27. September 2023

Erfolgreicher Erfinder aus Mediasch: Ulrich Prediger aus Freiburg, Gründer des JobRads

Ulrich Prediger, 1971 in Mediasch geboren, ist als Dreijähriger nach Freiburg ausgewandert. Als Erfinder des Dienstradleasing-Modells und Gründer der heutigen JobRad Gruppe mit Sitz in Freiburg hat er inzwischen einen Bekanntheitsgrad weit über die Grenzen Freiburgs und sogar Deutschlands erreicht. In den Regionalnachrichten von Studio Freiburg wurde am 5. Juli bekannt gegeben, dass inzwischen über eine Million Jobfahrräder auf Deutschlands Straßen unterwegs sind. Das Interview mit Ulrich Prediger führte Ursula Stefanovici, Vorsitzende der Kreisgruppe Freiburg.
Ulrich Prediger, Gründer und Aufsichtsrat der ...
Ulrich Prediger, Gründer und Aufsichtsrat der JobRad Holding SE. Foto: ©JobRad
Danke, dass du der Einladung gefolgt bist. Welches sind deine ersten Kontakte und Erinnerungen an die Kreisgruppe Freiburg?
Herzlichen Dank für die Einladung und das Interesse an meiner Arbeit und an meiner Person. Die Nikolausfeiern sind mir bildhaft in Erinnerung geblieben, und dann später folgten Zusammenkünfte mit Gleichgesinnten. Der ganzen Familie war es ein Anliegen, an den Aktivitäten teilzunehmen, und genauso wie meine Schwestern wurde ich Mitglied der Tanzgruppe. Später ließ ich mich in den Vorstand wählen.

Welches waren die Beweggründe, dich in den Vorstand wählen zu lassen?
Was mich besonders angesprochen hat, war die gemeinsame Herkunft und das daraus resultierende Verständnis füreinander, aber auch der Zusammenhalt, die Traditionen, die da gepflegt wurden. Ich wollte genau wie meine Vorgänger die Menschen für die Sache begeistern. Irgendwann musste ich mich der allgemeinen Problematik stellen, dass es einfach an Nachwuchs fehlte. Aus eigener Erfahrung konnte ich das sogar einigermaßen nachvollziehen. Außerdem hatte ich auch immer wieder das Gefühl, zwischen zwei Welten zu leben. Einerseits war ich voll in der neuen Heimat integriert, hatte einheimische Freunde, hielt Stand im schulischen und beruflichen Leben, andererseits wurde ich mit dem traditionellen Leben zuhause konfrontiert. Dieser Spagat war oft für alle Beteiligten, also sicherlich auch für meine Eltern, anstrengend, da manches auf mich gegensätzlich wirkte. Das Gefühl, mit anderen etwas zu teilen, was man schwer fassen kann, begleitet mich schon mein ganzes Leben.

Was hast du für dich aus dieser Zeit mitgenommen?
Viele positive Aspekte haben mich nachhaltig geprägt. Die wechselhafte Geschichte meines Herkunftslandes hat auf mein Elternhaus und dadurch auf mich Einfluss genommen und Spuren hinterlassen. Mit Sicherheit kann ich sagen, dass ich eine gewisse Weltoffenheit erlangt habe, die wohl auch der ausschlaggebende Grund für mein Auslandsstudium in den Niederlanden war. Zuverlässigkeit, Klarheit, Toleranz, Offenheit, neugierig sein auf Neues, Unbekanntes, Wagemut, Lernbereitschaft und auch eine gewisse Hartnäckigkeit sind die vielen positiven Aspekte, die mich schon früh geprägt haben und die mich auch heute noch ausmachen.

Was möchtest du dem „Sachsenvolk“ mitteilen?
Immer wieder Mut zu haben und an seinen Zielen festzuhalten, die positiven Aspekte ins tägliche Leben einzubeziehen und danach zu leben. Ein gutes Gleichgewicht zwischen Anpassung und Tradition zu finden.

Nun hast du ja Wagemut und Neugier, Weltoffenheit, Hartnäckigkeit und Zuversicht bei der Gründung deiner Firma bewiesen. Wie kam es zur Gründung?
2007 stellte mir mein damaliger Arbeitgeber einen Dienstwagen zur Verfügung, der aber meistens zuhause herumstand, da ich mit meinem Fahrrad schneller und umweltfreundlicher unterwegs war. Auf meine Frage, ob ich denn nicht lieber ein Dienstfahrrad statt Auto nutzen könne, schlug mir Unverständnis entgegen. Ab da begann ich meine Vision des Dienstfahrrads als Alternative zum Dienstwagen zu verfolgen und das Dienstwagenprivileg (1-Prozent-Regel) auf Fahrräder zu übertragen. Im Herbst 2012 war es dann so weit: Die obersten Finanzbehörden weiteten den Steuervorteil von Dienstwagen auf Fahrräder und E-Bikes aus. Damit waren die steuerlichen Voraussetzungen für eine umfangreiche Nutzung von Dienstfahrrädern geschaffen. Das Produkt JobRad wurde dabei kontinuierlich ausgebaut und optimiert.

Wie funktioniert das JobRad-Konzept?
Das funktionierte so: Im Allgemeinen suchen sich dabei Angestellte ihr Wunschrad direkt beim Fachhändler oder online aus – der Arbeitgeber least daraufhin das Dienstrad und überlässt es dem oder der Mitarbeitenden zur beruflichen und privaten Nutzung. Dank Gehaltsumwandlung und sogenannter „0,25 %-Regel“ profitieren die JobRad-Nutzerinnen und Nutzer von günstigen monatlichen Raten und einer steuerlichen Förderung. Inzwischen bieten über 60 000 Arbeitgeber mit insgesamt über ca. 6 Millionen Mitarbeitenden JobRad in Deutschland und Österreich an.

Für deine bahnbrechende Idee hast du viele Preise erhalten. Möchtest du uns ein paar aufzählen?
Bereits 2009 erhielt ich den Utopia Award für nachhaltige Unternehmensgründung sowie den KarmaKonsum Gründer Award. Weitere Auszeichnungen folgten, darunter 2013 der nawi Award für nachhaltiges Wirtschaften, 2017 der Klimaschutzpreis „Climate First" und 2018 der Neumarkter Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie „Innovation". Wir haben durch unser anhaltendes, sehr starkes Wachstum, mehrfach auch den „Jobmotor“-Preis in unserer Region erhalten. Im Schnitt haben wir in den vergangen zehn Jahren ca. 70 bis 80 neue Arbeitsplätze pro Jahr geschaffen. Inzwischen arbeiten fast 1000 Menschen für die JobRad-Gruppe. Die bislang höchste Auszeichnung war der „Entrepreneur of the Year“-Award, der uns Ende letzten Jahres von Ernst&Young in Berlin verliehen wurde.

Hatte die Gründung deines Unternehmens auch politische Hintergründe?
Absolut! Ich hoffe, dass es irgendwann eine „Verkehrsrevolution“ oder zumindest eine Verkehrswende geben wird, das heißt, dass dem Fahrrad die Bedeutung beigemessen wird, das es in unserer modernen Gesellschaft verdient. Es ist das nachhaltigste, gesündeste Alltagsverkehrsmittel, das wir haben, und kann viel mehr als nur der Mobilität in der Freizeit dienen. Das ist mein großes Ziel.

Es ist bekannt, dass JobRad ab der kommenden Saison Hauptsponsor des SC Freiburg wird. Was bedeutet es für euch? Dient das bloß zu Werbezwecken?
Wir sind stolz und froh, in Kürze Hauptsponsor des SC Freiburg zu sein. Erstmals wird dann ein Fahrradunternehmen auf dem Trikot eines Bundesligisten zu sehen sein. Mit dem Sponsoring wollen wir dem Fahrrad die Aufmerksamkeit verschaffen, die es verdient hat, und es noch für viel mehr Menschen als Alltagsverkehrsmittel etablieren.

Wie würdest du heute dein Tätigkeitsfeld beschreiben?
Ich bin in meinem Hauptjob stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der JobRad Holding SE. 2019 habe ich die Gründung von „Zukunft Fahrrad“ initiiert, einem Lobby-Verband mit mittlerweile über 80 Mitgliedern in Berlin, dessen Vorstandsvorsitzender ich seit der Gründung bin. Ich habe neben JobRad auch noch weitere Unternehmen gegründet, in denen ich mal mehr, mal weniger unterstützen darf. Zudem habe ich gemeinsam mit Prof. Stefan Gössling und dem Verbands-Geschäftsführer Wasilis von Rauch darüber hinaus 2020 mit der T3 Transportation Think Tank GmbH ein Forschungsinstitut für nachhaltige Mobilität mit Sitz in Freiburg und Berlin auf den Weg gebracht.

Ihr fördert auch neue Unternehmensgründungen. Kannst du bitte dazu etwas sagen?
Startups haben innovative Ideen und Produktvorschläge, die bahnbrechend und umweltpolitisch enorm wichtig sein können. Meine von mir in den vergangenen fünf Jahren gegründeten, also noch relativ jungen Unternehmen sind momentan in sehr unterschiedlichen Phasen. Ich habe immer noch sehr viele Ideen und möchte die Erfahrungen, die ich als Unternehmer gesammelt habe, intensiv nutzen, um noch weitere Startups effizienter und mit einer höheren Erfolgswahrscheinlichkeit zu gründen.

Welchen Anteil hat die Familie an diesem Arbeitsfeld?
Natürlich waren sie anfangs etwas geschockt, als sie von meinem Plan erfuhren. Schließlich habe ich damals einen sicheren, gut bezahlten Job gekündigt, um meinen Visionen nachzugehen. Meine Frau war gerade mit unserer nicht mal einjährigen Tochter zu Hause und ich somit Alleinverdiener. Ich bin sehr dankbar, dass meine Frau mich von Anfang an so tatkräftig unterstützt und mir sehr viele Aufgaben abgenommen hat. JobRad ist seit der Gründung 2008 als Unternehmensgruppe stetig gewachsen und heute wirtschaftlich sehr erfolgreich. Dass auf unserer Gründung ein solcher Segen liegt, empfinden wir als Chance und ­zugleich als persönliche Verpflichtung, unsererseits für unsere Nächsten segensreich zu wirken und das Gemeinwohl zu fördern. Daher haben wir vor einigen Wochen die Prediger-Stiftung gegründet. Im Bewusstsein dieser Verantwortung wollen wir mit der Stiftung für das Wohl von ­Mitmenschen und Umwelt eintreten und einen nachhaltigen Beitrag dazu leisten, die Lebensbedingungen für junge und alte Menschen sowie den Schutz der Umwelt insbesondere in der Region Freiburg zu verbessern.

Das klingt nach einer sehr umfangreichen, spannenden Tätigkeit. Herzlichen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast für das Interview. Weiterhin viel Erfolg!

Schlagwörter: Interview, Unternehmer, Mediasch, Freiburg

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