21. Februar 2004

Einsatz für den EU-Beitritt Rumäniens

In vier gesonderten Briefen gleichen Inhalts hat sich der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), Klaus Johannis, an Spitzenpolitiker in Deutschland gewandt. Bundeskanzler Gerhard Schröder , der designierte SPD-Vorsitzende Franz Müntefering, die CDU-Chefin Angela Merkel und der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber wurden aufgefordert, den Beitritt Rumäniens weiterhin zu unterstützen und nicht der Forderung des EU-Parlamentariers Arie Oostlander nachzugeben, wonach die Beitrittsverhandlungen mit Rumänien abgebrochen werden sollten.
Der holländische Abgeordnete Oostlander hatte Rumänien kräftig unter Beschuss genommen und eine Eingabe verfasst, die zusammen mit dem Rumänien-Länderbericht am 18. Februar im außenpolitischen Ausschuss des Europäischen Parlaments erörtert werden sollte. Das Land sei kein Rechtsstaat, weil die Korruption erschreckende Ausmaße angenommen habe und die Lage der Waisenkinder katastrophal sei, gab Oostlander zu bedenken und forderte den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit Rumänien. Dieser Forderung schloss sich auch die Baronin Emma Nicholson von Winterbourne, die Rumänien-Berichterstatterin im EU-Parlament, an.

Die rumänische Regierungspartei, aber auch die Opposition liefen daraufhin Sturm und verteidigten unisono die "Interessen des Landes", wie es hieß. Den Sturm im Wasserglas ausgelöst hatte die Regierung Adrian Nastase, als sie im letzten Dezember trotz des von der EU 2001 verhängten Moratoriums gleich 105 rumänische Kinder zur Adoption an italienische Eltern freigegeben hatte. Das sorgte für den derzeitigen Rummel.

Nach einer ersten Unterredung in Brüssel mit Außenminister Geoana hatte EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen dem Land zunächst einen Persilschein ausgestellt: "Im Falle der 105 nach Italien zur Adoption freigegebenen Kinder hat Rumänien das Moratorium über internationale Adoptionen respektiert", zitiert die Hermannstädter Zeitung den EU-Kommissar. Trotzdem gab es danach einen Briefwechsel zwischen Premier Nastase und Verheugen, worin der EU-Kommissar den rumänischen Regierungschef um "zusätzliche Aufklärung" in diesem Falle bat.

Emma Nicholson beharrte weiterhin auf ihrem kritischen Kurs gegenüber Rumänien, auch nach Gesprächen am 9. Februar in Bukarest mit Staatspräsident Ion Iliescu und Premier Adrian Nastase. Die Baronin forderte nach wie vor die Einfrierung der Beitrittsverhandlungen mit Rumänien. Neben den umstrittenen Adoptionen habe Rumänien auch wegen der verbreiteten Korruption Schwierigkeiten, die geforderten politischen Kriterien zu erfüllen. Allerdings schloss Nicholson nicht aus, dass Rumänien, wie ursprünglich angestrebt, am 1. Januar 2007 der EU beitreten könne, doch dafür "sei noch viel zu tun".

"Lage der ethnischen Minderheiten hat sich verbessert"

In diesem Kontext sind die Briefe des DFDR-Vorsitzenden Klaus Johannis entstanden, wo es heißt: "Die Situation der nationalen Minderheiten - eines der politischen Kriterien - hat sich in Rumänien in den letzten Jahren verbessert. Dies ist auch eine direkte Folge der Verhandlungen für den EU-Beitritt. Die Art, wie Rumänien die Beitrittskriterien erfüllt, kann sicher nicht als perfekt dargestellt werden, allerdings ist die Situation unseres Landes mit der der zehn Beitrittskandidaten, die in diesem Jahr der EU beitreten, vergleichbar." Allerdings gibt der DFDR-Vorsitzende zu, dass gerade im Bereich der Minderheitenpolitik noch einiges zu tun sei. So komme die Rückerstattung von Kirchen- und Gemeinschaftseigentum nur schleppend voran, aber sie sei "doch im Gange und wird auf Parlaments- und Regierungsebene verhandelt." Man habe ein Ziel und einen Beitritts-Fahrplan, für Rumänien gebe es "keine Alternative zum EU-Beitritt", heißt es im Brief an die deutschen Spitzenpolitiker. "Die deutsche Minderheit in Rumänien ist einer der aktivsten Faktoren, die dazu beitragen - vor allem durch die Erfüllung der Brückenfunktion in den Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien. In diesem Sinne bitten wir Sie", heißt es abschließend, "den EU-Beitritt Rumäniens zu unterstützen".

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass sich Klaus Johannis brieflich und in ähnlichen Angelegenheiten an Spitzenpolitiker Europas wendet. Als die Aufhebung des Visazwangs für rumänische Staatsbürger europaweit im Gespräch war, schrieb der Hermannstädter Oberbürgermeister, auch in seiner Eigenschaft als DFDR-Vorsitzender, an führende Persönlichkeiten in Deutschland und Österreich. Bald danach konnten, wie bekannt, Rumänen ohne Sichtvermerk in die Schengener Staaten reisen. Ab kommendem März gilt des Gleiche für die Schweiz. England und Irland könnten in diesem Sinne demnächst nachziehen.

Martin Ohnweiler

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