22. März 2004

Höhere Renten für Lehrer

Absolventen der „Pädagogischen Institute“ mit dreijähriger Studiendauer werden nun in die Qualifikationsgruppe 1 eingestuft. Diese Rechtsgrundsätze können auch für Betriebsingenieure und Facharbeiter von Bedeutung sein.
In einem von Hansgeorg Acker mitgeteilten Urteil hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg am 7. Oktober 2003 ohne mündliche Verhandlung entschieden: „Pädagogische Institute“ in Rumänien mit dreijähriger Studiendauer vermitteln eine Qualifikation mit Hochschulniveau, so dass bei entsprechenden Tätigkeiten Anspruch auf Einstufung in Qualifikationsgruppe 1 besteht (AZ. L 13 RA 4254/00). Damit schließt sich das Landessozialgericht Baden-Württemberg der Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts vom 14. Mai 2003, AZ. B4 RA 26/02 R, an (die in der für alle Rententräger maßgebenden Publikation SozR veröffentlicht werden soll) und führt dort entwickelte Grundsätze fort.

Streitig war die bisherige Einstufung: Rentenbehörden setzten die Lehrer mit Ausbildung an Pädagogischen Instituten mit dreijähriger Studiendauer lediglich mit Fachschulausbildungen gleich und stuften sie in die Qualifikationsgruppe 2 ein. Künftig sind die Rentenbehörden verpflichtet, den Hochschulcharakter und damit Qualifikationsgruppe 1 anzuerkennen.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg begründet seine Entscheidung wie folgt: Maßgeblich für die Zuordnung zu Qualifikationsgruppen seien das „qualitative Selbstverständnis der Bildungsgänge im jeweiligen Vertreibungsgebiet“ und nicht etwa formale Gegebenheiten und Kriterien der Ausbildungsgänge in der DDR (insbesondere nicht deren Zeitdauer). Dem „Äquivalenzabkommen“ zwischen der DDR und der Sozialistischen Republik Rumänien vom 10. April 1986, welches von Rentenbehörden stets als Ablehnungsargument bemüht worden war, sprach das Gericht eine Zuordnungsrelevanz ab, da es am 3. Oktober 1990 außer Kraft getreten sei. Vorrangig seien also die Gegebenheiten im Vertreibungsgebiet zu berücksichtigen.

Ein Recht auf Revision der Rententräger gegen diese Entscheidung wurde abgelehnt, weil das Urteil des Bundessozialgerichtes vom 14. Mai 2003 eine ausreichende grundsätzliche Klärung herbeigeführt habe. Eine Nichtzulassungsbeschwerde wurde von den Rententrägern nicht eingelegt, so dass die Entscheidung rechtskräftig ist.

Nach dieser von Hansgeorg Acker durchgesetzten Entscheidung können alle Betroffenen Anträge auf Neuberechnung gemäß § 44 SGB X stellen. Zur Begründung reicht der Hinweis auf die neue Entscheidung unter Angabe des Aktenzeichens. In den meisten Fällen wird sich die Rente dadurch erhöhen. Wegen Besonderheiten bei der Berechnung gemäß § 262 SGB VI (Mindestentgeltpunkte) kann die Rente jedoch in seltenen Fällen kleiner werden. Es wird daher empfohlen, vor der Antragstellung die Auswirkungen von einem auf Fremdrentenrecht spezialisierten Rentenberater oder Rechtsanwalt prüfen zu lassen.

Die Urteile des Bundessozialgerichts vom 14. Mai 2003 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 7. Oktober 2003 führen zu weiteren Begründungsansätzen, die auch für andere Renter von Bedeutung sind, die Arbeitszeiten in Rumänien zurückgelegt haben:
- Der Unterricht an Allgemeinschulen in der Oberstufe (Klassen 5-8) ist (wie auch in der DDR) eine Tätigkeit, die von Hochschulabsolventen ausgeübt wird und daher zu einer Einstufung in Qualifikationsgruppe 1 führt. Diese Tätigkeit wurde bisher lediglich dem Fachschulniveau zugeordnet und die Gruppe 1 wurde sogar Lehrern mit fünfjährigem Universitätsabschluss verwehrt, die in den Klassen 5-8 unterrichtet haben. Wenn Lehrer mit Fachschulausbildung (also mit Ausbildung für die Klassen 1-4) aus unterschiedlichen Gründen in der Oberstufe (Klassen 5-8) tätig waren, so können sie nach langjähriger Berufserfahrung in der höherwertigen Tätigkeit ebenfalls eine Höherstufung beantragen.

- Ausbildungen an Hochschulen in Rumänien, die mit einem Diplom als „Betriebsingenieur“ (subinginer) abgeschlossen wurden, stellen nach dem maßgeblichen rumänischen Verständnis ebenfalls Hochschulausbildungen dar, die weit über dem Niveau eines Fachschulabsolventen oder Technikers liegen. Entsprechend den oben erläuterten Grundsätzen könnte auch hier die Durchsetzung der Qualifikationsgruppe 1 versucht werden.

- Berufliche Ausbildungsgänge, die mit der Ausstellung eines Facharbeiterbuches „carnet de muncitor calificat“ geendet haben, müssen auch dann für die Einstufung in Qualifikationsgruppe 4 ausreichen, wenn sie nur 18 Monate gedauert haben. Bisher wurden diese Ausbildungsgänge unter Hinweis auf die in der DDR erforderliche Mindestlehrzeit von zwei bis drei Jahren nicht als Facharbeiterqualifikation anerkannt. Unter Berücksichtigung der Festlegung, dass es auf „das qualitative Selbstverständnis der Bildungsgänge im Herkunftsgebiet“ und nicht auf zeitliche Vorgaben in der DDR ankommt, müssten diese Facharbeiterbücher, die in Rumänien das Niveau eines qualifizierten Facharbeiters belegen, künftig auch anerkannt werden.

Rechtsanwalt Dr. Bernd Fabritius


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