12. November 2004

Der Publizist und Wissenschaftsautor Dr.-Ing. Hans Barth wird 70

Die erfreuliche Nachricht kam aus Japan. Dortige Fachingenieure haben kürzlich nachgewiesen, dass der "Aufzug ins All", den Dr. Hans Barth schon vor 25 Jahren in seinem Buch "Das Raumzeitalter" beschrieben und durchgerechnet hat, eines Tages realisierbar sein wird. "Dies würde die Weltraumfahrt geradezu revolutionieren", hatte Hermann Oberth in seinem Vorwort zu Barths Buch im Mai 1980 angemerkt. Diese Technik ermöglicht den Pendelverkehr zwischen Erde und geostationärem Orbit, aber auch Flüge zum Mond und zu den Planeten.
Dr. Hans Barth - Gratulation zum 70.
Dr. Hans Barth - Gratulation zum 70.

Worum es dabei geht, erläutert der Autor im Gespräch mit der Siebenbürgischen Zeitung: "Das Prinzip ist relativ einfach: Gelingt es, die von einem Sonnenkraftwerk im erdnahen Weltraum erzeugte Elektroenergie als Mikrowellenstrahl so dicht gebündelt zur Erde zu leiten, dass man eine Art Stromleitung erhält, so kann man daraus die für den Auf- und Abstieg benötigte Antriebsenergie beziehen." Die Japaner haben nun gezeigt, dass eine derart scharfe Bündelung möglich ist. Damit hätten wir die erforderliche "Stromleitung", was noch fehle, seien "die Stahlseile", um im Bild zu bleiben, die durch Rückstoßkräfte ersetzt werden müssten, so Barth. Der "Aufzug ins All" funktioniere nach dem Raketenprinzip, die Antriebsenergie werde allerdings nicht in der Rakete selbst erzeugt, sondern "umweltneutral im Weltraum". Auch für "die Seile" lieferte Barth schon in seinem Buch vor 25 Jahren Denkanstöße und Lösungsvorschläge. Ob die Menschen alsbald mit dem Aufzug ins All fahren werden, wollten wir wissen. "So schnell wird es wohl nicht gehen", dämpft Dr. Barth die Erwartungen, "denn schließlich ist der Aufbau der mächtigen Sonnenkraftwerke in 36000 km hohen Umlaufbahnen allein schon ein recht harter Brocken, technogisch wie finanziell. Doch die Zeit wird kommen, wo dies weltraumtechnischer Alltag sein wird!"

Die publizistische Leistung

In seiner jüngsten Veröffentlichung "Umwelt im Raumzeitalter" – die Siebenbürgische Zeitung brachte daraus neun Auszüge – wird der Jubilar wie folgt vorgestellt: "Dr.-Ing. Hans Barth ist einer der ersten Autoren, die 'den Griff nach den Sternen' unter sämtlichen Wirkungsaspekten beleuchten und somit eine ganzheitliche Betrachtung des Phänomens Raumfahrt vorlegen. Der 1934 in Siebenbürgen geborene Autor studierte Energietechnik und Elektrotechnik und promovierte über magnetohydrodynamische Energiewandler an der Universität Kronstadt. Von 1963 bis 1985 arbeitete er als Autor und Fachjournalist bei deutschsprachigen Publikationen in Rumänien, ab 1971 zugleich auch als Hochschullehrer am Institut für Elektrotechnik der Universität Kronstadt. Nach seiner Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland (1985) war er Gründungsredakteur der im VDE-Verlag erschienenen Fachzeitschrift mikroelektronik, die er über neun Jahre hinweg redigierte. Zur Raumfahrt fand er über Hermann Oberth, über dessen Leben, Werk und Wirken er zahlreiche Arbeiten veröffentlichte; die dritte und umfassendste Biografie des Raumfahrtpioniers "Hermann Oberth. Begründer der Weltraumfahrt" erschien 1991. Auch die einzige Kurzbiografie über den siebenbürgendeutschen Raketenpionier Conrad Haas stammt aus seiner Feder. Parallel zu diesen raumfahrtgeschichtlichen Publikationen verfasste er auch mehrere Arbeiten über das unerschöpfliche Zukunftspotential der Weltraumtechnik und deren Bedeutung für den Fortbestand von Leben auf dem Planeten Erde, darunter die Buchtitel 'Die Unabdingbarkeit des Raumzeitalters' (1977), 'Das Raumzeitalter' (1981), 'Weltraumtechnik für die Umwelt' (1997) und diese Publikation. Der vorliegende Titel weitet den Themenbogen 'Raumfahrt und Umwelt' aus – vor allem auch aus kulturphilosophischer Sicht – und bringt eine Fülle neuer Ideen und und Lösungsvorschläge zu einer umweltgerechten Gestaltung des 'Hauses Erde' sowie zur Erschaffung neuer Umwelten – und das nicht nur auf dem heimatlichen Planeten alleine. Für seine publizistischen Verdienste wurde der Autor mehrfach ausgezeichnet, darunter: Hermann-Oberth-Medaille in Gold (1985), Ziolkowski-Medaille (1982) und Honorary Member into the Order of Alexander the Great (1998)."

Bündiger könnte man es nicht zusammenfassen. Dennoch fallen einige Lücken auf. Da fehlt z.B. der Titel "Von Honterus zu Oberth. Bedeutende siebenbürgisch-deutsche Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner" (1980), den Hans Barth (unter Mitwirkung ausgewiesener Autoren) 1980 im Kriterion Verlag in Bukarest herausbrachte. Damit schloss er eine große Lücke in der siebenbürgisch-sächsischen Historiografie, in der die Vertreter der exakten Wissenschaften und Technik vorher kaum berücksichtigt worden waren. Neben den drei erwähnten Biografien über Hermann Oberth (1974, 1985 und 1991) veröffentlichte Barth zahlreiche andere Bücher: die Neuauflage von Oberths Hauptwerk "Wege zur Raumschiffahrt" (1974 in Rumänien, 1986 in Deutschland) und die Herausgabe des Buches "Der Weltraumspiegel" (1978); die Bearbeitung und Herausgabe der beiden Bände mit Hermann Oberths "Briefwechsel" (1980, 1984); die beiden Sammelbände "Der Weg zum Mond" und "Vom Sinn der Weltraumfahrt" (2000) mit meist unbekannten Schriften und Vorträgen aus dem Nachlass des Raumfahrtpioniers, und schließlich das unterhaltende Anekdoten-Buch (1998), das mittlerweile auch in rumänischer Übersetzung erschienen ist. Damit erfasste der Biograph das gesamte raumfahrtwissenschaftliche Werk Hermann Oberths, was für die Entwicklungsgeschichte der Weltraumfahrt enorm wichtig ist. In vier Jugendbüchern ("Der Mond", 1978; "Das Weltall", 1980; "Die Energie", 1981, und "Raumfahrt", 1984) vermittelte Barth in allgemeinverständlicher Form, den jungen Lesern in Rumänien neueste Erkenntnisse der Wissenschaft und Technik. Hans Barth hat insgesamt 23 Buchtitel geschrieben bzw. herausgegeben, zahlreiche Vorträge auf wissenschaftlichen Tagungen gehalten sowie unzählige Beiträge in Zeitschriften und Zeitungen veröffentlicht.

"Aus reinem Spaß an der Freud"

All dies leistete Hans Barth nebenberuflich, als "eine sinnvolle Freizeitgestaltung", als "intelektuelles Hobby", wie er es formuliert, betrieben aus "reinem Spaß an der Freud". Das "tägliche Brot" musste er im erlernten Beruf verdienen. Genauer gesagt, in den erlernten Berufen, denn auch da gab es reichlich Abwechslung. Der am 13. November 1934 in Seiden geborene Hans Barth wuchs in Bulkesch auf, von wo die Mutter stammte, da die Ehe der Eltern kurz nach seiner Geburt auseinandergegangen war. Nach der Volksschule in Bulkesch besuchte er die Technische Mittelschule für Mechanik in Mediasch, die er 1954 als Techniker für Energietechnik absolvierte. Es folgten eine sieben Jahre lange Tätigkeit in der Industrie und zwei Jahre Militärdienst auf dem Bau, bevor er im März 1963 zur deutschen Tageszeitung "Neuer Weg" wechselte und deren Lokalredaktion in Kronstadt übernahm. "Drei Gründe hatten mich bewogen, diesen Schritt zu wagen", erzählt Barth. "Zum einen wollte ich das Hochschulstudium nachholen, und das ging bei einem, der inzwischen Vater von zwei Kindern geworden war, nur in einer Universitädtstadt mit Abendkurs. Zum zweiten wollte ich richtig Deutsch und Schreiben lernen, eine gewisse Neigung zur Literatur hatte sich angebahnt. Und schließlich wusste ich, dass die deutschen Zeitungen damals die einzigen Anlaufstellen waren, die sich um die spezifischen Belange der rumäniendeutschen Bevölkerung kümmerten. In allen drei Erwartungen sollte ich nicht enttäuscht werden."

Das Studium an der Technischen Üniversität Konstadt begann Hans Barth im Herbst 1965 im Alter von 31 Jahren und beendete es 1970 als Elektroingenieur. Aufmerksamkeit erregte seine Diplomarbeit über magnetohydrodynamische Energiewandler, die auf die Theorie des neuen Fachbereichs und die praktische Realisierung der ersten MHD-Drehstrompumpe für Quecksilber einging. Dieser Erfolg ebnete ihm den Weg zur Promotion zum Doktor der Ingenieurswissenschaften sowie zum außerordentlichen Hochschullehrer. Eine Tätigkeit, die er ab 1971 neben seiner Hauptbeschäftigung als Fachredakteur für Wirtschaft/Technik und Wissenschaft bei der Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau", zu der er im Februar 1971 gewechselt war, ausübte. In diesen Jahren betätigte sich Hans Barth auf drei Feldern: als Redakteur – "zum Erweb des täglichen Brots", als Hochschullehrer (mit immerhin acht bis zwölf Lehrstunden pro Woche) – "um das Erlernte nicht zu vergessen", und als Oberth-Forscher und Buchautor – "aus reinem Spaß an der Freud". Dazu kam 1978 noch die Berufung zum Rektor der deutschsprachigen Volksuniversität Kronstadt.

"Angekommen" auch in Deutschland

So grenzenlos ausgelastet konnte er freilich nur sein, weil er zu Hause den nötigen Rückhalt von seiner aus Großalisch stammenden Frau Mitzi (geborene Maria Sander) erhielt. Beide Kinder, Sohn und Tochter, schafften das Hochschulstudium und sind in den erlernten Berufen auch hier in Deutschland "gut angekommen".

Nach seiner Aussiedlung in die Bundesrepublik lebte Hans Barth zunächst in Feucht bei Nürnberg, wo ihn das dortige Hermann-Oberth-Museum e.V. über eine ABM ein Jahr lang beschäftigen konnte. Dies war zwar die einmalige Gelegenheit, das Leben und Werk des Raumfahrtpioniers aus unmittelbar Nähe erforschen zu können. Im Hinblick auf eine dauerhafte Existenzsicherung musste er sich jedoch um eine feste Stelle bewerben. Mit 52 Jahren gelang ihm der berufliche Neuanfang: Barth wurde zum 1. Mai 1987 Gründungsredakteur der Zeitschrift mikroelektronik, dem Fachorgan der Gesellschaft Mikroelektronik im Verband der Deutschen Elektrotechniker, die er bis zu seiner Berentung redigierte. Trotzdem nahm er sich auch forthin Zeit für seine "intelektuellen Hobbys": für Hermann Oberth und andere siebenbürgisch sächsische Wissenschaftler, für eigene Gedanken und Projekte über das zukünftige Raumzeitalter, für Vorträge auf den Heimattagen in Dinkelsbühl und anderen landsmannschaftlichen Kulturveranstaltungen, und, nicht zuletzt, auch für zahlreiche wertvolle Veröffentlichungen in dieser Zeitung. In diesem Sinne möge uns Dr. Hans Barth noch lange Zeit in bester Gesundheit erhalten bleiben!

S. B.

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 18 vom 15. November 2004, Seite 7)

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