wird auch verschleppt.
  • 1945-1946 Grund, Vieh, Geräte, Maschinen, Saatgut, Wirtschaftsbauten, Wohnhäuser samt Einrichtungen der Sachsen werden enteignet und an neue Besitzer verteilt.
  • 1948 Rektor Paul Kauth wird von der "Securitate" mißhandelt und stirbt drei Jahre später an den Folgen.
  • 1952 Drei Familien werden wegen angeblicher Behinderung der Kollektivierung nach Elisabethstadt bzw. Schäßburg evakuiert.
  • 1953 Am 27. September überfallen rumänische Jugendliche Johann Figuli auf der Straße, mißhandeln ihn, was zu seinem Tod führt.
  • 1959 Der rumänische Nachtwächter C.I. erschlägt am 31. März Heinrich Müller.
  • 1962 Die rumänischen Brüder I. überfallen und töten Rosa Schnabel am 9. Februar.
Kirche, Kirchenburg und Friedhof
Eine romanische Kirche wird im 13. Jahrhundert erbaut (Triumphbogen und Grundmauern sind erhalten), im 15. Jahrhundert wird die Kirchenburg mit einer 6 bis 10 Meter hohen Ringmauer umgeben (die Vorratskammern sind auf der Süd-, West- und Nordseite noch erhalten).
  • 1432 Nach den Türkeneinfällen von 1421 und 1432 wird die Kirche in eine gotische Saalkirche umgebaut.
  • 1633 Der aus Wolkendorf stammenden Stadtrichter von Kronstadt Michael Goldschmidt schenkt der Gemeinde eine Glocke.[
  • 1665 Kirche wird wieder aufgebaut (lag seit 1611 in Trümmern).
  • 1741 Der barocke, kelchförmige Taufstein ist das wertvollste Objekt in unserer Kirche.
  • 1793 Bau des Glockenturms, Fertigstellung 1794.
  • 796 Zu den beiden Glocken von 1633 kommt die Dreifaltigkeitsglocke hinzu.
  • 1808 Das "alte Rathaus" in der Burg wird erbaut.
  • 1904 Die alten Glocken werden durch ein dreiteiliges Bronze-Geläute ersetzt.
  • 1916 Luther- und Honterusglocke müssen für den Krieg abgeliefert werden.
  • 1935 Orgel wird aus dem Chor auf die Westempore verlegt.
  • 1963 Der Eingang zur Kirchenburg muß auf Anordnung der Machthaber verlegt werden.
  • 1970: Kirche und Kirchturm werden gestrichen, 1994 wird die Kirchenburg gründlich renoviert, 1996 werden Kirche und Kirchturm aus Spendengeldern (7000.- DM) erneut renoviert.
Gemeinschaftsbauten
1891: Rathaus und Pfarrhaus; 1892-93: Volksschule (stilvolles Gebäude mit vier Klassenzimmern, einem Turnsaal und Musikzimmer); 1908: neue Gemeindemühle; 1910-11: Erholungsheim in der Obergasse (es wird 1938 von der Kirche erworben und 1939-48 als Waisenhaus genutzt); 1913: Elektrizitätswerk (das Wasser für die Turbinen wird etwa 5 km oberhalb von Wolkendorf aus der Burzen abgezweigt und in einem 2 m dicken Rohr entlang des Höhenzuges in ein Gefälle von etwa 30 m geleitet); 1913: neues Sägewerk; 1914: Gasthaus "Zum grünen Kranz" wird eröffnet; 1927: Schlachthaus; 1930: Freibad. Am 1. Dezember 1940 wird die von sächsischen Baumeistern erbaute rumänische Schule eröffnet. Die Gemeinde besitzt bis 1948 vier Lehrerhöfe. 1962: Das 1942 im Rohbau erbaute Gesellschaftshaus wird von der Landeskirche als Pensionistenheim fertiggestellt.
Vereine, Einrichtungen, Organisationen
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gibt es drei Nachbarschaften, 1838-1990 sind es vier. Wolkendorfer Sänger beteiligen sich am 28. Mai 1868 am Gesangsvolksfest im Zeidner Wald. 1869 wird der Leseverein gegründet und ein Jahr später in das Kasino umgewandelt. 1872 gründet Pfarrer Franz Sindel den Turnverein. 1873 besitzt die Bibliothek 176 Jugendbücher, 14 sonstige Bände und 38 Fachbücher für Lehrer. 1881 werden die Mädchen in den Gesangverein aufgenommen, 1883 wird die "Freiwillige Feuerwehr" gegründet, 1884 der evangelische Frauenverein. Die Blaskapelle unter Johann Eiwen nimmt 1886 eine Spitzenstellung im Burzenland ein. Die Wolkendorfer Turner beteiligen sich 1902 am Siebenbürgischen Turnfest in Hermannstadt. 1920 leitet der spätere Rektor Paul Kauth den gemischter Chor (über 50 Mitglieder) und zugleich den Kirchenchor. Im selben Jahr werden der Gewerbeverein und Jagdverein gegründet. Die Blaskapelle unter Martin Thies gehört in den 30er Jahren zu den besten im Burzenland. 1935: Gründung der Maschinengenossenschaft. 1938: Heinrich Preidt und Peter Schabel nehmen am deutschen Turn- und Sportfest in Breslau teil, ein Höhepunkt in der Sportgeschichte Wolkendorfs. 1952 schult der Dirigent und Komponist Rudi Klusch eine neue Blaskapelle ein, die Hans Els 1952-1973 leitet. Albert Schnabel leitet 1969-1990 den Kirchenchor, als Höhepunkt wird zu Ostern 1979 die Johannes-Passion aufgeführt. 1979 Hugo Domokosch gründet eine Blasmusik, die Hans Fröhlich 1980 übernimmt.

Landwirtschaft, Gewerbe, Handel, Wirtschaft
Die Wasserversorgung war schon seit der Ansiedlung unzureichend. Eine Gemeinschaftsarbeit der Wolkendorfer, Zeidner und Heldsdorfer behebt den Mangel 1430-1435: Oberhalb von Wolkendorf wird das Wasser aus der Burzen in den Mühlenbach (Neugraben) abgeleitet.
  • 1524 Die Mühle ist der älteste handwerkliche Betrieb in der Gemeinde.
  • 1845 Konrad Marinowitz baut Steinkohle auf Wolkendorfer Gebiet ab. 1874 wird von einem Bergwerksbetrieb der Gebrüder Hoffmann berichtet. 1875 erwirbt die Firma Czell & Artz die Schürfrechte im Kohlebergwerk "Concordia".
  • 1875 Erste Aufforstung im Kirchenwald.
  • 1881 39 Wirte gründen eine AG und schaffen eine Dampfdreschmaschine an, später weitere zwei.
  • 1896 Der Neugraben wird innerhalb von drei Wochen in die Straßenmitte verlegt.
  • 1908 Die Wasserleitung wird gebaut.
  • 1927 Die Molkerei wird gebaut.
  • 1928 Der erste Jahrmarkt findet in Wolkendorf statt.
  • 1928 Das "Wochenblatt" erscheint zum erstenmal.
Bevölkerungsentwicklung

1510: 42 Wirte, erwähnt wird ein "Walache"
1526: 39 volle und 12 halbe Steuerzahler
1532: nur noch 18 Landwirte werden erwähnt
1541 sind es wieder 44 und
1550 dann 63.
1722: 51 deutsche und 7 rumänische Familien
1765: 509 evangelische Seelen
1814 gibt es 749 Sachsen (69,4%) und 330 Rumänen
1890: 933 Sachsen (59,6%), 538 Rumänen, 96 sonstige
1896: 1031 evangelische Seelen
1921: 1149 Sachsen, 821 Rumänen, 53 andere
1930: 1238 Sachsen, 1024 Rumänen, 317 andere
1940: 1390 Sachsen
1966: 1157
1976: 1115
1989: 512
1990: 212 und
1997: 138 evangelische Seelen.

Persönlichkeiten der Gemeinde
  • Michael Goldschmidt, um 1605 geboren, aus einer armen Bauernfamilie stammend, besucht er das Gymnasium in Kronstadt, studiert in Deutschland und wird später Stadtrichter von Kronstadt.
  • Johann Ludwig, Mitglied der "Königlich Französischen Musikalischen Akademie Paris", von wo er seiner Heimatgemeinde ein Festmessegewand schenkt, das zu Ostern 1780 eingeweiht wird.
  • Thomas Schabel, 1783-1795 Hann von Wolkendorf. Verfasser der ältesten Chronik von Wolkendorf. Am 3. Weihnachtstag 1792 ruft er die Gemeinde auf, den Bau eines dem Dorf angemessenen Glockenturmes zu ermöglichen: Der Turm wird in nur zwei Jahren (1793-94) errichtet. Einen Großteil seines Vermögens vermacht er 1789 dem "Schabelschen Legat". Aus den Zinsen dieser Stiftung wird begabten, mittellosen Schülern der Besuch des Gymnasiums in Kronstadt finanziert, ebenso werden arme Familien mit vielen Kindern unterstützt.
  • Johann Ludwig, geboren am 12. August 1851, Dorfrichter 1887-89 und 1893-1904, prägt in seiner Amtszeit das uns noch vertraute Bild von Wolkendorf.
  • Martin Thies, geboren am 1. Oktober 1881, gestorben am 13. September 1940, besucht das Wiener Konservatorium, gilt als bedeutendster siebenbürgischer Blasorchestererzieher und Komponist für Blasorchester (weit über 100 Stücke).
Opfer der beiden Weltkriege
Zwei Gedenktafeln in der Kirche erinnern an die 29 Gefallenen des 1. Weltkrieges und die 85 Opfer des 2. Weltkrieges (55 Gefallene und 30 in der Deportation Verstorbene).


erschienen in der Siebenbürgischen Zeitung, 15.Oktober 1997
von Helmut Beer

Monografien

  • Wilhelm Beer, Richard Gober, Helmut Beer

    Wolkendorf im Burzenland.

    Heimatbuch einer siebenbürgischen Gemeinde. Hg. von HOG Wolkendorf, 1990

Vollständige Literaturliste (Ortsmonografien, Belletristik etc.) anzeigen

HOG-Informationen / Geschichte

Die Heimatgemeinschaft in Deutschland

Die in Deutschland lebenden Wolkendorfer treffen sich zum erstenmal 1950 in Stuttgart. Organisator ist Martin Dreßnandt zunächst allein, später (bis 1970) gemeinsam mit Kurt Zikeli. Dieser führt die Nachbarschaft 1970–1989 und organisiert 1970 eine Spendeaktion (11.000 DM) für die Anschaffung der Läuteanlage in Wolkendorf. Viele Wolkendorfer haben um Augsburg, Erlangen, und Tuttlingen Heimat gefunden, wo im Turnus jedes dritte Jahr das Wolkendorfer Treffen abgehalten wird. Beim 1. Wolkendorfer Treffen 1983 in Dinkelsbühl, wird die HOG-Wolkendorf gegründet. Das 2. Treffen findet 1986 in Augsburg statt. Beim 3. Treffen 1989 in Tuttlingen wird Helmut Beer zum Nachbarvater gewählt, der das Amt bis heute innehat. Das 4. Treffen wird 1992 in Fürth, das fünfte 1995 in Tuttlingen abgehalten. Das 6. Treffen wird vom 9–11. September 1998 in Friedberg bei Augsburg abgehalten. Das 7. Treffen fand 2001 in Nürnber statt, Klaus Guess wird zum Vorstandsvorsitzender der HG Wolkendorf gewählt. Das 8-te Wolkendorfer Treffen fand vom 17–19. September 2004 in Friedrichroda statt.

Das "Wolkendorf Heimatblatt" wird erstmals 1985 von Helmut Beer herausgegeben. Die Heimatgemeinschaft Wolkendorf hat derzeit 573 Familien-Mitglieder (1481 Personen). In Wolkendorf leben noch 145 evangelische Seelen. Die Gemeinde wird seit 1976 von Pfarrer Klaus Daniel, dem derzeitigen Dechanten des Kronstädter Kirchenbezirkes, betreut. Nach siebenjähriger Arbeit wurde 1990 das Wolkendorfer Heimatbuch (480 Seiten, 166 Bilder; Autoren: Wilhelm Beer, Richard Gober, Helmut Beer) herausgegeben.

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