30. Januar 2003

Geschichten rund um den Handball in Siebenbürgen (XX)

Nesthäkchen im Olympiaaufgebot: Hans Hermannstädter nimmt als 18-Jähriger am Turnier 1936 in Deutschland teil. Neben Ernst Wolf ist er der einzige Seminarist in der rumänischen WM-Auswahl 1938.
Er war das Nesthäkchen im 16 Mann starken Olympiaaufgebot, das Rumänien 1936 bei den Olympischen Spielen in Deutschland vertreten hat. Hans Hermannstädter war gerade einmal 18 Jahre alt und durfte die Reise nach Berlin antreten. Im selben Jahr übernahm Hermannstädter das Handballprotokollbuch der Seminaristen von Wilhelm Hitsch und führtes es bis 1938 weiter.

Hans Groß setzte die Aufzeichnungen bis 1940 fort. In dem Buch, das in Gundelsheim aufbewahrt wird und von dem es Kopien gibt, eine ist im Besitz von Ernst Wolf, sind alle Spiele der Hermannstädter Seminarmannschaft von 1932 bis 1940 verzeichnet. Wie Hans Hermannstädter berichtet, gibt es Fortsetzungsbände der Chronik.

Die rumänische Handball-Delegation bei den der ersten Großfeldhandball-Weltmeisterschaft in Berlin 1938: oberste Reihe von links: Ernst Wolf (Hermannstädter Turnverein/HTV), zwei Unbekannte, Wilhelm Zacharias, Henning (beide HTV), zweite Reihe: Günther Schorsten, Karl Haffer, Friedrich Barth, Edwin Steilner, Hans Hermannstädter (alle HTV), Mannschaftsarzt Parvulescu, stehend darunter: wahrscheinlich Torwart Peter Fecsi (Bukarest), Hans Georg Herzog (seit 1938 Bukarester Turnverein), Alfred Höchsmann, Wilhelm „Kiri“ Kirschner (beide HTV)‚ Dragan Comanescu (Viforul Dacia Bukarest) Hanek (Bistritzer TV), Connerth und Fritz Halmen (beide HTV), vorne kniend: Fröhlich (Betreuer) und ein unter dem Spitznamen Chinezul bekannter Spieler.
Die rumänische Handball-Delegation bei den der ersten Großfeldhandball-Weltmeisterschaft in Berlin 1938: oberste Reihe von links: Ernst Wolf (Hermannstädter Turnverein/HTV), zwei Unbekannte, Wilhelm Zacharias, Henning (beide HTV), zweite Reihe: Günther Schorsten, Karl Haffer, Friedrich Barth, Edwin Steilner, Hans Hermannstädter (alle HTV), Mannschaftsarzt Parvulescu, stehend darunter: wahrscheinlich Torwart Peter Fecsi (Bukarest), Hans Georg Herzog (seit 1938 Bukarester Turnverein), Alfred Höchsmann, Wilhelm „Kiri“ Kirschner (beide HTV)‚ Dragan Comanescu (Viforul Dacia Bukarest) Hanek (Bistritzer TV), Connerth und Fritz Halmen (beide HTV), vorne kniend: Fröhlich (Betreuer) und ein unter dem Spitznamen Chinezul bekannter Spieler.

Wegen seiner guten Leistungen darf Hans Hermannstädter von 1936 bis 1938 immer wieder auch beim Hermannstädter Turnverein aushelfen. Diese Einsätze machen ihn auch über die Hermannstädter Stadtgrenze hinaus bekannt, selbst in Bukarest weiß man von seinem Können. Das ebnet ihm den Weg zu den Olympischen Spielen.

Dass er nachher weiter zur Nationalmannschaft gehört, ist fast selbstverständlich. Und so nimmt er auch zwei Jahre später an der ersten Handball-Weltmeisterschaft auf dem Großfeld in Deutschland als Stürmer teil. Dort ist er neben dem legendären Torwart Ernst Wolf der einzige Seminarist im rumänischen Aufgebot. Die 30er Jahre hat Hermannstädter in guter Erinnerung: "In der damaligen Zeit trieb man Sport für die Gesundheit, aus Lust und Liebe, nicht um Geld zu verdienen und reich zu werden.“

Von den Olympischen Spielen berichtet Hermannstädter: „Die Handballer waren in Zweibettzimmern untergebracht, täglich wurde die Wäsche gewechselt. Verpflegung erhielten wir vom ‚Norddeutschen Lloyd‘. Es war alles tadellos. Wenn man etwas besichtigen wollte, wurde man begleitet und wieder zurück ins Olympische Dorf gebracht. Ich habe in Potsdam die Garnisonskirche besichtigt. Jeden Abend konnte man im großen Saal des Olympischen Dorfes den von Leni Riefenstahl gedrehten Film vom Tagesgeschehen im Stadion und auf den Wettkampfstätten sehen.“ Bei der WM sei alles ebenso gut organisiert gewesen. In Magdeburg war die rumänische Mannschaft im Hotel „Fürst Bismarck“ untergebracht. Alles vorzüglich, sagt Hans Hermannstädter.

Nach dem Krieg baut Hermannstädter in Brenndorf eine Jungenmannschaft auf, hält ständig Kontakt zu seinem Lehrerkollegen Hans Franz in Heldsdorf, so dass manches Spiel zwischen den Mannschaften beider Orte ausgetragen wird.

Hans Hermannstädter, geboren am 6. Februar 1918 in Neustadt bei Kronstadt, besucht das Lehrerseminar in Hermannstadt von 1934 bis 1938. Danach ist er bis 1952 Lehrer in Brenndorf. Von 1952 bis l978 ist er Schulrat und danach bis 1990 Landeskirchenkurator der Evangelischen Kirche in Rumänien.
Hans Hermannstädter
Hans Hermannstädter

Hermannstädter ist im Besitz einer Statistik des olympischen Handballturniers von 1936. Darin fällt auf, dass, vernachlässigt man die Namen der ungarischen Mannschaft, in allen Aufgeboten fast nur deutsche Namen zu finden sind. Also ist diese Sportart in den 30er Jahren noch eine recht deutsche Angelegenheit. Nicht nur im deutschen, sondern auch im Schweizer Aufgebot stehen nur deutsche Namen. Im österreichischen sind natürlich, durch die Geschichte bedingt, slawische Einfärbungen zu finden. Im US-Aufgebot finden sich mit geringen Ausnahmen auch nur deutsche Namen. Weil im Ungarn jener Zeit viele Namen magyarisiert wurden, kann angenommen werden, dass mancher Spieler auch in dieser Mannschaft ein Deutscher war. Das US-Aufgebot liest sich folgendermaßen: Henry Oehler, Charles Dauner, Alfred Rosesco, Herbert Karl Oehmichen, Edmund Schallenberg, William Ahlemeyer, Gerard Yantz, Joe Kaylor, Willy Renz, Walter Bowden, Fred Leinweber, Edward John Hagen und Otto Oehler.

Johann Steiner


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 16 vom 15. Oktober 2002, Seite 16)

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