22. August 2014

Streifzug durch die Geschichte: Ortsmonographie „Arkeden – Archita – Erked“ erschienen

Beginnend mit der Gegenwart und der jüngeren Vergangenheit und gefolgt von zwei historischen Darstellungen, führt dieser Sammelband durch die Geschichte einer siebenbürgischen Gemeinde auf ehemaligem Königsboden, die, wie im Untertitel „Spiegelbilder siebenbürgischen Gemeindelebens früher und heute“ angedeutet, auch auf andere Gemeinden dieser Art übertragen werden kann.
Das gelingt, weil auf eine ­detailreiche Darstellung lokaler Geschehnisse verzichtet wurde. Stattdessen stellt die Herausgeberin Brigitte Depner Zusammenhänge zwischen der lokalen und regionalen Geschichte Siebenbürgens anhand zahlreicher Quellen und Literatur deutscher und rumänischer Historiker her. Wenngleich die Geschichte der evangelischen bäuerlichen Bevölkerung überwiegt, was unter anderem auch dem Nachdruck älterer Abhandlungen geschuldet ist, wird in jedem der vier Teile auch auf die Situation der Rumänen und Roma Bezug genommen. Anhand einzelner Ereignisse und Bräuche wird dem Leser damit ein realistischer Eindruck des bäuerlichen Lebens in Siebenbürgen im Laufe der Jahrhunderte bis heute vermittelt.

Buchumschlag des Heimatbuches Arkeden, gestaltet ...
Buchumschlag des Heimatbuches Arkeden, gestaltet von Anselm Roth.
Nach einer Einleitung widmet sich der erste Teil der aktuellen Lage und den neuen Akteuren von Arkeden sowie der Gemeinschaft der ausgewanderten Arkeder Sachsen, die in einer Heimatortsgemeinschaft organisiert sind. Letztere hat diese Publikation angeregt und vorfinanziert. Mit der ironisch gemeinten Aussage „In spätestens zwei Jahren wird der legendäre Orient Express in Arkeden halten“ wird Oberst Michael Carrington, Mitbegründer der in Arkeden tätigen Nobrega-Stiftung, in Hinsicht auf die Entwicklung des Ortes, der nach der Auswanderung der Sachsen in tiefe Armut versunken ist, zitiert. Mehrere ausländische Stiftungen und Organisationen, die in Arkeden tätig wurden, haben überraschenderweise eine gewisse Aufbruchstimmung herbeigeführt. Nachdem 2011 der britische Thronfolger Prinz Charles den Ort besuchte und die Kirchenburg unlängst mit EU-Mitteln renoviert wurde, hat Arkeden gute Chancen, in den Fokus des siebenbürgischen Tourismus zu rücken. Eine große rumänische Tageszeitung sieht in dem Dorf sogar ein neues Deutsch-Weißkirch. In Anbetracht dieser Tatsachen erscheint die hier besprochene Publikation zum richtigen Zeitpunkt für alle geneigten Heimatkundler und Kirchenburgtouristen und natürlich für die Arkeder selbst.

Der zweite Teil, der ins Arkeden des 20. Jahrhunderts führt, bietet eine kurze Zusammenfassung dieser Epoche aus der 1996 erschienenen Arkeder Ortsmonographie von Georg Binder. Gut verständlich beginnt Anselm Roth seine Beschreibung mit der Lage des Dorfes, der Bodenbeschaffenheit und dem Wetter. Es folgen Kapitel zur Arkeder Bauernwirtschaft mit so genannten Hofzigeunern und den Nachbarschaften. Auf den Hochzeitsbrauch geht er ausführlich ein, da dieser auch im 20. Jahrhundert zu den wichtigsten Dorfereignissen gehörte. Anhand ausgewählter Beispiele beschreibt er anschaulich die Zeit des Nationalsozialismus und Kommunismus in dieser Gemeinde.

Sowohl inhaltlich als auch in der Anordnung bildet der unveränderte Nachdruck der „Beiträge zur Entwickelungs-Geschichte der evangelisch-sächsischen Gemeinde Arkeden“ des Arkeder Pfarrers, Naturwissenschaftlers und Heimatkundlers Franz Friedrich Fronius (1829-1886) den Mittelpunkt der Beiträge. Bereits 1866 bei Filtsch in Hermannstadt als erste siebenbürgische Ortsmonographie veröffentlicht, wird sie hiermit wieder einer breiteren Leserschaft zugänglich. Eine Einleitung, welche die geschichtlichen Hintergründe dieser Zeit beleuchtet, dient dem besseren Verständnis dieses Teiles, der die Geschichte Arkedens von der Gründung bis zur Auflösung des Königsbodens beinhaltet. Ein umfangreiches Glossar erläutert aus dem Gebrauch gekommene Sachbegriffe, geographische Bezeichnungen, historische Ereignisse bis hin zu Währungen, Maßen und Gewichten, sodass der sprachlich teilweise anspruchsvolle Text auch für historisch nicht gebildete Leser verständlich wird.

Der vierte Buchabschnitt gibt ebenfalls unverändert eine Veröffentlichung des nachfolgenden Pfarrers Johann Ziegler (1838-1919) wieder. In einem Rückblick auf seine 25-jährige Amtszeit beschreibt er die geschichtliche, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung seiner Gemeinde. Auch diesem Teil geht eine Einleitung voraus, welche in die Zeit vom Anschluss Siebenbürgens an das Königreich Ungarn bis zum Anschluss an das Königreich Rumänien einführt. Zunächst ungewöhnlich, haben die beiden Nachdrucke doch den Vorteil, den Leser sprachlich und stimmungsmäßig mit in die Zeit zu nehmen, in der sie geschrieben wurden.

Abgerundet wird die Publikation durch eine Beschreibung der Kirchenburg, die mit ihrem malerischen Ensemble besonders für Touristen die Hauptanziehungskraft darstellt. Eine detaillierte Zeittafel führt alle Geschehnisse rund um die Kirche und das Dorf auf. Gerade für Nicht-Arkeder sehr willkommen, dass diese nicht alle im Hauptteil erläutert wurden.

Brigitte Depner, Vorsitzende der HOG Arkeden e.V., und Anselm Roth vom Schiller Verlag, der neben einem eigenen Beitrag für die graphische Gestaltung und die Illustrationen verantwortlich zeichnet, ist eine anschauliche und hochwertige Publikation gelungen, die kein Heimatbuch im herkömmlichen Sinne darstellt. Trotz zahlreicher Illustrationen, darunter viele großformatige Farbfotos, hätten ein paar zusätzliche historische Fotos diese Ausgabe aufgewertet. Bleibt nur, dieser Publikation viele Leser zu wünschen, ebenso wie diese kurzweilige Geschichtsdarstellung Lesern zu empfehlen ist.

Hans Georg Baier


Brigitte Depner (Hg.), „Arkeden – Archita – Erked. Spiegelbilder siebenbürgischen Gemeindelebens früher und heute“. Schiller Verlag, Hermannstadt, 2014, 151 Seiten, ISBN 978-3-944529-25-7. Erhältlich beim Schiller Verlag bzw. in jeder deutschen Buchhandlung in Rumänien oder über die HOG Arkeden, Telefon: (0 53 41) 26 72 70, E-Mail: brigittedepner[ät]web.de, zum Preis von 19,80 Euro zuzüglich Versand.

Schlagwörter: Arkeden, Ortsmonographie, Sammelband

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