12. Juli 2014

Zum Tod von Andreas Hann von Hannenheim

Andreas Stefan Hann von Hannenheim wird am 16. Juni 1931 in Hermannstadt als drittes Kind von Julius (Knabenschuldirektor) und Mathilde, geborene von Larcher zu Eissegg, geboren. Er wächst mit den Schwestern Inge und Gertrud (Trudi), die beide 1945 in die Sowjetunion deportiert werden, und dem jüngsten Bruder Gerhard auf. Inge stirbt 1947 an den Folgen der unwürdigen Arbeitsbedingungen in der Sowjetunion, Trudi wird schwerkrank nach Deutschland geschickt, wo sie bis heute lebt.
Bis 1950 lebt Hannenheim im Haus der Familie in der Schwimmschulgasse und besucht Volksschule, Gymnasium und Lyzeum, von 1950-1951 die Technische Hochschule Klausenburg. 1951-1955 absolviert er ein Schiffbaustudium in Galatz, Abschluss Diplomingenieur, und arbeitet von 1955-56 als Konstruktionsingenieur bei der Schiffinstandhaltung in Orschowa. 1956 kehrt er ins elterliche Haus nach Hermannstadt zurück und wirkt bis 1957 als Maschinenbauer im Konstruktionsbüro IPROCHIM in Hermannstadt (ehemaliger Unternehmer Hess). Durch geschickte Vermittlung der „Liesel-Tante“ lernt er Mariluise Kröpfel kennen, die er 1957 heiratet. 1957-58 ist er Konstrukteur in der Messerfabrik Salzburg bei Hermannstadt (ehemaliges Unternehmen „Rettenbacher selige Witwe und Söhne“), von 1958-1991 technischer Leiter, Investitions-Chef und zuletzt Konstrukteur eines sozialistischen Holzverarbeitungsmaschinen-Betriebs. Durch die sozialistische Misswirtschaft desillusioniert, konzentriert er seine Energie auf die Familie und die sächsische Gemeinschaft.

Andreas Hann von Hannenheim (1931-2014) ...
Andreas Hann von Hannenheim (1931-2014)
1959 wird der erste Sohn Hannes geboren, 1961 der zweite Sohn Peter (Petzi), der 1977 beim Lawinenunglück im Buleakessel stirbt, 1967 der dritte Sohn Klaus. Kurz vor dem Umbruch in Rumänien 1989 stirbt Ehefrau Marli an den Folgen eines Krebsleidens. Im Jahr darauf reisen die Söhne und der größte Teil der Großfamilie nach Deutschland aus. Der Familienmensch Andresi bleibt alleine zurück und baut das „Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien“ auf. Aus der anfänglichen Wohngemeinschaft mit Dr. Lore Poelchau, die im Rahmen eines Kulturaufbauprogrammes aus Deutschland nach Hermannstadt kommt, wird eine Freundschaft. Hohes Engagement im gemeinschaftlichen Leben der Siebenbürger Sachsen, zunächst im Rahmen der Evangelischen Kirche in Siebenbürgen als Kurator in Hermannstadt, Bezirkskirchenkurator, Bachchor-Vorstand und nach der Wende 1989/1990 als Vorstand des neu gegründeten Demokratischen Forums der Deutschen in Hermannstadt, zeichnen ihn aus. 1994 siedelt auch er nach Deutschland über.

Drei Jahre später lernt er die Witwe Nortrude Plattner – Nolly (wieder) kennen und zieht zu ihr nach Fürstenfeldbruck, wo er bis zu seinem Tode lebt. Es folgen schöne Jahre mit vielen Unternehmungen und Reisen im „Unruhestand“. Er bleibt der alten Heimat tief verbunden und engagiert sich auch weiterhin für die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen in der Landsmannschaft, im Hilfsverein der Siebenbürger Sachsen Johannes Honterus, in der Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt, im Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde und als Mitbegründer des „Begegnungsfestes auf dem Huetplatz“. Im November 2013 wird bei ihm ein schweres Krebsleiden festgestellt, an dem er letztlich am 27. Mai 2014 verstirbt.

Zeit seines Lebens konnte man an ihm eine Mischung aus „larcherischem Frohsinn“ und „hannenheimischem Verantwortungsbewusstsein“ beobachten. Einerseits begleitete ihn Musik vom Kindesalter bis kurz vor seinem Tod (Familienhausmusik, Klavierunterricht, Schulchor, Blasmusik, Studenten-Band, Bachchor, Stuben-Musi), andererseits sein steter, in Familientradition fortgeführter Dienst an der Gesellschaft (Coetus Brukenthalia, Kurator, Bezirkskirchenkurator, Bachchor-Vorstand, Demokratisches Forum, Landsmannschaft, Heimatortsgemeinden, Honterusverein). Er behielt sich eine beinahe kindliche Neugier bis zum Schluss und besaß die unvergleichliche Art „sich zu wundern“ und zu begeistern. Wo die meisten lediglich einen Misthaufen sehen, erkannte er in der Ecke die Blume als Wunder der Schöpfung. Mit 75 Jahren stellte er sich dem Abenteuer „Computer“ und schaffte es, sich im Dschungel des Informationszeitalters leidlich zurechtzufinden.

Er war ein Planungsmensch. Ungeplante Zeit zu verbringen war ihm ein Gräuel, dabei war er aber für jede Änderung der Planung offen. „Nichts vorhaben“ war das Problem.

Er identifizierte sich mit der 800-jährigen Geschichte der Volksgruppe der Siebenbürger Sachsen, deren Auflösung in einer modernen, traditionsfremderen, pragmatischeren Gesellschaft ihm wehtat, und pflegte Kontakte zu vielen Freunden, Bekannten, Verwandten. In beinahe jeder Stadt, an der man vorbeifuhr, kannte er jemanden. Als naturverbundener Mensch unternahm er viele Wanderungen durch die Karpaten und die Alpen und Spaziergänge im Grünen, wann immer sich die Gelegenheit bot. Neben seinem großen Interesse an Geschichte allgemein und nicht zuletzt an der Geschichte der Siebenbürger Sachsen war er technikbegeistert und immer wieder erstaunt, was die Menschheit inzwischen in der Lage ist zu erreichen. Leidenschaftlich schraubte er an seinen alten Motorrädern herum. Oftmals fand man ihn nach einiger Suche „unter seinem Auto“, dem alten DKW, den er von seiner Schwester Trudi geschenkt bekommen hatte. Der alten Werkstatt, dem „Schöpfen“, folgte in Fürstenfeldbruck der mysteriöse Keller, in dem so manches Spielzeug für die Enkel entstand.

Ein Stück Alt-Hermannstadt ist mit ihm gestorben.

In memoriam Andreas Hann von Hannenheim

Ein Zug fährt durch Tag und Nacht. Es ist der Zug in die Ewigkeit. Von ferne kommt er angefahren, man sieht ihn nicht, aber man kann ihn schon hören. Leise arbeitet er sich durch die Landschaft. Fast unbemerkt bleibt er von Zeit zu Zeit stehen, nimmt Fahrgäste auf und fährt dann weiter. Am Bahnsteig stehen viele Gäste. Die einen fahren weg, die anderen winken. Eine dritte Gruppe wartet schon auf den nächsten Zug. Die einen verabschieden sich laut und lassen bei den Hinterbliebenen ein Wehgeschrei zurück, die anderen nehmen leise von ihren Angehörigen Abschied, die stumm zurückbleiben.

Du, lieber Andresi, hast die leisen und zarten Töne geliebt. Du hast unsere Siebenbürgisch-Sächsische Stubenmusik mit Innigkeit, tiefen Gefühlen der Freundschaft und der Liebe zum Musizieren bereichert. Nun bist Du weggefahren und hast uns stumm zurückgelassen. Ob sich dieser tiefe Graben, den Du hinterlassen hast, jemals schließen wird? Du fehlst uns sehr, wir werden oft an Dich denken.

Deine Musikfreunde von der Siebenbürgisch-Sächsischen Stubenmusik

Schlagwörter: Nachruf, Hermannstadt, Musiker

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